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22/01 JurisdiktionsnormNorm
GGG 1984 §14Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und den Hofrat Dr. Thoma sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, LL.M., über die Revision des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz in 8010 Graz, Marburger Kai 49, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 4. Dezember 2017, Zl. G308 2149079- 1/2E, betreffend Gerichtsgebühren (mitbeteiligte Partei: Ing. H G in G, vertreten durch Mag. Doris Braun, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Joanneumring 6/2. Stock), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Am 25. Oktober 2011 brachte der Mitbeteiligte gegen die S-AG und die S-GmbH als beklagte Parteien beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht eine Feststellungsklage ein.
2 Das Klagebegehren lautete auszugsweise wie folgt:
"I. Es wird mit Wirkung zwischen dem Kläger und den beklagten Parteien festgestellt, dass die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand verpflichtet sind, dem Kläger, der eine direkte Pensionszusage aufgrund der Richtlinie für die Gewährung von rechtsverbindlichen Versorgungsleistungen an Arbeitnehmer der (S) besaß, sobald der im Jahr 1998 ausbezahlte Pensionsabfindungsbetrag in Höhe von EUR 256.620,00 nach Abzug des (anteiligen) direkten Pensionszuschusses nach der Richtlinie für die Gewährung von rechtsverbindlichen Versorgungsleistungen an Arbeitnehmer der (S) aufgebraucht ist, den (anteiligen) Pensionszuschuss nach der Richtlinie für die Gewährung von rechtsverbindlichen Versorgungsleistungen an Arbeitnehmer der (S) zuzüglich der vereinbarten Valorisierungen zu bezahlen, wobei der (anteilige) Pensionszuschuss nach der Richtlinie für die Gewährung von rechtsverbindlichen Versorgungsleistungen an Arbeitnehmer der (S) zum Stichtag 01.09.2011 EUR 4.167,00 14 x jährlich beträgt."
3 Der Mitbeteiligte bewertete sein Klagebegehren nach dem GGG mit 750 EUR. Im Hinblick auf die in Anmerkung 8 zu TP 1 GGG vorgesehene Gebührenfreiheit von arbeitsrechtlichen Streitigkeiten bei einem Wert des Streitgegenstandes bis 1.450 EUR wurde für die Klage keine Pauschalgebühr entrichtet.
4 Im Zuge einer Nachprüfung der Gebühren und Kosten durch die Revisorin im Jahr 2016 wurde unter Hinweis auf §§ 16 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm 15 Abs. 3a GGG und§ 58 Abs. 1 JN sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 2014, Ro 2014/16/0033, die Bemessungsgrundlage mit der dreifachen Jahresleistung (4.167 EUR x 14 x 3) im Betrag von 175.014 EUR ermittelt.
5 Mit Mandatsbescheid vom 2. November 2016 schrieb die Kostenbeamtin dem Mitbeteiligten die Pauschalgebühr nach TP 1 GGG iVm § 19a GGG iHv 4.365,90 EUR sowie 8 EUR Einhebungsgebühr nach § 6a Abs. 1 GEG zur Zahlung vor.
6 In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung vom 10. November 2016 führte der Mitbeteiligte im Wesentlichen aus, dass es sich bei dem Klagebegehren nicht um eine wiederkehrende Leistung bzw. eine Versorgungsleistung iSd § 58 Abs. 1 JN von jährlich 58.338 EUR, sondern tatsächlich um eine Direktzusage der beklagten Parteien handle, wonach der Kläger Anspruch auf einen lebenslangen Direktzuschuss unter Anrechnung einer seitens der erstbeklagten Partei seit Juli 1997 finanzierten Pensionskassenzusage und einer fiktiven ASVG-Pension habe. Aus dem Vorbringen in der Klage sei ersichtlich, dass zum Klagszeitpunkt nicht genau habe vorhergesagt werden können, wann und in welcher Höhe dem Kläger ein Vermögensschaden entstehen würde. § 58 Abs. 1 JN beziehe sich jedoch vornehmlich auf Unterhaltsansprüche, die zum Teil bereits fällig seien oder die zumindest unmittelbar bevorstünden und deren Höhe im Zeitpunkt der Klagseinbringung berechnet werden könne. Eine Subsumtion unter § 58 Abs. 1 JN scheitere im gegenständlichen Fall schon an der Ungewissheit des Eintritts und der Höhe der Schäden. Eine Bewertung mit der dreifachen Jahresleistung führe zu einem unsozial hohen Streitwert, der im Lichte der meist niedrigeren Bewertung sozialrechtlicher Renten durch § 77 Abs. 2 ASGG unsachlich und verfassungsrechtlich bedenklich erscheine. In der Klage sei lediglich dargelegt worden, welche Höhe der (anteilige) Pensionszuschuss nach der Richtlinie der S im Zeitpunkt der Klagseinbringung hätte. In der Klage sei aber auch mehrfach darauf hingewiesen worden, dass die zukünftige Entwicklung nicht konkret vorhersehbar sei und daher die konkrete Höhe der zukünftigen Schäden nicht beziffert werden könne.
7 Mit Bescheid vom 11. Jänner 2017 schrieb der Präsident des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz dem Mitbeteiligten auf Basis der Bemessungsgrundlage von 175.014 EUR die Pauschalgebühr nach TP 1 GGG iHv 4.365,90 EUR (einschließlich 10 % Streitgenossenzuschlag nach § 19a GGG) sowie die Einhebungsgebühr nach § 6a Abs. 1 GEG iHv 8 EUR vor. In der Bescheidbegründung wurde zusammengefasst ausgeführt, nach § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GGG betrage die Bemessungsgrundlage bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten 750 EUR, soweit nicht ein Geldbetrag - sei es in einem Leistungs- oder in einem sonstigen Begehren, etwa einem Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren - Gegenstand der Klage sei. Liege der Klage, in welcher Form auch immer, ein Geldbetrag zugrunde, sei dieser für die Gebührenbemessung maßgeblich. Das Urteilsbegehren der streitgegenständlichen Klage laute auf Feststellung, dass die beklagten Parteien verpflichtet seien, dem Mitbeteiligten den (anteiligen) Pensionszuschuss zu bezahlen, wobei der (anteilige) Pensionszuschuss 4.167 EUR 14 x jährlich betrage. Da es sich um eine Streitigkeit handle, bei der ein Geldbetrag verlangt werde, folge daraus, dass die Voraussetzung für die in § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GGG enthaltene Festsetzung der Bemessungsgrundlage mit einem Festbetrag nicht erfüllt sei. Nach § 58 Abs. 1 JN seien Ansprüche auf Versorgungsbeiträge mit dem Dreifachen der Jahresleistung anzusetzen.
8 Mit Erkenntnis vom 4. Dezember 2017 gab das Bundesverwaltungsgericht der gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten statt, hob den angefochtenen Bescheid auf und bestimmte die Pauschalgebühr gemäß TP 1 GGG mit 102 EUR zuzüglich 8 EUR Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG. Weiters sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
9 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, anders als im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 2014, Ro 2014/16/0033, sei in der streitgegenständlichen Feststellungsklage kein Geldbetrag genannt und sei dieser auch nicht ohne weiteres einfach berechenbar. Gegenstand der Klage sei die Feststellung, dass dem Mitbeteiligten noch Zahlungen zustünden, da der zugesagte Direktzuschuss höher als die Abschlagszahlungen sei. Dabei seien weder die Höhe noch der Zeitpunkt des Schadenseintrittes spezifiziert worden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liege ein in einem Geldbetrag bestehender Streitgegenstand immer dann vor, wenn im Klagebegehren selbst die begehrte Leistung mit einer Geldsumme ausgedrückt werde.
10 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die gegenständliche Amtsrevision in der zur Zulässigkeit vorgebracht wird, das Bundesverwaltungsgericht habe die Rechtsfrage unzutreffend gelöst, ob bei einer Klage auf Feststellung der Zahlungsverpflichtung eines Pensionszuschusses, der im Klagebegehren der Höhe nach konkretisiert werde, ein Geldbetrag Gegenstand der Klage iSd § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GGG sei, was die Bemessung der Gebühr nach dieser Gesetzesstelle ausschließe. Das Bundesverwaltungsgericht sei vom Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 2002, 2002/16/0235, abgewichen, wonach es sich bei solchen ziffernmäßig konkretisierten Pensionsleistungen um Versorgungsbeiträge im Sinne des § 58 Abs. 1 JN handle, die mit dem Dreifachen der Jahresleistung zu kapitalisieren seien.
11 Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Einleitung des Vorverfahrens (§ 36 VwGG) - der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung - in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
12 Die Revision ist zulässig und berechtigt.
13 Nach § 14 GGG ist Bemessungsgrundlage der Gerichtsgebühren im Zivilprozess der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN, soweit nicht eine gerichtsgebührenrechtliche Sonderregelung etwas anderes bestimmt.
14 Ist ein Geldbetrag in anderer Weise als in einem Leistungsbegehren, etwa durch ein Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren Gegenstand einer Klage, so bildet gemäß § 15 Abs. 3a GGG - ungeachtet einer Bewertung durch den Kläger nach § 56 Abs. 2 JN - dieser Geldbetrag die Bemessungsgrundlage.
15 Gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GGG beträgt die Bemessungsgrundlage 750 EUR bei Streitigkeiten über die Dienstbarkeit der Wohnung und über das Ausgedinge sowie arbeitsrechtliche Streitigkeiten, soweit in diesen Fällen nicht ein Geldbetrag - sei es in einem Leistungs- oder in einem sonstigen Begehren, etwa einem Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren - Gegenstand der Klage ist.
16 Soweit das Bundesverwaltungsgericht die Auffassung vertritt, dass im verfahrensgegenständlichen Klagebegehren kein Geldbetrag genannt sei, sodass die gebührenrechtliche Sonderregelung des § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GGG zur Anwendung gelange, kann dem nicht gefolgt werden.
17 Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 25. Jänner 2018, Ra 2017/16/0169, ausgeführt hat, bildet in einem Klagebegehren, das auf die Feststellung des Anspruchs auf eine 14 mal jährlich zahlbare Betriebspension in bestimmter Höhe gerichtet ist, ein Geldbetrag den Gegenstand der Klage, sodass der in § 16 Abs. 1 Z 1 GGG genannte Festbetrag iHv 750 EUR nicht als Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist.
18 Nichts anderes kann aber im Revisionsfall gelten, wird doch auch hier die Feststellung begehrt, dass die beklagten Parteien verpflichtet seien, dem Mitbeteiligten den (anteiligen) Pensionszuschuss zu bezahlen, wobei dieser "zum Stichtag 01.09.2011 EUR 4.167,00 14 x jährlich" betrage. Damit bildet aber auch im Revisionsfall ein bestimmter Geldbetrag den Gegenstand der Klage, sodass die gebührenrechtliche Sonderregelung des § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GGG nicht zur Anwendung gelangt.
19 Das GGG trifft somit für die Bewertung des Streitgegenstandes des Feststellungsbegehrens nicht "etwas anderes" im Sinne des § 14 GGG.
20 Nach § 58 Abs. 1 JN ist als Wert des Rechts auf den Bezug von Zinsen, Renten, Früchten oder anderen wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen bei immerwährender Dauer das Zwanzigfache, bei unbestimmter oder auf Lebenszeit beschränkter Dauer das Zehnfache, sofern es sich um Ansprüche auf Unterhalts- oder Versorgungsbeträge und auf Zahlung von Renten wegen Körperbeschädigung oder Tötung eines Menschen handelt, das Dreifache der Jahresleistung, bei bestimmter Dauer aber der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge, jedoch in keinem Fall mehr als das Zwanzigfache der Jahresleistung anzunehmen.
21 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, handelt es sich bei Pensionszahlungen des (ehemaligen) Arbeitgebers nicht um rein kommerziell motivierte Renten, sondern um eine dem Alimentationscharakter von Unterhaltsleistungen und Renten wegen Körperverletzung bzw. Tötung eines Menschen nahe stehende Leistung, die unter dem Terminus "Versorgungsbeträge" des § 58 Abs. 1 JN zu subsumieren ist (vgl. VwGH 25.1.2018, Ra 2017/16/0169, VwGH 19.12.2002, 2002/16/0235). Daher bestimmt sich auch im Revisionsfall die Bemessungsgrundlage gemäß § 58 Abs. 1 JN nach dem Dreifachen der Jahresleistung.
22 Da das Bundesverwaltungsgericht dies verkannt hat, war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am 17. Juli 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018160007.L00Im RIS seit
07.01.2020Zuletzt aktualisiert am
07.01.2020