TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/18 W133 1423895-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.07.2018
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Entscheidungsdatum

18.07.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W133 1423895-3/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.08.2017, Zl. 810345506, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.04.2018, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und den §§ 46, 52 Abs. 2 Z 2, 55 Abs. 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer stellte am 11.04.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Am selben Tag fand durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt, bei der er angab, sunnitischer Moslem zu sein und der Volksgruppe der Tadschiken anzugehören. Als Geburtsdatum gab der Beschwerdeführer den XXXX an. Er habe 8 Jahre die Grundschule besucht und danach als Verkäufer gearbeitet. Er hätte neben seinen Eltern zwei Schwestern und zwei Brüder in Afghanistan, die in Jalalabad leben würden. Als Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, dass er Probleme bekommen habe, weil er ein Mädchen kennengelernt habe, das er heiraten habe wollen. Das Mädchen sei nach einiger Zeit verschollen. Die Familie des Mädchens habe ihn für ihr Verschwinden verantwortlich gemacht und wolle ihn deshalb umbringen. Er sei deshalb von seinem Vater von Jalalabad nach Pakistan zu seinem Onkel geschickt worden. Von dort sei er nach Österreich geschleppt worden.

Am 15.04.2011 wurde der Beschwerdeführer erneut einvernommen. Bei dieser Einvernahme wurden das Alter des Beschwerdeführers, eine allfällige Altersverschleierung und die vorläufige Ansicht der belangten Behörde über die griechische Zuständigkeit gemäß der Dublin II-Verordnung thematisiert.

Das Bundesasylamt zweifelte aufgrund der Befragungen das Alter des Beschwerdeführers an. Aus diesem Grund wurde der Beschwerdeführer am 29.04.2011 untersucht. Das gerichtsmedizinische Gutachten kam zum Schluss, dass zum Untersuchungszeitpunkt von einem Mindestalter des Beschwerdeführers von 21 Jahren auszugehen sei.

Am 13.05.2011 wurde das Verfahren vom Bundesasylamt zugelassen.

Am 17.05.2011 wurde dem Beschwerdeführer das abschließende Gesamtgutachten betreffend die Altersfeststellung zur Kenntnis gebracht. Das Bundesasylamt teilte mit, dass es nunmehr auf Grund des Untersuchungsergebnisses vom Geburtsdatum XXXX ausgehen werde, es werde somit seine Volljährigkeit festgestellt.

Der Beschwerdeführer wurde schließlich am 21.06.2011 neuerlich von der belangten Behörde einvernommen. Neben den allfälligen Falschangaben des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit seinem Geburtsdatum wurde er neuerlich zu seinem Fluchtgrund befragt. Er habe vor circa 8,5 Monaten in Jalalabad ein Mädchen namens XXXX kennengelernt. Sie hätten sich gemocht und geliebt. Ein Cousin von XXXX habe mitbekommen, dass die beiden befreundet gewesen seien und habe die Familie von XXXX informiert. XXXX habe ihm dies telefonisch berichtet. Sein Vater wäre ursprünglich dagegen gewesen, dass seine Mutter um die Hand von XXXX anhalten wollte, weil der Beschwerdeführer für eine Heirat mit einer Cousine vorgesehen gewesen sei. Bevor seine Mutter jedoch um die Hand von XXXX anhalten habe können, seien zwei Brüder von ihr mit weiteren bewaffneten Männern zu ihm nachhause gekommen. Seine Mutter hätte nicht geöffnet, weil weder der Vater, noch er daheim gewesen seien. Die Nachbarn des Beschwerdeführers hätten von den Brüdern von XXXX erfahren, dass diese ihn nicht am Leben lassen wollen würden, da er eine Beziehung mit ihrer Schwester habe. Sein Vater habe eine Jirga zusammengerufen, da er die Heirat zwischen ihm und XXXX schließlich doch gewollt habe. Die Familie von XXXX habe jedoch gegenüber den Weißbärtigen die Hochzeit abgelehnt, sie hätten den Weißbärtigen gesagt, dass sie den Beschwerdeführer umbringen wollten. Neben weiteren Befragungen zu dem - dem Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt angeblich nicht bekannten - Familiennamen von XXXX und zu weiteren Details zum Kontakt zwischen dem Beschwerdeführer und XXXX stellte der Beschwerdeführer in dieser Einvernahme dar, dass die Ehre der paschtunischen Familie von XXXX der Grund für das Vorhaben ihm gegenüber sei. Der Beschwerdeführer erklärte sich in dieser Einvernahme schließlich mit zulässigen Vor-Ort-Ermittlungen einverstanden.

Mit Schreiben vom 05.12.2011 legte der Beschwerdeführer ein handschriftliches Schreiben, Fotos, die seinen verletzten Bruder zeigen sollen, und weiteres Anschauungsmaterial mit der Vermutung vor, dass die auch für ihn gefährlichen Personen seinen Bruder verletzt hätten.

Mit Bescheid vom 02.01.2012 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz abgewiesen und die Ausweisung des Beschwerdeführers aus Österreich verfügt.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an den damals noch zuständigen Asylgerichtshof. Die Zuständigkeit für das Verfahren ging am 01.01.2014 auf das Bundesverwaltungsgericht über.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht fand am 03.07.2014 eine mündliche Verhandlung statt.

Mit Beschluss vom 05.03.2015 wurde der angefochtene Bescheid vom Bundesverwaltungsgericht behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) zurückverwiesen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab aufgrund dieser Zurückverweisung Erhebungen in Afghanistan in Auftrag. Das diesbezügliche Gutachten wurde am 23.08.2015 erstattet.

Mit 14.10.2015 wurde der Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und diesem aktuelle Länderfeststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Situation in Afghanistan sowie ein Fragebogen hinsichtlich seiner Situation in Österreich übermittelt.

Am 02.11.2015 langte beim BFA eine Stellungnahme zur Integration des Beschwerdeführers in Österreich ein. Mit diesem Schreiben wurde ein Konvolut an Integrationsunterlagen vorgelegt.

Mit Urteil (gekürzte Urteilsausfertigung) des Landesgerichts XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel und des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 28 Abs. 1 1.Satz SMG und den §§ 27 Abs. 1 Z. 1 8.Fall, 27 Abs. 3 SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zehn Monaten (Probezeit drei Jahre) verurteilt.

Mit Fax vom 12.05.2016 langte beim BFA eine Säumnisbeschwerde ein, in der der Beschwerdeführer im Wesentlichen vorbrachte, dass die Entscheidungsfrist abgelaufen sei. Unter einem beantragte er über den Antrag auf internationalen Schutz innerhalb einer Frist von 3 Monaten gemäß § 16 Abs. 1 VwGVG zu entscheiden oder die Säumnisbeschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen.

Die Säumnisbeschwerde wurde mit Beschluss vom 15.03.2017 vom Bundesverwaltungsgericht als unzulässig zurückgewiesen.

Mit 10.07.2017 wurde der Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und diesem aktuelle Länderfeststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Situation in Afghanistan sowie ein Fragebogen hinsichtlich seiner Situation in Österreich übermittelt.

Am 24.07.2017 wurde von der damaligen Rechtsberatung des Beschwerdeführers ein Schreiben übermittelt, mit dem der Fragebogen hinsichtlich der Situation des Beschwerdeführers in Österreich beantwortet wurde. Diesem Schreiben wurde ein weiteres Konvolut an Integrationsunterlagen beigelegt.

Mit Parteiengehör vom 04.08.2017 wurde dem Beschwerdeführer die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme übermittelt.

Mit Schreiben vom 17.08.2017 nahm der Beschwerdeführer zur Anfragebeantwortung der Staatendokumentation und zu den Länderfeststellungen zu Afghanistan Stellung.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 25.08.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Des Weiteren wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Es wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Mit Verfahrensanordnung vom 23.08.2018 wurde dem Beschwerdeführer ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

Mit Schriftsatz vom 02.09.2017 erhob der Beschwerdeführer, vertreten vom XXXX , gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 05.09.2017 vom BFA vorgelegt.

Mit Schreiben vom 29.12.2017 bzw. mit E-Mail vom 23.01.2018 wurde von der Vertretung des Beschwerdeführers ein Konvolut an Integrationsunterlagen vorgelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht brachte dem Beschwerdeführer das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan gemeinsam mit der Ladung zur Verhandlung mit Schreiben vom 13.02.2018 zur Kenntnis.

Im Akt befindet sich ein Schreiben vom 13.04.2018 aus dem hervorgeht, dass der Beschwerdeführer das Vollmachtsverhältnis zum XXXX aufgekündigt hat.

Am 26.04.2018 übermittelte die neue Rechtsvertretung (ARGE Rechtsberatung) des Beschwerdeführers ein Stellungnahmekonvolut. Dieses enthält eine Stellungnahme zu den übermittelten Länderinformationen, ein Kommentar von Dr. Thomas RUTTIG zu dem mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übermittelten Gutachten (inklusive Ergänzung) von Mag. Karl MAHRINGER, ein Gutachten von Dr. Stefan WEBER zur Einhaltung der Regeln wissenschaftlicher Praxis bezogen auf das Gutachten von Mag. Karl MAHRINGER und das Gutachten Afghanistan von Friederike STAHLMANN.

Am 27.04.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an der der Beschwerdeführer, dessen Rechtsvertretung und ein Dolmetscher für die Sprache Dari teilnahmen. Die belangte Behörde blieb entschuldigt der Verhandlung fern. Im Rahmen der Verhandlung wurde ein Konvolut an Integrationsunterlagen betreffend den Beschwerdeführer und eine Vollmacht des Beschwerdeführers zugunsten der ARGE Rechtsberatung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise nach Österreich am 11.04.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Der volljährige Beschwerdeführer (Geburtsdatum: XXXX ) ist Staatsangehöriger von Afghanistan und ist Muslim sunnitischer Ausrichtung. Sein Vater ist Paschtune, seine Mutter ist Tadschikin. Er ist Paschtune, fühlt sich aber - aufgrund der Volksgruppenangehörigkeit seiner Mutter - auch als Tadschike. Seine Muttersprache ist Dari. Seine Identität steht nicht zweifelsfrei fest.

Der Beschwerdeführer stammt aus der Stadt Jalalabad in der Provinz Nangarhar.

Der Beschwerdeführer beherrscht Dari in Wort und Schrift. Er hat in Afghanistan acht Jahre lang die Grundschule besucht, danach hat er im Geschäft seines Vaters als Verkäufer gearbeitet.

Der Vater, seine zwei Schwestern und seine zwei Brüder leben nach wie vor in Jalalabad in Afghanistan, auch ein Cousin des Beschwerdeführers lebt noch dort. Die Mutter des Beschwerdeführers ist verstorben. Ein Onkel des Beschwerdeführers, welcher früher in Pakistan gelebt hat, lebt nunmehr in Kanada. Der Beschwerdeführer steht mit seiner Familie regelmäßig in Kontakt.

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen alleinstehenden, gesunden leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf. Er hat bereits vor seiner Ausreise in der Heimat als Verkäufer gearbeitet. Der Beschwerdeführer leidet an keinen körperlichen oder psychischen Erkrankungen. Der Beschwerdeführer ist daher gesund und arbeitsfähig.

Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer hält sich seit seiner Antragstellung am 11.04.2011 durchgehend auf Grund des vorläufigen Aufenthaltsrechts in seinem Asylverfahren rechtmäßig im Bundesgebiet auf, bestreitet den Lebensunterhalt im Rahmen der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer verfügt über Deutschkenntnisse auf dem Sprachniveau B1, er hat diesbezüglich ein Zeugnis zur Integrationsprüfung vorgelegt. Er hat in Österreich keine Verwandten und keine sonstigen engen familienähnlichen Bindungen. Für außergewöhnliche Integrationsbestrebungen des Beschwerdeführers gibt es keine Anhaltspunkte, er hat sich in den sieben Jahren seit seiner Antragstellung in Österreich nie ehrenamtlich betätigt.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich nicht unbescholten:

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel und des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 28 Abs. 1 1.Satz SMG und den §§ 27 Abs. 1 Z. 1 8.Fall, 27 Abs. 3 SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zehn Monaten (Probezeit drei Jahre) verurteilt.

Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Verfolgungsvorbringen können nicht festgestellt werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Freundschaft zu einem Mädchen namens XXXX bei einer Rückkehr nach Afghanistan von deren Familie verfolgt werden würde.

Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan auf Grund einer "Verwestlichung" in Afghanistan psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre.

Es kann somit nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimat einer konkret und gezielt gegen seine Person gerichteten Verfolgung ausgesetzt wäre. Im Fall der Rückkehr nach Afghanistan ist der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten Verfolgung ausgesetzt.

Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seine Herkunftsprovinz Nangarhar ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde.

Dem Beschwerdeführer steht aber eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative in der Stadt Kabul oder einer der anderen großen Städte wie Mazar-e Sharif oder in Herat zur Verfügung; diesbezüglich wird auch auf die nachfolgenden Ausführungen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung verwiesen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Kabul oder einer der anderen großen Städte Afghanistans Gefahr liefe, aufgrund seines derzeitigen Gesundheitszustandes in einen unmittelbar lebensbedrohlichen Zustand zu geraten.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in die Stadt Kabul bzw. nach Mazar-e Sharif oder Herat ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde.

Seine Existenz in Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat könnte er - zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern.

Er ist auch in der Lage, in Kabul bzw. in den anderen Städten eine einfache Unterkunft zu finden. Der Beschwerdeführer hat zunächst auch die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung in Form der Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen. Er könnte anfangs auch Unterstützung von seiner Familie, welche sich nach wie vor in seiner Herkunftsprovinz aufhält, erhalten.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in die Stadt Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat Gefahr liefe, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Der Beschwerdeführer kann Kabul, Mazar-e Sharif und Herat von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug erreichen.

Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.1.2017).

In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al-Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint, Einzelberichten zufolge, auch im Nordosten und Nordwesten des Landes (Lokaler Sicherheitsberater in Afghanistan 17.2.2017).

Mit Stand September 2016, schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghaninischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.1.2017).

Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 5.1.2017).

Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8. - 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).

Kontrolle von Distrikten und Regionen

Den Aufständischen misslangen acht Versuche, die Provinzhauptstadt einzunehmen; den Rebellen war es möglich, Territorium einzunehmen. High-profile Angriffe hielten an. Im vierten Quartal 2016 waren 2,5 Millionen Menschen unter direktem Einfluss der Taliban, während es im 3. Quartal noch 2,9 Millionen waren (SIGAR 30.1.2017).

Laut einem Sicherheitsbericht für das vierte Quartal, sind 57,2% der 407 Distrikte unter Regierungskontrolle bzw. -einfluss; dies deutet einen Rückgang von 6,2% gegenüber dem dritten Quartal: zu jenem Zeitpunkt waren 233 Distrikte unter Regierungskontrolle, 51 Distrikte waren unter Kontrolle der Rebellen und 133 Distrikte waren umkämpft. Provinzen, mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Rebelleneinfluss oder -kontrolle waren: Uruzgan mit 5 von 6 Distrikten, und Helmand mit 8 von 14 Distrikten. Regionen, in denen Rebellen den größten Einfluss oder Kontrolle haben, konzentrieren sich auf den Nordosten in Helmand, Nordwesten von Kandahar und die Grenzregion der beiden Provinzen (Kandahar und Helmand), sowie Uruzgan und das nordwestliche Zabul (SIGAR 30.1.2017).

Rebellengruppen

Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin durch Bedrohungen, Entführungen und gezielten Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Im Berichtszeitraum wurden 183 Mordanschläge registriert, davon sind 27 gescheitert. Dies bedeutet einen Rückgang von 32% gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2015 (UN GASC 13.12.2016). Rebellengruppen, inklusive hochrangiger Führer der Taliban und des Haqqani Netzwerkes, behielten ihre Rückzugsgebiete auf pakistanischem Territorium (USDOD 12.2016).

Afghanistan ist mit einer Bedrohung durch militante Opposition und extremistischen Netzwerken konfrontiert; zu diesen zählen die Taliban, das Haqqani Netzwerk, und in geringerem Maße al-Qaida und andere Rebellengruppen und extremistische Gruppierungen. Die Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen eine von Afghanen geführte und ausgehandelte Konfliktresolution in Afghanistan - gemeinsam mit internationalen Partnern sollen die Rahmenbedingungen für einen friedlichen politischen Vergleich zwischen afghanischer Regierung und Rebellengruppen geschaffen werden (USDOD 12.2016).

Zwangsrekrutierungen durch die Taliban, Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen. Konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihren Familien kaum an die Öffentlichkeit (AA 9.2016).

Taliban und ihre Offensive

Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban (USDOD 12.2016). Die Taliban erhöhten das Operationstempo im Herbst 2016, indem sie Druck auf die Provinzhauptstädte von Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz ausübten, sowie die Regierungskontrolle in Schlüsseldistrikten beeinträchtigten und versuchten, Versorgungsrouten zu unterbrechen (UN GASC 13.12.2016). Die Taliban verweigern einen politischen Dialog mit der Regierung (SCR 12.2016).

Die Taliban haben die Ziele ihrer Offensive "Operation Omari" im Jahr 2016 verfehlt (USDOD 12.2016). Ihr Ziel waren großangelegte Offensiven gegen Regierungsstützpunkte, unterstützt durch Selbstmordattentate und Angriffe von Aufständischen, um die vom Westen unterstütze Regierung zu vertreiben (Reuters 12.4.2016). Gebietsgewinne der Taliban waren nicht dauerhaft, nachdem die ANDSF immer wieder die Distriktzentren und Bevölkerungsgegenden innerhalb eines Tages zurückerobern konnte. Die Taliban haben ihre lokalen und temporären Erfolge ausgenutzt, indem sie diese als große strategische Veränderungen in sozialen Medien und in anderen öffentlichen Informationskampagnen verlautbarten (USDOD12.2016). Zusätzlich zum bewaffneten Konflikt zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban kämpften die Taliban gegen den ISIL-KP (Islamischer Staat in der Provinz Khorasan) (UN GASC 13.12.2016).

Der derzeitig Talibanführer Mullah Haibatullah Akhundzada hat im Jänner 2017 16 Schattengouverneure in Afghanistan ersetzt, um seinen Einfluss über den Aufstand zu stärken. Aufgrund interner Unstimmigkeiten und Überläufern zu feindlichen Gruppierungen, wie dem Islamischen Staat, waren die afghanischen Taliban geschwächt. hochrangige Quellen der Taliban waren der Meinung, die neu ernannten Gouverneure würden den Talibanführer stärken, dennoch gab es keine Veränderung in Helmand. Die südliche Provinz - größtenteils unter Talibankontrolle - liefert der Gruppe den Großteil der finanziellen Unterstützung durch Opium. Behauptet wird, Akhundzada hätte nicht den gleichen Einfluss über Helmand, wie einst Mansour (Reuters 27.1.2017).

Im Mai 2016 wurde der Talibanführer Mullah Akhtar Mohammad Mansour durch eine US-Drohne in der Provinz Balochistan in Pakistan getötet (BBC News 22.5.2016; vgl. auch: The National 13.1.2017). Zum Nachfolger wurde Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt - ein ehemaliger islamischer Rechtsgelehrter - der bis zu diesem Zeitpunkt als einer der Stellvertreter diente (Reuters 25.5.2016; vgl. auch:

The National 13.1.2017). Dieser ernannte als Stellvertreter Sirajuddin Haqqani, den Sohn des Führers des Haqqani-Netzwerkes (The National 13.1.2017) und Mullah Yaqoub, Sohn des Talibangründers Mullah Omar (DW 25.5.2016).

Kabul

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (CSO 2016)

Im Zeitraum 1.9.2015. - 31.5.2016 wurden in der gesamten Provinz Kabul 161 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren (Khaama Press 13.1.2017). Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen (DW 10.1.2017). Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen (BBC News 10.1.2017).

In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt (Afghanistan Times 8.2.2017; Khaama Press 10.1.2017; Tolonews 4.1.2017a; Bakhtar News 29.6.2016). Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet (Afghan Spirit 18.7.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 4.1.2017a).

Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: UNAMA 6.2.2017).

Balkh

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Hauptstadt Mazar-e Sharif, liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.:

Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.: Provinzhauptstadt Baghlan]. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich. Die Provinz Kunduz lieg im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y). Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten an: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.353.626 geschätzt (CSO 2016).

Im Zeitraum 1.1. - 31.8.2015 wurden in der Provinz Balkh 226 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 21.1.2016).

Die zentral gelegene Provinz Balkh - mit ihrer friedlichen Umgebung, historischen Denkmälern und wunderschönen Landschaft - wird als einer der friedlichsten und sichersten Orte Afghanistans geschätzt (Xinhua 12.12.2016; DW 4.8.2016). Obwohl Balkh zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan zählt, versuchen dennoch bewaffnete Aufständische die Provinz zu destabilisieren. In den letzten Monaten kam es zu Vorfällen in Schlüsselbezirken der Provinz (Khaama Press 17.1.2017; vgl. auch: Khaama Press 14.12.2016; Xinhua 11.11.2016; Xinhua 1.10.2016). Laut dem Gouverneur Noor würden Aufständische versuchen, in abgelegenen Gegenden Stützpunkte zu errichten (Khaama Press 30.3.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Khaama Press 30.3.2016; vgl. auch: Tolonews 26.5.2016; Tolonews 18.4.2016). In der Provinz wurden militärische Operationen durchgeführt (Kabul Tribune 5.1.2017). Dabei hatten die Taliban Verluste zu verzeichnen (Khaama Press 14.12.2016; Tolonews 26.5.2016). Auf Veranlassung des Provinzgouverneur Atta Noor wurden auch in abgelegenen Gegenden großangelegte militärische Operationen durchgeführt (Khaama Press 17.1.2017; vgl. auch: Khaama Press 14.12.2016; Khaama Press 7.3.2016).

Die Stadt Mazar-e Sharif ist eine Art "Vorzeigeprojekt" Afghanistans für wichtige ausländische Gäste (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014). Balkh ist, in Bezug auf Angriffe der Taliban, zentralasiatischer Aufständischer oder IS-Kämpfer die sicherste Provinz in Nordafghanistan. Grund dafür ist das Machtmonopol, das der tadschikisch-stämmige Gouverneur und ehemalige Warlord Atta Mohammed Noor bis in die abgelegensten Winkel der Provinz ausübt. Nichtsdestotrotz ist die Stabilität stark abhängig von den Beziehungen des Gouverneurs zum ehemaligen Warlord und nunmehrigen ersten Vizepräsidenten Abdul Rashid Dostum. Im Juni 2015 haben sich die beiden Rivalen darauf geeinigt, miteinander zu arbeiten, um die Sicherheit in Nordafghanistan wiederherzustellen. Die Stabilität der Provinz Balkh war ein Hauptfokus der NATO-Kräfte (RFE/RL 8.7.2015). Im Distrikt Balkh wird die Reduzierung von Rebellenaktivitäten der Leistungsfähigkeit der ANSF und des neuen Distriktpolizeichefs zugeschrieben (APPRO 1.2015)

Herat

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel, Ghorian, Guzra und Pashtoon Zarghoon, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba, Kurkh, Kushk, Gulran, Kuhsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirker zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna, Farsi, und Chisht-i-Sharif als Bezirke dritter Stufe (o.D.q). Provinzhauptstadt ist Herat City, mit etwa 477.452 Einwohner/innen (UN OCHA 26.8.2015; vgl. auch: Pajhwok 30.11.2016). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.928.327 geschätzt (CSO 2016).

Herat ist eine vergleichsweise entwickelte Provinz im Westen des Landes. Sie ist auch ein Hauptkorridor menschlichen Schmuggels in den Iran - speziell was Kinder betrifft (Pajhwok 21.1.2017).

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden in der Provinz Herat 496 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in abgelegenen Distrikten der Provinz aktiv (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: RFE/RL 6.10.2016; Press TV 30.7.2016; IWPR 14.6.2014). Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig heilige Orte wie Moscheen an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017).

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt um manche Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AAN 11.1.2017).

Das afghanische Institut für strategische Studien (AISS) hat die alljährliche Konferenz "Herat Sicherheitsdialog" (Herat Security Dialogue - HSD) zum fünften Mal in Herat abgehalten. Die zweitägige Konferenz wurde von hochrangigen Regierungsbeamten, Botschafter/innen, Wissenschaftlern, Geschäftsleuten und Repräsentanten verschiedener internationaler Organisationen, sowie Mitgliedern der Presse und der Zivilgesellschaft besucht (ASIS 17.10.2016).

Nangarhar

Die Provinz Nangarhar liegt im Osten von Afghanistan. Im Norden grenzt sie an die Provinzen Kunar und Laghman, im Westen an die Hauptstadt Kabul und die Provinz Logar und den Gebirgszug Spinghar im Süden (Pajhwok o.D.g). Die Provinzhauptstadt Jalalabad ist 120 Kilometer von Kabul entfernt (Xinhua 10.2.2017). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.545.448 geschätzt (CSO 2016)

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden in der Provinz Nangarhar

1.901 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Seit dem Auftreten des Islamischen Staates in der bergreichen Provinz Nangarhar kommt es zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräfte und IS-Aufständischen (Xinhua 18.2.2017; vgl. auch: Xinhua 10.2.2017). Die Aktivitäten des Islamischen Staates in der Provinz sind auf einige Gebiete in Nangarhar beschränkt (Tolonews 19.2.2017). Berichten zufolge sind dies insbesondere die Distrikte Achin, Kot, Haska Mina, sowie andere abgelegene Distrikte in Nangarhar (Khaama Press 22.1.2017).

In der Provinz werden regelmäßig Luftangriffe gegen den Islamischen Staat durchgeführt (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: Khaama Press 21.2.2017; Khaama Press 14.2.2017; ICT 7.2.2017; Global Times 28.1.2017; Khaama Press 29.12.2016). Auch werden regelmäßig militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: Khaama Press 16.2.2017; Khaama Press 14.2.2017; Xinhua 10.2.2017; Xinhua 14.1.2017; Pajhwok 26.7.2016); getötet wurden dabei hochrangige Führer des IS (Khaama Press 16.2.2017; Xinhua 10.2.2017; vgl. auch:

Shanghai Daily 4.2.2017), aber auch Anführer der Taliban (Khaama Press 29.12.2017). In manchen Teilen der Provinz hat sich die Sicherheitslage aufgrund von militärischen Operationen verbessert (Pajhwok 19.9.2016). Einem hochrangigen Beamten zufolge, werden die afghanischen Sicherheitskräfte weiterhin Druck auf Sympathisanten des IS in Ostafghanistan ausüben, um zu verhindern, dass diese sich in den Distrikten Nangarhars oder anderen Provinzen ausweiten (Khaama Press 24.1.2017).

Erreichbarkeit

Im Jahr 2001 existierten in Afghanistan weniger als 80 km (50 Meilen) asphaltierter Straßen (TCSM 2.2.2015). Trotz Herausforderungen und Problemen wurden inzwischen mehr als 24.000 km Straße im Land asphaltiert. Zu den asphaltierten Straßen zählen

3.600 km regionaler Autobahnen, die "Ring Road", Provinzstraßen und nationale Autobahnen (Pajhwok 4.3.2016). Schätzungen zufolge, wurden im Ballungsraum Kabul alleine 925 km Straßen asphaltiert, mit der Aussicht auf zusätzliche Erweiterungen (TCSM 2.2.2015).

Unprofessionelles Fahrverhalten und beschädigte Straßen werden als die Hauptursache für Unfälle in Afghanistan gesehen, welche Dutzende Menschenleben jährlich fordern (Khaama Press 23.1.2016; vgl. auch:

Kabul Times 17.2.2017); ebenso sind schlecht asphaltierte Straßen Grund für Unfälle (Kabul Times 17.2.2017).

Flugverbindungen

Laut dem World Factbook existieren in Afghanistan 23 Flughäfen mit asphaltierten Landebahnen und 29 Flughäfen, die nicht über asphaltierte Landebahnen verfügen (The World Factbook 25.2.2016).

Beispiele für internationale Flughäfen in Afghanistan

Internationaler Flughafen Kabul

Der Flughafen in Kabul ist ein internationaler Flughafen (NYT 4.1.2016; vgl. auch: Hamid Karzai Airport 2015). Ehemals bekannt als internationaler Flughafen Kabul, wurde er im Jahr 2014 in den internationalen Flughafen Hamid Karzai umbenannt. Dieser liegt 16 km außerhalb des Stadtzentrums von Kabul. In den letzten Jahren wurde der Flughafen erweitert und modernisiert. Ein neuer internationaler Terminal wurde hinzugefügt und der alte Terminal wird nun für nationale Flüge benutzt (Hamid Karzai Airport 2015).

Internationaler Flughafen Mazar-e Sharif

Im Jahr 2013 wurde der internationale Maulana Jalaluddin Balkhi Flughafen in Mazar-e Sharif, der Hauptstadt der Provinz Balkh eröffnet (Pajhwok 9.6.2013).

Internationaler Flughafen Herat

Im Jahr 2012 wurde der neue Terminal des internationalen Flughafens von Herat eröffnet (Pajhwok 13.2.2012; vgl. auch: DW 10.4.2013).

Ethnische Minderheiten

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2016 mehr als 33.3 Millionen Menschen (CIA 12.11.2016). Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

Schätzungen zufolge, sind: 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9% Usbeken. Auch existieren noch andere ethnische Minderheiten, wie z.B. die Aimaken, die ein Zusammenschluss aus vier semi-nomadischen Stämmen mongolisch, iranischer Abstammung sind, sowie die Belutschen, die zusammen etwa 4 % der Bevölkerung ausmachen (GIZ 1.2017).

Artikel 4 der Verfassung Afghanistans besagt: "Die Nation Afghanistans besteht aus den Völkerschaften der Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Paschai, Nuristani, Aimaq, Araber, Kirgisen, Qizilbasch, Gojar, Brahui und anderen Völkerschaften. Das Wort ‚Afghane' wird für jeden Staatsbürger der Nation Afghanistans verwendet."

(Staatendokumentation des BFA 7.2016). Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri (AA 9.2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen (USDOS 13.4.2016).

Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung verankert. Fälle von Sippenhaft oder sozialer Diskriminierung sind jedoch nicht auszuschließen und kommen vor allem in Dorfgemeinschaften auf dem Land häufig vor (AA 9.2016). Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen (USDOS 13.4.2016).

Paschtunen

Ethnische Pashtunen sind die größte Ethnie Afghanistans. Sie sprechen Paschtu/Pashto; die meisten ihrer Regierungsvertreter sprechen auch Dari (CSR 12.1.2015). Die Pashtunen haben viele Sitze in beiden Häusern des Parlaments - nicht mehr als 50% der Gesamtsitze (USDOS 13.4.2016). Die Pashtunen sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 44% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert (Brookings 31.10.2016).

Paschtunen siedeln sich in einem halbmondförmigen Gürtel an, der sich von Nordwestafghanistan über den gesamten Süden und die Gebiete östlich von Kabul bis in den Nordwesten Pakistans erstreckt. Kleinere Gruppen sind über das gesamte Land verstreut, auch im Norden des Landes, wo Paschtunen Ende des 19. Jahrhunderts speziell angesiedelt wurden, und sich seitdem auch selbst angesiedelt haben (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

Grundlage des paschtunischen Selbstverständnisses sind ihre genealogischen Überlieferungen und die darauf beruhende Stammesstruktur. Eng mit der Stammesstruktur verbunden ist ein komplexes System von Wertvorstellungen und Verhaltensrichtlinien, die häufig unter dem Namen Pashtunwali zusammengefasst werden und die besagen, dass es für einen Paschtunen nicht ausreicht, Paschtu zu sprechen, sondern dass man auch die Regeln dieses Ehren- und Verhaltenskodex befolgen muss. Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stammlinienverband bedeutet viele Verpflichtungen, aber auch Rechte, weshalb sich solche Verbände als Solidaritätsgruppen verstehen lassen (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

Tadschiken

Die dari-sprachige Minderheit der Tadschiken ist die zweitgrößte und zweitmächtigste Gemeinschaft in Afghanistan (CRS 12.1.2015). Die Tadschiken machen etwa 30% der afghanischen Gesellschaft aus (GIZ 1.2017). Der Name tajik (Tadschike) bezeichnete sesshafte persischsprachige Bauern oder Stadtbewohner sunnitischer Konfession (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

Der Hauptführer der "Nordallianz", eine politisch-militärische Koalition, ist Dr. Abdullah Abdullah - dessen Mutter Tadschikin und dessen Vater Pashtune ist. Er selbst identifiziert sich politisch gesehen als Tadschike, da er ein hochrangiger Berater von Ahmad Shah Masoud, war. Mittlerweile ist er "Chief Executive Officer" in Afghanistan (CRS 12.1.2015).

Die Tadschiken sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 25% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert (Brookings 31.10.2016).

Rückkehr

Seit Jänner 2016 sind mehr als 700.000 nicht registrierte Afghanen aus dem Iran und Pakistan nach Afghanistan zurückgekehrt (Thomson Reuters Foundation 12.1.2017); viele von ihnen sind, laut Internationalem Währungsfonds (IMF), hauptsächlich aus Pakistan, aus dem Iran, Europa und anderen Regionen nach Afghanistan zurückgekehrt. Viele Afghan/innen, die jahrzehntelang im Ausland gelebt haben, kehren in ein Land zurück und sind Konflikten, Unsicherheit und weitreichender Armut ausgesetzt. Aufgrund schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen, sind Rückkehrer/innen im Allgemeinen arm. Auch wenn reichere Rückkehrer/innen existieren, riskiert ein typischer rückkehrender Flüchtling in die Armut abzurutschen (RFL/RE 28.1.2017). Die meisten Rückkehrer/innen (60%) entschlossen sich - laut UNHCR - in den städtischen Gegenden Kabuls, Nangarhar und Kunduz niederzulassen (UNHCR 6.2016).

IOM verlautbarte eine Erhöhung von 50.000 Rückkehrer/innen gegenüber dem Vorjahr. UNHCR hat im Jahr 2016 offiziell 372.577 registrierte Afghanen in die Heimat zurückgeführt. Laut UNHCR und IOM waren der Großteil der Rückkehrer junge Männer aus dem Iran, die auf der Suche nach Arbeit oder auf dem Weg nach Europa waren (Thomson Reuters Foundation 12.1.2017). Der Minister für Flüchtlinge und Repatriierung sprach sogar von einer Million Flüchtlinge, die im letzten Jahr nach Afghanistan zurückgekehrt sind - davon sind über 900.000 freiwillig in ihre Heimat zurückgekehrt sind (Khaama Press 17.1.2017).

Unterstützung durch verschiedene Organisationen Vorort

Eine steigende Zahl von Institutionen bietet Mikrofinanzleistungen an. Die Voraussetzungen hierfür unterscheiden sich, wobei zumeist der Fokus auf die Situation/Gefährdung des Antragenden und die Nachhaltigkeit des Projekts gelegt wird. Rückkehrer und insbesondere Frauen erhalten regelmäßig Unterstützung durch Mikrofinanzleistungen. Jedoch sind die Zinssätze in der Regel vergleichsweise hoch (IOM 2016).

Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme - WFP) hat in Afghanistan eine neunmonatige Operation eingeleitet, um die wachsenden Zahl der Rückkehrer/innen aus Pakistan und Binnenvertriebe zu unterstützen, indem ihnen Notfallsnahrung und andere Mittel zur Verfügung gestellt werden:

Sowohl das WFP als auch andere UN-Organisationen arbeiten eng mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen, Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen. Die Organisation bietet 163.000 nicht-registrierten Rückkehrer/innen, 200.000 dokumentierten Rückkehrer/innen und 150.000 Binnenvertriebenen, Flüchtlingen Nahrungs- und Finanzhilfe an; auch 35.000 Flüchtlinge in den Provinzen Khost und Paktika wurden unterstützt. Das WAFP hat seine Unterstützungen in Ostafghanistan verstärkt - um Unterernährung zu vermeiden; das WFP unterstützte mehr als 23.000 Kleinkindern aus Rückkehrer-Familien. Ziel des WFP ist es 550.000 Menschen durch Notfallsorganisationen zu helfen (UN News Centre 15.11.2016).

Einige Länder arbeiten auch eng mit IOM in Afghanistan im Rahmen des Programms Assisted Voluntary Return zusammen - insbesondere, um die Reintegration zu erleichtern. IOM bietet Beratung und psychologische Betreuung im Aufnahmeland, Unterstützung bei Reiseformalitäten, Ankunft in Kabul und Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Gewährung eines Anstoßkredits an. Obwohl IOM Abschiebungen nicht unterstützt und keine Abschiebungsprogramme durchführt, gibt IOM auch abgeschobenen Asylbewerber/innen Unterstützung nach der Ankunft im Land (AA 9.2016). Mit Ausnahme von IOM gibt es keine weiteren Organisationen, die Unterstützung bei der Reintegration von Rückkehrer/innen in Afghanistan anbieten (IOM 2016).

Erhaltungskosten in Kabul

Die monatlichen Lebenshaltungskosten in Kabul, für eine Person sind abhängig von den Ausgaben und liegen durchschnittlich zwischen 150-250 USD pro Person. Diese Zahlen beziehen sich nur auf Kleidung, Nahrung und Transport, die Unterbringung (Miete) ist dabei nicht berücksichtigt. Die Haus- oder Wohnungsmiete hängt von der Lage ab. Die Unterbringung im Zentrum der Stadt beträgt für eine Ein-Zimmer Wohnung (Bad und Küche) beginnend von 6.000 AFA (88 USD) bis zu 10.000 AFD (146 USD) pro Monat (IOM 22.4.2016). In Kabul sowie im Umland und auch anderen Städten stehen eine große Anzahl an Häusern und Wohnungen zur Verfügung. Die Kosten in Kabul City sind jedoch höher als in den Vororten oder auch anderen Provinzen. Private Immobilienhändler bieten Informationen zu

Mietpreisen für Häuser, Apartments etc. an. Rückkehrer können bis zur 2 Wochen im IOM Empfangszentrum in Jangalak untergebracht werden (IOM 2016).

Wohnungssituation in Sar-e Pul

Die monatlichen Lebenshaltungskosten in Sar e Pol für zwei Personen belaufen sich auf ca. 180-200 USD pro Monat. Die monatlichen Mietkosten für ein durchschnittliches Haus betragen ca. 70-90 USD und 150-200 USD pro Monat für ein Luxusapartment (IOM 4.8.2016).

2. Beweiswürdigung

Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zu Grunde:

Zum Verfahrensgang:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Einreise des Beschwerdeführers nach Österreich, zur Staatsangehörigkeit, zu seiner Volksgruppenzugehörigkeit und seiner Religionszugehörigkeit sowie zu seiner Herkunft ergeben sich aus dem diesbezüglich glaubwürdigen Vorbringen des Beschwerdeführers vor dem BFA und in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Daraus ergeben sich auch die Feststellungen zur Bildung und zur bisherigen Berufstätigkeit des Beschwerdeführers. Es kann zweifelsfrei festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise in Afghanistan im Geschäft seines Vaters als Verkäufer gearbeitet hat. Er hat dazu vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung gleichlautende Aussagen gemacht.

Da das BFA das Alter des Beschwerdeführers anzweifelte, wurde der Beschwerdeführer am 29.04.2011 untersucht. Das eingeholte gerichtsmedizinische Gutachten kam zu dem Schluss, dass zum damaligen Untersuchungszeitpunkt von einem Mindestalter des Beschwerdeführers von 21 Jahren auszugehen ist. Aufgrund des Untersuchungsergebnisses wurde als Geburtsdatum des Beschwerdeführers der XXXX angenommen, es wurde die Volljährigkeit des Beschwerdeführers festgestellt. Da der Beschwerdeführer nichts gegen die Feststellung seines Geburtsdatums mit XXXX vorgebracht hat und im gesamten Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen ist, wird auch vom erkennende Gericht davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer am XXXX geboren ist und somit schon vor seiner Einreise nach Österreich im Jahr 2011 volljährig war.

Zweifelsfreie Feststellungen über die Identität des Beschwerdeführers konnten aufgrund des Nichtvorliegens von Dokumenten nicht getroffen werden. Der Beschwerdeführer gab bei der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht an, seine Tazkira im Meer zwischen der Türkei und Griechenland verloren zu haben. Es kann vom erkennenden Gericht nicht nachvollzogen werden, warum sich der Beschwerdeführer, welcher sich seit über sieben Jahren in Österreich befindet und mit seiner Familie regelmäßig in Kontakt steht, in dieser Zeit noch kein neues Identitätsdokument ausstellen hat lassen. Es wäre dem Beschwerdeführer durchaus zumutbar gewesen, ein Familienmitglied damit zu beauftragen, ein afghanisches Dokument für ihn zu besorgen. Der Beschwerdeführer brachte in der mündlichen Verhandlung selbst vor, dass das ganze System in Afghanistan ein Computersystem sei. Seine Aussage in der Verhandlung, dass wenn er selbst nicht anwesend sei, sein Vater keine Identitätsdokumente bekomme, ist nicht glaubhaft. Insbesondere in dem Zusammenhang, als es dem Beschwerdeführer sehr wohl möglich war, die Sterbeurkunde seiner Mutter in einer englischen Übersetzung vorzulegen. Festzuhalten ist, dass vom Beschwerdeführer im gesamten Verfahren keine Dokumente vorgelegt wurden, aufgrund derer seine Identität zweifelsfrei hätte festgestellt werden können.

Die Feststellung, dass der Vater, die zwei Schwestern, seine zwei Bruder und ein Cousin nach wie vor in Jalalabad in der Provinz Nangarhar in Afghanistan leben, ergibt sich aus seinen gleichbleibenden Aussagen diesbezüglich vor dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht. Aus seinen Aussagen in der mündlichen Verhandlung ergibt sich, dass sein Onkel, welcher früher in Pakistan gelebt hat, nunmehr in Kanada lebt. Dass die Mutter des Beschwerdeführers verstorben ist, ergibt sich aus der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, ins Englische übersetzte Sterbeurkunde. Dass der Beschwerdeführer mit seiner Familie in Kontakt steht, ergibt sich aus seinen glaubhaften Aussagen diesbezüglich im gesamten Verfahren.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung, wonach er gesund ist, und auf dem Umstand, dass im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen ist.

Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich (insbesondere zu Aufenthaltsdauer und -titel und zur Bestreitung seines Lebensunterhalts) stützen sich auf die Aktenlage und auf die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Feststellungen zu den Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers beruhen auf dem vorgelegten Zeugnis zur Integrationsprüfung, aus dem hervorgeht, dass der Beschwerdeführer die Integrationsprüfung bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz (Niveau B1) und zu Werte- und Orientierungswissen bestanden hat. Es ist somit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer Deutsch auf Niveau B1 beherrscht.

Es wurden im Rahmen der mündlichen Verhandlung diverse Empfehlungsschreiben für den Beschwerdeführer vorgelegt. Aus diesen ergibt sich jedoch nicht, dass der Beschwerdeführer enge, familienähnliche Bindungen mit den Personen, die diese Schreiben verfasst haben (eine ehemalige Lehrerin des Beschwerdeführers, sein Vermieter, ein Fußballkollege usw.), hat. Auch gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht an, eine Freundin in Österreich zu haben. Er konnte jedoch nicht einmal ihr Alter nennen, außerdem gab er an, sie lediglich etwa alle zwei Wochen zu sehen, insofern kann auch in Bezug auf seine Freundin nicht von einer engen familienähnlichen Bindungen ausgegangen werden. Außerdem sagte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung selbst aus, dass er kein Familienleben in Österreich habe. In der Zusammenschau besteht beim Beschwerdeführer in Österreich ein Privatleben von nur geringer Intensität.

Es wurden vom Beschwerdeführer im gesamten Verfahren, mit Ausnahme eines Plasmaspenderausweises und des Zeugnisses zur Integrationsprüfung, keine Unterlagen vorgelegt, die Hinweise auf nachhaltige Integrationsschritte (soziale/berufliche Integration) des Beschwerdeführers in Österreich hätten bieten können. Im Akt befindet sich ein Teilprüfungszeugnis zur Pflichtschulabschluss-Prüfung, diese hat der Beschwerdeführer jedoch nicht positiv absolviert, im Fach Englisch wurde er mit einem "Nicht genügend" benotet, dieses Teilprüfungszeugnis ist mit dem 20.06.2014 datiert. Es wurden im weiteren Verfahren keine Unterla

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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