Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision der E R in K, vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 11. April 2018, Zl. LVwG-AV-1153/001-2017, betreffend einen Feststellungsantrag in einer baurechtlichen Angelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:
Stadtrat der Stadtgemeinde K; weitere Partei:
Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
4 Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 23.1.2018, Ra 2018/05/0003, 0004, mwN).
5 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
6 Spruchpunkt 1. des angefochtenen Erkenntnisses, in dem über die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde K. vom 17. Mai 2017 entschieden wurde, lautet:
"Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) mit der Maßgabe, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides ‚Der Feststellungsantrag vom 25.09.2015 in der Fassung vom 30.10.2015 wird abgewiesen.' zu lauten hat, als unbegründet abgewiesen."
7 Die in der Zulässigkeitsbegründung der Revision vertretene Auffassung, dass dieser Spruchpunkt eine doppelte Verneinung beinhalte, weil darin die "Abweisung des Feststellungsantrages" abgewiesen werde, dass sich daher darin "ein Satz , welcher zu keinem Zeitpunkt von der Revisionswerberin begehrt wurde", finde, weil die Revisionswerberin niemals die Abweisung des Feststellungsantrages beantragt habe, und dass der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses dessen Begründung widerspreche, weil in dieser ausgeführt werde, dass der Feststellungsantrag zu Unrecht gestellt worden sei, weshalb das gesamte Erkenntnis nichtig sei, kann nicht nachvollzogen werden. Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung lässt der Wortlaut des genannten Spruchpunktes nicht die Deutung zu, dass damit "die Abweisung des Feststellungsantrages" (der Revisionswerberin) "abgewiesen" werde. Vielmehr wird damit die negative Entscheidung über den Feststellungsantrag im genannten Bescheid vom 17. Mai 2017 im Ergebnis bestätigt. Dazu ist zu bemerken, dass es sich bei diesem Ausspruch des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) um eine sogenannte Maßgabebestätigung handelt, nach der hg. Judikatur (vgl. etwa VwGH 21.11.2017, Ra 2016/05/0092, mwN) Maßgabebestätigungen im Rahmen verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen grundsätzlich zulässig sind und mit einer Maßgabebestätigung etwa - wie im vorliegenden Fall - der nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes (im Ergebnis) zutreffende Spruch des vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheides präzisiert wird (vgl. dazu etwa Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG ErgBd (2017) § 28 VwGVG Rz 64 mwH auf die hg. Judikatur).
8 Im Rahmen ihrer Zulässigkeitsbegründung bringt die Revision ferner vor, dass das Verwaltungsgericht dem in der Beschwerde gestellten Antrag der Revisionswerberin auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung keine Folge geleistet habe, obwohl der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht geklärt sei und die Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung nicht beantwortet seien. Sowohl in der Beschwerde als auch in einem Nachtrag vom 10. Oktober 2017 seien "erhebliche Punkte" aufgezeigt worden, welche einer mündlichen Erörterung jedenfalls bedurft hätten. Die Revision sei zulässig, weil "ein umfangreiches Vorbringen erstattet" und die beantragte Verhandlung nicht durchgeführt worden sei, womit das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei.
9 Auch mit diesem Vorbringen wirft die Revision keine Rechtsfragen auf, denen im vorliegenden Fall grundsätzliche Bedeutung zukäme:
10 Gemäß § 24 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2017 kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
11 Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in einer Reihe von Entscheidungen mit Blick auf Art. 6 EMRK die Auffassung vertreten, dass eine Verhandlung nicht in jedem Fall geboten ist, und zwar insbesondere dann nicht, wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten sind, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist und das Gericht aufgrund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden kann und keine übermäßig komplexen Rechtsfragen zu lösen sind (vgl. dazu etwa VwGH 16.11.2015, Ra 2015/12/0026, und VwGH 7.2.2018, Ra 2017/03/0101, mwH auf EGMR 18.7.2013, Schädler-Eberle/Liechtenstein 56422/09, Z 97 ff;
EGMR 20.12.2016, Sagvolden/Norwegen 21682/11, Z 120).
12 Das Verwaltungsgericht begründete das Unterbleiben der von der Revisionswerberin beantragten mündlichen Verhandlung im Wesentlichen damit, dass sich die ihrer rechtlichen Beurteilung zugrunde liegenden Feststellungen aus dem Verfahrensakt bzw. den Angaben in der Beschwerde ergäben und sie unstrittig seien und dass ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen seien, sodass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lasse. Die Rechtsfrage, ob die im Jahr 2000 für einen Dachausbau des Hauses auf zwei (näher bezeichneten) Grundstücken rechtskräftig erteilte Baubewilligung hinsichtlich eines der beiden Grundstücke, auf welchem keine Bauführung stattgefunden habe, insoweit als nicht konsumiert und erloschen zu beurteilen sei, beantwortete es damit, dass die Baubewilligung ein einheitliches Bauvorhaben umfasse und eine untrennbare Bewilligung darstelle, weshalb das diesbezügliche Feststellungsbegehren abzuweisen sei.
13 Die Revision führt in ihrer - allein maßgeblichen - Zulässigkeitsbegründung nicht substanziiert aus, inwiefern entgegen den Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis nach den oben dargestellten Grundsätzen dennoch eine Verletzung der Verhandlungspflicht vorliege. Insbesondere stellt sie nicht dar, welcher konkrete Sachverhalt strittig oder nicht geklärt sei oder dass eine komplexe Rechtsfrage zu beantworten gewesen sei (vgl. etwa VwGH 12.12.2017, Ra 2015/05/0043). Wenn die Revision ganz allgemein vorbringt, dass sowohl in der Beschwerde als auch in einem Nachtrag vom 10. Oktober 2017 "erhebliche Punkte" aufgezeigt worden seien, welche einer mündlichen Erörterung jedenfalls bedurft hätten, so stellt diese Verweisung auf im Beschwerdeverfahren erstattete Schriftsätze keine gesetzmäßige Ausführung der Zulässigkeitsgründe im Sinne des § 28 Abs. 3 VwGG dar (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa VwGH 29.6.2016, Ra 2016/05/0030, mwN).
14 Somit ist nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht durch die Unterlassung der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Art. 6 EMRK verletzt hätte (vgl. zum Ganzen auch VwGH 29.1.2018, Ra 2017/04/0153, und nochmals VwGH 7.2.2018, Ra 2017/03/0101, mwN). Eine grundsätzliche Rechtsfrage stellt sich daher in diesem Zusammenhang nicht.
15 Auch mit den weiteren, lediglich allgemein gehaltenen Verfahrensrügen, es sei das Ermittlungsverfahren zu Unrecht nicht ergänzt worden, das Verwaltungsgericht habe seiner Entscheidung unschlüssige und unvollständige Feststellungen der belangten Behörde zugrunde gelegt und seine Pflicht zur sachgerechten Auseinandersetzung mit dem Parteivorbringen bezüglich der Frage des Vorliegens einer Punktparzelle und eines Zubaues verletzt, in welchem Zusammenhang in der Zulässigkeitsbegründung auf Punkt 4. der Revision ("Revisionsgründe") verwiesen wird, legt die Revision keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG dar, geht doch aus diesem Vorbringen nicht hervor, inwieweit das Verwaltungsgericht tragende Verfahrensgrundsätze verletzt habe und insbesondere welche konkreten Feststellungen es bei Vermeidung der nicht näher konkretisierten Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens hätte treffen müssen, um zu einer anderen, für den Revisionswerber günstigen Sachverhaltsgrundlage zu gelangen (vgl. zu den Kriterien für das Vorliegen einer Rechtsfrage des Verfahrensrechtes von grundsätzlicher Bedeutung etwa VwGH 27.2.2018, Ra 2018/05/0016, 0017, mwN). Wenn die Revision in diesem Zusammenhang vorbringt, dass sich die belangte Behörde auf keinesfalls im Einklang mit der ständigen Judikatur stehende Entscheidungen gestützt habe, was dem Verwaltungsgericht hätte auffallen müssen, und sich das angefochtene Erkenntnis auf Entscheidungen stütze, die eine "andere Rechtslage" zum Gegenstand hätten, sodass mangels sachgerechter Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Revisionswerberin der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes widersprochen worden sei, so legt sie damit auch deshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar, weil sie es insoweit verabsäumt, diese Judikatur, von der ihrer Meinung nach abgewichen worden sei, konkret nach Datum und Geschäftszahl zu bezeichnen. Im Übrigen wird dem in § 28 Abs. 3 VwGG normierten Erfordernis, gesondert die Gründe für das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG darzulegen, auch nicht - wie die Revisionswerberin offenbar meint - durch die Verweisung auf nähere Ausführungen in den Revisionsgründen Genüge getan (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 26.9.2017, Ra 2017/05/0217, mwN).
16 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 26. Juni 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018050189.L00Im RIS seit
08.08.2018Zuletzt aktualisiert am
19.11.2018