TE Vwgh Erkenntnis 2000/1/18 99/18/0437

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Veröffentlicht am 18.01.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §37;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des N P, geboren am 1. November 1974, vertreten durch Czerwenka & Partner, Rechtsanwälte KEG in 1010 Wien, Rudolfsplatz 12, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 22. Oktober 1999, Zl. SD 678/99, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 22. Oktober 1999 wurde das von der Bundespolizeidirektion Wien gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, erlassene Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren und der unter einem gemäß § 64 Abs. 2 AVG ausgesprochene Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer (allfälligen) Berufung im Grund des § 66 Abs. 4 AVG mit der Maßgabe bestätigt, dass sich das Aufenthaltsverbot auch auf § 36 Abs. 2 Z. 8 iVm Abs. 4 FrG stützt.

Der Beschwerdeführer sei am 26. Juli 1999 von Sicherheitswachebeamten in einem Geschäftslokal in Wien VIII bei Verputzarbeiten an einem Kabelschacht betreten worden. Er habe zunächst einen unrichtigen Namen angeben und ausgeführt, über ein Visum zu verfügen und zur Arbeit berechtigt zu sein. Nach Überprüfung dieser Daten habe der Beschwerdeführer seinen richtigen Namen bekannt gegeben und gestanden, keinen Aufenthaltstitel zu besitzen und an einer Wiener Adresse unangemeldet wohnhaft zu sein. Er wäre etwa vor drei Monaten illegal nach Österreich gelangt und arbeitete seit etwa vier Tagen auf dieser Baustelle. Anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme am Bezirkspolizeikommissariat Josefstadt habe er im Beisein einer Dolmetscherin zugegeben, mit Hilfe eines Schleppers illegal über die grüne Grenze nach Österreich gelangt zu sein, um hier zu arbeiten. Während seines Aufenthaltes in Österreich hätte er für ein namentlich genanntes Bauunternehmen für einen Stundenlohn von S 70,-- gearbeitet. Diese Angaben habe der Beschwerdeführer auch vor der Erstbehörde - wiederum im Beisein eines Dolmetschers - bestätigt. Bei der Einreise hätte er über DM 500,-- verfügt; zur Zeit besäße er etwa S 2.000,--. Dieses Geld hätte er teilweise durch Schwarzarbeit verdient. In der Berufung habe der Beschwerdeführer dann vorgebracht, nicht wegen der Aufnahme von Schwarzarbeit nach Österreich eingereist zu sein, sondern deshalb, weil er hätte zum Militär eingezogen werden sollen. Er hätte den Einberufungsbefehl erhalten, jedoch nicht gegen seine Landsleute kämpfen wollen. Diesen Angaben müsse jedoch angesichts der mehrfachen niederschriftlichen Angaben die Glaubwürdigkeit abgesprochen werden. Im Übrigen habe der Beschwerdeführer auf ein Feststellungsverfahren gemäß § 75 FrG ausdrücklich verzichtet. Unter Berücksichtigung der Mitteilung des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten vom 14. Oktober 1999 sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 8 iVm Abs. 4 FrG gegeben.

Da der Beschwerdeführer bei seiner Anhaltung nur über einen aus der Schwarzarbeit stammenden Betrag von S 2.000,-- verfügt habe, sei die Erstbehörde zu Recht davon ausgegangen, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt sei. Im Berufungsverfahren habe der Beschwerdeführer eine Verpflichtungserklärung eines Freundes vorgelegt. Zur Erbringung des Nachweises der erforderlichen Unterhaltsmittel wäre es geboten gewesen, die Einkommens-, Vermögens- und Wohnverhältnisse sowie allfällige Unterhaltspflichten und sonstige finanzielle Verpflichtungen der die Verpflichtungserklärung abgebenden Person bekannt zu geben. Der Beschwerdeführer habe jedoch nicht einmal einen Einkommensnachweis dieser Person vorgelegt. Eine Beurteilung, ob der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers eine finanzielle Belastung der Republik Österreich darstellen würde, sei aufgrund der bloßen Verpflichtungserklärung nicht möglich. Im Übrigen lasse der Umstand, dass der Beschwerdeführer seinen Unterhalt bisher aus Schwarzarbeit finanziert habe, darauf schließen, dass er auch in Hinkunft für seinen Unterhalt nicht die Mittel des "Verpflichters" in Anspruch nehmen, sondern weiterhin einer Schwarzarbeit nachgehen werde. Im Hinblick auf das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von Schwarzarbeit und an einem geordneten Fremdenwesen - der Beschwerdeführer sei mit Hilfe eines Schleppers eingereist und halte sich illegal im Bundesgebiet auf - sei die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt. Der Beschwerdeführer habe zunächst vor der Erstbehörde angegeben, dass seine Familie in Jugoslawien lebte. In Österreich hätte er keine Familienangehörigen. In der Berufung habe er plötzlich familiäre Bindungen geltend gemacht, weil sein namentlich genannter Onkel in 1160 Wien wohne. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer im erstbehördlichen Verfahren angegeben habe, über keine Familienangehörigen in Österreich zu verfügen, sei aufgrund des Umstandes, dass er nicht einmal die genaue Wohnadresse seines Onkels habe nennen können und er bei diesem Onkel auch nicht Unterkunft genommen habe, nicht von einem Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers auszugehen. Ebenso wenig liege ein Eingriff in das Privatleben vor. Es sei daher weder zu untersuchen gewesen, ob das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei, noch eine Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG vorzunehmen gewesen. Vor diesem Hintergrund und im Hinblick darauf, dass keine besonderen zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände vorlägen, könne auch nicht im Rahmen des Ermessens von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes Abstand genommen werden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. § 36 FrG hat folgenden hier maßgeblichen Inhalt:

"(1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1.

die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2.

anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder

...

5. um seines Vorteils willen Schlepperei begangen oder an ihr mitgewirkt hat;

...

7. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;

8. von einem Organ der Arbeitsinspektorate, der regionalen Geschäftsstellen oder der Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht ausüben hätte dürfen;

...

(4) Einer Betretung gemäß Abs. 2 Z 8 kommt die Mitteilung eines Arbeitsinspektorates oder einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice über die Unzulässigkeit der Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz gleich, sofern der Fremde bei dieser Beschäftigung von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes betreten worden ist."

2. Zunächst ist festzuhalten, dass die belangte Behörde dem Beschwerdeführer nicht vorgeworfen hat, um seines Vorteils willen Schlepperei begangen oder an ihr mitgewirkt zu haben. Das gegen die Anwendung von § 36 Abs. 2 Z. 5 FrG gerichtete Vorbringen geht daher ins Leere.

3.1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, im Inland einer Erwerbstätigkeit mit einem Stundenlohn von S 70,--, für die ihm keine Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz erteilt worden sei, nachgegangen und dabei von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes betreten worden zu sein. Weiters stellt er nicht in Frage, dass das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten am 14. Oktober 1999 eine Mitteilung gemäß § 36 Abs. 4 FrG erstattet hat.

Er bringt jedoch vor, dass der für die Tätigkeit erhaltene "Lohn von ATS 70/Stunde ... einer Beschäftigung per Werkvertrag gleichkommt". Für eine derartige Tätigkeit per Werkvertrag benötige man in Österreich eine Steuernummer, die man jedoch erst ab einem Jahreseinkommen von S 86.000,-- erhalte. Da sein Jahreseinkommen unter diesem Betrag liege, habe er keine Möglichkeit, die Gesetze ordnungsgemäß einzuhalten.

3.2. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kann aus der Tatsache eines vereinbarten Stundenlohnes von S 70,-- - mangels weiterer Anhaltspunkte (solche werden in der Beschwerde nicht einmal andeutungsweise vorgebracht) - nicht auf das Vorliegen eines Werkvertrages geschlossen werden, stellt doch ein nach der Dauer der Arbeitsleistung bemessenes Entgelt ein typisches Merkmal des Dienstvertrages dar, bei dem - anders als beim Werkvertrag - kein bestimmter Erfolg, sondern nur die Arbeitsleistung auf Zeit geschuldet wird (vgl. etwa Koziol/Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts I10, 398).

Die Auffassung der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 8 iVm Abs. 4 FrG erfüllt sei, begegnet daher keinen Bedenken.

4.1. Der Beschwerdeführer gesteht ausdrücklich zu, bei seiner Einreise nach Österreich nur über DM 500,-- verfügt und seinen Unterhalt für den bisher dreimonatigen inländischen Aufenthalt aus seiner - wie oben dargestellt, ohne die hiefür erforderliche Bewilligung ausgeübten - Beschäftigung bestritten zu haben. Er führt jedoch gegen die Ansicht der belangten Behörde, der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG sei erfüllt, ins Treffen, dass sein Einkommen aus dieser Beschäftigung für den weiteren Aufenthalt in Österreich sowie die Kosten der Rückreise nach Jugoslawien ausreiche.

4.2. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes resultiert aus der Mittellosigkeit eines Fremden die Gefahr der illegalen Beschaffung der Mittel zum Unterhalt (vgl. das Erkenntnis vom 19. Oktober 1999, Zl. 98/18/0239). Die Möglichkeit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG dient der Hintanhaltung dieser Gefahr. Schon von daher ist klar ersichtlich, dass illegal - etwa durch eine Beschäftigung ohne die hiefür erforderliche Bewilligung - beschaffte Mittel nicht geeignet sind, den Unterhalt im Sinn der zitierten Bestimmung zu sichern.

Durch die nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheides im Berufungsverfahren vorgelegte Verpflichtungserklärung - auf die die Beschwerde nicht mehr zurückkommt - hat der Beschwerdeführer, wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, seiner Verpflichtung zum initiativen Nachweis der Unterhaltsmittel (vgl. auch dazu das zitierte hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1999) nicht entsprochen, weil er der belangten Behörde die finanzielle Situation der diese Erklärung abgebenden Person (Einkommen, Unterhaltspflichten etc.) nicht bekannt gegeben hat.

Es kann daher auch die Ansicht der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erfülle, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

4.3. Soweit der Beschwerdeführer darauf verweist, dass sein Berufungsvorbringen, er habe seine Heimat wegen der bevorstehenden Einberufung zum Militärdienst verlassen, gemäß § 3 Abs. 2 Asylgesetz 1997 als Asylantrag zu werten sei, ist ihm entgegenzuhalten, dass § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG gemäß § 21 Abs. 1 Asylgesetz 1997 nur auf solche Asylwerber keine Anwendung findet, denen eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zukommt. Selbst wenn man das genannte Berufungsvorbringen - ungeachtet der von der belangten Behörde in schlüssiger Weise dargestellten Unglaubwürdigkeit und des Umstandes, dass der Beschwerdeführer unstrittig auf eine Feststellung gemäß § 75 FrG verzichtet hat - als Asylantrag wertete, käme dem unbestritten unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereisten Beschwerdeführer gemäß § 19 Abs. 2 Asylgesetz 1997 eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nur zu, wenn sie ihm von der Asylbehörde zuerkannt worden wäre, was der Beschwerdeführer jedoch nicht vorbringt.

5. Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer nicht nur das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von "Schwarzarbeit" (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. September 1999, Zl. 99/18/0272) beeinträchtigt hat, sondern sein weiterer Aufenthalt aufgrund seiner Mittellosigkeit auch die Gefahr der - weiteren - illegalen Beschaffung von Unterhaltsmitteln mit sich bringt, besteht kein Einwand gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei.

6. Aufgrund des erst etwa dreimonatigen inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers und des Fehlens von relevanten familiären Beziehungen im Inland begegnet auch die - nicht bekämpfte - Meinung der belangten Behörde, dass mit dem Aufenthaltsverbot kein relevanter Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden und daher eine Abwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG entbehrlich sei, keinen Bedenken.

7. Unter Zugrundelegung dieser Erwägungen kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde von dem ihr gemäß § 36 Abs. 1 eingeräumten Ermessen, von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes Abstand zu nehmen, Gebrauch zu machen gehabt hätte.

8. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

9. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 18. Jänner 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999180437.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

05.11.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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