Entscheidungsdatum
01.08.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W164 2112739-1/30E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , STA Österreich, ehemals vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Charlotte Böhm, Wien, nun vertreten durch Felfering & Graschitz Rechtsanwälte GmbH, Wien, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 10.06.2015, Zl. VSNR XXXX , zur Recht erkannt:
A)
Gemäß § 28 Abs 1 und Abs 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Spruch des angefochtenen Bescheides insoweit abgeändert, als er zu lauten hat:
1) Den Beschwerdeführer traf zum Zeitpunkt des Rückstandsausweises vom 17.06.2014 eine Beitragsschuld an monatlichen Beiträgen zur Pensions- und Krankenversicherung nach dem GSVG sowie monatlichen Beiträgen nach dem Betriebshilfegesetz von € 7.351,22 zuzüglich 7,88% Verzugszinsen aus € 2.836,29 ab 18.6.2014.
2) Den Beschwerdeführer trifft aktuell eine Beitragsschuld an monatlichen Beiträgen zur Pensions- und Krankenversicherung nach dem GSVG sowie monatlichen Beiträgen nach dem Betriebshilfegesetz samt Verzugszinsen in Höhe von insgesamt € 7.381,34.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit dem Spruch des angefochtenen Bescheides stellte die Sozialversicherung der Gewerblichen Wirtschaft (im Folgenden SVA) unter Anführung der §§ 2/1/3, 25, 25a, 27, 27a, 35, 37, 250 GSVG und 5 BHG sowie 8 ASVG folgendes fest:
1) Der Beschwerdeführer sei aufgrund seines Beitragsrückstandes zum Rückstandsausweis vom 17.06.2014 verpflichtet, monatliche Beiträge in der Pensions- und Krankenversicherung sowie nach dem Betriebshilfegesetz wie folgt zu leisten:
a) Krankenversicherung:
01.08.1991 bis 31.12.1991 mtl. € 134,30
01.01.1992 bis 31.12.1992 mtl. € 123,54
01.01.1993 bis 30.06.1993 mtl. € 72,07
01.07.1993 bis 30.09.1993 mtl. € 78,85
b) Pensionsversicherung:
01.08.1991 bis 31.12.1991 mtl. € 218,02
01.01.1992 bis 31.12.1992 mtl. € 181,68
01.01.1993 bis 31.12.1993 mtl. € 105,98
c) Betriebshilfe:
01.08. 1991 bis 31.12.1991 mtl. € 0,87
01.01.1992 bis 31.12.1992 mtl. € 0,72
01.01.1993 bis 30.09.1993 mtl. € 0,42.
2) Der Gesamtrückstand an Sozialversicherungsbeiträgen inklusive der Beiträge zur Unfallversicherung (vorzuschreiben gem. § 250 GSVG iVm § 8 Abs 1 Z 3 lit a ASVG konkret als Jahresbetrag 1991 € 52,90,1992 € 55,81 und 1993 € 59,23), Nebengebühren und Verzugszinsen zum 17.06.2014 (Datum des Rückstandsausweises) betrage unter Berücksichtigung der zuletzt am 09.06.1993 eingelangten Zahlung von € 707,93 (ATS 9.741,27) € 7.351,22.
Der Beschwerdeführer sei darüber hinaus verpflichtet, ab 18.6.2014 bis laufend gesetzliche Verzugszinsen in Höhe von 7,88% aus einem Betrag von € 2.836,29 zu bezahlen.
Zur Begründung führte die SVA aus, der Beschwerdeführer (im Folgenden BF) habe im Verfahren XXXX des Arbeits- und Sozialgerichts Wien betreffend die Aufrechnung des bestehenden Beitragsrückstandes durch die Pensionsversicherungsanstalt auf die zu gewährende Korridorpension ab 01.07.2014 die Beitragsschuld laut Rückstandsausweis vom 17.06.2014 bestritten. Das Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht sei zum Zweck der Abklärung der Beitragsschuld unterbrochen worden.
Der BF sei von 01.08.1991 bis 31.12.1993 geschäftsführender Gesellschafter der XXXX GmbH gewesen und aufgrund dessen gemäß § 2 Abs 1 Z 3 GSVG von 01.08.1991 bis 31.12.1993 der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung und von 01.08.1991 bis 30.09.1993 der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung unterlegen.
Die Einkommenssteuerbescheide des BF würden versicherungspflichtige
Einkünfte wie folgt ausweisen:
Estb. 1991 vom 23.07.1993: selbständige Einkünfte in Höhe von €
8.720,74 (ATS 120.000,00),
Estb. 1992 vom 23.02.1994: selbständige Einkünfte in Höhe von €
17.441,48 (ATS 240.000,00),
Estb. 1993 vom 25.11.1994: selbständige Einkünfte in Höhe von €
10.174,20 (ATS 140.000,00).
Der BF sei seit 10.10.1973 an der Adresse XXXX Wien, XXXX mit seinem Hauptwohnsitz gemeldet. Sämtliche Zustellungen seien an diese Adresse erfolgt. Die vorläufigen Beiträge seien dem BF anhand der sog. Neuzugangsgrundlage § 25a GSVG ab Versicherungsbeginn, erstmals ab der Vorschreibung im 4. Quartal 1991 und in der Folge während des Bestandes der Pflichtversicherung quartalsweise vorgeschrieben worden. Die aufgrund der endgültigen Beitragsfeststellung sich ergebende Nachbelastung für 1991 sei mit Vorschreibung im 2. Quartal 1994 erfolgt, die für 1992 im 4. Quartal 1994. Für 1993 habe sich eine Gutschrift ergeben, die in der Vorschreibung im 2. Quartal 1995 ersichtlich sei. Die SVA habe an die obengenannte Adresse laufend Kontoauszüge und ab 1996 Sondermahnungen gesendet. Die SVA listete in der Begründung des angefochtenen Bescheides die vom BF in den Jahren 1992 und 1993 geleisteten Zahlungen auf und legte die Berechnung der nachverrechneten Beiträge rechnerisch dar.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine damalige rechtsfreundliche Vertretung, RA Dr. Charlotte Böhm, fristgerecht Beschwerde und stellte die festgestellten Sozialversicherungsbeiträge als rechnerisch richtig außer Streit. Der BF wendete Verjährung gemäß § 68 ASVG und § 40 GSVG sowie hinsichtlich der Zinsen § 1480 ABGB ein. Der BF bestritt, dass die SVA seit 1996 verjährungsunterbrechende Maßnahmen zum Zweck der Feststellung der Beitragsschuld getroffen hätte.
Die SVA legte die Beschwerde samt dem Bezug habenden Verwaltungsakt mit 29.7.2015 dem Bundesverwaltungsgericht vor, wo die Rechtssache der Abteilung W174 zugewiesen wurde. Mit ihrem Vorlagebericht legte die SVA die von ihr seit 1991 gesetzten verjährungsunterbrechenden Maßnahmen dar. Es sei keine Verjährung eingetreten.
Mit 24.3.2016 brachte der Beschwerdeführer im eigenen Namen beim Bundesverwaltungsgericht einen Fristsetzungsantrag ein, der ihm mit Mängelbehebungsauftrag W174 2112739-1/4Z vom 11.04.2016 zur Verbesserung zurückgestellt wurde. Den verbesserten Fristsetzungsantrag legte das Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben W174 2112739-1/6Z vom 28.04.2016 dem Verwaltungsgerichtshof mit dem Bemerken vor, dass die Mängelbehebung verspätet erfolgt sei.
Mit Schreiben vom 01.06.2017 verwies die SVA auf den Beschluss des BG Innere Stadt Wien vom 19.11.2015, AZ XXXX , mit dem über das Vermögen des Beschwerdeführers unter seiner Eigenverwaltung das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet und nach rechtskräftiger Bestätigung des Zahlungsplanes mit Beschluss vom 17.02.2016 aufgehoben worden sei. Die SVA habe im genannten Schuldenregulierungsverfahren am 15.12.2015 ihre zum damaligen Zeitpunkt offene Forderung (€ 7.381,34) angemeldet und auf das Absonderungsrecht gemäß § 113 IO hingewiesen. Der BF habe diese Forderung nicht bestritten. Demgemäß sei sie unter Pos Nr. 1 im Anmeldeverzeichnis aufgenommen worden. Gemäß §60 Abs 2 IO entfalte die Feststellung der Forderung Bindungswirkung. Die SVA erläuterte die Höhe der noch offenen Forderung rechnerisch. Der BF habe am 01.08.2014 eine Rate von € 278,79 im Wege der Aufrechnung bezahlt.
Mit Schreiben vom 07.06.2016 gab der BF die Aufkündigung des Vollmachtsverhältnisses zu Rechtsanwältin Charlotte Böhm bekannt. Durch seine neue rechtsfreundlichen Vertreterin, Felfering & Graschitz Rechtsanwälte GmbH, Wien, nahm der BF mit Schreiben vom 15.6.2016 den oben genannten Fristsetzungsantrag zurück. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes Fr2016/08/0010-5 vom 29.06.2016 wurde der Fristsetzungsantrag für gegenstandslos erklärt.
Mit Stellungnahme vom 17.6.2016 brachte der BF durch seine neue rechtsfreundliche Vertretung vor, er bestreite, dass er durch seine Beschwerde die Höhe der Nachforderung grundsätzlich anerkannt habe. Die SVA behaupte nicht einmal, dass ihre im Vorlagebericht vom 29.7.2015 angeführten Mitteilungen über Rückstandsausweise etc. den BF tatsächlich erreicht hätten. Die SVA werde entsprechende Nachweise zu erbringen haben. Der BF sei für kurze Zeit Geschäftsführer der XXXX GmbH gewesen. Diese sei überschuldet gewesen und sei 1993 insolvent geworden. Die in Insolvenz befindliche Gesellschaft habe unter der nunmehrigen Adresse des BF, XXXX Wien, XXXX , firmiert. Dies sei der SVA bekannt gewesen. Der BF gehe aber davon aus, dass die SVA allfällige Schriftstücke an die alte Adresse der GmbH gesendet habe. Dies schließe der BF daraus, dass am 17.01.1993 versucht wurde, dem BF als Geschäftsführer der genannten GmbH an der Adresse der GmbH ( XXXX Wien) einen Antrag auf Fahrnisexekution über einen Kapitalbetrag von ATS 8.890,07 samt Kosten und Zinsen, insgesamt daher ATS 9.097,22 zuzustellen. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei die Adresse nicht mehr aktuell gewesen. Am 05.04.1993 sei beim BF - wieder an der Adresse der GmbH - ein Antrag auf Einstellung der Exekution nach § 39(1)Z6 EO über den Betrag von ATS 9.097,22 (umgerechnet € 661,12) eingelangt. Der nächste Exekutionsschritt sei erst am 03.07.2002 erfolgt, mit dem dem BF an seiner Wohnsitzadresse XXXX Wien, XXXX eine Bewilligung der Forderungsexekution datiert mit 03.07.2002 über einen Betrag von €
5.102,23 zugestellt worden sei. Die Steigerung dieses Betrages könne selbst unter der Annahme von 10% Verzugszinsen nicht erklärt werden. Die Höhe der Forderung werde daher bekämpft. Im Übrigen sei Verjährung eingetreten.
Mit Schreiben vom 19.01.2017 gab der BF durch seine rechtsfreundliche Vertretung bekannt, aus seinem seinerzeitigen Geschäftsführerverhältnis seien Forderungen von zwei Banken und der SVA zu Buch gestanden. Der BF habe sich außer Stande gesehen, diese Forderungen auch nur ansatzweise bedienen zu können und habe im Herbst 2015 ein Schuldenregulierungsverfahren eingeleitet. Dieses Verfahren sei mit Beschluss vom 19.11.2015 eröffnet worden. Im Rahmen dieses Schuldenregulierungsverfahrens habe der BF einen Zahlungsplan erarbeitet, der in der Tagsatzung vom 1.2.2016 mit Beschluss des BG Innere Stadt Wien bestätigt wurde. Dieser Beschluss sei in Rechtskraft erwachsen. Der BF habe sich im Rahmen dieses Zahlungsplanes verpflichtet, 28% seiner Schulden zahlbar in 71 Teilquoten zu bezahlen, wobei die erste Rate am 10.1.2018 fällig würde. Auch die SVA habe ihre Forderung im Schuldenregulierungsverfahren angemeldet und teilgenommen. Der BF vertrat die Ansicht, er habe seine Gesamtschuld bei der SVA bereits abgestattet. Offenbar habe die Pensionsversicherungsanstalt nur die erste Rate an die SVA überwiesen. Da der BF nun lediglich verpflichtet sei, die Quote von 28% seiner Schuld zu begleichen, müsse ihm das ansonsten einbehaltene Vermögen rückerstattet werden. Soweit sich die SVA darauf berufe, dass sie die Gesamtforderung gemäß § 71 GSVG aufrechnen dürfe wende der BF ein, dass dies zu einer nicht gerechtfertigten Gläubigerbevorzugung führen und dem Insolvenzverfahren widersprechen würde. Der BF beantragte die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.
Durch Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 01.02.2017 wurde die Rechtssache der Abt W174 abgenommen und der Abteilung W 145 neu zugewiesen.
Durch Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 09.08.2017 wurde die Rechtsache der Abt W145 abgenommen und der Abt W164 neu zugewiesen.
Mit Schreiben W164 2112739-1/20Z vom22.08.2017 brachte das Bundesverwaltungsgericht der SVA die Stellungnahme des BF vom 17.6.2016 zur Kenntnis und forderte diese auf, nicht im Akt aufliegende Beweismittel - insbesondere eine Kopie der Sondermahnung 2004 - hinsichtlich der behaupteten verjährungsunterbrechenden Maßnahmen nachzureichen.
Mit Schreiben vom 30.08.2017 führte die SVA aus, der Versand der aufgelisteten Maßnahmen sei technisch automatisch an die gespeicherte Zustelladresse erfolgt. Unter Verweis auf die entsprechenden Aktenseiten führte die SVA dazu näher aus, der BF habe anlässlich seiner Anmeldung zur Pflichtversicherung der SVA 1991 zunächst seine Wohnadresse bekannt gegeben. Diese sei daraufhin als Zustelladresse gespeichert worden. Dies belege auch der Umstand, dass sämtliche nicht technisch automatisch an den BF versandte Schreiben laut Akt an diese Adresse gerichtet wurden. Ab 17.04.1992 (BF habe zu diesem Zeitpunkt die Firmenadresse der genannten GmbH bekannt gegeben) sei der technisch automatische Versand an diese Adresse zugestellt worden. Dies dokumentiere die Vorschreibung des 3. Quartals 1993. Daraus erkläre sich auch, warum der vom BF genannte Antrag auf Fahrnisexekution (Zustellversuch 17.01.1993) an die Adresse der GmbH gerichtet war. Zu diesem Zeitpunkt sei die Firmenadresse nämlich aktuell gewesen. Der Antrag auf Konkurs sei erst am 23.07.1993 gestellt worden und der Konkurs erst mit Beschluss vom 11.08.1993 bewilligt worden. Der BF habe der SVA mit Schreiben vom 13.08.1993 die Einleitung des Konkursverfahrens betreffend die GmbH mitgeteilt. Ein auf diesem Schreiben befindlicher handschriftlicher Bearbeitungsvermerk vom 24.8.1992 "604 erl" dokumentiere, dass daraufhin die Wohnsitzadresse des BF als Zustelladresse gespeichert worden sei. Die weitere Exekutionsführung sei an diese letztgenannte Adresse erfolgt. Dies werde etwa dadurch dokumentiert, dass mit Beschluss des BG Innere Stadt Wien vom 06.09.1994, 65 E 5100/94a die Fahrnisexekution gegen den BF an seiner Wohnsitzadresse bewilligt wurde. Die Behauptung des BF, dass erst am 3.7.2002 weitere Exekutionsschritte gesetzt wurden, sei unrichtig. Befragt zur Sondermahnung 2004 gab die SVA an, diese sei nicht retourniert worden. Daher befinde sich keine Kopie der Mahnung im Akt. Jedoch sei der technische Versand dieser Mahnung EDV-mäßig dokumentiert. Die SVA verwies auf einen im Akt befindlichen Screenshot.
Im Zuge des darauffolgenden Parteiengehörs wurde der BF mit den hier wesentlichen Beweismitteln und insbesondere mit den im Akt befindlichen Schreiben des BF vom 23.11.1993, 09.02.1995 und 19.02.1998 konfrontiert, die nahelegen, dass die SVA durch Setzen von Hereinbringungsmaßnahmen eine Reaktion des BF ausgelöst haben dürfte. Der BF erhielt weiters die Möglichkeit der Stellungnahme zu seiner ursprünglichen Beschwerde, mit der er die Höhe der nachverrechneten Beiträge außer Streit gestellt hatte, weiters zur Stellungnahme zum genannten Verfahren des BG Innere Stadt Wien XXXX , im Zuge dessen er die Forderung der SVA über € 7.381,34 anerkannt habe. Der BF erhielt Gelegenheit, die mit seinem Schreiben vom 17.06.2016 genannte Exekutionsbewilligung vom 17.01.1993, bei der ein Nachverrechnungsbetrag von lediglich ATS 9.097,22 (ca. € 661,12) angeführt worden sei, vorzulegen. Da der BF eine mündliche Verhandlung beantragt hatte, wurde er aufgefordert bekannt zu geben, welche Personen dort befragt werden sollen und zu welchen Beweisthemen diese Personen befragt werden sollen.
Der BF bestätigte im Zuge des ihm gewährten Parteiengehörs mit Schreiben vom 19.10.2017 durch seine nunmehrige Rechtsvertretung, dass die belangte Behörde bereits im Konkurs der vom BF seinerzeit betriebenen XXXX GmbH, welcher am 11.08.1993 eröffnet wurde, eine Forderung angemeldet habe und dass der BF im Rahmen eines im Jahr 2015 eingeleiteten Schuldenregulierungsverfahrens die von der belangten Behörde angemeldete Forderung nicht bestritten habe. Jedoch hätte die belangte Behörde ihre Forderung ab Kenntnis des Beschlusses über das Schuldenregulierungsverfahren auf die dort festgelegte Quote von 28% einschränken müssen. Dies sei nicht geschehen. Der BF habe mittlerweile die Gesamtforderung bezahlt. Die Behörde habe im Übrigen zu der vom BF in seinem Schriftsatz vom 17.6.2016 geäußerten - nach Meinung des BF berechtigten- Kritik nicht klärend Stellung bezogen. Der BF machte weiters Einwendungen gegen die Aufrechnung der Forderung auf seinen Pensionsbezug.
Die belangte Behörde bestritt mit Schreiben vom 19.10.2017, dass die Forderung nun mit 28% beschränkt sei und verwies auf die §§ 103 ASVG und 71 GSVG. Darauf sei im Insolvenzverfahren gem. § 113a IO hingewiesen worden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF war von 04.07.1991 bis 11.08.1993 Alleingesellschafter und Geschäftsführer der XXXX gesellschaft m.b.H. mit Sitz in Wien.
Mit Schreiben vom 24.8.1991 informierte der BF die SVA unter Nennung seiner Wohnadresse, 1030 Wien, Arsenal Objekt 12/2/63 von seiner Eintragung als Geschäftsführer der genannten GmbH ins Firmenbuch.
Mit Schreiben vom 11.11.1991 übersandte der BF der SVA unter Nennung seiner Wohnsitzadresse eine Versicherungserklärung.
Mit Schreiben vom 23.4.1992 gab der BF der SVA die Firmenadresse XXXX Wien, XXXX bekannt.
Mit Aktenvermerk vom 17.04.1992 hielt die SVA fest: "neue Anschrift laut Telefonat: XXXX Wien. 604 erl."
Mit Schreiben vom 23.07.1993 gab der BF der SVA im Namen der genannten GmbH bekannt, dass die GmbH zahlungsunfähig sei und dass ein Konkursantrag gestellt wurde.
Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien XXXX vom 11.08.1993 wurde über die XXXX gesellschaft m.b.H. der Konkurs eröffnet. Die belangte Behörde hat in diesem Konkursverfahren die verfahrensgegenständliche Beitragsforderung angemeldet. Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 20.8.1998, XXXX wurde der Konkurs mangels Kostendeckung aufgehoben. Mit 24.04.1999 wurde die Firma amtswegig gelöscht.
Mit Schreiben vom 13.08.1993 übermittelte der BF - unter Nennung seiner Wohnsitzadresse - der SVA seinen Konkursantrag betreffend die genannte GmbH und teilte die Daten des nun bestellten Masseverwalters mit. Auf diesem Schreiben befindet sich ein handschriftlicher Vermerk der SVA "24.8.1993 JK 604 erl."
Mit Schreiben vom 23.11.1993 ersuchte der damalige Steuerberater des BF Bezug nehmend auf einen Kontoauszug bis inklusive 17.10.1993 mit einem ausgewiesenen Beitragsrückstand von ATS 19.502,05 (nach heutiger Umrechnung ca. € 1.417,27) um Nachsicht, da der BF seit 13.09.1993 Arbeitslosengeld beziehe und darüber hinaus einkommens- und vermögenslos sei.
Die Gewerbeberechtigung endete laut einer im Akt befindlichen Verständigung des Magistrats der Stadt Wien, MBA 21-G/G-201/94, vom 11.1.1994, mit 24.12.1993.
Mit 24.01.1995 unterzeichnete der BF ein Vermögensverzeichnis nach § 47 Abs 2 EO zum Exekutionsverfahren XXXX des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien.
Mit Schreiben vom 09.02.1995 übermittelte der BF der SVA (unter Nennung seiner Wohnsitzadresse) sein Vermögensverzeichnis nach § 47 Abs 2 EO vom 23.08.1994 und ersuchte, von weiteren Belastungen Abstand zu nehmen.
Zum Stichtag 02.12.1996, Mahnsaldo ATS 42.753,34, Ankunftsstempel 13.12.1996, sendete die SVA eine Sondermahnung an die Wohnsitzadresse des BF. Diese wurde retourniert mit dem Vermerk "Nicht angenommen, vom Empfänger zurückgegeben". Versand und Retoursendung wurden vom Prüfer am 27.01.1997 handschriftlich im Akt mit Unterschrift vermerkt.
Mit Schreiben vom 19.02.1998 teilte der Masseverwalters RA Dr. Igali-Igalffy der SVA mit, der BF habe ihm ein Schreiben der SVA betreffend den Konkurs der XXXX GmbH vom 11.03.1993 zur Kenntnis gebracht. Da dem Masseverwalter die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des BF bekannt seien, rate er aus Kostengründen von weiteren Einbringungsmaßnahmen ab.
Zum Stichtag 01.09.1998, Mahnsaldo ATS 49.083,15, Ankunftsstempel 22.09.1998, sendete die SVA an die Wohnsitzadresse des BF eine Sondermahnung. Diese wurde retourniert mit dem Vermerk "Nicht behoben". Versand und Retoursendung wurden vom Prüfer am 19.10.1998 handschriftlich im Akt mit Unterschrift vermerkt.
Zum Stichtag 30.05.2000, Mahnsaldo ATS 49.083,15, Ankunftsstempel 21.06.2000, sendete die SVA an die Wohnsitzadresse des BF eine Sondermahnung. Diese wurde retourniert mit dem Vermerk "Nicht behoben". Versand und Retoursendung wurden vom Prüfer am 19.07.2000 im Akt handschriftlich mit Unterschrift vermerkt.
Zum Stichtag 07.06.2002, Mahnsaldo € 5.102,23, kein Ankunftsstempel, sendete die SVA an die Wohnsitzadresse des BF eine Sondermahnung. Diese wurde, retourniert mit dem Vermerk "Nicht behoben". Versand und Retoursendung wurden vom Prüfer am 29. Ju [Stempel im Übrigen unleserlich] handschriftlich im Akt mit Unterschrift vermerkt. Überdies wurde der Versand dieser Sondermahnung mit dem "Aktionsdatum 07.06.2002" EDV-mäßig erfasst - die belangte Behörde hat ihr akteninternes System über die Erfassung von Hereinbringungsmaßnahmen im Jahr 2002 auf EDV umgestellt.
Der BF erinnerte mit einem per Fax vom 14.06.2002 die SVA gerichteten Schreiben an das oben genannte Schreiben des Masseverwalters vom 19.02.1998 und nimmt auf den nun an ihn gerichteten Postauftrag in Höhe von € 5.102,23 Bezug. Der BF verweist auf eine 50%ige Erwerbsminderung. Es werde ihm kaum mehr möglich sein, in andere Einkommens- oder Vermögensverhältnisse zu gelangen.
Mit 18.07.2002 unterzeichnete der BF einen Einspruch gegen die Exekutionsbewilligung vom 3.7.2002, XXXX des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien.
Zum Stichtag 15.03.2004 sendete die SVA eine Sondermahnung an die Wohnsitzadresse des BF. Diese wurde nicht retourniert. Der Versand dieser Sondermahnung wurde mit dem "Aktionsdatum 15.03.2004" EDV-mäßig erfasst.
Zum Stichtag 10.09.2005, Mahnsaldo € 6.002,86, Ankunftsvermerk 15.09.2005, sendete die SVA an die Wohnsitzadresse des BF eine Sondermahnung. Diese wurde retourniert mit dem Vermerk "Nicht behoben". Der Versand dieser Sondermahnung wurde mit dem "Aktionsdatum 10.09.2005" EDV-mäßig erfasst.
Zum Stichtag 09.03.2007, Mahnsaldo € 6.330,91, kein Ankunftsvermerk, sendete die SVA an die Wohnsitzadresse des BF eine Sondermahnung. Diese wurde retourniert mit dem Vermerk "nicht angenommen". Der Versand dieser Sondermahnung wurde mit dem "Aktionsdatum 09.03.2007" EDV-mäßig erfasst.
Sondermahnung zum Stichtag 05.09.2008, Mahnsaldo € 6.710,48, kein Ankunftsstempel, gesendet an die Wohnsitzadresse des BF, vermerktes Rücksendedatum 18.09.2008, retourniert mit dem Vermerk "nicht angenommen". Der Versand dieser Sondermahnung wurde mit dem "Aktionsdatum 05.09.2008" EDV-mäßig erfasst.
Zum Stichtag 05.03.2010, Mahnsaldo € 7.085,56 Ankunftsvermerk 11.03.2010, sendete die SVA die Wohnsitzadresse des BF eine Sondermahnung. Diese wurde retournmiert mit dem Vermerk "Nicht behoben". Der Versand dieser Sondermahnung wurde mit dem "Aktionsdatum 05.03.2010" EDV-mäßig erfasst.
Zum Stichtag 09.09.2011 sendete die SVA eine Sondermahnung an die Wohnsitzadresse des BF. Diese wurde nicht retourniert. Der Versand dieser Sondermahnung wurde mit dem "Aktionsdatum 09.09.2011" EDV-mäßig erfasst.
Zum Stichtag 08.03.2013 sendete die SVA eine Sondermahnung an die Wohnsitzadresse des BF. Diese wurde nicht retourniert. Der Versand dieser Sondermahnung wurde mit dem "Aktionsdatum 08.03.2013" EDV-mäßig erfasst.
Mit Schreiben vom 17.06.2014 ersuchte die SVA die Pensionsversicherungsanstalt, die ausgewiesene Beitragsschuld des BF aufzurechnen.
Im Zuge des als Folge davon beim Arbeits- und Sozialgericht Wien vom BF angestrengten Gerichtsverfahren nahm die (mit der Aufrechnung wie oben beauftragte) PVA am 11.09.2014 an einer Tagsatzung teil.
Am 10.06.2015 erließ die belangte Behörde den hier angefochtenen Bescheid.
Mit Einlangensdatum 18.11.2015 stellte der BF beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien einen Antrag auf Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens. Gleichzeitig beantragte der BF unter Beilage eines Zahlungsplanes dessen Annahme und (subsidiär) die Durchführung des Abschöpfungsverfahrens mit Restschuldbefreiung.
Mit 01.02.2016 unterzeichnete der BF das vom BG Innere Stadt gem. §§ 104,105,108 und 109 IO) erstellte Anmeldeverzeichnis, auf dem eine Judikatsschuld gegenüber der belangten Behörde in Höhe von €
7.381,34 ausgewiesen ist.
Mit Beschluss Gz XXXX vom 01.02.2016, rechtskräftig am 17.02.2016, bestätigte das BG Innere Stadt Wien den Zahlungsplan in der Weise, dass die Quote von 28% zahlbar in 71 Teilquoten mit der ersten Rate vom 10.01.2018 und der letzten Rate vom 10.01.2023 mit Folgeraten jeweils zum 10. Des Monates und doppelten Raten im Mai und November jeden Jahres.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde weiters durch Einsichtnahme in den Akt des BG Innere Stadt Wien Gz XXXX , durch Einsichtnahme in die Beschwerde, sowie durch Einholung ergänzender Stellungnahmen der belangten Behörde vom 01.06.2016 und 30.08.2017 und des BF vom 17.06.2016 und 19.10.2017, schließlich durch Einsichtnahme in das Firmenbuch FN XXXX und in das Zentralmelderegister Nr. XXXX . Sämtliche wesentliche Beweismittel sind beiden Verfahrensparteien bekannt.
Dass die Beitragsrückstände dem BF bis zur Konkurseröffnung vom 11.08.1993 durch quartalsmäßige Vorschreibung der Beitragsrückstände zur Kenntnis gebracht wurden, ist unbestritten. Auch die im Akt befindlichen Schreiben des BF vom 23.11.1993, 09.02.1995 und 19.02.1998 indizieren, dass er von den diesen Schreiben vorangegangenen Hereinbringungsmaßnahmen der SVA Kenntnis hatte, dass diese also an die jeweils aktuelle Adresse gesendet wurden. Soweit der BF einwendet, die SVA habe am 07.01.1993 einen Antrag auf Fahrnisexekution und am 05.04.1993 einen Antrag auf Einstellung der Exekution jeweils mit der Adresse der XXXX GmbH gestellt, hat dem die belangte Behörde zu Recht entgegnet, dass die vom BF betriebene GmbH zum genannten Zeitpunkten noch nicht im Konkurs stand, der Versand an die Firmenadresse daher korrekt war. Auch der Hinweis der SVA auf einen Vermerk über die Speicherung der Zustelladresse auf dem vom BF an sie gesendeten Schreiben vom 13.08.1003 war in die Beweiswürdigung miteinzubeziehen
Durch Anmeldung ihrer Beitragsnachforderung in dem am 11.08.1993 eröffneten Konkursverfahren sowie durch die anschließende Beteiligung am Exekutionsverfahren XXXX des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien hat die belangte Behörde erwiesenermaßen verjährungsunterbrechende Maßnahmen gesetzt.
Was den Versand der Sondermahnungen ab 02.12.1996 betrifft, so geht aus den retournierten Sondermahnungen vom 02.12.1996, 01.09.1998, 30.05.2000, 07.06.2002, 10.09.2005, 09.03.2007, 05.09.2008 und 05.03.2010, die sämtlich nicht behoben/nicht angenommen oder zurückgegeben und nach Ablauf der Bereithaltungsfrist an die SVA zurückgesendet wurden, eindeutig hervor, dass diese an die Wohnsitzadresse des BF gesendet wurden. Auch lassen die auf den retournierten Sondermahnungen vom 02.12.1996, 09.03.2007 und 05.09.2008 vorgenommenen Eintragungen "nicht angenommen" bzw. "zurückgegeben" erkennen, dass diese Mahnungen dem BF sogar zur Kenntnis gebracht wurden, er deren Annahme aber zurückgewiesen hat.
Diese Feststellungen indizieren aber, dass wohl auch die Sondermahnung zum Stichtag 15.04.2004 (ihr Versand wurde Edv-mäßig erfasst, wobei die Zustelladresse nicht eigens angeführt wurde; die Zustelladresse wurde erst anlässlich der Sondermahnung 10.09.2005 und der nachfolgenden Sondermahnungen 09.03.2007, 05.09.2008, 05.03.2010, 09.09.2011 und 08.03.2013 unter der Rubrik "individueller Hinweistext" eingetragen) ebenso wie die davor und danach an den BF versendeten Sondermahnungen an seine Wohnsitzadresse XXXX Wien, XXXX gesendet wurde. Der BF hat dem auch keine substantiierten gegenteiligen Vorbringen entgegengehalten.
Insoweit zwischen den beiden Stichtagen der Sondermahnungen vom 30.05.2000 und 07.06.2002 mehr als zwei Jahre liegen, ist zu berücksichtigen, dass die Sondermahnung vom 30.05.2000 dem BF am 21.06.2000 zugestellt und ab diesem Datum zur Abholung bereitgehalten wurde. Ihre Retoursendung wurde am 19.7.2000 im Akt vermerkt. Die neuerliche Veranlassung der Sondermahnung per 7.6.2002 erfolgte somit jedenfalls innerhalb der zweijährigen Verjährungsfrist.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 194 GSVG gelten (soweit hier maßgeblich) hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung dieses Bundesgesetzes die Bestimmungen des Siebenten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes wobei § 414 Abs 2 und 3 ASVG nicht anzuwenden ist (§ 194 Z 5 GSVG).
Gemäß § 414 Abs 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. Der Senat besteht aus einem/einer Vorsitzenden RichterIn und zwei fachkundigen Laienrichter/inne/n, von denen der/die eine dem Kreis der DienstnehmerInnen und der/die andere dem Kreis der Dienstgeber anzugehören hat. Der Antrag ist gleichzeitig mit der Beschwerde oder dem Vorlageantrag oder binnen vier Wochen ab Zustellung der Beschwerde einzubringen.
Da § 414 Abs 2 ASVG auf eine Verfahren zur Durchführung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes nicht anzuwenden ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Frage der Verjährung:
Gemäß § 35 Abs 1 GSVG sind die Beiträge, sofern im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, mit dem Ablauf des Kalendermonates fällig, für den sie zu leisten sind. (...)
Gemäß § 35 Abs 2 GSVG sind solche Beiträge, die durch den Versicherungsträger für die Beitragsmonate eines Kalendervierteljahres gemeinsam vorgeschrieben werden, mit dem Ablauf des zweiten Monates des betreffenden Kalendervierteljahres fällig. Werden Beiträge auf Grund einer nachträglichen Feststellung der Einkünfte des Versicherten durch die Finanzbehörden vorgeschrieben, so sind sie mit dem Letzten des zweiten Monates des Kalendervierteljahres fällig, in dem die Vorschreibung erfolgt.
Gemäß § 40 Abs 1 GSVG verjährt das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. (...) Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist.
Gemäß § 40 Abs 2 GSVG verjährt das Recht auf Einforderung festgestellter Beitragsschulden binnen zwei Jahren nach Verständigung des Zahlungspflichtigen vom Ergebnis der Feststellung. Die Verjährung wird durch jede zum Zwecke der Hereinbringung getroffene Maßnahme, wie zum Beispiel durch Zustellung einer an den Zahlungspflichtigen gerichteten Zahlungsaufforderung (Mahnung), unterbrochen; sie wird durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung gehemmt. Bezüglich der Unterbrechung oder Hemmung der Verjährung im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beitragsschuldners/der Beitragsschuldnerin gelten die einschlägigen Vorschriften der Insolvenzordnung.
Als die Feststellungverjährung unterbrechende Maßnahme ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jede nach außen hin in Erscheinung tretende und dem Beitragsschuldner zur Kenntnis gebracht der Tätigkeit des Versicherungsträgers zu verstehen, die der rechtswirksamen Feststellung der Beitragsschuld diente. Eine solche Maßnahme stellt schon eine durch ausgewiesene Bedienstete des Versicherungsträgers beim Beitragsschuldner vorgenommene Beitragsprüfung dar. Auch andere objektiv dem Feststellungsziel dienenden Aktivitäten des Versicherungsträgers, wie die Übersendung von Kontoauszügen über Rückstände an bestimmten Beiträgen durch den Versicherungsträger sind als verjährungsunterbrechende Maßnahmen anzusehen, ebenso die Einleitung eines Verfahrens zur Erlassung eines auf Zahlung der Beiträge gerichteten Leistungsbescheides. Solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts über die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist, ist die Verjährung gehemmt.
Die zweijährige Frist der Einforderungsverjährung beginnt mit der Verständigung des Zahlungspflichtigen vom Ergebnis der Feststellung. Hat der Beitragsschuldner die ihm vorgeschriebene Beitragsforderungen nicht bestritten, so sind die Beitragsschulden mangels eines Streites über die Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen festgestellt. Demgegenüber liegt im Streitfall (betreffend die Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge) eine Feststellung der Beitragsschuld erst mit einer rechtskräftigen Entscheidung vor.
Mit Erkenntnis 2013/08/0177 vom 24.6.2016 hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass Beitragsforderungen, die ursprünglich nicht bestritten wurden - was dazu führte, dass der Versicherungsträger lediglich Maßnahmen der Hereinbringung zu setzen hatte - auch später noch bestritten werden können, allerdings nur insoweit, als nicht schon Einforderungsverjährung eingetreten ist.
Als die Einbringungsverjährung unterbrechende Maßnahmen sind nicht nur solche Maßnahmen zu verstehen, die dem Verpflichteten auch zur Kenntnis gelangt sind. Ist etwa die Anschrift eines Verpflichteten nicht bekannt (oder dieser an der bekannten Anschrift nicht erreichbar), so dienen auch all jene Maßnahmen der Hereinbringung der offenen Forderung, die auf die Feststellung des tatsächlichen Aufenthaltsortes des Verpflichteten gerichtet sind. Eine Zahlungsaufforderung (Mahnung) an den Zahlungspflichtigen bewirkt eine Unterbrechung der Einbringungsverjährung wenn Sie an diesen zugestellt wird. Zur Wirksamkeit als Unterbrechungsmaßnahme ist hier keine Kenntnisnahme des Zahlungspflichtigen, wohl aber eine rechtlich wirksame Zustellung vorausgesetzt. Die Mahnung bedarf keines Nachweises der Zustellung. Die Zustellung wird vielmehr bei Postversand am dritten Tag nach der Aufgabe der Post vermutet. Die Vermutung ist widerleglich. Dem Zahlungspflichtigen steht der Gegenbeweis offen. Richtet die Behörde ein Mahnschreiben an den Verpflichteten an eine unrichtige Adresse, so liegt keine zweckdienliche Maßnahme zur Unterbrechung der Einbringungsverjährung vor. (vgl. VwGH 2009/08/0049 12.9.2012).
In seinem Erkenntnis 2012/08/0049 vom 04.09.2013 hatte sich der Verwaltungsgerichtshof mit einem Fall der Einbringungsverjährung zu befassen, in dem der Zahlungspflichtige die rechtswirksame Zustellung von an ihn gesendeten Sondermahnungen und insbesondere die Existenz einer Sondermahnung von der weder Kopien noch Zustellnachweise vorgewiesen werden konnten Es sei lediglich auf einen Bildschirmausdruck verwiesen worden, auf dem die angebliche Zustelladresse jedoch nicht vermerkt war. Dieser Bildschirmausdruck sei nicht vorgelegt worden. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu aus, dass die Feststellung, dass ein Mahnschreiben dem Empfänger zugegangen sein müsse, weil es sich nicht im Akt befände, dem vom Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Beweiswürdigung wahrzunehmenden Prüfungsmaßstab nicht standhalte. Der Akt müsse jedenfalls sonstige Anhaltspunkte dafür enthalten, dass ein solches Mahnschreiben versendet wurde. Als Beispiel führt der Verwaltungsgerichtshof die Dokumentation der Versendung des Mahnschreibens durch einen entsprechenden Aktenvermerk an.
Bezogen auf den vorliegenden Fall ergibt sich daraus:
Im hier vorliegenden Fall hat der BF die gegen ihn erhobenen
Beitragsnachforderungen zunächst unbestritten gelassen: Er hat trotz des von ihm selbst angeführten, ihm also unbestritten zur Kenntnis gelangten Exekutionsverfahrens des Jahres 1993 keinen Bescheid über die Feststellung seiner Versicherungspflicht und Beitragspflicht verlangt, ebenso nicht anlässlich der von ihm selbst genannten Bewilligung der Forderungsexekution vom 3.7.2002. Auch die im Akt der belangten Behörde aufliegende unter Punkt II. "Feststellungen" dokumentierte Korrespondenz zeigt, dass der BF Kenntnis von der Nachforderung hatte und stets nur mit einem Verweis auf seine schlechte finanzielle Lage und nicht auf Einwände gegen deren sachliche und rechnerische Richtigkeit entgegenhielt.
Erstmals bestritten hat der BF seine Beitragsschuld (ohne nähere Begründung) anlässlich der ersten Tagsatzung im Verfahren XXXX vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien vom 11.09.2014. Dieses Gerichtsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Im vorliegenden Fall ist daher zu prüfen, ob bis zum 11.09.2014 bereits Einbringungsverjährung eingetreten ist.
Wie sich aus den Feststellungen ergibt, hat die SVA im zu prüfenden Zeitraum in Abständen von weniger als zwei Jahren Einbringungsmaßnahmen betreffend die verfahrensgegenständliche Beitragsschuld getätigt. Es ist bis zum 11.09.2014 keine Einbringungsverjährung eingetreten.
Soweit die Zustellung der Sondermahnung zum Stichtag 15.04.2004 Edv-mäßig erfasst, die Zustelladresse jedoch nicht eigens angeführt wurde, gleicht der hier vorliegende Sachverhalt nicht jenem, der der Entscheidung des VwGH 2012/08/0049 vom 04.09.2013 zu Grunde lag:
Anders als dort hat die SVA im vorliegenden Fall jenen Bildschirmausdruck vorgelegt, auf dem die Sondermahnung zum Stichtag 15.04.2004 eingetragen wurde und weitere ergänzende Beweismittel zur Verfügung gestellt. Zwar weist die Eintragung auf dem vorgelegten Bildschirmausdruck für die Sondermahnung vom 15.04.2004 keine Zustelladresse auf, jedoch lässt der vorgelegte Bildschirmausdruck in seiner Gesamtheit erkennen, dass die Edv-mäßige Eintragung der Zustelladresse von Sondermahnungen erst ab dem Jahr 2005 in der Rubrik "individueller Hinweistext" erfolgte; das Fehlen einer Zustelladresse auf dem Bildschirmausdruck für die Versendung des Jahres 2004 kann also im vorliegenden Gesamtzusammenhang nicht als eindeutiger Hinweis darauf gewertet werden, dass diese Mahnung dem BF gar nicht oder an eine falsche Adresse zugestellt worden wäre, sondern es waren die ergänzend angebotenen Beweismittel miteinzubeziehen: Wie bereits unter Punkt II. Beweiswürdigung ausgeführt wurde, lassen die Retoursendungen der vor dem 15.04.2004 und nach dem 15.04.2004 veranlassten Sondermahnungen klar erkennen, dass die an den BF gerichteten Sondermahnungen durchwegs an seine Wohnsitzadresse zugestellt wurden. Vor dem Hintergrund dieser ergänzend herangezogenen Beweismittel war davon auszugehen, dass auch die Sondermahnung zum Stichtag 15.04.2005 dem BF an seine Wohnsitzadresse zugestellt wurde. Der Hinweis der SVA auf einen Vermerk über die Speicherung der Zustelladresse auf dem vom BF an sie gesendeten Schreiben vom 13.08.1003 unterstreicht diese Annahme. Dass der Nachweis einer Hereinbringungsmaßnahme grundsätzlich keine strengen Formerfordernisse zu erfüllen hat und auch ein Aktenvermerk den hier anzulegenden Nachweiserfordernissen genügt, hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur klargestellt. Der BF hat keine Einwendungen gemacht, die geeignet wären, die oben dargelegte Annahme in Zweifel zu ziehen.
Auch die Beauftragung der PVA mit der Aufrechnung gem. § 103 ASVG ist unter Beachtung der oben dargelegten höchstgerichtlichen Judikatur als Hereinbringungsmaßnahme zu beurteilen. Für die Zeit ab dem 11.09.2014 ist auch keine Feststellungsverjährung eingetreten, da das genannte Gerichtsverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen wurde und die belangte Behörde am 10.06.2015 den hier angefochtenen Bescheid erließ. Die Verjährung ist seither gehemmt.
Die Höhe der Beitragsschuld hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid rechnerisch nachvollziehbar aufgeschlüsselt. Der BF hat gegen diese Berechnung keine konkreten Einwendungen gemacht. Soweit der BF im Zuge des hier anhängigen Beschwerdeverfahrens auf eine Exekution über nur € 661,12 aus dem Jahr 1993 verweist und eine merkwürdige Steigerung des geforderten Betrages bis zum Jahr 2002 behauptet, wurde ihm Gelegenheit geboten, entsprechende Dokumente vorzulegen, damit diesem Vorbringen nachgegangen werden kann. Von dieser Möglichkeit hat der BF aber keinen Gebrauch gemacht.
Unbestritten hat der BF am 01.08.2014 eine Rate von € 278,79 im Wege der Aufrechunung geleistet, die in der im angefochtenen Bescheid festgelegten Beitragsschuld noch nicht berücksichtigt worden war. Die SVA hat im Zuge des Beschwerdeverfahrens ihre Gesamtforderung an monatlichen Beiträgen zur Pensions- und Krankenversicherung nach dem GSVG sowie monatlichen Beiträgen nach dem Betriebshilfegesetz samt Verzugszinsen bis 18.11.2015 mit insgesamt € 7381,34 festgesetzt. Im Rahmen des o.g. Schuldenregulierungsverfahrens 2015 hat der BF diese Forderung anerkannt. Die aktuelle Beitragsschuld war daher mit €
7.381,34 festzusetzten. Weitere Zahlungen an die SVA wurden bis dato nicht nachgewiesen.
Was die vom BF beantragte Abhaltung einer mündlichen Verhandlung betrifft, so ist dem entgegenzuhalten, dass der Sachverhalt im Wege des schriftlichen Parteiengehörs ausreichend geklärt werden konnte. Der BF hat überdies im Beschwerdeverfahren Gelegenheit erhalten, anzugeben, welche Personen vernommen werden sollen und zu welchen Beweisthemen diese Personen vernommen werden sollen. Er hat von der Möglichkeit, diesbezügliche Vorbringen zu erstatten, keinen Gebrauch gemacht. Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung erscheint daher nicht geboten.
Frage der Aufrechnung:
Soweit der BF sich gegen die von der belangten Behörde veranlasste trägerübergreifende Aufrechnung durch die Pensionsversicherungsanstalt wendet, muss dem entgegengehalten werden, dass die Frage der Verpflichtung des BF zur Duldung einer Aufrechnung iSd § 103 ASVG nicht Gegenstand der hier anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist. Bei der Verpflichtung zur Duldung einer Aufrechnung handelt es sich um eine Rechtsfrage darüber, ob die Pensionsversicherungsanstalt die von ihr zu leistende Pension im vollen Umfang (nach Aufrechnung von Beitragsforderungen) oder in einem geringeren Umfang zu leisten hat. Die genannte Frage betrifft daher eine Leistungssache und ist im Verfahren XXXX des Arbeits- und Sozialgerichts abschließend zu klären. Das gleiche gilt für die Frage ob und in welcher Höhe - unabhängig von der Annahme des Zahlungsplanes im Schuldenregulierungsverfahren Gz XXXX des BG Innere Stadt Wien - kraft § 103 ASVG mehr als die Quote von 28% der verfahrensgegenständlichen Beitragsschuld aufgerechnet werden kann.
Das Arbeits- und Sozialgericht kann über die Aufrechnung nur dann entscheiden, wenn die Beitragsschuld entweder unbestritten ist oder rechtskräftig festgestellt wurde; andernfalls hat das Gericht sein Verfahren zur Klärung der Beitragsschuld analog § 74 ASGG zu unterbrechen. Die Prüfung der Beitragsschuld ist als Verwaltungssache den Gerichten auch im Vorfragenbereich entzogen und es ist hierüber die Entscheidung im Verwaltungsverfahren bzw. zu veranlassen und deren Ergebnis dem Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht zu Grunde zu legen. (vgl. Atria in ASVG Jahreskommentar, Hg Sonntag, Lindeverlag, 9. Auflage 2018, RZ 12 zu § 103 ASVG; OGH, 16.03.2004, 10 ObS 150/03m).
Da das Arbeits- und Sozialgericht sein Verfahren XXXX betreffend eine erfolgte Aufrechnung auf die vom BF ab 01.07.2014 bezogene Pensionsleistung zur Abklärung der Beitragsschuld unterbrochen hat, war die zum Zeitpunkt des Rückstandsausweises vom 17.06.2014 bestehende Beitragsschuld mit Spruchpunkt 1. festzustellen.
Da Sache des Beschwerdeverfahrens die im angefochtenen Bescheid umschriebene Beitragsschuld auf die Zeit ab dem Rückstandsausweis vom 17.06.2014 bis laufend ist, war darüber hinaus mit Spruchpunkt 2. die aktuelle Beitragsschuld festzustellen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Beitragsschuld, VerjährungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W164.2112739.1.00Zuletzt aktualisiert am
13.08.2018