TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/19 W240 2185034-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.07.2018
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Entscheidungsdatum

19.07.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W240 2185034-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.01.2018, Zl. 1145451501-170315335, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.04.2018, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG

2005 idgF der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus Somalia, stellte nach illegaler Einreise in Österreich am 13.03.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung am 13.03.2017 gab der Beschwerdeführer an, er habe am 16.09.2016 den Entschluss gefasst aus Somalia auszureisen von XXXX aus. Er sei ohne Dokumente mit einem Bus nach Kenia und mit verschiedenen anderen Fahrzeugen nach Libyen gelangt. Von dort aus sei er im März 2017 weiter nach Italien gelangt.

Zu seinen Fluchtgründen führte der Beschwerdeführer an, sein Vater sei 2010 im Zuge einer Stammesfehde ermordet worden und seiner Familie sei das Land entzogen worden. Seine Familie habe außerhalb der Stadt gelebt. Seine Geschwister hätten gearbeitet und die Familie versorgt. Im August 2016 sei die 18jährige Freundin des Beschwerdeführers schwanger geworden. Seine Freundin sei vom Stamm gewesen, welche den Vater des Beschwerdeführers ermordet habe. Der Beschwerdeführer sei vom Vater der Freundin mit dem Tode bedroht worden und attackiert worden. Seine Mutter sei von einer Kugel in den Fuß getroffen worden. Der Beschwerdeführer habe sich bis nach Mogadishu durchgeschlagen, dort sei ihm jedoch das Leben nicht möglich gewesen, weil er eine Tätowierung am Unterarm in Form einer Blume habe. Die Al Shabaab sei gegen Tätowierungen, daher fürchte er die Al Shabaab.

Am 24.10.2017 wurde der Beschwerdeführer unter Teilnahme eines Dolmetschers für Somali vor dem BFA einvernommen. Er tätigte im Wesentlichen folgende Angaben:

"(...)

LA: Nennen Sie bitte Ihre Daten zu Familienstand, Geburtsdatum, Staatsbürgerschaft, Religionszugehörigkeit.

VP: ledig, XXXX , Somalia; Islam

LA: Haben Sie bei der Erstbefragung die Wahrheit gesagt?

VP: Ja. Aber es gibt Korrekturen.

LA: Warum gibt es Korrekturen?

VP: Weil die Einvernahme auf Englisch war und ich kann nicht so gut Englisch.

LA: Wurden Sie gefragt, ob Sie Englisch so weit beherrschen, dass Sie einer Einvernahme folgen können?

VP: Ich wurde so gefragt wie heute. Aber ich habe mir Englisch selber beigebracht.

LA: Wurden Sie gefragt, ob Sie der Einvernahme folgen können?

VP: Ja.

LA: Und was haben Sie geantwortet?

VP: Ehrlich gesagt, gab es gar keine andere Möglichkeit, weil es keinen Somali Dolmetscher gab.

LA: Bitte beantworten Sie meine Frage. Was haben Sie geantwortet?

VP: Ich habe ja gesagt.

LA: Und wurden Sie am Ende der Einvernahme gefragt, ob Sie alle Verstanden haben?

VP: Ja, das wurde ich gefragt. Ich habe gesagt, dass ich nicht alles 100%ig verstanden habe und Sie haben gesagt, dass Ich noch einen zweiten Termin bekommen. Dort könnte ich dann alles sagen.

LA: Heute haben Sie bei der Frage zum Geburtsdatum angegeben, dass Sie am XXXX geboren wurden. Bei der Erstbefragung haben Sie angegeben, dass Sie am XXXX geboren wurden. Erklären Sie mir das?

VP: Ich war ehrlich gesagt komplett durcheinander und ich hatte Angst vor der Polizei.

LA: Weil Sie Angst hatten, haben Sie sich 2 Jahre jünger gemacht?

VP: Ich hatte Angst vor der Polizei.

LA: Und was bewirkt das, wenn Sie 2 Jahre jünger sind? Dann haben Sie weiniger Angst? Bitte erklären Sie den Grund, damit ich es verstehen kann.

VP: Ich weiß ich habe einen Fehler gemacht. Ich hatte Angst vor der Polizei.

LA: Was haben Sie in Deutschland angegeben, als Sie zu Ihrem Alter befragt wurden?

VP: Ich habe angegeben, dass ich 19 bin.

LA: Haben Sie angegeben, dass Sie 19 sind oder haben Sie Ihr Geburtsdatum angeben?

VP: Ich habe angegeben, dass ich am XXXX geboren wurde.

LA: Also was jetzt? Haben Sie angegeben, dass Sie 19 sind oder wann Sie geboren

wurden?

VP: Ich habe angegeben, dass ich am XXXX geboren wurde.

LA: Welche Korrekturen möchten Sie denn an der Erstbefragung machen?

VP: Einmal habe ich Ihn gar nicht verstanden und er hat mich auch nicht verstanden. Ich hatte kein Zielland. Ich habe von Österreich in Somalia noch nie gehört.

LA: Sind Sie im Besitz von somalischen Identitätsdokumenten?

VP: Nein.

LA: Verfügten Sie jemals über Reisepass oder Personalausweis?

VP: Nein.

LA: Haben Sie etwas anderes mit, dass Sie vorlegen wollen?

VP: Nein.

LA: Welchem Clan und welchem Subclan gehören Sie an? Bitte zählen Sie Abtirisiimo auf.

VP: Ich bin XXXX

LA: Warum haben Sie Ihre Clanzugehörigkeit nicht bei der Erstbefragung angegeben?

VP: Ich habe gesagt, dass ich einer Minderheit angehöre und Sie haben gesagt, dass Sie es später einfügen.

LA: Wäre es für Sie in Ordnung wenn die Behörde bei den Gabooye in Somaliland eine Anfrage stellt, ob Sie tatsächlich den Gabooye angehören?

VP: Ich habe kein Problem damit.

LA: Welches ist Ihre Mag/Diya zahlende Jilib?

VP: Ich habe noch nie von Mag bezahlende Jilib bei den Madhiban gehört. Ich war sehr jung damals und es gab dort nicht viele Madhiban.

LA: Erzählen Sie mir bitte mehr über Ihren Clan?

VP: Die Madhiban Leute sind Schumacher. Schmiede. Die andren arbeiten für die Anderen Leute.

LA: Kann ein Gabooye in Somaliland zur Polizei gehen, wenn er ein Problem hat?

VP: Ich bin in XXXX aufgewachsen. Da gibt es keine Regierung und keine Polizei.

LA: Welche Clans sind sonst hauptsächlich in XXXX vertreten?

VP: Dulbahante. Hauptsächlich zwei Subclans davon. Barkad und Yahye. Aber die meisten sind Barkad.

LA: Nennen Sie mir bekannte Persönlichkeiten Ihres Clans?

VP: XXXX . Sie ist Madhiban.

LA: Erzählen Sie mehr von dieser Person?

VP: Sie ist International. Man findet Sie im Internet. Sie ist die Einzige Madhiban, welche es soweit geschafft hat wie andere Clans.

LA: Wo befindet sich Ihre Familie?

VP: Meine Mutter befindet sich auf der Somalisch-Äthiopischen Grenze.

LA: Befindet Sie sich in Somalia oder in Äthiopien?

VP: In Somalia.

LA: Wie heißt es dort?

VP: Ich weiß es nicht. Als ich geflüchtet bin, ist Sie auch geflüchtet.

LA: Wo ist der Rest der Familie?

VP: Meine Mutter hat mir erzählt, dass meine Schwester geheiratet hat und mein Bruder getötet worden ist.

LA: Wo ist Ihre Schwester mit wem verheiratet?

VP: Ein Madhiban Mann hat Sie geheiratet. Meine Mutter weiß nicht genau wo. Sie hat gesagt außerhalb der Stadt.

LA: Woher kommt dieser Mann? Wie kommt es zu der Hochzeit?

VP: Ich weiß es wirklich nicht, ich bin ja nicht in Somalia.

LA: Haben Sie mit der Mutter Kontakt?

VP: Ja, nur mit meiner Mutter.

LA: Wie oft haben Sie zu Ihrer Mutter Kontakt?

VP: Einmal im Monat. Ich erreiche Sie selten.

LA: Wann haben Sie das letzte Mal mit Ihr telefoniert?

VP: Letzten Monat.

LA: Wo hat sich Ihre Mutter damals befunden?

VP: Zwischen Äthiopien und Somaliland.

LA: Können Sie mir genauer beschreiben wo sich Ihre Mutter befindet? Sie haben immerhin mit Ihr telefoniert?

VP: Ich kenne mich in Somaliland wirklich nicht aus.

LA: Was hat Ihre Mutter erzählt, als Sie das letzte Mal telefoniert haben?

VP: Sie hat gesagt, dass Sie krank ist. Bluthochdruck und Diabetes. Sonst nichts.

LA: Und sonst?

VP: Sonst nichts.

LA: Das Gespräch hat eine Minute gedauert?

VP: Nein. Sie hat mir Fragen gestellt. Wie es mir geht, was ich mache usw.

LA: Und Ihre Mutter hat absolut nichts erzählt, außer dass Sie krank ist?

VP: Sie hat gesagt, dass Sie bei einer Bekannten ist.

Vorhalt:

LA: Warum sagen Sie das nicht gleich? Ich belehre Sie hiermit nochmals darüber, dass Sie Mitwirkungsplicht haben. Sie schaden mit Ihrem Verhalten und mit Ihren Aussagen Ihre eigene Glaubwürdigkeit. Verstehen Sie das?

VP: Ja.

LA: Jetzt frage ich Sie ein weiteres Mal - wo befindet sich Ihre Mutter und was macht Sie?

VP: Meine Mutter lebt derzeit bei Ihrer Cousine. Ich kenne Ihre Cousine nicht. Meine Mutter hat nur erzählt, dass Sie bei Ihr ist.

LA: Wo ist diese Cousine?

VP: Sie hat gesagt in der Nähe der Grenze. Mehr weiß ich nicht.

LA: Was ist mit Ihrem Bruder passiert?

VP: Er ist getötet worden. Die Leute die mich töten wollen, haben Ihn getötet. Das hat mir meine Mutter erzählt.

LA: Wann war das?

VP: Sie hat erzählt, dass im Jänner 2017 mein Bruder getötet wurde.

LA: Wo ist das passiert?

VP: In XXXX .

LA: Was wissen Sie sonst noch über den Tod Ihres Bruders?

VP: Sonst weiß ich nichts.

LA: Das bedeutet, wenn die Behörde eine Anfrage bei den Gabooye in Somaliland macht, werden diese den Tod bestätigen?

VP: Ja.

LA: Können Sie mir bitte Ihre Tätowierung zeigen?

VP: Ja.

Anmerkung: Der Asylwerber zeigt seinen rechten Unterarm. Es ist leicht eine XXXX zu sehen.

LA: Was bedeutet dieses Symbol?

VP: Meine Geliebte damals hat mir gesagt, dass ich mir eine XXXX tätowieren lassen soll. Das habe ich gemacht. Sie hat gesagt, dass Ich beweisen soll, dass ich Sie liebe.

LA: Eine andere Bedeutung hat dieses Symbol nicht?

VP: Nein.

LA: Wann haben Sie sich diese Tätowierung machen lassen?

VP: 2016.

LA: Wann genau?

VP: Ich weiß es nicht.

LA: Von welchem Clan war diese Frau?

VP: XXXX .

LA: Wie war Ihr Name?

VP: XXXX

LA: Haben Sie noch Onkel oder Tanten?

VP: Ich hatte einen Onkel. Der Bruder meiner Mutter. Er ist in einem Krieg gestorben. Mein Vater war Einzelkind.

LA: Ihr Vater war ein Einzelkind?

VP: Ja.

LA: Haben Sie Cousinen oder Cousins?

VP: Nein.

LA: Der Bruder Ihrer Mutter hatte keine Kinder?

VP: Nein.

LA: Haben Sie jemals geheiratet?

VP: Nein.

LA: Auch keine geheime Hochzeit?

VP: Nein.

LA: Lassen die XXXX Mischehen zu?

VP: Nein.

LA: Sie wussten über die Folgen Bescheid, was passiert wenn ein Gabooye sich mit einer XXXX Frau einlässt?

VP: Ich wusste nicht, dass es soweit kommt.

LA: Sie kommen aus Somaliland. Sie kennen die Traditionen - Sie wissen das Mischehen verboten sind?

VP: Das schon. Ich wusste, dass man nicht heiraten darf.

LA: Aber Sie wussten auch, dass man ohne die Heirat keinen Geschlechtsverkehr haben darf?

VP: Das wusste ich.

LA: Aber es war Ihnen nicht bewusst was passiert, wenn man als Gabooye mit einer XXXX schläft und diese dann schwanger wird?

VP: Das war das erste Mal. Ich wusste es wirklich nicht.

LA: Haben Sie Kinder, Adoptivkinder oder sonstige Sorgepflichten?

VP: Nein.

LA: Welche Schulausbildung haben Sie?

VP: 7 Jahre Grundschule

LA: Wovon bestritten Sie Ihren Lebensunterhalt im Heimatland?

VP: Meine Schwester hat gearbeitet. Mein Bruder war Hilfsarbeiter. Wenn er Arbeit hatte hat er gearbeitet und wenn er keine Arbeit hatte war er zu Hause.

LA: Haben Sie in der Erstbefragung Ihre Reiseroute von Somalia nach Österreich korrekt

angegeben?

VP: Ja.

Beginn Pause 14:05 - Ende Pause: 14:25

LA: Wie heißt das Bundesland, in welchem sich die Stadt XXXX befindet?

VP: XXXX

LA: Somaliland reicht bis zur Stadt XXXX - stimmen Sie mir zu?

VP: Ja.

LA: Somit befindet sich XXXX in Somaliland?

VP: Ja. Die sagen, dass sich XXXX in Somaliland befindet.

LA: Haben Sie sich Ihre Tätowierung selber gestochen?

VP: Ja.

LA: Wie haben Sie das gemacht?

VP: Ich habe mit einer Nadel so lange gestochen, bis ich die Form hatte. Dann habe ich verbrannte Autoreifen mit Erde vermischt und über die Wunde geschmiert.

LA: Bitte schildern Sie, weshalb Sie Somalia verlassen haben und nicht mehr dorthin zurück können? Anmerkung: VP beginnt mit freier Erzählung.

VP:

Weil ich persönliche Probleme hatte. Es hat 2010 angefangen. Da wurde mein Vater getötet von Mitgliedern der XXXX . Sie wollten uns die Grundstücke wegnehmen und mein Vater wollte das nicht. Ich bin damals zur Schule gegangen und ich nicht gerne zur Schule gegangen. Ich wurde diskriminiert. Ich wurde auch von anderen Schülern geschlagen. Ich habe eine kleine Narbe am Arm. Dort wo ich geboren und aufgewachsen bin gab es keine Regeln. Der stärkere hat sich alles genommen. Ich habe keine Freunde gehabt, weil ich Madhiban bin. So bin ich aufgewachsen. Juli 2016 habe ich ein top Mädchen kennen gelernt. Sie hat mir gesagt, dass ich Ihr zeigen soll, dass ich Sie liebe und mir die Tätowierung machen lassen soll. August 2016 ist Sie dann schwanger geworden. Sie haben dann mehrmals meinen Bruder auf der Straße geschlagen. Eines Tages am Abend - ich meine Schwester, mein Bruder und meine Mutter waren zu Hause. Es kamen bewaffnete Männer. Sie haben gezielt geschossen. Sie haben meine Mutter am Fuß angeschossen. Ich bin dann hinten weggelaufen durch die Hintertür. Die ganze Nacht bin ich weggelaufen. Ich habe mich im Wald versteckt. Bis am nächsten Tag habe ich mich dort versteckt. In XXXX wohnte ein Madhiban Mann und er hatte ein Auto. Ist er jeden Nachmittag nach XXXX gefahren. Ich habe auf Ihn gewartet bis ich sein Auto gesehen habe. Ich habe Ihn angehalten und bin mit Ihm mitgefahren. Er hat in der Stadt erfahren, was uns am Vortag passiert ist. Er hat mehr über meine Mutter erzählt. Er hat gesagt, dass Sie verletzt wurde. Er hat mir mitgeteilt, dass mein Bruder geflüchtet ist und sich versteckt hat. So kamen wir dann bis nach XXXX . Er hat mir dann einen Bekannten von Ihm vorgestellt, welcher immer nach Mogadischu fährt. So bin ich dann nach Mogadischu gefahren mit zu Ihm nach Hause. In Mogadischu bin ich dann mit seinem Sohn Fußball spielen gegangen. Beim Fußball spielen, ist dann den Mitspielern aufgefallen, dass ich eine Tätowierung hatte. Einer hat dann so laut gesagt, dass ich eine Tätowierung habe, dass es auch die Zuschauer gehört haben. Nach dem Spiel kamen dann zwei Jugendliche zu mir. Einer der zwei hat mich gefragt was das ist. Ich habe gesagt, dass es eine XXXX ist. Dann hat er mich angeschaut und gesagt, dass ich ungläubig wäre. Der Junge mit dem ich Fußball spielen war, hat gesagt, dass wir schnell nach Hause sollten. Zu Hause hat er seiner Mutter alles erzählt. Sie hat mir erzählt, dass ich in Gefahr bin, weil ich tätowiert bin. Die Leute wären zu allem fähig. Nach Somaliland könnte ich auch nicht zurück. Sie hat gesagt, dass Sie auch nicht wolle, dass die Leute erfahren, dass ich bei Ihnen zu Hause bin. Ich sollte verschwinden. Da gab es einen Schlepper, der die Leute nach Kenia brachte. Ich hatte aber nur 100 Dollar mit. So bin ich nach Kenia gekommen.

LA: Was hat dieser Madhiban Mann XXXX immer gemacht, weil er dort jeden Tag hingefahren ist?

VP: Er war Obst und Gemüse Transporter.

LA: Ist das ein typischer Beruf, für einen Madhiban Mann?

VP: Normalerweise nicht, aber wenn man Leute kennt...

LA: Was befürchten Sie jetzt bei einer Rückkehr nach Somaliland?

VP: Das Sie mich umbringen.

LA: Ihr Bruder wurde schon doch schon umgebracht. Warum sollten diese Leute Sie auch noch umbringen?

VP: Ich bin eine Schande.

LA: Sie gaben bei der Erstbefragung an, dass es in Somaliland keine funktionierende Regierung und auch kein Gesetz geben würde und Sie deshalb dort die Vorfälle nicht zur Anzeige hätten bringen können. Bleiben Sie bei Ihren Aussagen?

VP: Nur in XXXX nicht.

LA: Was ist mit Hargeysa?

VP: Ich habe zuerst vorgeschlagen nach Mogadischu. Weil es in Hargeysa jede Mende XXXX gibt. Deswegen bin ich nach Mogadischu.

LA: Hatten Sie je persönliche Probleme mit der Al Shabaab?

VP: Nein. Aber die Frau hat mir gesagt, dass die Leute Teile der Al Shabaab wären. Die Frau und der Junge haben bestätigt, dass die Leute bei der Al Shabaab wären.

LA: Hat Ihre Freundin das Kind auf die Welt gebracht?

VP: Nein. Meine Mutter hat mir mitgeteilt, dass Sie das Kind nicht auf die Welt gebracht hat.

LA: Woher weiß Ihre Mutter das?

VP: Bevor Sie XXXX verlassen hat, hat Sie das erfahren.

LA: Wo ist Ihre Mutter derzeit?

VP: Das habe ich schon gesagt. An der Grenze zu Äthiopien.

LA: Die Grenz ist groß. Können Sie mir beschreiben wo ungefähr?

VP: In der Nähe von XXXX . Im Süden.

LA: "In der Nähe von XXXX " höre ich jetzt das erste Mal heute, obwohl ich Sie schon des Öfteren dieselbe Frage gestellt habe.

VP: Ich schätze nur.

LA: Können Sie mir die Telefonnummer Ihrer Mutter nennen?

VP: Ja.

Anmerkung: AW schreibt auf ein Blatt Papier folgende Telefonnummer:

XXXX

LA: Wurde Ihre Mutter in einem Krankenhaus behandelt, nachdem Sie angeschossen wurde?

VP: Ja.

LA: Wo?

VP: In XXXX .

LA: Dort gibt es ein Krankenhaus?

VP: Ja. Dort gibt es ein kleines Krankenhaus. Aber es ist nicht jeden Tag offen.

LA: Wissen Sie wie lange Ihre Mutter dort war?

VP: Das weiß ich wirklich nicht.

LA: Und Sie wissen auch nicht wo Ihre Schwester derzeit Wohnt?

VP: Außerhalb der Stadt. Mehr weiß ich nicht.

LA: Was hat Ihr Vater beruflich gemacht?

VP: Er war Schuhmacher.

LA: Hatten Sie Probleme aufgrund Ihrer Religion?

VP: Nein. Nur die Tätowierung, weil Sie glauben, dass ich ungläubig bin. Sonst nichts.

LA: Sind Sie vorbestraft im Herkunftsland oder in einem anderen Land?

VP: Nein. Nur in Libyen, weil ich illegal eingereist bin. Und Deutschland, weil ich illegal eingereist bin.

LA: Hatten Sie persönliche Probleme mit staatlichen Behörden, Gerichten oder der Polizei in Ihrem Heimatland?

VP: Nein.

LA: Waren Sie jemals politisch tätig?

VP: Nein.

(...)

LA: Sind Sie in Behandlung?

VP: Ich bekam eine Überweisung. In Neumarkt war ich zur Therapie - auch wegen meinem Rücken. Dann war ich beim Fußball Training und musste aber unterbrechen, weil ich Schmerzen hatte.

LA: Und was werden Sie nun unternehmen wegen dem Problem?

VP: Ich werden nochmal zum Arzt gehen und Ihm sagen, dass ich noch Schmerzen habe.

(...)"

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.01.2018, Zl. 1145451501-170315335, wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, unter Spruchpunkt II. dieser Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia abgewiesen, unter Spruchpunkt III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Somalia zulässig sei und unter Spruchteil IV. eine Frist für die freiwillige Ausreise von 2 Wochen eingeräumt.

In seiner Begründung stellte das Bundesamt zunächst fest, dass der Beschwerdeführer ein somalischer Staatsangehöriger sei. Der Beschwerdeführer habe keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft gemacht. Festgestellt werde, dass seine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Somalia eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge der derzeitigen Dürre in Somalia mit sich bringen könnte. Der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich der Person als nicht glaubwürdig anzusehen sei.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Vertretung fristgerecht Beschwerde hinsichtlich des abweisenden Spruchteils I. Begründend wurde im Wesentlichen das bisherige Vorbringen des Beschwerdeführers wiederholt und zusammengefasst darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer als Gabooye diskriminiert worden sei und er und seine Familie wegen der Grundstückstreitigkeiten sowie wegen der geplanten Mischehe bzw. der Schwangerschaft der Freundin Probleme mit dem Mehrheitsclan habe. Er fürchte zudem aufgrund seiner Tätowierungen von der Al Shabaab angegriffen zu werden. Vorgelegt wurden ärztliche Dokumente, wonach dem Beschwerdeführer Medikamente verschrieben wurden und eine Bestätigung, wonach sich der Beschwerdeführer im Juni 2017 wegen einer suizidalen Krise in ambulanter Behandlung in einer Klinik befunden habe. Im ebenfalls vorgelegten Befund vom 15.01.2018 wurde beim Beschwerdeführer "suizidale Krise bei Posttraumatischer Belastungsstörung" festgestellt.

4. Das Bundesverwaltungsgericht beraumte für den 10.04.2018 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung an, in der der Beschwerdeführer, vertreten durch einen Vertreter der VMÖ, einvernommen wurde. Der Beschwerdeführer wurde zu seinem Fluchtvorbringen, seiner Herkunft und der Lage in Somalia befragt und ihm wurde die Möglichkeit eingeräumt alle seine Gründe für die Ausreise aus Somalia sowie seine Rückkehrbefürchtungen darzulegen.

Ergänzend zu dem bereits übermittelten Länderinformationsblatt wurde dem Beschwerdevorbringen entsprechend weitere Länderberichte zur Herkunftsregion und zu seinem Clan sowie zu Mischehen in Somalia zur Kenntnis gebracht und eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme von zwei Wochen eingeräumt.

Es langte eine Stellungnahme zu den Länderfeststellungen am 19.04.2018 beim BVwG ein und wurde darin insbesondere ausgeführt, dass die Stellung der Gabooye teils durch die Regierung gestärkt hätte werden sollen, dies jedoch lange noch nicht erfolgreich umgesetzt geworden sei. Die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 03.12.2014 berichte insbesondere über die Lage der Midgan in Somaliland. Mischehen mit Angehörigen der Gabooye würden überhaupt nicht geduldet werden. Der Beschwerdeführe habe sich jedoch in eine Frau verliebt, die dem Clan der Dhulabante - XXXX angehöre. Sie sei von ihm schwanger, weshalb es sowohl für sie als auch für ihn zu Bedrohungen durch den Clan der Dhulabante bekommen sei, weshalb der Beschwerdeführe hätte flüchten müssen. Den allgemeinen Länderberichten sei zu entnehmen, dass es bei derartigen Konstellationen mit Sicherheit zu starker Diskriminierung und Repressalien komme und es durchaus auch zu Mordfällen kommen könne. Für den Beschwerdeführe bestehe keine innerstaatliche Fluchtalternative. Im gegenständlichen Fall sei darauf zu achten, dass er keinen Kontakt mehr zu Somalia habe und über kein soziales Netz verfüge. Sein Vater und sein Bruder seien nicht mehr am Leben. Seine Mutter sowie seine Schwester würden nunmehr in Äthiopien leben. Das Haus, das die Familie besessen habe, sei nach dem Tod des Vaters enteignet worden. Weiters werde auf die Dürre und Hungersnot in Somalia hingewiesen. Im Falle einer Rückkehr nach Somalia wäre der Beschwerdeführer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung ausgesetzt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:

1. Feststellungen:

Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Somalia, Muslim und gehört dem Clan Gabooye an. Er wurde in XXXX geboren, wo er bis zur Ausreise aus Somalia gelebt hat. Er war lediglich kurz vor der Ausreise in Mogadishu aufhältig.

Der Beschwerdeführer gehört einer Familia an, welche dem Minderheitenclan der Gabooye angehört und welche mit einer Familie, welche dem Mehrheitsclan der Dulbahante angehörig ist, verfeindet ist. Aufgrund von Grundstücksstreitigkeiten wurde der Vater des Beschwerdeführers im Jahr 2010 getötet, es wurde seiner Familie das Land entzogen und die Familie dazu gezwungen an den Stadtrand von XXXX zu ziehen. Der Beschwerdeführer hat mit einer Familienangehörigen des verfeindeten Dulbahante-Clan eine Beziehung begonnen, dagegen und gegen eine Heirat war jedoch die Familie der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers. Im August 2016 wurde die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers schwanger vom Beschwerdeführer, woraufhin der Beschwerdeführer und seine Familie von der Familie der Lebensgefährtin mit dem Tode bedroht und attackiert wurde. Seine Mutter wurde von einer Kugel in den Fuß getroffen, sein Bruder wurde in der Folge ermordet und seine Lebensgefährtin wurde von Ihrer Familie dazu gezwungen, das Kind abzutreiben.

Der Verbleib seiner Schwester ist dem Beschwerdeführer nicht bekannt, seine Mutter ist ebenso wie der Beschwerdeführer geflüchtet, ist krank und lebt an der somalisch-äthiopischen Grenze.

Der Beschwerdeführer hat sich in Österreich im Juni 2017 wegen einer suizidalen Krise in ambulanter Behandlung in einer Klinik befunden. Im Befund vom 15.01.2018 wurde beim Beschwerdeführer "suizidale Krise bei Posttraumatischer Belastungsstörung" festgestellt. Der Beschwerdeführer ist unbescholten.

Feststellungen zu Somalia:

1. Politische Lage

Anstehende Wahlen wurden wiederholt verschoben (USDOS 3.3.2017; vgl. AA 1.1.2017). Diese erneute Verschiebung der Parlamentswahlen wirft einen Schatten auf das vergleichsweise demokratische Somaliland. Das Oberhaus, die Guurti, geht in das zwölfte Amtsjahr, ohne wiedergewählt zu sein (AA 1.1.2017).

Die Präsidentenwahlen wurden im März 2017 erneut verschoben (UNSC 9.5.2017). Allerdings war diese Verschiebung angesichts der Dürresituation u.a. auch von den Oppositionsparteien gefordert worden (FT 29.6.2017; vgl. BFA 3./4.2017). Im November 2017 wurden die Wahlen schließlich abgehalten. Gewonnen hat der Kandidat der regierenden Kulmiye-Partei, Muse Bihi Abdi. Er gewann die Wahl mit 55% und ist damit der fünfte Präsident seit der Ausrufung der Unabhängigkeit im Jahr 1991. Nach den Wahlen war es zu Demonstrationen gekommen, da der unterlegene Kandidat der Wadani-Partei das Ergebnis zuerst nicht anerkennen wollte. Die Situation beruhigte sich bald. Internationale Wahlbeobachter erklärten, dass die Wahlen internationalen Standards entsprochen haben (VOA 21.11.2017). Es kam zu keinen signifikanten Irregularitäten (ISS 10.1.2018).

Das Gebiet der früheren Kolonie Britisch-Somaliland im Nordwesten Somalias hat sich 1991 für unabhängig erklärt, wird aber von keinem Staat anerkannt. Allerdings bemühen sich die Nachbarn in der Region sowie zunehmend weitere Staaten in Anerkennung der bisherigen Stabilisierungs- und Entwicklungsfortschritte um pragmatische Zusammenarbeit. Somaliland hat seit der Erklärung der Unabhängigkeit mehrere allgemeine Wahlen erlebt (AA 1.1.2017). Im Westen und in den zentralen Teilen von Somaliland ist es gelungen, einfache Regierungsstrukturen zu etablieren. Da die Regierung aber nur wenig externe Unterstützung erhält, wird nur eine minimalistische Verwaltung geboten; dabei konzentriert man sich auf die Erhaltung der öffentlichen Sicherheit (BS 2016). Es ist mit internationaler Hilfe gelungen, Bezirksverwaltungen und Bezirksräte zu etablieren (BFA 8.2017).

Somaliland hat beachtliche demokratische Erfolge erzielt (UNDP 10.12.2017). Somaliland gilt als Vorbildstaat am Horn von Afrika. Obwohl es kaum internationale Unterstützung erhielt, klappt die Demokratie ebenso wie Bildung und Frieden (SZ 13.2.2017). Somaliland ist es gelungen, eine Wahldemokratie aufzubauen. Das Land ist dabei, diese Staatsform zu konsolidieren. Wahlen wurden bisher von Beobachtern als halbwegs frei und fair beschrieben. Die demokratischen Institutionen Somalilands arbeiten recht gut, ihre Arbeit wird aber durch einen Mangel an Ressourcen und geringe Kapazitäten des öffentlichen Dienstes erschwert. Außerdem kommt es zu Bevorzugungen auf Basis des Clans. Trotzdem haben die gewählten politischen Repräsentanten seit den ersten demokratischen Wahlen im Jahr 2002 an Legitimität und Macht gewonnen. V.a. die Bevölkerung in den westlichen und zentralen Teilen Somalilands akzeptiert die bestehenden Regierungsinstitutionen - allerdings nicht exklusiv. Auch traditionelle Normen und Institutionen bestehen fort. Während Somaliland also bei der Wiederherstellung staatlicher Strukturen und demokratischer Reformen erfolgreich war, kämpft das Land mit massiven strukturellen Restriktionen. Der Staatsapparat bleibt schwach und unterfinanziert und das Land ist von einem inakzeptablen Maß an Armut geprägt (BS 2016).

Gemäß der 2001 angenommenen Verfassung durften politische Parteien gegründet werden und an den Kommunalwahlen 2002 teilnehmen. Allerdings durften nur die drei in diesen Kommunalwahlen stärksten Parteien dauerhaft etabliert werden (AA 1.1.2017; vgl. BS 2016). Damit soll eine Zersplitterung der Parteienlandschaft entlang von Clans verhindert werden. Zunächst erhielten die UDUB (Ururka Dimuqraadiga Ummadda Bahawday, Union der Demokraten) sowie Kulmiye (Solidarität) und UCID (Ururka Caddaalada iyo Daryeelka, Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung) die dauerhafte Zulassung (AA 1.1.2017; vgl. BS 2016). Bei Gemeindewahlen sind alle registrierten politischen Vereinigungen zugelassen; und die Gemeindewahlen entscheiden darüber, welche drei Parteien für die nächsten Wahlen auf nationaler Ebene zugelassen werden. Bei den Gemeindewahlen im November 2012 entschied sich die Bevölkerung für Kulmiye, UCID und Waddani als nationale Parteien (BS 2016). Die UDUB verlor die Zulassung, stattdessen wurde die Waddani-Partei im Rahmen eines festgelegten Verfahrens zugelassen. Politisches Engagement im Rahmen anderer Gruppen wird staatlicherseits beobachtet. Gegebenenfalls werden strafrechtliche Maßnahmen ergriffen (AA 1.1.2017).

Das Innenministerium hat 2.700 Sultane registriert. Diese erhalten für ihre Beteiligung an den Lokalverwaltungen auch ein Gehalt (UNHRC 6.9.2017).

Somaliland definiert seine Grenzen gemäß der kolonialen Grenzziehung; Puntland hingegen definiert seine Grenzen genealogisch entlang der Siedlungsgebiete des Clans der Darod. Insgesamt ist die Ostgrenze Somalilands zu Puntland nicht demarkiert, und die Grenze bleibt umstritten (EASO 2.2016). Das Verhältnis zwischen dem im Nordwesten gelegenen Somaliland und dem Rest des Landes ist problematisch (AA 4.2017a).

Das nicht-anerkannte Somaliland ist vom Großteil externer (finanzieller) Unterstützung abgeschnitten. Dies hat dazu geführt, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt zwischen Regierung und Bürgern ungewöhnlich stark ist. Die Demokratie hat sich aus einer Reihe großer Clankonferenzen entwickelt und ist damit mit einem hohen Maß an Legitimität versehen (ECO 13.11.2017).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

-

AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Somalia - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Somalia/Innenpolitik_node.html, Zugriff 13.9.2017

-

BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM%20Report_Somalia%20Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017

-

BFA - BFA/SEM Fact Finding Mission Somalia (3./4.2017):

Informationen aus den Protokollen der FFM

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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 13.9.2017

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EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 21.12.2017

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ECO - The Economist (13.11.2017): Why Somaliland is east Africa's strongest democracy,

https://www.economist.com/blogs/economist-explains/2017/11/economist-explains-7, Zugriff 10.1.2018

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FT - Financial Times (29.6.2017): Somaliland offers investors chance to make history,

https://www.ft.com/content/a28c8440-5672-11e7-9fed-c19e2700005f, Zugriff 10.1.2018

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ISS - Institute for Security Studies (10.1.2018): Somaliland's New President Has Work to Do,

http://allafrica.com/stories/201801100719.html, Zugriff 10.1.2018

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SZ - Süddeutsche Zeitung (13.2.2017): Wo Mütter die Wirtschaft schmeißen,

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/somaliland-wo-muetter-die-wirtschaft-schmeissen-1.3377028, Zugriff 10.1.2018

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UNDP - UN Development Programme (10.12.2017): Somaliland applies global resilience expertise to drought response, https://reliefweb.int/report/somalia/somaliland-applies-global-resilience-expertise-drought-response, Zugriff 12.1.2018

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UNHRC - UN Human Rights Council (6.9.2017): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia http://www.refworld.org/docid/59c12bed4.html, Zugriff 11.11.2017

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UNSC - UN Security Council (9.5.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1496910356_n1712363.pdf, Zugriff 10.11.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300, Zugriff 13.9.2017

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VOA - Voice of America (21.11.2017): Somaliland Ruling Party Candidate Bihi Wins Election,

https://www.voanews.com/a/somaliland-ruling-party-candidate-bihi-wins-election/4128446.html, Zugriff 5.1.2018

2. Sicherheitslage

Hinsichtlich Somaliland ist kein essentielles Sicherheitsproblem bekannt (BFA 8.2017). In Somaliland herrscht Frieden (ZEIT 22.11.2017). Der in Somaliland etablierten de facto-Regierung ist es gelungen, ein für die Region durchaus bemerkenswertes Maß an Stabilität und Ordnung herzustellen (AA 4.2017a). Die somaliländische Regierung übt über das ihr unterstehende Gebiet Kontrolle aus (USDOS 3.3.2017).

In Somaliland wurde im somaliaweiten Vergleich das bislang größte Maß an Sicherheit, Stabilität und Entwicklung erreicht (AA 1.1.2017). Somaliland ist das sicherste Gebiet Somalias, die Sicherheitslage ist dort deutlich stabiler (UNHRC 6.9.2017; vgl. ÖB 9.2016). Mehrere Quellen bezeichnen Somaliland als sicher. Die Einwohner bewegen sich frei und gewiss, nicht angegriffen zu werden. In Hargeysa und auch in den ländlichen Gebieten - mit Ausnahme der umstrittenen Teile - sind lebensbedrohliche Zwischenfälle eine Seltenheit (BFA 8.2017). Insbesondere die Regionen Awdal, Woqooyi Galbeed und Togdheer gelten als relativ friedlich (EASO 2.2016). Politische Konflikte und Machtkämpfe werden gewaltlos ausgetragen (BS 2016).

Somaliland war in der Lage, die Bedrohung durch al Shabaab einzudämmen (UNHRC 6.9.2017). Anschläge oder Kampfhandlungen der al Shabaab gab es keine (ÖB 9.2016), die Terrorgruppe kontrolliert in Somaliland keine Gebiete (AA 1.1.2017). Seit 2008 hat es in Somaliland keine terroristischen Aktivitäten der al Shabaab mehr gegeben. Trotzdem bleibt die Gruppe für Somaliland eine Bedrohung. Es ist davon auszugehen, dass die al Shabaab in Hargeysa über eine Präsenz verfügt. Die Kapazitäten der al Shabaab in Hargeysa sind jedoch gering. Eine (temporäre) Präsenz und sporadische Aktivitäten der al Shabaab werden aus den umstrittenen Gebieten in Ost-Somaliland und aus Burco gemeldet (BFA 8.2017). In Sool (v.a. Laascaanood) und Sanaag scheint die Präsenz der al Shabaab verstärkt worden zu sein (SEMG 8.11.2017).

Aufgrund der Mitwirkung der Bevölkerung wurden zahlreiche Mitglieder der al Shabaab verhaftet. Immer wieder hört man auch von Verhaftungen an Straßensperren. Über 50 Angehörige der al Shabaab befinden sich in somaliländischen Gefängnissen. Deserteure der al Shabaab scheinen in Somaliland kaum gefährdet zu sein. Es gibt keine Berichte, wonach in Hargeysa schon einmal ein Deserteur der al Shabaab exekutiert worden wäre (BFA 8.2017).

Clankonflikte bestehen wie überall in Somalia auch in Somaliland, und es kann zu Auseinandersetzungen und Racheakten kommen, die zivile Opfern fordern. Clankonflikte stellen aber kein Sicherheitsproblem dar, das die politische Stabilität der Region gefährde. Somaliland hat Regierungsstrukturen aufgebaut, die das Machtstreben der verschiedenen Clans ausbalancieren. Das ganze politische System beruht auf Kompromissen zwischen den Clans (ÖB 9.2016). Mit internationaler Hilfe ist es gelungen, in Somaliland Bezirksverwaltungen und Bezirksräte zu etablieren (BFA 8.2017). Den Behörden ist es gelungen, einen relativ wirksamen Schutz gegen Banden und Milizen zu gewährleisten (AA 1.1.2017).

Hinsichtlich Hargeysa gibt es keine Sicherheitsprobleme. Die Kriminalitätsrate ist relativ niedrig. Wenn es zu einem Mord kommt, dann handelt es sich üblicherweise um einen gezielten Rachemord auf der Basis eines Clan-Konflikts. Hargeysa und Burco sind relativ ruhig (BFA 8.2017).

Die Grenze zu Puntland ist umstritten (AA 1.1.2017) und international nicht anerkannt. Dort kommt es gelegentlich zu Schusswechseln (ÖB 9.2016) bzw. zu kleineren Scharmützeln mit beheimateten Milizen (AA 4.2017a). Dabei geht es um die östlichen Drittel der Regionen Sool und Sanaag (BFA 8.2017).

In der Grenzregion Sanaag bestehen Spannungen (ÖB 9.2016). Der Osten der Region Sanaag steht nicht unter Kontrolle der somaliländischen Regierung; überhaupt hat die Regierung in den Gebieten der Warsangeli keinen großen Einfluss. Auf den Bezirk Laasqoray nehmen weder Somaliland noch Puntland maßgeblichen Einfluss, Teile davon werden von den dort lebenden Warsangeli de facto selbst verwaltet (BFA 8.2017).

Im Südosten des Landes haben Angehörige des Dulbahante-Clans im Jahr 2012 den sogenannten Khatumo-Staat ausgerufen. Dieser umfasst die bereits zuvor von der Miliz SSC (Sool-Sanaag-Cayn) beanspruchten Gebiete des Dulbahante-Clans. Allerdings kontrolliert Khatumo nur kleine Teile des beanspruchten Territoriums. Khatumo verfügt über eine eigene Miliz, nicht aber über funktionierende Verwaltungsstrukturen. Khatumo hat keinen großen Einfluss und die Vertreter halten sich oft in Äthiopien auf, wo sie von Somaliland nicht verfolgt werden können. Der Konflikt zwischen Somaliland und Khatumo wird nur mit geringer Intensität ausgetragen (EASO 2.2016). Seit 2014 ist es in der Region Sool zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Somaliland und der Khatumo-Miliz gekommen (ÖB 9.2016). Seit Beginn des Jahres 2017 hat es so gut wie keine bewaffneten Aktivitäten von Khatumo oder mit Bezug auf Khatumo gegeben. Die Lage in den Gebieten Ost-Somalilands an der Grenze zu Puntland bleibt aber weiterhin fragil. Dabei geht es nicht so sehr um den Konflikt zwischen Puntland und Somaliland, sondern um lokale Clans, die regelmäßig in Schießereien verwickelt sind. Diese sind im Jahr 2017 - vermutlich aufgrund der Dürre und der damit verbundenen Verknappung der Ressourcen - eskaliert. Dabei standen sich in erster Linie Subclans der Dulbahante gegenüber. Im weitesten Sinne ist das Gebiet von Khatumo also immer noch ein ‚umstrittenes' Gebiet. Die somaliländische Polizei und die Armee werden häufig in die Region verlegt, zuletzt vor allem im Zuge der Wählerregistrierung. Auch gegenwärtig verfügt die somaliländische Armee in Ost-Somaliland über eine verstärkte Präsenz (BFA 8.2017).

Der Führer des selbsternannten "Khatumo-Staates", Ali Khalif Galayd, hat Friedensgespräche mit Somaliland initiiert; dabei wurde im Juni 2017 auch die "Rückkehr"

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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