TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/2 W159 1420199-2

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Veröffentlicht am 02.08.2018
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Entscheidungsdatum

02.08.2018

Norm

AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W159 1420199-2/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Mali gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 09.11.2016, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

II. Gemäß § 9 BFA-VG wird festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung von XXXX , geb. 06.03.1989, StA. Mali, auf Dauer unzulässig ist und XXXX eine Aufenthaltsberechtigung plus gemäß §§ 54, 55 und 58 AsylG 2005 idgF erteilt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Mali, gelangte am 29.11.2010 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und stellte noch am gleichen Tag einen Asylantrag. Bei der ebenfalls noch am gleichen Tag durchgeführten Ersteinvernahme durch das Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, führte er zu seinen Fluchtgründen aus, dass er in Mali Probleme wegen seiner Religion habe, da er eine Frau geschwängert habe. In seiner Ortschaft gebe es einen moslemischen "Verein" und die Mitglieder dieses Vereines würden ihn töten, deswegen sei er geflüchtet.

Am 25.01.2011 erfolgte eine ausgiebige Einvernahme durch das Bundesasylamt, Außenstelle Eisenstadt. Der Beschwerdeführer gab an, niemals einen Reisepass oder sonstige Dokumente besessen zu haben. Er sei ledig und alleinstehend und habe zu niemandem ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis in Österreich. Er habe in Mali keine Schule besucht. In Mali habe er während der Regenzeit Saisonarbeit in der Landwirtschaft auf den Feldern der Familie verrichtet und in der Trockenzeit in einer Tischlerei ausgeholfen.

Als Fluchtgrund gab er an, dass er die Frau eines anderen Mannes geschwängert habe und dieses Delikt nach islamischem Recht mit dem Tod durch Steinigung bestraft werde.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Eisenstadt, vom 17.05.2011, Zahl: XXXX , wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz vom 29.11.2010 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 Asylgesetz 2005 abgewiesen, unter Spruchteil II. gemäß § 8 Absatz 1 leg. cit. dieser Antrag auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Mali abgewiesen und unter Spruchteil III. gemäß § 10 Absatz 1 leg. cit. der Antragsteller aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Mali ausgewiesen.

Rechtlich begründend wurde zunächst darauf hingewiesen, dass der Antragsteller eine Verfolgung oder drohende Verfolgungsgefahr aus Gründen, wie sie in der GFK taxativ aufgezählt seien, nicht habe glaubhaft machen können. Würde man hypothetisch vom Wahrheitsgehalt seiner Angaben ausgehen, würde trotzdem eine inländische Fluchtalternative in anderen Teilen Malis bestehen, weil es sich um eine lokal begrenzte Verfolgung durch Private gehandelt habe.

Zu Spruchteil II. wurde insbesondere festgehalten, dass der Antragsteller während des gesamten asylrechtlichen Verfahrens, keinerlei glaubhafte Indizien oder Anhaltspunkte aufzeigen habe können, die die Annahme rechtfertigen würden, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr Gefahr laufen würde, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe in Mali unterworfen zu werden.

Zu Spruchteil III. wurde insbesondere dargelegt, dass weder ein Familien- noch ein schützenswertes Privatleben des Antragstellers in Österreich vorliege und daher mit einer Ausweisung vorzugehen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller, nunmehr vertreten durch Rechtsanwalt XXXX , Beschwerde an den Asylgerichtshof.

Nach Übergang des Verfahrens an das Bundesverwaltungsgericht beraumte dieses eine öffentliche, mündliche Beschwerdeverhandlung für den 02.08.2016 an. Nach Darlegung seiner Fluchtgründe führte er folgendes aus:

"Er habe keine gesundheitlichen oder psychischen Probleme. In Österreich tue er nichts. Manchmal habe er Platz zum Lernen, er habe auch keine Unterkunft und übernachte abwechselnd bei verschiedenen Leuten. Er lebe auch in keiner Ehe- oder Lebensgemeinschaft. Wenn er zu lange wo bleibe, werde er hinausgeworfen. In Österreich habe er schon Deutschkurse besucht, andere Ausbildungen jedoch nicht absolviert. Deutschdiplome habe er keine, er habe nur die bereits vorgelegten Kursbesuchsbestätigungen. Manchmal helfe er bei Übersiedlungen. Er sei weder bei Vereinen noch Institutionen, habe er aber schon viele österreichische Freunde."

Über Vorhalt des aktuellen Strafregisterauszuges, in dem zwei Verurteilungen nach dem SMG aufscheinen, gab er an, dass es eine Zeit gegeben habe, wo das Überleben für ihn sehr schwierig gewesen sei, jetzt "rauche" er aber nichts mehr. Gefragte, welche Therapien er besuche, gab er an, dass er eine Therapie besuche, um mit dem "Rauchen" aufzuhören.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.08.2016 Zl. XXXX wurde unter Spruchteil I. die Beschwerde gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen und unter Spruchteil II. gemäß § 75 Abs. 20 1. Satz 2. Fall und 2. Satz AsylG 2005 das Verfahren insoweit zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Die Entscheidung zu Spruchteil II. wurde einerseits mit dem Nichtvorhandensein eines Familienlebens in Österreich und andererseits der mehrfachen strafgerichtlichen Verurteilung und er äußerst geringen Integration des Beschwerdeführers (zum damaligen Zeitpunkt) begründet.

Im fortgesetzten Verfahren wurde dem Beschwerdeführer durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, schriftlich die Möglichkeit zum Parteiengehör hinsichtlich seines Privat- und Familienlebens sowie der Situation im Herkunftsland eingeräumt. Von dieser Möglichkeit machte der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Vertreter Gebrauch, wobei er darauf hinwies, dass er seit knapp sechs Jahren in Österreich aufhältig sei, einen großen Freundeskreis habe, Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitze und bei Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Firma XXXX eine Vollzeitbeschäftigung annehmen könne und auch auf einer Suchtentwöhnung sei. Seit seiner rechtskräftigen Verurteilung habe er sich wohlbehalten und dank der Therapie auch wieder in die Gesellschaft eingegliedert. Die Lage in Mali bleibe weiterhin volatil. Beigelegt wurde eine Einstellungszusage für die Fertigung von Edelholzschmuck, sowie eine Bestätigung über die zuverlässige und regelmäßige Teilnahme an gesundheitsbezogenen Maßnahmen nach § 11 Abs. 2 SMG.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, vom 09.11.2016, Zl. XXXX wurde unter Spruchteil I. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Mali zulässig sei, unter Spruchteil II. eine Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen festgelegt und unter Spruchteil III. festgehalten, dass der Beschwerdeführer das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 30.09.2011 verloren habe.

In der Begründung des Bescheides wurde der bisherige Verfahrensgang sowie Feststellungen zur Person und zum Herkunftsland getroffen. In der Beweiswürdigung wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass sich aus den vom Vertreter vorgelegten Beweismitteln eine Therapie betreffend die Suchtproblematik ergäbe und dass er in der Lage sei, in Österreich einem geregelten Leben nachzugehen.

Zu Spruchteil I. wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass keine Hinweise auf familiäre Anknüpfungspunkte bestünden. Der Antragsteller sei lediglich aufgrund des zu Unrecht gestellten Antrages für internationalen Schutz in Österreich aufenthaltsberechtigt gewesen. Allein durch den Besuch von Deutschkursen habe er ein schützenswertes Privatleben nicht begründen können. Zu der Einstellungszusage sei festzuhalten, dass er in Österreich noch nie einen Dienstgeber gehabt habe und sei das Gehalt in dieser Einstellungszusage nicht angegeben. Der Antragsteller habe den überwiegenden Teil seines Lebens in Mali verbracht. Es deute nichts darauf hin, dass es ihm im Falle einer Rückkehr es ihm nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren. Insgesamt sei das Privatleben trotz gewisser privater Anknüpfungspunkte im vorliegenden Fall nicht schützenswert. Es sei daher eine Rückkehrentscheidung zu erlassen gewesen. Im vorliegenden Fall ergäbe sich keine Gefährdung des Bescheidadressaten im Sinne des § 50 FPG und stehe einer Abschiebung auch keine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entgegen, sodass die Abschiebung nach Mali für zulässig zu bezeichnen gewesen sei. Gründe für die Verlängerung der Frist zur freiwilligen Ausreise hätten auch nicht festgestellt werden können. Da der Antragsteller vom Landesgericht für Strafsachen Wien am 30.09.2011 rechtskräftig nach dem SMG verurteilt worden sei, habe dieser das Aufenthaltsrecht verloren.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller, vertreten durch XXXX , Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin wurde - nach geraffter Darstellung des Verfahrensganges und des bisherigen Vorbringens - darauf hingewiesen, dass er sich seit der letzten rechtskräftigen Verurteilung im Jahre 2014 bis dato wohlverhalten habe, was auch die Behörde anerkannt habe, weshalb sie kein Einreiseverbot verhängt habe. Er stelle daher keine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Die Behörde habe nicht berücksichtigt, dass er zur Bewältigung seiner Drogensucht Therapiebestätigungen vorgelegt habe, er werde diese Therapie (erfolgreich) beenden und sich in Österreich weiter integrieren. In Mali hätte er nicht die Möglichkeit für eine Drogentherapie, vielmehr riskiere er, dort eingesperrt und im Gefängnis mit hoher Wahrscheinlichkeit Folter oder unmenschlicher Behandlung ausgesetzt zu sein. Auch die Einstellungszusage sei nach wie vor aufrecht und keineswegs als Gefälligkeitsschreiben zu werten. Er könne daher kurzfristig selbsterhaltungsfähig werden. Die Behörde hätte viel mehr umfangreiche und detaillierte Erhebungen über die Rückkehrentscheidung treffen müssen, welche sie unterlassen habe. Es wurde diesbezüglich auch die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung beantragt.

Der Beschwerdeführervertreter legte ein Deutschzertifikat im Niveau A2, eine Bestätigung des XXXX , dass der Beschwerdeführer ehrenamtlich als Platz- und Zeugwart tätig sei, sowie einen Sozialbericht der Drogenkoordination Wien vor.

Das Bundesverwaltungsgericht beraumte für den 09.05.2018 eine öffentliche, mündliche Beschwerdeverhandlung an, zu der weder der ausgewiesene Vertreter noch ein Vertreter der bestellten Rechtsberatungsorganisation erschien, der Beschwerdeführer über Befragen jedoch ausdrücklich bestätigte, dass er auch ohne Rechtsvertreter und Rechtsberater an der Verhandlung teilnehmen könne. Er gab an, dass er nunmehr nicht in XXXX , sondern in XXXX wohne und legte eine weitere Bestätigung der XXXX über ehrenamtliche Tätigkeit verbunden mit einer Einstellungszusage und eine Teilnahmebestätigung an einem B1 Kurs der Wiener Volkshochschulen vor.

Der Antragsteller gab an seit November 2010 ununterbrochen in Österreich gelebt zu haben. In Mali habe er weder Freunde noch Verwandte, seine Eltern seien gestorben. Mit seiner Schwester habe er, seit er Mali verlassen habe, keinen Kontakt mehr. Er habe keine Telefonnummer von ihr und kenne auch niemanden, der ihm ihre Telefonnummer geben könnte. Auch zu seiner früheren Freundin in Mali habe er keinen Kontakt mehr. Er habe Mali bereits verlassen, als sie schwanger gewesen sei. Er wisse nicht einmal, ob sie das Kind bekommen habe.

In Mali habe er 10 Jahre lang die Koranschule besucht und dann in der Landwirtschaft gearbeitet. Die Familie seines Vaters hätte Erdnüsse, Hirse und Mais angebaut. An das Todesdatum seines Vaters könne er sich nicht erinnern. Nach seinem Tod hätte es Probleme mit dem Acker gegeben.

Er habe keine aktuellen, organischen oder psychischen Probleme, er sei gesund, er habe einen Klumpfuß und deswegen einen Untersuchungstermin im XXXX . Der Beschwerdeführer zeigte die Zehen am linken Fuß, die stark nach außen gedreht sind.

In einer Ehe oder Lebensgemeinschaft lebe er nicht. Er habe auch keine Kinder in Österreich. Er lebe zu dritt in einer Mietwohnung und bekomme seinen Mietanteil von der XXXX , außerdem verrichte er Gelegenheitsarbeiten und leiste Freiwilligenarbeit bei der XXXX , dort bekomme er das Mittagessen gratis. Er mähe dort die Fußballplätze und reinige die Umkleidekabinen und die Sanitäranlagen. XXXX sei nach wie vor Cheftrainer der XXXX . Er habe demnächst eine B1 Prüfung. Das Deutsch-Diplom im Niveau A2 habe er schon vorgelegt. Weitere Ausbildungen habe er noch nicht gemacht. Deutsch schilderte er, dass er am Vormittag bis 12:00 Uhr in den Deutschkurs gehe und dann zur XXXX , wo er gratis essen könne und bis 18:00 Uhr arbeite. In seiner Freizeit treffe er sich mit Freunden und gehe spazieren und schaue sich manchmal Fußballspiele im Wettbüros an. Sein Lieblingsverein sei XXXX , aber auch die XXXX . Er habe viele Pläne für die Zukunft. Er möchte in Österreich arbeiten und eine Ausbildung machen. Gefragt, ob er eine konkrete Einstellungszusage habe, gab er an, dass er bei der XXXX auch Vollzeit arbeiten könnte, aber er könnte auch nach wie vor bei der Firma XXXX arbeiten. Dort würde er Ringe aus Holz fertigen und das Holz schneiden. Diese Tätigkeit habe er schon gemacht und sei er dafür speziell eingeschult worden. Wie viel er genau bei der Wiener Viktoria bzw. bei der Firma XXXX verdienen würde, könne er derzeit noch nicht sagen, aber er habe Vertrauen, dass sie ihm genug bezahlen würden, dass er davon leben könne. Über Vorhalt des Strafregisterauszugs, in dem zwei Verurteilungen nach § 27 SMG aufscheinen würden, gab er an, dass er früher Canabis geraucht habe und ihn die Polizei erwischt habe. Er habe eine Therapie gemacht, diese sei 2018 erfolgreich zu Ende gegangen. Bereits seit 2016 rauche er kein Canabis mehr.

Bei einer Rückkehr nach Mali fürchte er um sein Leben. Wenn er erwischt werde, würde er getötet werden. Er ersuche um Hilfe, dass er in Österreich bleiben dürfe und nicht nach Mali zurückkehren müsse. Er habe auch nichts mehr mit Canabis zu tun.

Festgehalten wurde, dass der Beschwerdeführer bereits die Mehrzahl der Fragen auf Deutsch beantwortet hat und seine Deutschkenntnisse weit über das Niveau von A2 hinausgehen.

Am Schluss der Verhandlung wurden gemäß § 45 Abs. 3 AVG folgende Dokumente zur Kenntnis gebracht und eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme von zwei Wochen eingeräumt:

* LIB der Staatendokumentation zu Mali, vom 16.01.2018

* Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen zur Situation in Mali, vom 29.03.2018

Von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme machte der Beschwerdeführer durch seinen abgewiesenen Vertreter Gebrauch, wo er nochmals darauf hinwies, dass er Deutschkenntnisse auf B1-Niveau habe und dass er einer Erwerbstätigkeit zB bei der XXXX im Angestelltenverhältnis nachgehen möchte und zusätzlich eine Ausbildung absolvieren möchte. Die Lage in Mali sei aufgrund des Militärputsches und der Gefahr von IS und Al qaida äußerst prekär, es sei tatsächlich zur Steinigung von Liebespaaren in Mali gekommen. Außerdem verfüge er dort über keine familiären Anknüpfungspunkte mehr und würde eine Rückkehr eine Verletzung der Art. 2 und 3 EMRK bedeuten. Schließlich wurde nochmals auf die Integrationsverfestigung hingewiesen und beantragt, einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen.

Das Bundesverwaltungsgericht holte in der Folge die gegen den Beschwerdeführer ergangenen Urteile aus den Jahren 2011 und 2014 im Volltext ein und es geht daraus hervor, dass der Beschwerdeführer ausschließlich mit Marihuana im Grammbereich zu tun gehabt hat. Im ersten Urteil wurde mildernd das Geständnis, die Unbescholtenheit, der teilweise Versuch sowie die Suchtgiftsicherstellung, erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Vergehen, im zweiten Urteil als mildernd, dass er teilweise geständig gewesen und dass es teilweise beim Versuch geblieben sei, als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Vergehen, die Tatwiederholungen, der lange Zeitraum, eine einschlägige Vorstrafe und die mehrfache Qualifizierung gewertet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers wird Folgendes festgestellt:

Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Mali und Angehöriger der Volksgruppe Mandingo sowie Moslem und wurde am XXXX in XXXX , Mali, geboren, wo er auch von der Geburt bis zur Ausreise lebte.

Es ist nicht erforderlich, über seine Fluchtgründe nähere Feststellungen zu treffen.

Der Beschwerdeführer hat noch eine Schwester in Mali mit der er allerdings schon lange keinen Kontakt hat. Darüber hinaus verfügt er über keinerlei Kontakte mehr mit seinem Herkunftsland.

Der Beschwerdeführer ist im Wesentlichen gesund, er hat seine Drogensucht (Marihuana rauchen) erfolgreich ablegen können, leidet allerdings unter verkrüppelten Zehen am linken Fuß.

Der Beschwerdeführer führt in Österreich kein Familienleben. Er lebt mit zwei anderen Männern in einer Mietwohnung, die derzeit noch teilweise von der XXXX bezahlt wird.

Der Beschwerdeführer hat ein Deutschdiplom im Niveau A2 erworben, B1-Kurse erfolgreich abgeschlossen und in der Beschwerdeverhandlung gezeigt, dass seine Kenntnisse der deutschen Sprache weit über A2 Niveau hinausgehen.

Er arbeitet ehrenamtlich als Platz- und Zeugwart beim Fußballklub XXXX ia, wo er jederzeit auch eine Vollzeitarbeit beginnen könnte. Darüber hinaus hat er eine Einstellungszusage der Firma XXXX zur Vollzeitarbeit und verfügt über zahlreiche österreichische Freunde.

Er wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 30.09.2011, Zahl: XXXX , wegen § 27 Absatz 1 Z 1 SMG iVm § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, davon sechs Monaten bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren und mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 16.01.2014, Zahl XXXX , wegen § 27 Absatz 1 Z 1 Absatz 2, 3 und 4 SMG iVm § 15 StGB zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Die Probezeiten dieser Verurteilungen (auch nach bedingter Entlassung) sind abgelaufen. Der Beschwerdeführer ist nach der letzten Tat am 09.12.2013 nicht mehr straffällig geworden und hatte der Beschwerdeführer ausschließlich Umgang mit Marihuana.

In Anbetracht der Gewährung eines Aufenthaltstitels war es nicht erforderlich, Länderfeststellungen zu treffen.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben (im vorliegenden Verfahren) durch schriftliches Parteiengehör des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, sowie Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung am 09.05.2018, durch Vorlage einer Einstellungszusage der XXXX , eines Unterstützungsschreibens der Familie XXXX und der XXXX , von Bestätigungen über Teilnahme an psychosozialer Beratung und Betreuung der Drogenkoordination Wien samt anschließendem Sozialbericht, von Bestätigungen des XXXX über ehrenamtliche Arbeit sowie eine Einstellungszusage, eines ÖSD Sprachzertifikates A2, einer Teilnahmebestätigung an einem B1 Sprachkurs durch den Beschwerdeführer bzw. seine Vertretung, durch Einsichtnahme in den zentralen Melderegister und den Beschwerdeführer betreffenden Strafregisterauszug, sowie Einsichtnahme in den Volltext der Bezug habenden Strafurteile durch das Bundesverwaltungsgericht.

In Anbetracht des eingeschränkten Verfahrensgegenstandes war es nicht notwendig, sich mit den Fluchtgründen des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen.

Die festgestellten Verurteilungen ergeben sich aus dem eingeholten Strafregisterauszug sowie aus den im Akt befindlichen Urteilen.

Dazu ist festzuhalten, dass es sich bei dem Suchtmittel ausschließlich um Marihuana gehandelt hat, die erste Haftstrafe teilbedingt ausgesprochen wurde und es bei der zweiten Haftstrafe (wegen guter Führung) zu einer bedingten Entlassung gekommen ist und jeweils die Probezeiten längst abgelaufen sind, ohne dass es zu einer weiteren Verurteilung des Beschwerdeführers gekommen wäre. Seit der letzten Verurteilung sind mehr als viereinhalb Jahre, seit der letzten Tat fast fünf Jahre vergangen. Der Beschwerdeführer hat auch nachgewiesen, dass er seine Drogensucht, die sich auf das Rauchen von Marihuana beschränkt hat, erfolgreich bekämpft hat und er schon seit mehr als zwei Jahren keinen Kontakt mehr mit Suchtmitteln hat.

Der Beschwerdeführer hat seine Deutschkenntnisse nicht nur durch die Vorlage eines Deutschdiploms im Niveau A2 und die Teilnahmebestätigung an einem B1 Deutschkurs nachgewiesen, sondern auch im Rahmen der Beschwerdeverhandlung vom 09.05.2018 dadurch gezeigt, dass er fast ohne Dolmetscher die Verhandlung bewältigen konnte.

Dass der Beschwerdeführer im Wesentlichen gesund ist, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben. Auch wenn er keine ärztlichen Befunde vorlegen konnte, so hat er in der Beschwerdeverhandlung seine offenbar verkrüppelten Zehen gezeigt.

Seine Arbeitswilligkeit und Arbeitsfähigkeit hat der Beschwerdeführer durch (die durch mehrere Schreiben) bescheinigte ehrenamtliche Arbeit beim Fußballverein XXXX , aber auch durch Einstellungszusagen derselben bzw. einer Firma, die Holzschmuck herstellt, nachgewiesen.

Was den persönlichen Eindruck des vorsitzenden Richters betrifft, so ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung einen sehr engagierten und bemühten Eindruck, was seine Integration betrifft, hinterlassen hat und nunmehr einen Erfolg versprechenden Weg eingeschlagen hat.

Schließlich konnte er auch glaubhaft machen, dass er seine unrühmliche Vergangenheit endgültig hinter sich gelassen hat und zu einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen geworden ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

A.

Zu I. + II.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 54 Abs. 1 AsylG 2005 werden Drittstaatsangehörigen folgende Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt:

1. "Aufenthaltsberechtigung plus", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 berechtigt;

2. "Aufenthaltsberechtigung", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt;

3. "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind diese Aufenthaltstitel für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen.

Ob eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist, ergibt sich aus § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG.

Dieser lautet:

"Schutz des Privat- und Familienlebens

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

der Grad der Integration,

die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung - nunmehr Rückkehrentscheidung - ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VfSlg. 18.224/2007, 18.135/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in 2 Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zahl: B 328/07 und Zahl: B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Artikel 8 EMRK abzuwägen, wenn sie über eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom Verfassungsgerichtshof auch unterschiedliche - in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte - Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessensabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Artikel 8 EMRK einer Ausweisung entgegen steht:

1. Die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR vom 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zahl: 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; vom 16.09.2004, Ghiban, Zahl: 11103/03, NVwZ 2005, 1046),

2. Das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR vom 28.05.1985, Abdulaziz unter anderem, Zahl: 9214/80, 9473/81, 9478/81, EuGRZ 1985, 567; vom 20.06.2002, Al-Nashif, Zahl: 50963/99, ÖJZ 2003, 344; vom 22.04.1997, X, Y und Z, Zahl: 21830/93, ÖJZ 1998,

271) und dessen Intensität (EGMR vom 02.08.2001, Boultif, Zahl: 5423/00).

3. Die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. Den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR vom 04.10.2001, Adam, Zahl: 43359/98, EuGRZ 2002, 582; vom 09.10.2003, Slivenko, Zahl: 48321/99, EuGRZ 2006, 560; vom 16.06.2005, Sisojewa, Zahl: EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH vom 05.07.2005, Zahl: 2004/21/0124; vom 11.10.2005, Zahl: 2002/21/0124),

5. Die Bindungen zum Heimatstaat

6. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zum Beispiel EGMR vom 24.11.1998, Mitchell, Zahl: 40447/98; vom 11.04.2006, Useinov, Zahl: 61292/00), sowie

7. Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR vom 24.11.1998, Mitchell, Zahl: 40447/98; vom 05.09.2000, Solomon, Zahl: 44328/98; vom 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zahl: 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie und andere, Zahl:

265/07).

Ein während eines unsicheren Aufenthaltsstatus entstandenen Privat- und Familienleben ist jedenfalls nicht als unbeachtlich anzusehen (jüngst VwGH vom 16.11.2016, Ra 2016/18/0041-9).

Wie bereits ausgeführt sind keine Hinweise auf ein Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich feststellbar.

Was sein Privatleben betrifft, ist auf folgende Umstände hinzuweisen:

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Sisojeva ua gg Lettland, Nr. 60654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff).

Der Beschwerdeführer ist seit nunmehr fast acht Jahren ununterbrochen in Österreich aufhältig.

Beim Beschwerdeführer liegen wohl zwei Verurteilungen nach § 27 SMG (nicht 28a SMG!) vor, die zu einer teilbedingten Strafe bzw. einer bedingten Entlassung nach einer unbedingten Strafe geführt haben, wobei jeweils die Probezeit abgelaufen ist, ohne dass es zu einer weiteren Verurteilung gekommen wäre. Die erste Verurteilung liegt rund sieben Jahre zurück, die zweite Verurteilung mehr als viereinhalb Jahre, wobei die letzte Tat fast fünf zurückliegt. Die Verurteilung nach SMG betraf ausschließlich Marihuana, wobei hinsichtlich dieses mindergefährlichen Suchtgiftes schon längere Zeit von verschiedenen Parteien und Organisationen eine Straffreiheit gefordert wird (vergleiche auch jüngst BVwG vom 09.07.2018 W159 1435261-2/11E). Der Beschwerdeführer hat seine Drogensucht erfolgreich durch eine entsprechende Therapie bei der Drogenkoordination Wien bekämpft und ist der letzte Sozialbericht vom 09.03.2017 äußerst positiv ("hat die Betreuung im Laufe der Zeit positiv überrascht"), wobei eine günstige Prognose abgegeben wurde.

Es mag wohl grundsätzlich zutreffen, dass der Suchtgiftkriminalität eine besondere Gefährlichkeit innewohnt, im vorliegenden Fall konnte der Beschwerdeführer aber durch seine Aussage, aber insbesondere durch seine nunmehrige Lebensführung, glaubhaft machen, dass er dem Suchtgift nachhaltig abgeschworen hat.

Mag in dem Vorerkenntnis vom 09.08.2016 noch von einer äußerst geringen Integration gesprochen worden sein, so hat sich in der Zwischenzeit der Beschwerdeführer sehr angestrengt, die Deutschkenntnisse erfolgreich zu verbessern und seine Integration - auch durch die Annahme ehrenamtlicher Arbeit - voranzutreiben, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Integration nach Entlassung aus der Strafhaft erfolgt ist (siehe jüngst VwGH vom 26.04.2018 Ra 2018/21/0044).

Wenn auch derzeit noch keine volle Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers gegeben ist, so ist aufgrund seiner schon länger währenden, ehrenamtlichen Arbeit in Verbindung mit einer weiteren, nach wie vor aktuellen Einstellungszusage von der gleichen Institution, nämlich dem Fußballverein XXXX jedenfalls davon auszugehen, dass nach Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung plus" kurzfristig mit einer vollen Selbsterhaltungsfähigkeit zu rechnen ist, wobei auch nach der Judikatur des VwGH Einstellungszusagen im Zusammenhang mit langjährigem Aufenthalt von nicht unerheblicher Bedeutung sind (VwGH vom 30.06.2016 Ra 2016/21/0165, VwGH vom 15.03.2018 Ra 2017/21/0203).

Mögen bei dem Beschwerdeführer, insbesondere aufgrund seiner früheren Verurteilungen, auch Argumente für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung bestehen, so ist doch nicht zu übersehen, dass bei dem Beschwerdeführer eine bemerkenswerte Wendung zum Positiven, was sein Gesamtverhalten und seine Integration betrifft, besteht und diese positive Entwicklung durch die Erlassung einer Rückkehrentscheidung zunichtegemacht würde.

Außerdem ist der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsland weitgehend als "entwurzelt" zu bezeichnen, da er schon lange keinen Kontakt mehr mit seinen Familienangehörigen oder irgendwelchen anderen Personen in Mali mehr hat.

Schließlich ist die aktuelle Situation - wie aus notorischen Medienberichten gerade vom Tag der Entscheidung hervorgeht - in Mali darüber hinaus derzeit auch äußerst unruhig und unübersichtlich und birgt die Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK im Fall einer Rückkehr mit sich.

Zusammenfassend war daher im Rahmen einer Interessensabwägung zu befinden, dass im vorliegenden Fall aufgrund des langen Aufenthalts des Beschwerdeführers in Österreich und seiner äußerst positiven persönlichen Entwicklung seinen persönlichen Interessen an einem weiteren Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einer Rückkehrentscheidung der Vorzug zu geben war (vgl. VwGH 22.2.2005, 2003/21/0096; vgl. ferner VwGH 25.3.2007, 2006/01/0595, sowie VfSlg 17.457/2005).

Da die maßgeblichen Umstände in ihrem Wesen nicht bloß vorübergehend sind, war die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären (in diesem Sinne auch schon AsylGH vom 11.08.2009, Zl. B5 241.319-2/2009/3E, AsylGH vom 29.10.2009, Zl. D8 263154-0/2008/20E, AsylGH vom 09.11.2009, Zl. D7 242438-9/2008/20E, AsylGH vom 27.10.2009, Zl. E3 249.769-2/2009/5E, AsylGH vom 29.01.2010 D3 400226-1/2008/15E, u.a.).

Aus den EB zum FRÄG 2015 ergibt sich, dass damit zusätzlich klargestellt werden soll, dass auch das Bundesverwaltungsgericht - in jeder Verfahrenskonstellation - über einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 absprechen darf. Es handelt sich hiebei jedoch nicht um eine Einräumung einer amtswegigen Entscheidungszuständigkeit für das Bundesverwaltungsgericht, welche entsprechend dem Prüfungsbeschluss des VfGH vom 26. Juni 2014 (E 4/2014) als unzulässig zu betrachten wäre, da die Frage der Erteilung des Aufenthaltstitels diesfalls vom Prüfungsgegenstand einer angefochtenen Rückkehrentscheidung mitumfasst ist und daher in einem zu entscheiden ist.

Gemäß § 58 Absatz 1 Z 5 leg. cit hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen auch zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht unter den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG (Zurückweisung, Transitsicherung, Zurückschiebung und Durchbeförderung) fällt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof klargestellt hat, muss das Bundesverwaltungsgericht den Aufenthaltstitel selbst erteilen (VwGH vom 04.08.2016, Ra 2016/21/0203 bis 0205-5).

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 14a Abs. 4 NAG erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige einen Deutsch-Integrationskurs besucht und einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses vorlegt (Z 1), einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 NAG vorlegt (Z 2), über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I 120, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht (Z 3) oder einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt (Z 4).

Das Modul 1 dient gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 NAG dem Erwerb von Kenntnissen der deutschen Sprache zur vertieften elementaren Sprachverwendung. Die näheren Bestimmungen zu den Inhalten der Module 1 und 2 hat gemäß § 14 Abs. 3 NAG der Integrationsvereinbarung hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen. Ziel des Deutsch-Integrationskurses (Modul 1 der Integrationsvereinbarung) ist gemäß § 7 Abs. 1 IV-V die Erreichung des A2-Niveaus des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, wie im Rahmencurriculum für Deutsch-Integrationskurse (Anlage A) beschrieben. Den Abschluss des Deutsch-Integrationskurses bildet gemäß § 7 Abs. 2 IV-V eine Abschlussprüfung, zumindest auf dem A2-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, durch den ÖIF. Als Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß §§ 14a Abs. 4 Z 2 oder 14b Abs. 2 Z 1 gelten gemäß § 9 Abs. 4 IV-V Zeugnisse des ÖIF nach erfolgreichem Abschluss einer Prüfung auf A2-Niveau oder B1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

Der Beschwerdeführer hat ein Sprachzertifikat im Niveau A2 bereits mit Schreiben vom 09.01.2018 vorgelegt, darüber hinaus auch die Teilnahme an einem B1 Kurs bescheinigt und konnte sich der vorsitzende Richter in der Beschwerdeverhandlung vom 09.05.2018 von den guten Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers, der die Beschwerdeverhandlung fast ohne Beiziehung eines Dolmetschers bewerkstelligen konnte, überzeugen. Damit ist die Integrationsvereinbarung gemäß § 14 a Abs. 4 NAG erfüllt und war dem Beschwerdeführer eine "Aufenthaltsberechtigung PLUS" zu erteilen. Es war daher auch keine Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung mehr erforderlich.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat dem Beschwerdeführer den Aufenthaltstitel gemäß § 58 Abs. 7 AsylG 2005 auszufolgen, der Beschwerdeführer hat hieran gemäß § 58 Abs. 11 AsylG 2005 mitzuwirken. Der Aufenthaltstitel gilt gemäß § 54 Abs. 2 AsylG 2005 zwölf Monate lang, beginnend mit dem Ausstellungsdatum.

Da im vorliegenden Fall eine Rückkehrentscheidung sich als unzulässig herausgestellt hat und dem Beschwerdeführer auch eine Aufenthaltsberechtigung erteilen zu war, war der Bescheid im angefochtenen Umfang ersatzlos zu beheben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen, insbesondere bei Fragen des Privatlebens auf eine ständige Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes stützen.

Schlagworte

Aufenthaltsbeendigung, Aufenthaltsdauer, Deutschkenntnisse,
Integration, Interessenabwägung, Privatleben, Rückkehrentscheidung
auf Dauer unzulässig, strafrechtliche Verurteilung, Suchterkrankung,
Wohlverhalten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W159.1420199.2.00

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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