TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/31 W217 2122141-1

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Veröffentlicht am 31.07.2018
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Entscheidungsdatum

31.07.2018

Norm

ASVG §343
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W217 2122141-1/31E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Hon.-Prof. Dr. Johannes ZAHRL, Dr. Jörg PRUCKNER, Prim. Dr. Ewald NIEFERGALL und Mag. Andreas VRANEK als Beisitzer über die Beschwerde von Dr. XXXX , Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten, vertreten durch Dr. Peter RINGHOFER, Rechtsanwalt, Franz Josefs Kai 5, 1010 Wien, gegen den Bescheid der Landesschiedskommission für Wien vom 22.12.2015, Zl. W-LSK 1/2015, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.11.2017 sowie am 20.06.2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 27.02.2014 verwarnte die Wiener Gebietskrankenkasse (in der Folge: WGKK) Frau Dr. XXXX (in der Folge: BF) hinsichtlich der vertragswidrigen Verrechnung der Fallpauschale und des fachspezifischen Zuschlags und hielt fest, "dass gemäß dem gesamtvertraglichen Regelungswerk eine Verrechnung der Fallpauschale bzw. des fachspezifischen Zuschlages nur bei einer persönlichen und unmittelbaren Behandlung der Versicherten/des Versicherten in Ihrer Ordination oder im Rahmen eines Hausbesuches möglich ist."

2. Am 24.04.2014 fand ein persönliches Gespräch der WGKK mit der BF zur Erörterung der sich im Zusammenhang mit verrechneten Leistungen und e- bzw. o-Card Steckungen ergebenden Diskrepanz statt. Der BF wurden die offenen Fragen im Anschluss an dieses Gespräch mit Schreiben vom 30.04.2014 vereinbarungsgemäß zur Stellungnahme übermittelt. Unter Punkt 3b lautete es: "Fallpauschale - für welche durch Ihre Ordination erbrachten Leistungen wurde für nachfolgend genannten Patienten die Fallpauschale abgerechnet, wenn beide angeben, keine Leistungen in Anspruch genommen zu haben, sondern aufgrund der zu langen Wartezeit die Ordination - ohne jegliche Leistung erhalten zu haben - wieder verließen? Dazu ist anzumerken, dass die Patientin XXXX Sie sogar dezidiert aufforderte, die Konsultationen aus genau diesem Umstand heraus zu stornieren.

i. 10.12.2013 XXXX VSNR XXXX

ii. 10.12.2013 XXXX VSNR XXXX "

3. Hierzu nahm die BF, vertreten durch deren damalige rechtsfreundliche Vertretung, mit Schreiben vom 20.06.2014 Stellung und führte darin zu lit b - Fallpauschale aus: " XXXX und XXXX (..) wurden vom Ordinationsgehilfen Dr. XXXX über die zu erfolgende Behandlung gemäß Dokumentation in der Karteikarte aufgeklärt. Die beiden genannten Patienten ließen sich jedoch nach der erfolgten Patientenaufklärung durch Dr. XXXX keiner Ganzkörperuntersuchung durch Frau Dr. XXXX unterziehen. Weder im vierten Quartal 2013, noch im ersten Quartal 2014 holten die genannten Patienten die Ganzkörperuntersuchung nach, so dass die durch Dr. XXXX erfolgte Aufklärung umsonst war. Daher steht die Tarifposition 540 (fachspezifischer Zuschlag) bzw. 899 ("Ordinationsstricherl" ohne Honorar) für die bereits angefallenen, aber frustrierten Kosten der Patientenaufklärung für die auflichtmikroskopische Ganzkörperkontrolle (Tarifposition 538) zu. (...)

Ordinationsgehilfe Dr. XXXX führt die standardisierten Patientenaufklärungen nach genauen Anordnungen und unter ständiger Aufsicht von Dr. XXXX durch. (...)"

4. Mit Schreiben vom 14.07.2014 verwarnte die WGKK die BF wegen konkreter Fälle der vertragswidrigen Verrechnung der Fallpauschale sowie des fachspezifischen Zuschlags: "Zu den Argumenten Ihrer Mandantin betreffend die verrechneten Fallpauschalen bei XXXX (VSNR XXXX ) und XXXX (VSNR XXXX ) halten wir - zu den durch den Ordinationsgehilfen Dr. XXXX durchgeführten Aufklärungen - fest, dass Patientenaufklärungen nur dann mit der WGKK verrechnet werden können, wenn es sich um medizinische Aufklärungen handelt, die durch eine/n speziell dafür ausgebildete/n Arzt/Ärztin erbracht werden. Die bloße administrative Aufklärung durch einen Ordinationsgehilfen über die Möglichkeit einer auflichtmikroskopischen Ganzkörperuntersuchung auf Kosten der WGKK (einmal pro Jahr) rechtfertigt nicht die Verrechnung von Fallpauschalen und fachspezifischen Zuschlägen. Für die beiden obgenannten Fälle werden wir daher das am 10.12.2013 ungerechtfertigt abgerechnete Honorar in Höhe von insgesamt € 41 ,44 in Abzug bringen.

Zu Ihren Ausführungen ‚wofür gebührt die Fallpauschale' bringen wir Ihnen den Standpunkt der WGKK abermals zur Kenntnis: Dass die Fallpauschale sehr wohl ein Bestandteil der Leistungshonorierung ist, lässt sich nicht nur mit dem Vertragstext des Gesamtvertrages selbst sondern auch mit Rechtsprechung belegen.

So heißt es zunächst wörtlich im 2. Abschnitt, Artikel IV der gegenständlichen Honorarordnung:

‚(1) Die vom Vertragsarzt für Allgemeinmedizin und vom allgemeinen Vertragsfacharzt in einem Kalendervierteljahr für einen Anspruchsberechtigten erbrachten Leistungen werden durch das im Tarif für Vertragsärzte der Allgemeinmedizin bzw. im Tarif für allgemeine Vertragsfachärzte festgelegte Fallpauschale honoriert; die im Sonderleistungstarif für Vertragsärzte für Allgemeinmedizin bzw. im Sonderleistungstarif für allgemeine Vertragsfachärzte enthaltenen Leistungen (Sonderleistungen) werden zusätzlich mit den entsprechenden in diesen Tarifen festgelegten Sätzen zu den dort angeführten Bedingungen vergütet.' Keinesfalls gebührt die Fallpauschale nur für die ‚Bereitstellung der Ordinations-lnfrastruktur' (vgl. BSK 27.11.1993, R 1-BSK/92, wonach die Grundvergütung selbstverständlich einen Teil des vertragsärztlichen Honorars bildet)".

Außerdem wurde die BF auch wegen der Abrechnung von Nicht-Kassenleistungen sowie hinsichtlich der vertragswidrigen Vorgehensweise in Zusammenhang mit EKVK-Patienten verwarnt: "Gemäß der Bestimmung der Vereinbarung zum Gesamtvertrag betreffend die Behandlung von nicht in Österreich sozialversicherten Personen, die ärztliche Leistungen mittels EKVK in Anspruch nehmen (Anlage 5), werden Leistungen an einen Vertragspartner bei EKVK-Patienten nur dann honoriert, wenn die dafür erforderlichen Unterlagen (Kopie der EKVK und des Lichtbildausweises) an den zuständigen Versicherungsträger übermittelt werden. Der von Ihnen zitierte Absatz, dass soweit es dem Vertragsarzt möglich und zumutbar ist, zu prüfen ist, ob die Einreise des Patienten nach Österreich nicht ausschließlich zur Krankenbehandlung erfolgte und die Behandlung in Relation zur Dauer des Aufenthaltes in Österreich notwendig ist bedeutet nicht, dass es zulässig ist, automatisch - ohne jegliche Erkundungen (wie z.B. ein Blick auf eine Narbe oder Verletzung, um festzustellen, ob diese erst kürzlich entstand) - bereits vorab einen Geldbetrag als Sicherheitsleistung einzuheben.

Wir fordern Ihre Mandantin daher auf, die diesbezüglichen Zuzahlungsaufforderungen von Ihrer Homepage zu löschen und verwarnen sie explizit dafür. Wir gehen davon aus, dass Ihre Mandantin hinkünftig die gesetzlichen bzw. gesamtvertraglichen Bestimmungen ausnahmslos einhalten wird, da ansonsten die in diesem Zusammenhang bestehenden (vertrags-) rechtlichen Konsequenzen für uns unvermeidbar wären."

5. In einem Antrag an die paritätische Schiedskommission vom 05.10.2014 führt die BF zu 3.) lit. b.) Fallpauschale aus:

"Gerechtfertigt ist die Verrechnung des Fallpauschales durch die seitens der Antragstellerin erfolgte Aufklärung der zu diesem Punkt genannten Patientenschaft durch den Zeugen XXXX als ärztliche Hilfsperson der Antragstellerin gemäß § 49 Abs. 2 ÄrzteG und als von der Antragstellerin gemäß § 17 Abs. 1 WGKK-KV einzusetzendes, weil ‚zu Gebote stehendes' ‚Hilfsmittel'. (...)"

In der Gegenschrift vom 20.11.2014 führt die WGKK zu lit. b.) Fallpauschale aus: "(...) Bei den vom Ordinationsgehilfen vorgenommenen Patientenaufklärungen handelt es sich um eine rein administrative Aufklärung darüber, dass für Versicherte die Möglichkeit besteht, eine jährliche Muttermalkontrolle auf Kosten der Antragsgegnerin in Anspruch zu nehmen und sich darüber hinaus eventuell einer privat zu bezahlenden Vergleichsanalyse bei der Antragstellerin zu unterziehen. Das bloße Mitteilen dieser Information stellt jedoch keine Leistung dar, welche die Verrechnung der Fallpauschale rechtfertigt und auch keine begonnene Behandlung, weshalb die für die beiden oben genannten Fälle ungerechtfertigt abgerechneten Honorare in Höhe von insgesamt € 41,44 (für zwei Mal Fallpauschale und fachspezifischer Zuschlag) in Abzug gebracht wurde.

Das fehlerfreie Verzeichnen von Konsultationen ist für die Versicherten von großer Bedeutung, da gemäß § 1 Abs. 4 und § 5 Abs. 5 der Krankenordnung in einem Quartal nicht mehrere Vertragsärzte für Allgemeinmedizin oder Vertragsärzte des gleichen Fachgebietes auf Rechnung der Kasse in Anspruch genommen werden können. Den Versicherten ist dadurch - ohne dass eine ärztliche Leistung erbracht wurde - die Inanspruchnahme anderer Ärzte dieser Fachrichtung auf Kosten der Antragsgegnerin nicht bzw. (wie im Fall XXXX ) nur mit Erschwernissen verbunden möglich. (...)"

In der mündlichen Verhandlung vor der paritätischen Schiedskommission am 10.03.2015 zu Zl. W-PSK 11/2014, bestätigten u. a. die Patienten XXXX und XXXX ihre bereits in Telefonprotokollen getätigten Angaben. Frau XXXX führte aus: "Im vierten Quartal war ich in der Ordination. Hatte keinen Kontakt zur AStin, kein Arztgespräch, kein Rezept wurde ausgestellt. Da die Wartezeit zu lang war bin ich dann gegangen. Es kann sein, dass ich ein Formular beim Empfang ausgefüllt habe. Nach einer Wartezeit von ca. 1 1/2 bis 2 Stunden habe ich dem Ordinationsgehilfen gesagt, dass ich gehe. Dann bin ich zu einem anderen Hautarzt gegangen. Es kann sein, dass ich schon Jahre vorher bei der AStin war. Die E-Card musste ich bei dem Besuch im 4. Quartal 2013 vorweisen. Mir wird das Telefonprotokoll Beilage ./17 vorgehalten. Der Inhalt entspricht meinen Angaben. Ich habe den Ordinationsgehilfen gesagt, er soll mich wieder herausnehmen. Er hat dann irgendetwas am Computer gemacht." Herr XXXX gab an: "Das Telefonprotokoll wird mir vorgehalten. Ich wollte wegen einer Muttermalkontrolle zur AStin, bin aber wegen der langen Wartezeit gegangen. Ich habe auch nicht mit ihr gesprochen. Soviel ich noch weiß, habe ich kein Rezept bekommen. Ich habe nur beim Empfang in der Ordination mit dem Gatten der AStin gesprochen. Ich habe keine medizinische Leistung an diesem Tag bekommen. Anschließend habe ich dann den Arzt gewechselt. Mit höchster Wahrscheinlichkeit war ich nach diesem Ordinationsbesuch nicht in der Apotheke."

Auch die BF selbst gibt in der mündlichen Verhandlung vor der paritätischen Schiedskommission am 28.04.2015 an, bei den Patienten XXXX und XXXX habe sie lediglich durch den Ordinationsgehilfen, aber nicht persönlich, Informationen über Vorsorgeuntersuchung erteilt. Sie habe keine in der Honorarordnung angeführte Leistung verrichtet. Sie habe die Patienten nicht gesehen. Es sei auch kein Rezept ausgestellt worden.

6. Die WGKK teilte der BF mit Schreiben vom 08.04.2015 (betreffend einen genannten Patienten) zur Vermeidung künftiger Unsicherheiten mit, dass die Abteilung VPV (Vertragspartnerverrechnung und -verhandlung) für vertragsrechtliche Angelegenheiten zuständig sei und die BF daher ersucht werde, ihre Stellungnahmen künftig direkt an die anfordernde Stelle zu adressieren.

7. Am 29.04.2015 gab die Patientin XXXX gegenüber der WGKK telefonisch an, dass sie die Ordination der BF am 02.04.2015 aufgesucht und wieder verlassen habe, ohne mit der BF gesprochen zu haben. Für diesen Tag sei in der Folge eine Konsultation verbucht worden, doch habe der Ordinationsgehilfe der BF ihr Ersuchen, die Konsultation zu stornieren, mit der Begründung abgelehnt, dass bereits die Ausgabe des Informationsblattes bezüglich Hautkrebsvorsorge eine Leistung gewesen sei.

8. Mit Schreiben vom 17.08.2015 sprach die WGKK, vom leitenden Angestellten und der Obfrau unterfertigt, die Kündigung des mit der BF am 21.03.1994 abgeschlossenen kurativen Einzelvertrages (in der Folge: EV) im eigenen Namen und im Namen der in § 2 des Gesamtvertrages (in der Folge: GV) angeführten Krankenversicherungsträger auf Grund zahlreicher wie fortdauernder vertraglicher Pflichtverletzungen seitens der BF mit Wirksamkeit per 31.12.2015 aus.

Begründend führte die WGKK aus, dass die BF bereits in den vergangenen Jahren im Rahmen zahlreicher Gespräche bzw. Verfahren auf begangene Vertragsverstöße aufmerksam gemacht worden sei. So seien der WGKK für Patienten, die keinerlei ärztliche Leistungen in Anspruch genommen hätten, Leistungen verrechnet worden, obwohl die BF bereits wiederholt darauf hingewiesen sowie ausdrücklich verwarnt worden sei, dass die Verrechnung einer Fallpauschale sowie des fachspezifischen Zuschlags für Patienten, die in diesem Quartal keine ärztlichen Leistungen in Anspruch genommen hätten, nicht zulässig sei. Der WGKK würden unterzeichnete Niederschriften von Patienten vorliegen, die bestätigen würden, dass seitens der Ordination der BF jeweils die Fallpauschale sowie der fachspezifische Zuschlag verrechnet worden sei, ohne dass eine ärztliche Leistung erbracht worden sei.

Darüber hinaus sei bekannt geworden, dass ausländischen Versicherten, die die Ordination der BF mit gültiger Europäischer Krankenversicherungskarte (in der Folge: EKVK) aufgesucht hätten, die Behandlung verweigert worden sei. Auch diesbezüglich habe die WGKK bereits zuvor ausdrücklich klargestellt, dass EU-Bürger, deren Anspruch mit gültiger EKVK nachgewiesen werde, österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt und auf Kosten der Versicherungsträger zu behandeln seien. In der Ordination der BF sei es einer Versicherten sogar nicht gestattet worden, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, obwohl sie mehrmals zum Ausdruck gebracht habe, unter Schmerzen zu leiden.

Des Weiteren sei festzustellen gewesen, dass sich insbesondere der Ordinationsgehilfe der BF wiederholt negativ über die WGKK geäußert habe. So seien Bemerkungen, wie "die Kasse habe keine Ahnung" oder "die Kasse sei an den Wartezeiten schuld, da sie sich nicht darum kümmere" geeignet, das Ansehen der WGKK herabzusetzen.

Die Beschwerden über die Ordination der BF würden sich häufen. So würden Versicherte unter anderem über eine "Angstmache sondergleichen" durch ihren Ordinationsgehilfen bereits bei der Anmeldung berichten. Es scheine, dass der finanzielle Aspekt in dieser Ordination im Vordergrund stehe. So entstehe durch das Anpreisen von Privatleistungen bei Versicherten der Eindruck, dass die Leistungen der WGKK nicht ausreichend bzw. nicht "sicher" genug seien.

Zudem sei der WGKK bekannt geworden, dass einerseits das E-Card-System in der Ordination der BF nicht korrekt verwendet werde, wie etwa im Zusammenhang mit Mehrfachversicherten, und andererseits, dass Patienten nicht unter Wahrung der erforderlichen Vertraulichkeit behandelt würden.

Außerdem habe eine Patientin beobachten können, dass von Eltern, die die Ordination lediglich als Begleitung ihrer Kinder aufsuchen würden, die E-Card verlangt werde, um von dem Ordinationsgehilfen unaufgefordert über Hautkrebsvorsorge aufgeklärt zu werden. Dass die ärztliche Aufklärung vom Arzt und keinesfalls von nichtmedizinischem Personal erfolgen dürfe, sei der BF ebenfalls im Zuge eines der unzähligen Schiedsverfahren mitgeteilt worden. Ebenso wenig sei sie den Patienten aufzudrängen.

Ein vertragspartnerschaftliches Verhältnis zur BF sei nahezu unmöglich, da sie ihrer gesamtvertraglichen Auskunfts- sowie Unterstützungspflicht so gut wie gar nicht nachkomme. Selbst die Anforderung einer Stellungnahme oder Krankengeschichte ziehe seitenlange Schriftsätze bzw. sogar regelmäßig Schiedsverfahren nach sich.

Die dargestellten Handlungsweisen der BF würden deutlich belegen, dass sie exakt jene Vertragsverstöße, für die sie ausdrücklich verwarnt worden sei, sogar mehrfach wiederholt habe. Auf Grund dieser beharrlichen Fortsetzung des Verhaltens sowie der Vielzahl an Verstößen sei eine Kündigung des Vertragsverhältnisses durch die WGKK unvermeidlich.

9. Gegen diese Kündigung brachte die BF, vertreten durch RA Dr. Peter Ringhofer, mit Schreiben vom 02.09.2015 fristgerecht Einspruch ein und brachte vor, dass das Kündigungsschreiben unbestimmt, die Kündigung gänzlich ungerechtfertigt und die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien.

Da für die von der WGKK behaupteten Kündigungsgründe - betreffend Verrechnung der Fallpauschale für ein Quartal, obwohl in diesem keine ärztlichen Leistungen erbracht worden seien, betreffend die Behandlungsverweigerung ausländischer Versicherter mit gültiger EKVK sowie betreffend eine nicht korrekte Verwendung des E-Card-Systems - kein einziger konkreter Fall angegeben werde, sodass die BF nicht in der Lage sei, die Eignung als Kündigungsgrund zu beurteilen, habe insoweit überhaupt keine Geltendmachung eines Kündigungsgrundes im gesetzlichen Sinne stattgefunden. Somit komme der Kündigung auch insgesamt keine Wirksamkeit zu.

Betreffend die Verrechnung der Fallpauschale für ein Quartal, in welchem keine ärztliche Leistung erbracht worden sei, führte die BF aus, dass diese Angelegenheit Gegenstand von Verfahren bei der paritätischen Schiedskommission gewesen sei, welche nicht rechtskräftig abgeschlossen seien. Da die BF lediglich eine Vertragsinterpretation vorgenommen habe, habe sie jedenfalls gutgläubig gehandelt. Somit sei ihr diesbezüglich keine Vertragsverletzung im Sinne des § 343 ASVG vorzuwerfen.

Die Behauptung der WGKK, die BF habe verweigert, ausländische Versicherte mit gültiger EKVK zu behandeln, sei unwahr. Es könne jedoch vorkommen, dass eine Person im Hinblick auf die Darstellung ihrer Schmerzen auf einen anderen medizinischen Fachbereich verwiesen werde.

Betreffend die von der WGKK angesprochenen "Verwarnungen" führte die BF aus, dass es keinen einzigen Fall einer solchen gebe, welchen sie nicht angefochten habe. Sie stelle entschieden in Abrede, dass sie jemals Anlass gegeben hätte, ihr berechtigt eine Verwarnung zu erteilen.

Zu den Kritikpunkten hinsichtlich ihres Ordinationsgehilfen brachte die BF vor, dass dieser ihr Ehegatte sei und als Jurist im Ruhestand juristische Aspekte entsprechend besser beurteilen könne als sie. Daher könne sie darauf vertrauen, dass er ohne Belehrungen von ihr rechtlich richtig handle und in der Lage sei, fundiert zu beurteilen, inwieweit die Handlungsweise der WGKK rechtskonform sei.

Weiters führte die BF aus, dass es völlig abwegig sei, dass es einen Grundsatz gebe, wonach die ärztliche Aufklärung dem Arzt mit der Konsequenz vorbehalten sei, dass ein nichtmedizinischer Mitarbeiter eines Arztes nicht einmal ein Informationsblatt mit medizinischen Inhalten aushändigen dürfe. Mehr als das und darauf hinzuweisen, worum es dabei grundsätzlich gehe, habe ihr Gatte auch nicht getan.

Fast alle ihrer Patienten würden die Aufklärung und Information durch ihren Gatten als etwas Neutrales oder Positives ansehen. Die BF sehe es sowohl aus medizinisch-ethischen als auch aus haftungsrechtlichen Gründen als unerlässlich an, dass diese Informationserteilung weiterhin erfolge.

Dass auch Kinder einbezogen würden, sei medizinisch wohlfundiert und gehe ihr Gatte auch hierbei korrekt vor. Wenn ein sich im Wartezimmer Befindender irgendwelche Abneigungsgefühle gegen ihren Gatten entwickelt haben möge, so sei dies bedeutungslos.

Zu den Ausführungen der WGKK, dass sich insbesondere der Ordinationsgehilfe der BF negativ über die WGKK geäußert habe, brachte die BF vor, dass die Formulierung "keine Ahnung zu haben" für sich allein noch nicht herabsetzend sei und auch "schuld sein" auf relativ Harmloses bezogen werden könne. Erst aus den konkreten Gesprächszusammenhängen könnte sich ergeben, ob und inwieweit eine Herabsetzung inkludiert gewesen sei. Außerdem gehöre es zur Meinungsfreiheit, dass sich jedermann auch über Medizinisches allgemein äußern und etwas als wünschenswert und zweckmäßig oder als schädlich erklären könne. Die WGKK ziele auf eine Auslegung der GV-Bestimmungen ab, die es verbieten würde, auftretende Probleme ihrer Sphäre zuzuschreiben. Berücksichtige man, dass der WGKK ohnehin kein wirtschaftlicher Nachteil dadurch geschehen könne, dass ein Patient etwas für sie Abträgliches höre, da dieser keine Wahlfreiheit in Bezug auf das Versicherungsverhältnis habe, so diene die Bestimmung des § 48 Abs. 2 2. Satz GV in Wahrheit lediglich der Einschränkung des allgemeinen Grundrechts auf freie Meinungsäußerung zu dem Zweck, dass in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung für sie das Privileg bestehen solle, dass dem besonders zur Kritik kompetenten Personenkreis der Vertragsärzte außerordentliche Beschränkungen auferlegt würden. Daher mache die BF geltend, dass die Annahme eines Kündigungsgrundes wegen der von der WGKK ins Treffen geführten Äußerungen gegen das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung verstoße.

Die BF stellte den Antrag, die angefochtene Kündigung als unbegründet aufzuheben; in eventu auszusprechen, dass der Beschwerde gegen diese Entscheidung aufschiebende Wirkung zukomme.

10. Mit Stellungnahme vom 29.09.2015 führte die WGKK zum Einspruch der BF aus, dass es genüge, wenn die Begründung der Kündigung nur den Grund oder die Gründe selbst nenne. Die Anführung einzelner konkreter Umstände sei noch nicht erforderlich, diese seien erst im Rahmen des Anfechtungsverfahrens einzubringen.

Zur Rechtskraft der Verwarnungen brachte die WGKK vor, dass es nach der Rechtsansicht der BF praktisch unmöglich wäre, einen Vertragsarzt zu kündigen. So könnten Vertragsärzte Vertragsverletzungen begehen und mit Hilfe andauernder Verfahrensführung eine Kündigung verhindern.

Es entspreche nicht den Tatsachen, dass die BF jede explizite Verwarnung der WGKK mit einem Antrag an die paritätische Schiedskommission bekämpft habe, da sie das Schreiben der WGKK vom 14.07.2014 lediglich bezüglich des Honorarabzugs sowie bezüglich anderer Feststellungen bekämpft habe, die darin ausgesprochenen Verwarnungen jedoch nicht Gegenstand des Antrags gewesen seien.

Zur Verrechnung der Fallpauschale und des fachspezifischen Zuschlags führte die WGKK aus, dass sie der BF bereits unzählige Male unmissverständlich ihren Rechtsstandpunkt mitgeteilt habe, der auch von der paritätischen Schiedskommission bekräftigt worden sei. Dennoch seien der WGKK erneut Fälle bekannt geworden, bei denen die genannten Posten ungerechtfertigt verrechnet worden seien. So seien jeweils die Fallpauschale sowie der fachspezifische Zuschlag verrechnet worden, obwohl Versicherte lediglich im Wartezimmer der Ordination gewartet hätten und dieses schließlich wegen eines dringenden Termins oder zu langer Wartezeit wieder verlassen hätten. Das Aushändigen eines Informationsblattes durch nichtmedizinisches Personal rechtfertige diese Verrechnung jedenfalls nicht. Selbst als eine Versicherte sogar ausdrücklich darum ersucht habe, die Konsultation zu stornieren, um im selben Quartal einen anderen Hautarzt aufsuchen zu können, sei dies mit dem Hinweis darauf, dass ein Informationsblatt ausgehändigt und somit eine Leistung erbracht worden sei, abgelehnt worden.

Bezüglich der ausländischen Patienten mit gültiger EKVK führte die WGKK aus, dass die BF jene immer noch ohne Behandlung wegschicke, obwohl ihr bereits mehrfach ihre diesbezügliche Behandlungspflicht mitgeteilt worden sei. Hinsichtlich der Ausführung der BF, dass im Hinblick auf die Darstellung von Schmerzen auf die Zugehörigkeit zu einem anderen medizinischen Fachbereich verwiesen werde, sei festzuhalten, dass dies im vorliegenden Fall nicht passiert sei. Der Ordinationsgehilfe habe auf die Entgegnung der Patientin, wonach sie in Österreich bislang noch nie Probleme gehabt habe, mit der EKVK einen Arzt zu konsultieren, gemeint, dass "die alle keine Ahnung hätten und die Ärzte auf den Kosten sitzenbleiben würden" sowie, dass "es oft vorkomme, dass sie nicht bezahlt würden".

Diese Aussagen seien jedenfalls nicht zutreffend und liege der Grund dafür, dass der BF in der Vergangenheit Leistungen womöglich nicht von der WGKK honoriert worden seien, aller Wahrscheinlichkeit nach in der mangelnden Übermittlung der dafür erforderlichen Unterlagen.

Weiters führte die WGKK aus, dass die in der Niederschrift von Frau XXXX geschilderte Situation entgegen dem Vorbringen der BF zweifellos den Eindruck vermittle, dass Versicherte den Auskünften der WGKK nicht Glauben schenken könnten. Wie aus den Niederschriften von Frau XXXX und Herrn XXXX ersichtlich sei, werde den Versicherten insbesondere die privat zu bezahlende Vergleichsanalyse geradezu aufgedrängt, indem man den Eindruck vermittle, dass die von der WGKK honorierten Leistungen nicht ausreichend bzw. nicht "sicher" genug seien. Dieses Vorgehen sei sehr wohl dazu geeignet, das Ansehen der WGKK in den Augen ihrer Versicherten bzw. der Öffentlichkeit herabzusetzen.

Bezogen auf die Ausführungen der BF bezüglich des Verstoßes gegen das Grundrecht auf Meinungsfreiheit führte die WGKK aus, dass die Grundrechte die Vertragsparteien des GV im Sinne der mittelbaren Drittwirkung über die "Gute-Sitten-Klausel" des § 879 ABGB binden würden. Nach der einschlägigen Literatur werde wegen des "repräsentativen" Zustandekommens und der Berücksichtigung der Interessen der Vertragsärzte durch die Ärztekammer von einer grundrechtlichen Richtigkeitsvermutung des GV ausgegangen, da die Delegation der Normsetzung an die GV-Parteien in der Erwartung erfolge, dass ein Ausgleich gegensätzlicher Interessen stattfinde. Abgesehen davon würden Werturteile, die auf unwahren Tatsachenbehauptungen basieren würden, durch die Meinungsäußerungsfreiheit nicht gerechtfertigt werden können. Die Unwahrheit einer Äußerung könne sich auch aus deren Unvollständigkeit ergeben, wenn dadurch ein falscher Eindruck erweckt werde. Dies sei mit den Aussagen des Ordinationsgehilfen "die Ärzte würden auf ihren Kosten sitzenbleiben" und "es komme oft vor, dass sie nicht bezahlt würden", geschehen.

Betreffend eine nicht korrekte Verwendung des E-Card-Systems brachte die WGKK vor, dass gemäß der technischen Beilage zum E-Card-GV im Falle einer Mehrfachversicherung ein konkreter Krankenversicherungsträger vom Patienten erfragt und anschließend ausgewählt werden müsse. Der Patient Herr XXXX , welcher sowohl bei der WGKK als auch bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (in der Folge: SVA) versichert sei, sei bei einem Besuch in der Ordination der BF nicht nur nicht nach dem zu wählenden Versicherungsträger gefragt, sondern sei sogar bei beiden Versicherungsträgern eine Konsultation verbucht worden. Laut Auskunft der SV-Chipkarten Betriebs- und Einrichtungsgesellschaft habe der Ordinationsgehilfe im genannten Fall offenbar zuerst versucht, eine Konsultation bei der Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt Wien zu erfassen, was jedoch nicht gelungen sei. Anschließend habe er jeweils eine Konsultation bei der WGKK sowie bei der SVA ausgewählt. Auch wenn die erfassten Konsultationen lediglich bei der WGKK zur Abrechnung gebracht worden seien, widerspreche diese Vorgehensweise eindeutig dem E-Card-GV. Diesbezüglich sei die BF auch mit Schreiben vom 14.07.2014 verwarnt worden.

Außerdem werde das Vorgehen in der Ordination der BF offensichtlich nicht immer den datenschutzrechtlichen Bestimmungen gerecht. So gehe aus der Niederschrift des Patienten XXXX hervor, dass wartende Patienten sämtliche Daten anderer Versicherter ungewollt in Erfahrung bringen könnten. Aus der Niederschrift von Frau XXXX ergebe sich, dass die BF ihr von einem anderen Versicherten erzählt habe, der bei ihr Patient sei. Dabei habe sich herausgestellt, dass es sich um einen Bekannten der Patientin handle. Dass Patientendaten der Verschwiegenheitspflicht unterliegen würden, sei scheinbar auch der BF bekannt, zumal sie sogar selbst im Zuge des Gesprächs angemerkt habe, dass sie "dies eigentlich gar nicht dürfe".

Darüber hinaus sei der Vertragsarzt gegenüber dem Versicherungsträger gemäß § 43 GV zur Erteilung von Auskünften unter anderem in medizinischen Fragen verpflichtet. Dennoch sei es der WGKK nicht möglich, Einsicht in die ärztliche Dokumentation der BF zu erhalten, ohne dass diesbezüglich ein Verfahren vor der paritätischen Schiedskommission geführt werde.

Die WGKK führte schlussendlich aus, dass es nach der neuen Rechtslage für die Kündigung eines Vertragsarztes ausreiche, wenn ein "wiederholtes nicht unerhebliches" Fehlverhalten vorliege. Dafür seien mehrmals erfolgte, nicht unerhebliche Verstöße ausreichend, die nicht unbedingt gleichartig sein müssten. So sei es durchaus denkbar, dass einzelne Vertragsverstöße zwar allein nicht ausreichend seien, die Kumulation dieser Verstöße aber eine Kündigung rechtfertigen könne. Dies sei im gegenständlichen Verfahren zweifellos der Fall.

Wie die genannten Pflichtverletzungen zeigen würden, sei die BF unbelehrbar und setze sie ihr vertragswidriges Verhalten beharrlich fort. Da auf Grund der mangelnden Unterstützung, der Vielzahl an Vertragsverstößen sowie auf Grund der zahlreichen, bereits seit Jahren regelmäßig eintreffenden Patientenbeschwerden ein partnerschaftliches Vertragsverhältnis nicht mehr möglich sei, beantragte die WGKK, die Landesschiedskommission für Wien möge dem Einspruch der BF nicht Folge leisten und die Kündigung für wirksam erklären.

11. Mit Replik vom 18.11.2015 führte die BF zur Stellungnahme der WGKK aus, dass sie nach wie vor auf dem Standpunkt stehe, dass die seitens der WGKK ausgesprochene Kündigung mangels konkretisierter Vertragsverletzungen unwirksam sei.

Inhaltlich brachte die BF vor, dass Vertragsverletzungen im Rahmen der ärztlichen Tätigkeit lediglich gegenüber Patienten begangen werden könnten und nicht gegenüber Spitzeln der WGKK, die ihr bzw. ihrem Ordinationsgehilfen etwas vorlügen und sich bis zur Behauptung steigern würden, akute Schmerzen zu haben. Durch derartige Irreführungen würden Leistungen erschlichen bzw. werde ein dahingehender Versuch unternommen.

Der WGKK stehe es außerdem als bloß einer von zwei Vertragspartnerinnen nicht zu, im Rahmen einer hoheitlichen oder quasiobrigkeitlichen Stellung die BF zu belehren, sondern könne sie lediglich ihre Rechtsmeinung kundtun, wobei die andere Vertragspartnerin auf gleicher Ebene eine abweichende Meinung haben könne. So könne von keiner Vertragspflichtverletzung die Rede sein, wenn eine Vertragspartnerin lediglich der anderen gegenüber geltend mache, worauf sie ihrer Überzeugung nach Anspruch habe, wenn sie sich dabei im Rahmen des Vertretbaren verhalte.

Richtig sei, dass es in der Ordination der BF zu einem überfüllten Wartezimmer komme. Die Tatsache der überlaufenen ärztlichen Ordinationen liege jedoch primär in der Sphäre der WGKK, weil es in bestimmten Bereichen zu wenige Vertragspartner gebe. Außerdem würden ihre Patienten die BF ausschließlich auf Grund ihrer besonders qualitätsvollen Leistungen präferieren, sodass sie die langen Wartezeiten in Kauf nehmen würden. Dies könne ihr jedoch gewiss nicht zum Vorwurf gemacht werden. Vielmehr ziele die WGKK durch die ausgesprochene Kündigung in Wahrheit ohne Rücksicht auf das Wohl der Versicherten darauf ab, diesen eine Vertragsärztin wegzunehmen, welche in außerordentlich hohem Maße Patientenvertrauen genieße. Dies lediglich, weil die WGKK das rechtliche Auftreten der BF ihr gegenüber als unbequem empfinde.

Dass im Rahmen des laufenden Quartals im Falle eines frühzeitigen Abbruches des ärztlichen Auftragsverhältnisses kein anderer Arzt im Rahmen des Kassenvertrags in Anspruch genommen werden könne, sei gänzlich in der Sphäre der WGKK gelegen, sodass alle daran anknüpfende Kritik an der BF ins Leere gehe.

Ergänzend zu den bisherigen Ausführungen in Bezug auf die Verrechnung einer Fallpauschale brachte die BF vor, dass sie die Meinung vertrete, dass der Behandlungsvertrag durch die Aushändigung der E-Card und deren Einsatz erfolge. Mit diesem Vertragsabschluss und einer ersten Beratungsleistung sei auch der Behandlungsbeginn gegeben, somit auch dadurch, dass ein Informationsblatt über die Zweckmäßigkeit einer Vorsorgeuntersuchung ausgehändigt werde. Da über die Frage des Behandlungsbeginns als Voraussetzung für den Anspruch auf eine Fallpauschale noch nicht rechtskräftig abgesprochen worden sei, bestehe keine Grundlage dafür, der BF eine Vertragsverletzung vorzuwerfen. In allen von der WGKK angeführten Einzelfällen gehe es lediglich um die Frage des Behandlungsbeginns ausgehend von einem Geschehen, das zweifellos als Vertragsabschluss anzusehen sei. Die WGKK selbst sehe das Ausstellen von Rezepten als einen Teil der Behandlung an, welcher anspruchsbegründend wirke. Da es anerkannte Praxis sei, dass die fortgesetzte Ausstellung eines Rezeptes in Übereinstimmung mit einem früheren Rezept durch das nichtärztliche Ordinationspersonal erfolgen könne, stelle es eine tatsachenwidrige Fiktion dar, wenn die WGKK als bindendes Kriterium für den Behandlungsbegriff das persönliche Tätigwerden des Arztes "am Patienten" behaupte. Die von der BF eingehaltene Vorgangsweise sei auch insoweit rechtskonform, als sie ihrem Gatten als Ordinationsgehilfen die einleitende Beratung bezüglich Hautkrebsvorsorge und die Aufnahme von anamnestischen Grunddaten übertragen habe. Dies habe sich unzählige Male als völlig unproblematisch erwiesen und hätten die vermutlich von Spitzeln der WGKK stammenden Niederschriften keinerlei rechtliche Bedeutung.

Die Vorgangsweise bezüglich der EKVK-Patienten sei unter dem Gesichtspunkt zu sehen, dass durch ein zielführendes Zeitmanagement möglichst viel Zeit für die ärztliche Behandlung selbst gewonnen werden solle. In diesen Fällen komme es außerdem zu derart umfangreichen Komplikationen, dass selbst der Betrieb im Empfangsbereich zum Stehen komme, wenn die Klärung an Ort und Stelle erfolge. Es habe jedoch keinen Akutfall gegeben, in welchem eine Behandlung sogleich erforderlich gewesen und seitens der BF auf die vorausgehende Ausfüllung eines Formulars im Internet bestanden worden wäre. Es habe sich um den Fall eines Spitzels gehandelt, sodass lediglich zu konstatieren sei, dass die BF bzw. ihr Gehilfe nicht auf den Betrugsversuch hereingefallen seien. Die Vertragsverletzung liege ausschließlich bei der WGKK. In Zusammenhang mit den genannten EKVK-Patienten sei es immer wieder zu Schwierigkeiten mit der WGKK selbst gekommen. So habe die WGKK offensichtlich verabsäumt, eine unverzügliche Prüfung vorzunehmen, wodurch die BF geschädigt worden sei. Es habe immer wieder Verrechnungseinwände gegeben, die die BF vergeblich zu klären versucht habe. In einzelnen Fällen sei es in der Folge dann zur Verjährung der Ansprüche gekommen. Die durch das Agieren der WGKK faktisch erzwungene Absicherung durch die BF nun als Kündigungsgrund vorzuhalten, sei unsachlich. Außerdem sei es auch nicht formal begründbar, zumal die WGKK der BF nur verboten habe, Einsatz für EKVK-Behandlungen zu verlangen, nicht jedoch, jeweils unterschiedliche administrative Herausforderungen sachgerecht zu berücksichtigen. Die BF habe die Behandlung von EKVK-Patienten niemals abgelehnt, doch sehe sie es als angebracht an, dass es diesen zumutbar sei, eine Formularausfüllung via Internet durchzuführen. In keinem Fall habe sich eine Unmöglichkeit oder auch Unzumutbarkeit dieser Vorgangsweise dargestellt. Aus der Natur der Sache sei zu verstehen, dass mit dem Begehren der BF auf sachlichinhaltliche Rechtmäßigkeitsprüfung der Vorgangsweise zwingend die Frage verbunden sei, ob eine darauf aufbauende Verwarnung berechtigt sein könne. Daher ändere die Tatsache, dass die BF bezüglich der Verwarnung keine schiedskommissionelle Entscheidung beantragt habe, nichts an der Beurteilung der Vertragskündigung.

Hinsichtlich der Äußerungen des Ordinationsgehilfen unter dem Aspekt der Meinungsfreiheit brachte die BF unter anderem vor, dass die WGKK im Hinblick auf ihre Stellung und Bedeutung im Gesamtstaatswesen im Interesse der demokratischen Kontrolle sogar öffentliche Kritik hinzunehmen habe, die von ihr als nicht sachlich gerechtfertigt angesehen werde. Den mit den Versicherten in direktem Kontakt stehenden Vertragsärzten müsse das Recht zugebilligt werden, als Ursache der aufgetretenen Probleme Gegebenheiten in der Sphäre auch der WGKK zu benennen. In der Sache XXXX sei außerdem das Verhalten anderer Ärzte kritisiert worden. Die Bekundung eines Patienten über eine Äußerung betreffend Wartezeiten bringe der Substanz nach nichts Unzulässiges zum Ausdruck. Zumindest für den Bereich von Wien könne davon ausgegangen werden, dass es genügend potentielle Fachärzte gebe, mit welchen die WGKK einen Vertrag abschließen könne, um übermäßige Patientenzahlen in einzelnen Ordinationen hintanzuhalten. Entgegen der Annahme der WGKK sei durch die Äußerungen keine unzulässige Wertung vorgenommen worden, jedenfalls nicht in einem solchen Ausmaß, dass etwas ernstlich als Kündigungsgrund ins Gewicht fallen könnte.

Zum E-Card-System der Mehrfachversicherung führte die BF aus, dass es keinen "E-Card-GV" gebe, sondern lediglich eine "technische Beilage", welche nicht den geringsten Anschein eines für die BF rechtlich verbindlichen Textes erwecke. Vielmehr sei davon auszugehen, dass darin lediglich Standard-Vorgangsweisen angegeben würden. Außerdem sei niemand geschädigt worden.

Weiters sei das genannte Schreiben vom 14.07.2014 nicht als Verwarnung gegenüber der BF geeignet, zumal es an ihren Rechtsanwalt ergangen sei.

Hinsichtlich der datenschutzrechtlichen Bedenken der WGKK erwiderte die BF, dass die Erwähnung eines Patientennamens gegenüber einem anderen Patienten ohne Angabe der Behandlungsart ihres Erachtens nach keine Verletzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen darstelle. Sie habe jedenfalls keinen Vornamen einer Person genannt, die den gleichen Familiennamen wie die angebliche Patientin XXXX gehabt habe. Vielmehr habe sie diese lediglich gebeten, ihren Namen zu wiederholen, weil die Ordinations-EDV während der Behandlung ausgesetzt habe. Wenn diese dadurch erkannt habe, in der Patientenkartei der BF nicht die einzige Person ihres Familiennamens zu sein, sei dies der BF nicht zurechenbar.

Abschließend führte die BF aus, dass es entgegen der Auffassung der WGKK als Voraussetzung für eine Vertragskündigung entweder einer sehr schweren Vertragsverletzung oder mehrerer erheblicher Vertragsverletzungen bedürfe. Dem Wesen der Sache nach gehe es darum, ob einem Vertragspartner die Fortsetzung eines Vertragsverhältnisses unzumutbar sei. Auf Grund der Komplexität der Materie müsse es geradezu unweigerlich zu Meinungsverschiedenheiten kommen, welche im Sinne eines Rechtsstaates im Wege seiner Institutionen auszutragen seien. Daher sei es der BF nicht zumutbar, von diesem Rechtssystem faktisch dadurch ausgeschlossen zu werden, dass die WGKK der BF mit der Auflösung des Vertragsverhältnisses drohe, wenn und weil es zu einigen derartigen Auseinandersetzungen gekommen sei.

12. Mit ergänzender Stellungnahme vom 01.12.2015 erstattete die WGKK Ausführungen betreffend die gegenüber der BF ausgesprochenen Verwarnungen. Bereits im Jahr 2006 sei eine Verletzung der gesamtvertraglichen Behandlungspflicht durch die BF erfolgt und sei sie auf gravierendere vertragliche Konsequenzen als eine bloße Honorarstreichung im Falle einer weiteren Patientenabweisung hingewiesen worden.

Hinsichtlich der vertragswidrigen Verrechnung der Fallpauschale und des fachspezifischen Zuschlags sei die BF mit Schreiben vom 27.02.2014 verwarnt worden. Diese sei mit Bescheid der paritätischen Schiedskommission vom 30.09.2014, Zl. W-PSK 3/2014, bekräftigt worden.

Mit Schreiben vom 14.07.2014 sei die BF außerdem auf Grund folgender Vorgänge verwarnt worden:

Abgesehen von nicht erbrachten Sonderleistungen seien auch die Fallpauschale sowie der fachspezifische Zuschlag in einigen weiteren Fällen vertragswidrig verrechnet worden. So beispielsweise beim Patienten XXXX , der einen Termin versäumt habe, sowie bei Frau XXXX und Herrn XXXX , die auf Grund zu langer Wartezeiten die Ordination wieder verlassen hätten, ohne dass eine ärztliche Leistung erbracht worden sei. Ebenso seien für die Patientin XXXX die Fallpauschale und der fachspezifische Zuschlag verrechnet worden, obwohl sie lediglich vom Ordinationsgehilfen die Auskunft erhalten habe, dass sie an diesem Tag keinen Anspruch auf Muttermalkontrolle auf Kosten der WGKK habe.

Weiters habe die WGKK die BF mit dem genannten Schreiben wegen der Abrechnung von Nicht-Kassenleistungen verwarnt. So habe die BF Hepatitis-Impfungen verrechnet, die nicht zur gesetzlichen Leistungsverpflichtung der WGKK gehören würden.

Eine weitere Verwarnung der BF mit diesem Schreiben sei auf Grund der nicht vertragskonformen Verwendung des E-Card-Systems ausgesprochen worden. So habe eine Patientin ihre E-Card auf Grund einer Störung des E-Card-Systems am 04.11.2013, wie vom Ordinationsgehilfen angeboten, in der Ordination der BF hinterlassen. Obwohl die Patientin ihre E-Card erst am 03.12.2013 wieder abgeholt habe, sei diese seitens der Ordination sowohl am 05.11.2013 als auch am 07.11.2013 gesteckt sowie jeweils eine Konsultation verzeichnet worden, wodurch es schließlich in diesem Quartal zum Zuschlag ab der 4. Konsultation gekommen sei, obwohl die Patientin lediglich zwei Mal in der Ordination gewesen sei.

Schließlich sei die BF im Schreiben der WGKK vom 14.07.2014 auch hinsichtlich der vertragswidrigen Vorgehensweise in Zusammenhang mit EKVK-Patienten hingewiesen worden. So habe die BF Zuzahlungen ("Einsätze") von ausländischen Versicherten verlangt, die ihre Ordination mit der EKVK aufgesucht hätten. Dies gehe aus ihrer eigenen Homepage hervor. Wie Niederschriften von späteren Patientenbefragungen zeigen würden, finde eine Gleichbehandlung mit österreichischen Versicherten immer noch nicht statt. Bereits im Jahr 2009 sei der BF von der WGKK die Behandlung von Patienten, die mit EKVK die Ordination aufsuchen würden, erklärt und auf die Unzulässigkeit, einen "Einsatz" zu verlangen, hingewiesen worden. Dennoch habe sie dieses Verhalten fortgesetzt, weshalb der WGKK bereits auf Grund dieser jahrelangen Ignoranz eine Weiterführung des Vertragsverhältnisses unzumutbar sei.

Die WGKK führte zuletzt aus, dass mit ihrem Schreiben vom 08.04.2015

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anlässlich einer Patientenbeschwerde - eine Verwarnung wegen der vertragswidrigen Behandlungsablehnung eines Versicherten ausgesprochen worden sei, die mit Bescheid der paritätischen Schiedskommission zur Zl. W-PSK 2/2015 als unbegründet aufgehoben worden sei. Im Zweifel sei diese Entscheidung nicht angefochten worden, um die BF nicht mit einer weiteren - womöglich überflüssigen

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Verfahrensführung zu belästigen.

Hinsichtlich der Ausführungen der BF betreffend den Einsatz von Testpatienten führte die WGKK aus, dass dieser nicht nur bereits vom VfGH für zulässig erachtet worden sei, sondern eine entsprechende gesetzliche Berechtigung der Versicherungsträger hierzu nunmehr sogar im Rahmen des Sozialbetrugsbekämpfungsgesetzes umgesetzt worden sei und mit 01.01.2016 in Kraft treten werde.

Es sei außerdem nicht ersichtlich, wie die BF zu der Annahme gelange, dass die Ausstellung eines (fortlaufenden) Rezeptes durch nichtärztliches Personal erfolgen könne. Die Verordnung von Heilmitteln sei eine den Ärzten vorbehaltene Tätigkeit.

13. Bei der am 22.12.2015 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der Landesschiedskommission für Wien führte der als Zeuge vernommene Dr. XXXX , Ordinationsgehilfe und Ehegatte der BF, aus, dass er in den strittigen Fällen, in welchen kein ärztlicher Kontakt mit der BF stattgefunden habe, über das Computerprogramm die Fallpauschale einschließlich dem Zuschlag verrechnet und in der Kartei vermerkt habe, dass er die Aufklärung gemacht und den Patienten das Aufklärungsformular über die Hautkrebsvorsorge gegeben, dieses erläutert sowie auf die Wichtigkeit und darauf, dass eine jährliche Untersuchung stattfinden solle, hingewiesen habe. Zu dieser Tätigkeit habe ihn seine Gattin beauftragt. Er sei von ihr über die notwendigen medizinischen Zusammenhänge bei der Hautkrebsvorsorge detailliert unterrichtet worden. Diese seien auch im Informationsblatt angeführt. Seitens der WGKK sei keine Verwarnung dahingehend erfolgt, dass die Verrechnung der Fallpauschale zu Unrecht erfolgt sei. Da in der Honorarordnung nicht festgelegt sei, dass die Fallpauschale nur im Falle eines persönlichen Arztkontaktes verrechnet werden dürfe, sei die Verrechnung in der geschilderten Weise auch nach Erlassung des Bescheides, mit welchem deren Unrechtmäßigkeit festgestellt worden sei, fortgesetzt worden. In diesen Fällen sei die E-Card gesteckt worden, weil die Patienten eine Kassenbehandlung gewünscht hätten. Es habe kein Anlass für eine Stornierung bestanden, zumal die Patienten bereits die Krebsaufklärung als ärztliche Leistung erhalten hätten. In der Ordination seiner Gattin finde sich ein Anschlag mit der Information, dass die Behandlung mit der Übergabe der E-Card beginne und auch die Patientenaufklärung umfasse. Die Privatleistung bei der Krebsvorsorge sei auch auf dem Informationsblatt enthalten und kläre der Zeuge die Patienten auch darüber auf. Er habe die WGKK von diesem Vorgehen informiert und in ihrem Auftrag gehandelt, nachdem er ihr erklärt habe, dass seine Vorgehensweise rechtlich und vertraglich richtig sei. Die WGKK habe sein Verhalten auch genehmigt. Seine Gattin habe keine juristische Ausbildung. Seitens der WGKK sei sie wiederholt darauf aufmerksam gemacht worden, dass die Fallpauschale zu Unrecht geltend gemacht werde, doch sei diese Behauptung nicht von kompetenten Organen der WGKK aufgestellt worden. Dies habe er auch seiner Gattin dargelegt.

Der Zeuge führte weiter aus, das X. Zusatzprotokoll über die Behandlung von nicht in Österreich sozialversicherten Personen zu kennen. Da seine Gattin dieses jedoch nicht kenne, habe er sie auch hinsichtlich der Behandlung dieser Personen beraten. Das von ihm vorgelegte Formblatt stamme von der Homepage der WGKK, welches bereits seit Jahren von der BF verwendet werde. Es liege in der Ordination auf und werde von ihm an die Patienten ausgehändigt, wenn sie angeben würden, über kein Internet zu verfügen. Es sei für die Behandlung der Patienten erforderlich. Von diesen Patienten seien die EKVK, ein amtlicher Lichtbildausweis und das Formular vorzulegen. Zur Deckungsübernahme würden der WGKK dann das ausgefüllte Formblatt sowie Kopien der EKVK und des Personalausweises mittels Scan übermittelt. In diesem Fall sei die Auflösung größer und somit der Inhalt der Unterlagen für die WGKK lesbar. Der Zeuge könne sich nicht erinnern, ob es eine diesbezügliche Verwarnung gegeben habe. Die BF habe nie eine Einsatzzahlung von diesen Patienten verlangt. Bei der Auszahlung durch die WGKK habe es auch bei der Übermittlung der genannten Unterlagen Probleme gegeben, weil man seitens der WGKK zum Ausdruck gebracht habe, dass dies nicht lesbar sei. Daraufhin habe eine neuerliche Übermittlung stattgefunden, doch sei in der Folge von der WGKK mitgeteilt worden, dass der Anspruch nunmehr verjährt sei.

Der Zeuge habe die Patientin XXXX gefragt, ob sie Internet habe. Dies habe sie nicht verneint, weshalb ihm erkennbar gewesen sei, dass sie kein Formular benötige. Sie habe sich darüber beschwert, dass sie nicht wie eine E-Card-Patientin sofort drankomme, sondern im Vorfeld das Formular ausfüllen müsse. Daher habe er ihr erklärt, dass die Ordination still stünde, wenn sie dieses Formular in der Ordination ausfüllte. Richtig sei, dass er die von der Patientin behaupteten Äußerungen betreffend "Papierkram" usw. getätigt habe. Er habe auch die Äußerungen getätigt, dass "die eh alle keine Ahnung hätten und auch die Ärzte keine Ahnung hätten und danach auf ihren Kosten sitzen bleiben würden. Er habe da viel mehr Erfahrung und darum würden sie das so machen".

Die Patientin XXXX sei fuchtig vor seinem Kiosk auf- und abgegangen und habe dann plötzlich behauptet, Schmerzen im Fuß zu haben. Sie habe jedoch nicht den Eindruck gemacht, akut hilfsbedürftig zu sein. Sie sei normal bekleidet gewesen und sei nicht erkennbar gewesen, dass sie Schmerzen hätte. Das habe sie nur so nebenbei gesagt. Daraufhin habe er ihr mitgeteilt, nicht beim zuständigen Arzt zu sein, sie solle in eine Spitalsambulanz oder zu einem praktischen Arzt gehen. Sie habe den Zeugen nicht mehrmals um Hilfe gebeten. Sie habe auch nicht auf eine ärztliche Untersuchung bestanden, sondern sei dann gegangen.

Der Zeuge führte weiter aus, dass es seinem Wissen nach keine gesamtvertragliche Regelung gebe, wie bei Mehrfachversicherungen vorzugehen sei. Bei Stecken der E-Card sei aus dem System erkennbar, ob der Patient mehrfach versichert sei. Er frage den Patienten nicht, bei welcher Kasse er die Leistung verrechnet haben wolle, außer dieser sage es von selbst. Infolge der Gegebenheiten der Ordination wolle der Zeuge nicht, dass die anderen Patienten verstehen würden, welche Versicherung der jeweilige Patient habe. Es könne jedoch vorkommen, dass persönliche Daten, die ein Patient mitteile, auch von anderen gehört werden könnten. Eine Verwarnung sei nicht erfolgt. Wenn Verwarnungen erfolgt seien, habe er seine Gattin diesbezüglich rechtlich aufgeklärt. Die Patienten würden lediglich ihren Namen nennen und sich äußern, ob sie neue Patienten seien oder nicht. Mehr werde zur Wahrung der Diskretion nicht erörtert. Es sei jedoch nicht auszuschließen, dass ein Patient private Daten von Patienten bei einem Telefonat mitgehört habe.

Außer einem Nothilfekurs im Gesundheitsministerium habe der Zeuge keine medizinische Ausbildung absolviert.

Wenn von der WGKK Unterlagen verlangt worden seien, seien diese an die chefärztliche Stelle übermittelt worden. Selbstverständlich seien die Unterlagen nicht an die Stelle geschickt worden, die diese verlangt habe. Seine Gattin habe gewusst, dass er die Unterlagen stets an die für die WGKK zuständige Stelle schicke.

Die BF führte einvernommen aus, dass ihr Gatte das Richtige mache. Er habe ihr das auch mitgeteilt. Sie habe über alles Bescheid gewusst, was von ihrem Gatten gemacht worden und heute zur Sprache gekommen sei. Wenn Eltern mit Kindern, die behandelt werden sollen, in die Ordination kommen würden, verlange die BF von den Eltern die E-Card, wenn sie die Hautkrebsvorsorge selbst wünschen würden, über die sie sie vorher aufgeklärt habe. Im Regelfall würden diese dann auch zur Untersuchung zur BF gehen.

14. Mit Bescheid der Landesschiedskommission für Wien (in der Folge: belangte Behörde) vom 22.12.2015, Zl. W-LSK 1/2015, zugestellt am 11.01.2016, wurde der Antrag der BF, die Kündigung ihres EV vom 17.08.2015 durch die WGKK für rechtsunwirksam zu erklären, abgewiesen.

Begründend stellte die belangte Behörde fest, dass der Gatte der BF keine medizinische Ausbildung habe und seit 2013 als Ordinationsgehilfe in der Ordination der BF beschäftigt sei. Jeder Patient erhalte von ihm neben einer Checkliste auch ein Informationsblatt über die Hautkrebsvorsorge, in welchem insbesondere auf die als Privatleistung angebotene Vergleichsanalyse hingewiesen und diese angepriesen werde. Der Ordinationsgehilfe agiere ausschließlich nach seiner subjektiven Rechtsüberzeugung und sei beim Empfang der Patienten ohne ständige Aufsicht durch die BF. Er erläutere den Patienten das Informationsblatt und verweise auf die Wichtigkeit einer jährlichen Untersuchung. Bei Verteilung der Informationsblätter an die Patienten habe der Gatte der BF den Eindruck erweckt, dass die normale Untersuchung als Kassenleistung nicht ausreichend wäre. Nach der Meinung des Ordinationsgehilfen sowie der BF stelle diese Erläuterung bereits eine ärztliche Leistung dar. Selbst wenn die Patienten in der Folge die Ordination wieder verlassen würden, ohne von der BF behandelt worden zu sein bzw. mit dieser überhaupt gesprochen zu haben, habe die BF der WGKK durch den Ordinationsgehilfen in Kenntnis dieser Umstände immer die Fallpauschale und den fachspezifischen Zuschlag verrechnet. Die BF bzw. ihr Gatte hätten eine Stornierung der E-Card-Konsultationen nicht vorgenommen, wenn es zu keiner ärztlichen Leistung auf Kassenbasis gekommen sei, weil die Patienten die Ordination vorzeitig verlassen oder ausschließlich Privatleistungen in Anspruch genommen hätten. Der Ordinationsgehilfe habe das Ersuchen von Patienten, eine solche Stornierung vorzunehmen, mit dem Hinweis abgelehnt, dass die Ausgabe des Informationsblattes ohne ärztlichen Kontakt bereits eine ärztliche Leistung darstelle. Die BF sei über die Rechtsmeinung und die eigenmächtigen Vorgehensweisen ihres Gatten informiert gewesen und habe sein Vorgehen genehmigt bzw. auf dessen Richtigkeit vertraut. Die Verwarnungen durch die WGKK bzw. die Rechtsmeinung der paritätischen Schiedskommission habe sie jedoch unbeachtet gelassen und keine einschlägige Fachberatung eingeholt. So habe sie nicht für die Abstellung der Verhaltensweisen gesorgt, obwohl ihr dies zumutbar und möglich gewesen wäre.

Für EKVK-Patienten gebe es für die erforderlichen Patientendaten ein selbstentworfenes Patientenerklärungsformular, welches auf der Homepage der BF abrufbar sei. Weiters gebe es auch ein Formular auf der Homepage der WGKK. In der Ordination der BF würden solche Formulare aufliegen, welche der Ordinationsgehilfe an die EKVK-Patienten übergebe, wenn diese erklären würden, keinen Internetzugang zu haben. Damit die Formulare nicht in der Ordination der BF ausgefüllt würden, habe er diese Patienten aufgefordert, das Formular von der Homepage der BF herunterzuladen und ausgefüllt abzugeben. So habe er die EKVK-Patientin XXXX am 11.06.2015 vor der Zulassung zu einer Behandlung und vor Zuteilung eines Termins aufgefordert, das Formular herunterzuladen, obwohl sie eine EKVK vorgewiesen habe. Nach Protest der Patientin habe er gemeint, dass "dieser ganze Papierkram nicht an ihnen, sondern an der EU liege". Ohne der Patientin zu erklären, warum sie das Formular nicht in der Ordination ausfüllen könne, habe er ihr die EKVK sowie eine Visitenkarte der Ordination zurückgegeben, ohne ihr einen Behandlungstermin zu geben. Am 10.06.2015 habe der Ordinationsgehilfe die Patientin XXXX nach Vorlage der EKVK mit dem Hinweis, dass der Papierkram in der Ordination erspart werden solle, auf die Homepage der BF verwiesen und ihr mitgeteilt, dass sie nach Übermittlung des ausgefüllten Formulars an die Ordination sowie nach Überprüfung, ob mit ihrer Krankenkasse alles in Ordnung sei, einen Termin erhalte. Dabei habe er zum Ausdruck gebracht, nicht zu wollen, dass keine Bezahlung erfolge, was oft der Fall sei. Die Patientin habe ihn dann darauf aufmerksam gemacht, dass es nach Auskunft der Kasse genüge, die EKVK sowie einen Personalausweis vorzulegen und dass sie auch sonst keine Probleme gehabt habe. Daraufhin habe der Ordinationsgehilfe geantwortet, dass "eh alle keine Ahnung hätten, auch die Ärzte nicht, die würden dann auf ihren Kosten sitzen bleiben. Er habe mehr Erfahrung, weshalb es in der Ordination der BF so gemacht werde." Die Patientin habe dann mehrmals zum Ausdruck gebracht, Schmerzen in den Beinen zu haben, jedoch sei der Ordinationsgehilfe dabei geblieben, dass sie vorerst das Formular ausfüllen müsse. Er habe ohne ärztliche Ausbildung jedoch nicht erkennen können, ob sie tatsächlich Schmerzen habe. Er habe außerdem erklärt, dass sie nicht beim zuständigen Arzt sei, sie solle in eine Spitalsambulanz oder zu einem praktischen Arzt gehen. Er habe ihr nicht angeboten, dass sie vorweg auf Rechnung behandelt werde oder ihre Kasse angerufen werden könne. Er habe Patienten mit gültiger EKVK weggeschickt und ihre Behandlung vor Übergabe des ausgefüllten Formulars abgelehnt. Die BF sei auch über die Unzulässigkeit, die Behandlung von EKVK-Patienten von der Ausfüllung des selbstentworfenen Formulars abhängig zu machen, verwarnt worden.

Zum Patienten XXXX , der eine Stammkundenkarte zur Beschleunigung eines Behandlungsfolgetermins erfragt habe, habe der Ordinationsgehilfe gesagt, dass die BF dieses Service gerne anbiete, weil die Wartezeiten immer enorm seien, da die WGKK sich auch nicht darum zu kümmern scheine. Als eine Dame mit falschem Titel aufgerufen worden sei und dies dem Ordinationsgehilfen mitgeteilt habe, habe er gesagt, dass die Krankenkasse schuld sei, diese habe den richtigen Titel nicht hinterlegt, das sei "eine Frechheit".

Der Patient XXXX , der sowohl bei der WGKK als auch bei der SVA versichert sei, sei vom Ordinationsgehilfen nicht gefragt worden, bei welchem Versicherungsträger die Verrechnung erfolgen solle. In der Folge sei die Konsultation bei beiden Versicherungsträgern erfasst, jedoch nur bei der WGKK verrechnet worden. Der Ordinationsgehilfe frage grundsätzlich nicht danach, bei welchem Versicherungsträger eine Konsultation von Mehrfachversicherten erfolgen solle. Wegen der nicht vertragskonformen Verwendung des E-Card-Systems sei die BF mit Schreiben vom 14.07.2014 verwarnt worden, nicht jedoch hinsichtlich der nicht vertragskonformen Verwendung des E-Card-Systems bei Mehrfachversicherten.

Die belangte Behörde führte weiter aus, dass die Aufklärung durch die WGKK über ein rechtskonformes Verrechnen entgegen dem Vorbringen der BF nicht durch ein inkompetentes Organ erfolgt sei, zumal es sich nicht um eine medizinische Angelegenheit gehandelt habe, in welcher der Chefarzt den Versicherungsträger vertrete und ausschließlich zuständig gewesen wäre. Ebenso seien die erforderlichen Patientenunterlagen über Verlangen von Ärzten der Abteilung für Vertragspartnerabrechnung nicht der abverlangenden Stelle, sondern dem Chefarzt oder der paritätischen Schiedskommission im Rahmen eines von der BF angestrengten Verfahrens übermittelt worden, da die BF entgegen dem Wortlaut des GV den Standpunkt vertreten habe, dass lediglich der Chefarzt diese Unterlagen verlangen und einsehen dürfe. Da die BF jedoch nach einem entsprechenden Hinweis der WGKK gewusst habe, wohin die Unterlagen zu schicken gewesen wären,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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