TE OGH 2018/6/12 5Ob36/18g

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Veröffentlicht am 12.06.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin R***** eGen (FN *****), *****, wegen Einverleibung eines Pfandrechts in EZ ***** KG *****, über den Revisionsrekurs der Einschreiterin MMag. U***** H*****, vertreten durch Mag. Anton Spielmann, Notar in Hall in Tirol, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 28. September 2017, AZ 54 R 76/17y, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Hall in Tirol vom 28. April 2015, TZ 1596/2015, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung lautet:

„Der Antrag,

         in EZ ***** KG *****

         auf Anteil B-LNR 4

         4 ANTEIL: 106/294

         M***** H*****

*****

b 2071/2013 Wohnungseigentum an Top 2

         auf Anteil B-LNR 5

5 ANTEIL: 7/294

M***** H*****

*****

b 2071/2013 Wohnungseigentum an Top 5

         auf Anteil B-LNR 6

                  6 ANTEIL: 8/294

M***** H*****

*****

b 2071/2013 Wohnungseigentum an Top 7

         die Einverleibung des Pfandrechts im Höchstbetrag  von      7.000 EUR für die R***** eGen, FN *****,

zu bewilligen, wird abgewiesen.“

Text

Begründung:

Mit dem als Schenkungs- und Wohnungseigentumsvertrag titulierten Notariatsakt vom 14. 1. 2013 übertrug die ursprüngliche Eigentümerin ihrem Sohn und ihrer Tochter Miteigentumsanteile an der im Spruch genannten Liegenschaft. Mit diesen Anteilen ist jeweils Wohnungseigentum verbunden.

Die Einschreiterin und Revisionsrekurswerberin ist die aus dem Vertrag vom 14. 1. 2013 begünstigte Tochter. Der Sohn ist aufgrund des Vertrags vom 14. 1. 2013 unter anderem Miteigentümer von 106/294-Anteilen untrennbar verbunden mit Wohnungseigentum an Top 2 (B-LNR 4), zu 7/294-Anteilen untrennbar verbunden mit Wohnungseigentum an Top 5 (B-LNR 5) und zu 8/294-Anteilen untrennbar verbunden mit Wohnungseigentum an Top 7 (B-LNR 6). Hinsichtlich dieser Miteigentumsanteile ist unter B-LNR 4c, B-LNR 5c und B-LNR 6c jeweils zu TZ 2071/2013 das „Nachfolgerecht gem. Pkt. VIII. not. Schenkungs- und Wohnungseigentumsvertrag 2013-01-14“ für die Einschreiterin eingetragen.

Punkt VIII. des in der Urkundensammlung erliegenden notariellen Schenkungs- und Wohnungseigentumsvertrags vom 14. 1. 2013 hat folgenden Wortlaut:

VIII. Für den Fall, dass Herr [...] [Anm.: Sohn der Geschenkgeberin und Bruder der Einschreiterin], geb. […], vor Frau […] [Anm.: Tochter der Geschenkgeberin und Einschreiterin], geb. [...], ohne Hinterlassung von leiblichen oder adoptierten Nachkommen verstirbt bedingt sich die Geschenkgeberin hiemit aus, dass seine [...]-Anteile samt WE an der Wohnung Top 2, an der Garage Top 5 und an der Garage Top 7 in EZl. ***** GB […] sogleich nach Ableben des Herrn […] [Anm.: Sohn der Geschenkgeberin und Bruder der Einschreiterin], geb. [...], in das Eigentum von Frau […] [Anm.: Tochter der Geschenkgeberin und Einschreiterin], geb. [...], überzugehen haben.

Der Eigentumsübergang im Falle des Eintrittes des Substitutionsfalles erfolgt grundsätzlich unentgeltlich. Sollten die vorangeführten Liegenschaftsanteile samt WE zum Zeitpunkt des Eintrittes des Substitutionsfalles jedoch grundbücherlich belastet sein, so sind diese Belastungen von der Begünstigten aus diesem Besitznachfolgerecht mitzuübernehmen.

Herr [...] [Anm.: Sohn der Geschenkgeberin und Bruder der Einschreiterin], geb. [...], räumt im Sinn der vorstehenden Bestimmungen dieses Vertragspunktes zugunsten von Frau […] [Anm.: Tochter der Geschenkgeberin und Einschreiterin], geb. [...], das Besitznachfolgerecht an seinen [...]-Anteilen jeweils samt WE in EZl. ***** GB [...] ein und wird diese Rechtseinräumung von Frau […] [Anm.: Tochter der Geschenkgeberin und Einschreiterin] gleichzeitig verbindlich angenommen.

Für den Fall des Eintrittes des Substitutionsfalles erteilt Herr [Anm.: Sohn der Geschenkgeberin und Bruder der Einschreiterin], geb. [...], daher schon jetzt seine ausdrückliche Einwilligung, dass unter Vorlage seiner Sterbeurkunde auf der Liegenschaft in EZl. ***** GB […] nachstehende Grundbuchshandlungen vorgenommen werden, nämlich: […].“

Unter Vorlage der Pfandurkunde vom 20. 4. 2015 begehrte das antragstellende Kreditinstitut die Einverleibung eines Pfandrechts im Höchstbetrag von 7.000 EUR auf den Anteilen B-LNR 4, B-LNR 5 und B-LNR 6 des Sohnes der Geschenkgeberin und Bruders der Einschreiterin.

Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag mit Beschluss vom 28. April 2015 und veranlasste am 11. Juli 2017 die irrtümlich unterbliebene Zustellung an die besitznachfolgeberechtigte Einschreiterin.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Einschreiterin nicht Folge. Die vertragsmäßig übernommene Verpflichtung, eine Liegenschaft einem Dritten zu übergeben oder zu hinterlassen, habe Ähnlichkeit zur fideikommissarischen Substitution und beschränke wie diese die Rechte des Eigentümers auf die eines Nutznießers. Auch ein vertragliches Besitznachfolgerecht schließe eine Verpfändung der Substanz aus. Die dem vertraglichen Veräußerungs- und Belastungsverbot vergleichbare Verfügungsbeschränkung sei bei weiteren Eintragungen zu berücksichtigen. Vertragliche Besitznachfolgerechte könnten aber von den Vertragsparteien im Sinn der von der Rechtsprechung betonten Vertragsfreiheit frei gestaltet werden. Das Belastungsverbot sei nur im Regelfall, nämlich wenn nichts anderes verfügt worden sei, als vom Besitznachfolgerecht mitumfasst anzusehen und sei keineswegs stets und unabhängig von der Vertragsgestaltung anzunehmen. Dabei komme es entscheidend auf den Sinngehalt des in Punkt VIII. des Vertrags geregelten Besitznachfolgerechts an. Diese Bestimmung könne dem Wortlaut nach nicht anders verstanden werden, als dass dem jeweiligen Geschenknehmer Belastungen uneingeschränkt freigestellt seien. Auch sei hier das üblicherweise mit einem Besitznachfolgerecht angepeilte Ziel, dem Begünstigten die Position eines zeitlich befristeten Eigentümers oder Fruchtnießers zu verschaffen und durch ein dinglich wirkendes Belastungs- und Veräußerungsverbot das Nachfolgerecht zu garantieren, nicht zu erkennen. Die Mutter habe ihr Eigentum bereits gerecht zwischen ihren beiden Kindern je zur Hälfte aufgeteilt und durch diese Regelung erkennbar nur dafür Vorsorge treffen wollen, dass im Fall eines kinderlosen Vorversterbens, das Eigentum nicht an außenstehende Dritte gehe. Ein darüber hinausgehender Wunsch der Mutter auf Beschränkung der Kinder in ihrem Eigentum sei dem Vertrag auch deshalb nicht zu entnehmen, weil sich die Mutter lediglich für die von ihr bewohnte Wohnung Top 1 ein Veräußerungs- und Belastungsverbot ausbedungen habe.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der – von diesem nachträglich zugelassene – Revisionsrekurs der Einschreiterin.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil dem Rekursgericht eine im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen ist; er ist aus diesem Grund auch berechtigt.

1. Vertragliche Besitznachfolgerechte, die einer fideikommissarischen Substitution (nach der Terminologie des ErbRÄG 2015 BGBl 87/2015 „Nacherbschaft“) ähneln, sind nach der Rechtsprechung durch eine Anmerkung im Sinn des § 20 lit a GBG einzutragen (5 Ob 209/17x; RIS-Justiz RS0083800; RS0012539 [T2]).

2. Die im Grundbuch angemerkte Beschränkung durch eine Nacherbschaft steht grundsätzlich der Einverleibung eines (auch exekutiven) Pfandrechts ohne Zustimmung des Nacherben entgegen (5 Ob 209/17x; RIS-Justiz RS0002605). Je näher eine Vereinbarung über die Besitznachfolge an die Regelung typischer Anliegen der Nacherbschaft herankommt, umso zwingender erscheint die Analogie zu dieser (RIS-Justiz RS0012539 [T3]) und die mit einer solchen verbundenen Beschränkungen kommen zu tragen, sodass weder eine vertragliche Belastung der Liegenschaft noch eine zwangsweise Pfandrechtsbegründung zulässig ist. Mit der Eintragung eines vertraglich vereinbarten Besitznachfolgerechts im Grundbuch ist daher grundsätzlich eine dem Veräußerungs- und Belastungsverbot vergleichbare Verfügungsbeschränkung des Eigentümers begründet (5 Ob 209/17x; RIS-Justiz RS0010791 [T1]).

3. Hinsichtlich der hier verpfändeten Miteigentumsanteile ist im Grundbuch das im Pkt VIII. des notariellen Schenkungs- und Wohnungseigentumsvertrags vom 14. 1. 2013 zu Gunsten der Einschreiterin vereinbarte Nachfolgerecht eingetragen. Im Sinn des § 94 Abs 1 Z 1 GBG und der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für die darin normierte Prüfpflicht (vgl RIS-Justiz RS0060573; RS0060878) ist zu prüfen, ob sich aus dem Wortlaut der bücherlichen Eintragung zweifelsfrei der Schluss ziehen lässt, dass, wie das Rekursgericht meint, ein Besitznachfolgerecht vereinbart wurde, das einer Belastung der betroffenen Liegenschaftsanteile ohne Zustimmung der Berechtigten nicht entgegensteht.

4. Diese Frage war bereits zu 5 Ob 209/17x zu beurteilen. Diesem Verfahren lag ein Begehren des hier antragstellenden Kreditinstituts auf Einverleibung eines anderen Pfandrechts auf den selben Miteigentumsanteilen zu Grunde. Der erkennende Senat kam zu folgendem – angesichts der identen Sachlage auch für den vorliegenden Fall geltenden – Ergebnis: Aus dem Umstand, dass nach der angesprochenen vertraglichen Regelung bei Eintritt des Substitutionsfalls allenfalls vorhandene bücherliche Belastungen von der Begünstigten aus dem Besitznachfolgerecht mitzuübernehmen sind, lässt sich ohne nähere Auseinandersetzung mit dem Parteiwillen keine Aussage darüber treffen, unter welchen Voraussetzungen etwaige Belastungen begründet werden sollten. Dabei mag es in Bezug auf die hier gegenständliche Liegenschaft vielleicht zutreffen, dass die Mutter eine gerechte Aufteilung unter ihren Kindern vorgenommen hat, wie das Rekursgericht argumentiert. Inwieweit aber eine solche Annahme auf deren Eigentum insgesamt zutrifft, muss nach der Aktenlage aber ebenso reine Spekulation bleiben, wie die Schlussfolgerung des Rekursgerichts, das Besitznachfolgerecht in seiner konkreten Ausformulierung stünde einer Belastung von Liegenschaftsanteilen mit einem Pfandrecht nicht entgegen, weil sich Wünsche der Mutter auf eine (weitergehende) Beschränkung der Kinder in deren Eigentum der Urkunde nicht entnehmen lasse. Im Wortlaut der Vereinbarung findet die vom Rekursgericht unterstellte Beschränkung des Nachfolgerechts dahin, dass dem Eigentümer die Belastung der Liegenschaftsanteile mit einem Pfandrecht auch ohne Zustimmung der Nachfolgeberechtigten erlaubt wäre, jedenfalls keine Rechtfertigung. Einen davon nicht gedeckten Parteiwillen zu ermitteln, steht dem Grundbuchsgericht aber nicht zu und kann mit den Möglichkeiten eines reinen Urkundenverfahrens auch nicht geleistet werden.

5. Das im Grundbuch eingetragene vertragliche Besitznachfolgerecht der Einschreiterin steht demnach dem Begehren auf Einverleibung des Pfandrechts entgegen. Dem Revisionsrekurs ist daher Folge zugeben und das Grundbuchsgesuch abzuweisen.

Textnummer

E122225

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00036.18G.0612.000

Im RIS seit

12.08.2018

Zuletzt aktualisiert am

05.11.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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