TE Vwgh Erkenntnis 2000/1/19 98/01/0655

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Veröffentlicht am 19.01.2000
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des I O in F, geboren am 10. April 1971, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 10. November 1998, Zl. 202.571/0-X/31/98, betreffend Asylgewährung (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer reiste am 23. September 1994 nach Österreich ein. Er ist jugoslawischer Staatsangehöriger, stammt aus dem Kosovo und gehört der albanischen Volksgruppe an.

Am 29. September 1994 beantragte der Beschwerdeführer die Gewährung von Asyl; zu seinen Fluchtgründen befragt gab er im Wesentlichen an: Er werde seit seiner Teilnahme an einer Demonstration im Februar 1990 politisch verfolgt. Er sei bereits im Mai 1992 nach Schweden geflüchtet, sein dort gestellter Asylantrag jedoch im Jahre 1994 abgewiesen worden. Daraufhin habe er in Deutschland um Asyl angesucht, wäre aber ebenfalls rechtskräftig abgewiesen worden. Österreich habe ihn zurückgeschoben und nach dreimonatigem Aufenthalt in der Heimat sei er nunmehr erneut in Österreich eingereist.

Das Bundesasylamt wies den Asylantrag des Beschwerdeführers als unbegründet ab. In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer ergänzend vor, dass er bei der Februar-Demonstration eine Verletzung erlitten habe, an der er noch heute leide, und die es ihm unmöglich machen würde, seinen Militärdienst abzuleisten. Er fürchte deshalb Repressalien durch die Polizei. Mit Bescheid vom 27. Juni 1995 gab der Bundesminister für Inneres der Berufung keine Folge. Dieser Berufungsbescheid ist gemäß § 44 Abs. 2 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 (AsylG) - der Beschwerdeführer hat Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben - am 1. Jänner 1998 außer Kraft getreten.

Auch der nunmehr zur Entscheidung zuständige unabhängige Bundesasylsenat wies die Berufung des Beschwerdeführers - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung oder anderweitige Verfahrensergänzung - gemäß § 7 AsylG ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat sich ausschließlich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner individuellen Verfolgung auf Grund der behaupteten Teilnahme an einer Demonstration auseinander gesetzt. Im angefochtenen Bescheid finden sich jedoch keine Ausführungen zu der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Kosovo herrschenden Situation. Der Beschwerdeführer macht dies in der Beschwerde mit dem Vorbringen geltend, alle Angehörigen der albanischen Volksgruppe im Kosovo würden nunmehr allein auf Grund ihrer ethnischen Zugehörigkeit verfolgt.

Die belangte Behörde ist auf die als notorisch anzusehende Eskalation der Situation im Kosovo ab 28. Februar 1998 nicht eingegangen. Zwar haben sich die mit vermehrten Übergriffen insbesondere auf die albanische Zivilbevölkerung verbundenen Auseinandersetzungen zwischen "albanischen Terroristen" und serbischen Sicherheitskräften zunächst auf das Gebiet Zentral-Kosovo (Region Drenica) sowie westlich davon auf die Verwaltungsbezirke an der albanischen Grenze erstreckt; im September 1998 erfolgte jedoch eine gebietsmäßige Ausdehnung in Richtung Nordosten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Oktober 1999, Zl. 99/01/0057). Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer aus der zuletzt genannten Region (Kosovska Mitrovica) stammt, hätte sich die belangte Behörde in ihrem am 10. November 1998 erlassenen Bescheid mit dieser Entwicklung auseinander setzen müssen. Insoweit sie dies unterlassen hat, gleicht der angefochtene Bescheid im Ergebnis jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 12. Mai 1999, Zl. 98/01/0576, zu Grunde lag. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird daher auf die Begründung jenes Erkenntnisses verwiesen. Aus den dort angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 19. Jänner 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998010655.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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