TE Vwgh Erkenntnis 2000/1/18 99/11/0179

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Veröffentlicht am 18.01.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §38;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
KFG 1967 §74 Abs1;
StVO 1960 §20 Abs2;
VStG §44a Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des W in M, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 1. Juli 1997, Zl. VerkR-392.732/1-1997/Vie, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß den §§ 74 Abs. 1 und 73 Abs. 3 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen B und G vorübergehend für die Dauer von zwei Wochen (ab 27. Mai 1997) entzogen.

In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, nach der Anzeige habe der Beschwerdeführer (am 10. Dezember 1996) auf einer näher bezeichneten Stelle der Tauernautobahn einen Pkw mit einer Geschwindigkeit von 161 km/h gelenkt und damit die dort nach der Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 2. November 1989, BGBl. Nr. 527/1989, höchste zulässige Geschwindigkeit von 110 km/h um 51 km/h überschritten. Er sei deshalb mit rechtskräftigem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 21. April 1997 bestraft worden. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Geschwindigkeit habe nur 157 km/h betragen, hätte er bereits im Verwaltungsstrafverfahren erstatten müssen. Aufgrund der Bindungswirkung sei es der belangten Behörde verwehrt, diese bereits rechtskräftig entschiedene Frage neu aufzurollen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 11. März 1999, B 1875/97-6, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie mit Beschluss vom 28. Mai 1999 gemäß Art.144 Abs.3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs.1 Z.2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Der Beschwerdeführer macht unter Berufung auf die ständige hg. Rechtsprechung zutreffend geltend, dass die belangte Behörde sein im Entziehungsverfahren erstattetes Vorbringen betreffend die Unrichtigkeit der Geschwindigkeitsmessung nicht mit dem Hinweis auf die Bindungswirkung des Straferkenntnisses hätte abtun dürfen. Im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde liegt aufgrund des genannten Straferkenntnisses eine Bindung nur in Ansehung der Begehung einer Geschwindigkeitsüberschreitung vor. Eine Bindung an das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung ist hingegen zu verneinen, weil dieses Ausmaß kein wesentliches Tatbestandselement der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung ist und daher im Spruch des Straferkenntnisses gar nicht aufzuscheinen braucht. Ein überflüssiger Inhalt eines rechtskräftigen Spruches entfaltet keine Bindungswirkung (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 21. Jänner 1997, Zl. 96/11/0084 und vom 5. August 1997, Zl. 97/11/0088, jeweils mwN). Die belangte Behörde hat demnach in der Frage ihrer Bindung an das Straferkenntnis vom 21. April 1997 die Rechtslage verkannt und davon ausgehend das Vorbringen des Beschwerdeführers für unbeachtlich gehalten. Sie hat dadurch ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. Jänner 2000

Schlagworte

Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der Rechtskraft Mängel im Spruch Fehlen von wesentlichen Tatbestandsmerkmalen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999110179.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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