Entscheidungsdatum
18.07.2018Index
90/01 StraßenverkehrsrechtNorm
StVO 1960 §5 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Triendl über die Beschwerde des Herrn AA, geb. XX.XX.XXXX, Adresse 1, Z, v.d. BB, Rechtsanwälte, Adresse 2, Y, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 12.3.2018, **** betreffend eine Übertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung
zu Recht erkannt:
1. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wie folgt berichtigt wird:
? Bei der übertretenen Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z 2 VStG) hat es zu lauten: „§ 7 VStG iVm § 5 Abs 1 StVO“.
? Bei der Strafsanktionsnorm (§ 44a Z 3 VStG) hat es zu lauten: „§ 99 Abs 1b StVO“.
2. Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe, das sind Euro 160,00 zu leisten.
3. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:
„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:
Tatzeit: 28.12.2017 um 23.05 Uhr
Tatort: Y, Adresse 3, Parkplatz der Firma CC
Fahrzeug(e): Personenkraftwagen ****
Sie haben vorsätzlich Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung geleistet, da Sie das Fahrzeug DD zum Lenken überlassen haben, obwohl sich dieser in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat. Das Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,46 mg/l gelenkt.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
§ 7 VStG iVm § 99 Abs 1 lit a iVm § 5 Abs 1 StVO
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe (€): Gemäß: Ersatzfreiheitsstrafe:
800,00 § 99 Abs 1 StVO 168 Stunden
Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle die Ersatzfreiheitsstrafe.
Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
€ 80,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, wobei jedoch mindestens € 10,00 zu bemessen sind,
Bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe mit 100 Euro anzusetzen.
€ 0,00 als Ersatz der Barauslagen für:
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher: € 880,00“
Gegen dieses Straferkenntnis hat der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben und darin ausgeführt wie folgt:
„Das angefochtene Straferkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze angefochten.
I. Rechtzeitigkeit und Zulässigkeit:
Gemäß der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Straferkenntnisses kann gegen dieses Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht erhoben werden, welche binnen 4 Wochen ab Zustellung des Bescheides bei der Bezirkshauptmannschaft Y schriftlich einzubringen ist.
Diese Beschwerde ist sohin zulässig und rechtzeitig, nachdem das angefochtene Straferkenntnis vom 12.03.2018 am 15.03.2018 dem Beschwerdeführer zugestellt wurde.
II. Beschwerdegründe:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis stellt die erkennende Behörde fest, dass der Beschwerdeführer am 28.12.2017 um 23:05 Uhr, Y, Adresse 3, Parkplatz der Firma CC, Personenkraftwagen **** vorsätzlich Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung geleistet hätte, da der Beschwerdeführer das Fahrzeug DD zum Lenken überlassen hätte, obwohl sich dieser in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Das Fahrzeug sei zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,46 mg/l gelenkt worden.
Der Beschuldigte habe dadurch die Rechtsvorschriften § 7 VStG i.V.m. § 99 Abs 1 lit a i.V.m. § 5 Abs 1 StVO verletzt und werde über ihn wegen dieser Verwaltungsübertretungen gemäß § 99 Abs 1 StVO eine Geldstrafe von € 800,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 168 Stunden) verhängt. Ferner hätte der Beschuldigte gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens € 80,00 zu zahlen, sodass der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) € 880,00 betrage.
Die erkennende Behörde verweist in der Begründung ihrer Entscheidung darauf, dass der im Spruch angeführte Sachverhalt aufgrund des Anzeigeninhaltes sowie des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen feststehe. Vom Beschuldigten werde die Übertretung in Abrede gestellt. In seinen Einspruchsangaben führe der Beschuldigte an, dass er die im Spruch angeführte(n) Übertretung(en) nicht gesetzt habe. Im gegenständlichen Fall bestünde für die Behörde kein Grund, an den Angaben des Anzeigers zu zweifeln. Es müsse einem geschulten Organ der Straßenaufsicht zugebilligt werden, derartige Übertretungen richtig feststellen zu können. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage sei somit wie im Spruch zu entscheiden gewesen. Der Unrechtsgehalt der begangenen Übertretungen sei als nicht unerheblich zu bezeichnen. Als Verschuldensgrad komme Fahrlässigkeit (!) in Betracht. Erschwerend sei kein Umstand zu berücksichtigen. Aufgrund der bisherigen Unbescholtenheit erscheine die nunmehr verhängte Strafe als schuld- und tatangemessen.
Das angefochtene Straferkenntnis leidet an Rechtswidrigkeit des Inhalts und an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, wie folgende Ausführungen zeigen:
a)
Zunächst ist nicht nachvollziehbar, geschweige denn ersichtlich, wie die erkennende Behörde aufgrund des Anzeigeninhaltes sowie des durchgeführten Ermittlungsverfahrens es als erwiesen annehmen kann, dass der Beschuldigte „vorsätzlich" Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung geleistet habe, vor allem wenn die erkennende Behörde selbst als Verschuldensgrad „Fahrlässigkeit" in Betracht kommen lassen will.
Der Beschuldigte hat im Rahmen seiner Vernehmung am 02.03.2018 (siehe Niederschrift über die Vernehmung des Beschuldigten) angegeben, dass er dachte, DD würde unter 0,5 bleiben. Berücksichtigt man den Inhalt der Anzeige vom 02.01.2018, deren Tatbeschreibung zufolge DD bei einem Freund in X ein Bier getrunken habe, kann man entgegen der Auffassung der erkennenden Behörde keineswegs davon ausgehen, dass der Beschuldigte „vorsätzlich" Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung geleistet habe.
b)
Soweit für die erkennende Behörde im gegenständlichen Fall kein Grund bestanden habe, an den Angaben des Anzeigers zu zweifeln und es einem geschulten Organ der Straßenaufsicht zugebilligt werden müsse, derartige Übertretungen richtig feststellen zu können, ist dieser floskelhaften Entscheidungsbegründung nur entgegenzuhalten, dass weder der Anzeiger noch geschulte Organe der Straßenaufsicht zugegen waren, als der Beschuldigte DD das Fahrzeug **** zum Lenken überlassen hat, dies in der Meinung, DD werde unter 0,5 bleiben und könne es selbst einschätzen, ob er zu viel getrunken habe oder nicht.
Jedenfalls reicht der festgestellte Sachverhalt mitnichten dafür aus, dem Beschuldigten anlasten zu können, er habe vorsätzlich Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung geleistet.
Der Beschuldigte beantragt in diesem Zusammenhang die zeugenschaftliche Einvernahme des DD, Anschrift amtsbekannt, sowie seine Einvernahme, dies im Rahmen einer mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht, welche an dieser Stelle ebenso ausdrücklich beantragt wird.
Von einem tatbestandsmäßigen Verhalten des Beschuldigten im Sinne einer Verletzung der Rechtsvorschriften nach § 7 VStG i.V.m. § 99 Abs 1 lit a i.V.m. § 5 Abs 1 StVO kann auf Basis des festgestellten Sachverhaltes weder in subjektiver noch in objektiver Hinsicht die Rede sein.
c)
Die erkennende Behörde geht davon aus, dass der Unrechtsgehalt der begangenen Übertretungen als nicht unerheblich zu bezeichnen sei. Auch diese Ausführungen sind nicht nachvollziehbar. Entgegen der Ansicht der erkennenden Behörde liegen keineswegs Umstände vor, die gegen eine allfällige Anwendung des § 45 Abs 1 letzter Satz VStG sprechen würden, wenn man ein tatbestandsmäßiges Verhalten des Beschwerdeführers erkennen könnte.
d)
Im Übrigen ist festzuhalten, dass die verhängte Geldstrafe auch weit überzogen wäre. Der Beschuldigte ist unbescholten, erschwerende Umstände sind keine zu Tage gekommen. Infolge dessen wäre die verhängte Geldstrafe weder schuld- noch tatangemessen.
III. Anträge:
Der Beschwerdeführer stellt sohin die
ANTRÄGE,
das Landesverwaltungsgericht möge
1. eine mündliche Beschwerdeverhandlung sowie die Aufnahme der beantragten Beweise durchführen
2. der Beschwerde Folge geben, das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 12.03.2018, GZ ****, ersatzlos beheben und das Verfahren gemäß § 45 VStG einstellen;“
Anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol am 2.7.2018 wurde der Beschwerdeführer einvernommen. Beweis wurde im Übrigen aufgenommenen durch Einsichtnahme in den behördlichen Akt.
II. Rechtslage:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl 159 idF BGBl I 2017/68 (StVO), lauten wie folgt:
„§ 5
(1) Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.
[…]
§ 99
[…]
(1b) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 800 Euro bis 3700 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.
[…]“
Folgende Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl 52 idF BGBl I 2013/33 (VStG) ist ebenfalls von Relevanz:
„§ 7.
Wer vorsätzlich veranlaßt, daß ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, unterliegt der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist.“
III. Erwägungen:
Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht der von der Behörde angenommene und dem angefochtenen Straferkenntnis zu Grunde gelegte Sachverhalt als erwiesen fest. Die Alkoholisierung des Lenkers als solches wird vom Beschuldigten gar nicht bestritten (im Übrigen wurde der Lenker DD bereits rechtskräftig dafür bestraft – siehe den Akt der Bezirkshauptmannschaft Y Zl. **** und das mündliche Straferkenntnis vom 29.1.2018). Der Beschwerdeführer bringt zusammenfassend vor, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, die Fahruntüchtigkeit des Lenkers DD zu beurteilen. Er sei jedenfalls davon ausgegangen, dass DD noch fahrtüchtig gewesen sei. Keinesfalls sei ihm Vorsatz zu unterstellen (im Detail siehe die Beschwerde und sein Vorbringung anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol).
Diese Verantwortung erweist sich für das Landesverwaltungsgericht Tirol als nicht schlüssig:
Zwar muss, wer sich der Beihilfe schuldig gemacht hat, gemäß § 7 VStG vorsätzlich gehandelt haben. Vorsätzlich handelt jedoch bereits der, der es ernstlich für möglich hält, dass ein bestimmter Sachverhalt eintritt und sich damit abfindet (sog. bedingter Vorsatz oder „dolus eventualis“). Davon muss gegenständlich jedoch ausgegangen werden.
Dies beginnt bereits mit seiner Einvernahme des Beschuldigten vor der Bezirkshauptmannschaft Y am 2.3.2018, anlässlich derer er selbst zugesteht, sich über den Alkoholzustand des Lenkers DD zu wenig erkundigt zu haben. Er hat also sein Fahrzeug, obwohl er sich nach seinen eigenen Angaben zu wenig über den Alkoholzustand des Lenkers erkundigt hat, diesem überlassen – allein schon in diesem Verhalten ist ein bedingter Vorsatz zu erkennen, zumal in einer Situation, in der er sich mit dem Lenker in einer Diskothek befindet und er den Lenker – wie er selbst vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol angibt – nicht ständig im Auge hatte und jedenfalls davon ausging, dass DD Alkohol getrunken hat (nur so kann seine Aussage verstanden werden, dass „ich dachte, er [also der DD] würde unter 0,5 bleiben“, vgl. auch seine Aussage vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol, wonach D angab, jedenfalls ein kleines Bier getrunken zu haben), musste er Zweifel an der Fahrtüchtigkeit des D infolge Alkoholbeeinträchtigung haben. Hier kommt es gar nicht auf die Kenntnis der genauen Mengen des genossenen Alkohols an (vgl etwa VwGH 23.10.1974, 753/73/13), sondern hätte er in einer derartigen Situation eben im Zweifel davon absehen müssen, sein Fahrzeug dem DD zu überlassen.
Bei der Übergabe des Fahrzeuges an D war der Beschwerdeführer offenkundig bereits alkoholisiert und durfte sich vor diesem Hintergrund überdies keinesfalls auf seine – sich als trügerisch herausstellende – Einschätzung über den Alkoholzustand des D verlassen. Auch hätte er nicht auf die Einschätzung des D selbst vertrauen dürfen, was er jedoch offenkundig tat („weil ich wirklich davon ausging, dass er das auch selbst einschätzen kann“). Dass die Selbsteinschätzung des D höchst wankelhaft war (und sich daher als völlig untauglich erweist), bestätigen die Angaben des D selbst, die ständig variieren: Vor der Bezirkshauptmannschaft Y erklärte er am 20.4.2018, er habe „zuvor“, zu Hause in der Garage drei Bier (groß/klein?), in X dann nur Mineralwasser getrunken (auch sei er – völlig entgegen der Aussage des Beschuldigten vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol – in X im Lokal „EE“ stets bei A gewesen). Vor der Polizei (siehe Anzeige vom 2.1.2018) gab D an, er habe „bei einem Freund in X“ ein Bier getrunken und sei dann mit dem PKW in Richtung Y gefahren.
Weiters hat der Beschuldigte nicht einmal nachgefragt, ob der DD etwa zuvor, also bevor sie gemeinsam nach X in das Lokal „EE“ gefahren sind, allenfalls noch Alkohol getrunken hat. Dass D nach außen hin den Eindruck gemacht hat, er könne noch mit dem Fahrzeug fahren und er gegenüber A ausgesagt hatte, er sei durchaus in der Lage, das Fahrzeug noch zu lenken, ist dabei völlig irrelevant. Vor diesem Hintergrund erübrigt sich auch eine Einvernahme des D und des weiters angebotenen Zeugen Julian Haider, zumal das erkennende Gericht es als glaubhaft ansieht, dass D gegenüber A zum Ausdruck gebracht hat, er sei nicht alkoholisiert und habe lediglich ein Bier getrunken. Das entbindet jedoch den Beschuldigten – wie oben näher ausgeführt – nicht, kritisch zu hinterfragen, ob der D nicht zuvor und vor allem auch während des Besuchs des Lokals „EE“ nicht doch mehr getrunken hat als das eine Bier, zumal er – wie er selbst angibt – keinerlei Kontrolle über das Trinkverhalten des D im Lokal „EE“ hatte. Bei einem gemeinsamen Besuch in einem „Tanz/Event/Discolokal“ muss jedermann davon ausgehen, dass der andere, wenn er für einen längeren Zeitraum (die Hinfahrt in das Lokal EE war ja gegen 17:00 Uhr – vgl etwa die Aussage D vom 20.4.2018) außer Kontrolle des Trinkverhaltens steht (und wie hier „nach Frauen Ausschau hält“ - so der Beschuldigte vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol) auch größere Mengen an Alkohol zu sich nimmt und darf sich nicht an dessen Aussage, keinen oder eine geringe Menge an Alkohol eingenommen zu haben, halten. Bereits bei geringsten Zweifeln, von denen hier jedenfalls auszugehen ist (siehe dazu oben), darf das Fahrzeug nicht überlassen werden. Bereits die von D eingestandene Alkoholmenge (1 Bier) hätte ihn im Zweifel dazu veranlassen müssen, sein Fahrzeug nicht zur Verfügung zu stellen, zumal keine Anhaltspunkte (etwa eine ständige Kontrolle des D) dafür vorlagen, dass diese Aussage der Wahrheit entspricht.
Zusammenfassend muss daher davon ausgegangen werden, dass für den Beschuldigten gewichtige Bedenken vorlagen, ob D sich in einer solchen körperlichen oder geistigen Verfassung befindet, in der er ein Fahrzeug zu beherrschen und die beim Lenken eines Fahrzeuges zu beachtenden Rechtsvorschriften zu befolgen vermag. Er hat sich in sorgfaltswidriger Weise nicht um eine tiefgründige Klärung der Frage, ob denn D überhaupt noch in der Lage ist, ein Fahrzeug zu lenken, gekümmert und so den tatbildmäßigen Erfolg (zumindest) in Kauf genommen (vgl etwa VwGH 25.4.1996, 92/06/0039; 20.9.1999, 98/10/0006). Der Beschwerdeführer hatte selbst die Information, dass D eine jedenfalls nicht unbedeutende Alkoholmenge zu sich genommenen hat. Über weiteren Alkoholkonsum (v.a. vor der Fahrt in das Lokal „EE“) hat er D nicht befragt sondern sich damit begnügt, den Angaben des D Glauben zu schenken, ohne diese kritisch zu hinterfragen.
Dadurch, dass der Beschuldigte trotz begründeter Bedenken, D werde in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand im Sinne des § 5 Abs 1 StVO sein Fahrzeug lenken, ihm sein Fahrzeug überlassen hat, hat er den Tatbestand des § 5 Abs 1 iVm § 7 VStG erfüllt.
Strafbemessung:
Nach § 19 Abs 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Behörde hat lediglich die Mindeststrafe verhängt. Es erübrigen sich sohin weitere Ausführungen zur Strafbemessung. Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Beschuldigten entgegen den Ausführungen in der Beschwerde x-fach verwaltungsstrafrechtlich vorbestraft ist (vgl. den Auszug vom 8.6.2018) und daher von einer Unbescholtenheit keine Rede sein kann. Die wirtschaftlichen Verhältnisse sind aufgrund seiner Angaben vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol als jedenfalls durchschnittlich anzusehen. Der Unrechtsgehalt der Tat ist erheblich, dient doch die missachte Bestimmung in hohem Ausmaß der Verkehrssicherheit. Bei Aufwendung entsprechender Sorgfalt hätte sich der Beschwerdeführer im Klaren darüber sein müssen, dass es sich über eine fundamentale Vorschrift der Straßenverkehrsordnung hinwegsetzt. Diese Strafzumessungsgründe hätten durchaus auch eine höhere Verwaltungsstrafe gestützt.
Der Beschwerde kommt sohin keine Berechtigung zu und war diese spruchgemäß abzuweisen. Dabei war eine geringfügige Änderung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses vorzunehmen. Es handelt sich dabei aber um bloße Präzisierungen in rechtlicher Hinsicht. Der relevante Tatvorwurf hat dadurch keine Änderung erfahren. Das Landesverwaltungsgericht Tirol war daher zu diesen Modifikationen gemäß § 50 VwGVG berechtigt.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe die oben zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes bzw. jene Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes, die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 (2004) 1271ff oder Lewisch/Fister/Weilguni, VStG (2013) § 7 zitiert sind) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Hinweis:
Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Triendl
(Richter)
Schlagworte
Überlassung eines KFZEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.22.1318.4Zuletzt aktualisiert am
06.08.2018