TE Bvwg Beschluss 2018/7/23 W265 2201395-1

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Veröffentlicht am 23.07.2018
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Entscheidungsdatum

23.07.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W265 2201395-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Einzelrichterin in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, XXXX, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Afghanistan, folgenden Beschluss:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Vorverfahren:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 02.02.2016 (erstmals) einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Am 03.02.2016 wurde der Beschwerdeführer durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich zu seinen Fluchtgründen erstbefragt. Zusammengefasst gab er an, die Taliban hätten sein Heimatgebiet erobert, deswegen sei sein Leben in Gefahr gewesen und er habe Afghanistan verlassen. Als Rückkehrbefürchtung gab er Angst vor den Taliban an.

1.3. Am 15.08.2017 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 27 Abs. 2 SMG betreten.

1.4. Am 19.10.2017 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 12 StGB iVm § 28a Abs. 1 SMG betreten. Dadurch verlor der Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 2 AsylG 2005 das Aufenthaltsrecht im österreichischen Bundesgebiet.

1.5. Am 22.10.2017 wurde über den Beschwerdeführer die Untersuchungshaft verhängt.

1.6. Mit Urteil des XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig zu 18 Monaten Freiheitsstrafe, davon 6 Monate unbedingt, verurteilt.

1.7. Am 19.01.2018 wurde der Beschwerdeführer aus der Strafhaft entlassen. Mangels Bekanntgabe einer Meldeadresse wurde das Verfahren eingestellt.

1.8. Am 07.02.2018 erfolgt eine amtliche Meldung der Gemeinde Wörgl. Daraufhin wurde das Verfahren fortgesetzt.

1.9. In seiner Befragung vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 20.02.2018 brachte der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen vor, die Taliban seien in sein Heimatdorf gekommen und jeder junge Mann der dazu fähig gewesen sei, sei gezwungen worden sich ihnen anzuschließen. Sein Vater hätte ihn sodann in den Iran geschickt. Hinsichtlich einer persönlichen Bedrohung zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Afghanistan führte der Beschwerdeführer aus, die Taliban hätten laut gesprochen und wenn sie widersprochen hätten, seien sie geschlagen worden. Er hätte entweder mitmachen oder Geld bezahlen müssen. Die Taliban hätten ein Video von der Ermordung zahlreicher Personen gemacht, darauf seien auch Bekannte von ihm zu sehen. Dieses Video hätten die Taliban verbreitet, um der Bevölkerung Angst zu machen. Zudem hätten die Taliban seinen Vater verhaftet, weil er ihm zur Flucht verholfen habe. Sein Vater sei wieder freigelassen worden. Daraufhin sei seine Familie in den Iran geflohen.

1.10. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 des Bundesgesetzes über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel (Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG) erlassen (Spruchpunkt IV.) Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 13 Abs. 2 AsylG 2005 verlor der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 19.10.2017 (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 55 Abs. 1a AsylG 2005 besteht keine Frist für eine freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers (Spruchpunkt VII.). Einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VIII.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IX).

Dieser Bescheid erwuchs unbekämpft am 30.03.2018 in Rechtskraft.

1.11. Am 19.04.2018 wurde bei der afghanischen Botschaft die Ausstellung eines Heimreisezertifikates beantragt. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates wurde bestätigt; die Abschiebung nach Afghanistan ist am XXXX vorgesehen.

1.12. Am 06.07.2018 wurde der Beschwerdeführer in Schubhaft genommen.

2. Gegenständliches Verfahren:

2.1. Der Beschwerdeführer stellte am 09.07.2018 einen Folgeantrag Asyl. Im Rahmen seiner Erstbefragung am 10.07.2018 vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer als Grund für seinen neuerlichen Asylantrag an, er habe vor sechs Monaten ein Video bekommen auf dem zu sehen sei, wie die Taliban 37 Personen, die gegen die Taliban gewesen wären, umgebracht hätten. Seine Eltern hätten deshalb vor eineinhalb Jahren Afghanistan verlassen und seien in den Iran geflohen.

2.2. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme im Zulassungsverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 16.07.2018 brachte der Beschwerdeführer vor, er leide an Epilepsie, die ärztlichen Dokumente würden sich in Tirol befinden. Er habe auch ein neues Problem, nämlich einen Ausschlag. Der Arzt habe ihm eine Salbe verschrieben.

Auf die Frage, warum er neuerlich einen Asylantrag stelle, antwortete der Beschwerdeführer, er wolle auf gar keinen Fall zurück nach Afghanistan, sein Leben sei dort in Gefahr. Er würde lieber hier in Österreich sterben.

Befragt, ob sich bezüglich der Ausreisegründe, die der Beschwerdeführer im ersten Verfahren angegeben habe, etwas geändert habe, teilte der Beschwerdeführer mit, 37 Menschen seien von den Taliban in Afghanistan getötet worden. Darüber gebe es ein Video, welches er besorgen könne. Er bestätigte daraufhin, dass es sich bei besagtem Video um jenes handle, dass er bereits in der Einvernahme im Februar 2018 erwähnt habe. Außerdem sei seine gesamte Familie im Iran.

2.3. In dieser Einvernahme teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer mit, dass beabsichtigt sei, zum einen den Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und zum anderen den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben. In dieser Einvernahme wurde dem Beschwerdeführer die Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 und 6 AsylG 2005 übersetzt und ausgefolgt.

Ferner wurden dem Beschwerdeführer aktuelle Feststellungen zur Lage in Afghanistan ausgefolgt. Es wurde ihm zur Kenntnis gebracht, dass er binnen einer Frist von 24 Stunden im Zuge einer niederschriftlichen Befragung im Beisein eines Rechtsberaters die Möglichkeit habe, zu den ausgefolgten Länderfeststellungen Stellung zu nehmen.

2.4. Die belangte Behörde führte am 19.07.2018 eine Einvernahme des Beschwerdeführers im Beisein seiner Rechtsberaterin durch. Im Zuge dieser Einvernahme gab der Beschwerdeführer zu den ausgefolgten Länderberichten an, die Taliban würden in Afghanistan jeden Tag Menschen umbringen. In Afghanistan gebe es zahlreiche Probleme.

Er habe die Wahrheit gesagt, sein Leben in Afghanistan sei in Gefahr. Nochmals führte der Beschwerdeführer aus, dass er niemanden in Afghanistan habe, seine Familie lebe im Iran.

2.5. Mit dem gegenständlichen mündlich verkündeten Bescheid vom XXXX hob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 12a Abs. 2 AsylG iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG 2005 auf.

Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen aus, dass sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit rechtskräftigem Abschluss des Vorverfahrens nicht entscheidungswesentlich geändert habe. Er habe im gegenständlichen Verfahren dieselben Ausreisegründe, er habe Angst, von den Taliban getötet zu werden, außerdem sei seine gesamte Familie im Iran, angegeben. Hinsichtlich seines Vorbringens, wonach er an Epilepsie leide, führte die belangte Behörde aus, dass auch dieses Vorbringen auf ein bereits rechtskräftig abgeschlossenes Vorbringen gestützt werde. Er habe selbst ausgeführt, dementsprechende ärztliche Unterlagen bereits im Rahmen des ersten Verfahrens vorgelegt zu haben.

2.6. Der Verwaltungsakt langte am 20.07.2018 bei der zuständigen Gerichtsabteilung ein, worüber das BVwG die belangte Behörde gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG mit Mitteilung vom selben Tag informierte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und ist am XXXX geboren. Er ist afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Er stammt aus der Provinz XXXX. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari.

Am 02.02.2016 stellte der Beschwerdeführer einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX in erster Instanz rechtskräftig abgewiesen wurde. Mit dieser Entscheidung wurde auch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen.

Der Beschwerdeführer stellte in Folge am 09.07.2018 einen neuerlichen (den gegenständlichen) Antrag auf internationalen Schutz.

Die Stellung des Antrages begründete der Beschwerdeführer damit, er habe Angst, von den Taliban in Afghanistan getötet zu werden. Vor sechs Monaten habe er ein Video gesehen, worauf die Ermordung von 37 Personen, die gegen die Taliban gewesen seien, zu sehen sei. Zudem sei seine gesamte Familie im Iran. Es kann nicht festgestellt werden, dass es sich dabei um einen Sachverhalt handelt, der erst nach Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklicht worden wäre.

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten.

Der Beschwerdeführer ist ledig. Der Aufenthaltsort seiner Eltern und Geschwister war zuletzt im Iran, ein Bruder lebt in Pakistan. Ein Cousin des Beschwerdeführers lebt in Tirol, zu dem er telefonischen Kontakt hat.

Dem Beschwerdeführer würde bei einer Überstellung nach Afghanistan kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan, insbesondere in die Stadt Kabul, liefe er nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer an einer schweren physischen oder psychischen Erkrankung leidet, die akut lebensbedrohlich wäre oder eine Rückkehr nach Afghanistan ein sehr außergewöhnliches Ausmaß an Leidenszuständen zur Folge hätte.

Der Beschwerdeführer ist sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht im Bundesgebiet nicht verfestigt.

Der Beschwerdeführer wurde straffällig. Er wurde vom XXXX am XXXX wegen der Begehung des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 5. Fall SMG und dem Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt (Zl. XXXX).

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Fremden, seiner Herkunft, seiner Religion und Volksgruppenzugehörigkeit gründen sich ebenso wie den Feststellungen zum Familienstand des Beschwerdeführers, zum Aufenthaltsort seiner Familienangehörigen und zu den sozialen Kontakten des Beschwerdeführers in Österreich auf die diesbezüglich widerspruchsfreien, plausiblen und folglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in den Verfahren über den ersten und den zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

Die Feststellungen zum ersten Antrag auf internationalen Schutz und zu dessen bescheidmäßiger Erledigung sowie zum zweiten Antrag auf internationalen Schutz, insbesondere zum diesbezüglichen Vorbringen des Beschwerdeführers, ergeben sich aus dem Akt.

Die Feststellung, dass es sich bei der geltend gemachten Angst, von den Taliban in Afghanistan getötet zu werden und seinem Vorbringen, in Afghanistan auf sich alleine gestellt zu sein, da sämtliche Familienangehörigen im Iran bzw. im Pakistan leben würden, nicht um einen Sachverhalt handelt, der erst nach Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklicht worden wäre, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer dieses Vorbringen bereits in der Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 20.02.2018 erstattete (vgl. Seite 6 ff der Niederschrift vom 20.02.2018). Ebenso verhält es sich mit seinem Vorbringen, wonach ihm vor sechs Monaten ein Video zugegangen sei, worauf die Ermordung von 37 Leuten durch die Taliban zu sehen sei, darunter auch Verwandte des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer bestätigte in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 16.07.2018 ausdrücklich, dass er dieses Video bereits in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 20.02.2018 erwähnt habe (vgl. Seite 3 der Niederschrift vom 16.07.2018).

Die Feststellungen, dass hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat gegenüber den im rechtskräftig negativ abgeschlossenen Vorverfahren getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten sind, gründen darauf, dass sich der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX auf das Länderinformationsmaterial vom 02.03.2017, zuletzt aktualisiert am 30.01.2018, stützt. Das gegenständliche Länderberichtsmaterial stützt sich ebenfalls auf das Länderinformationsmaterial vom 02.03.2017, zuletzt aktualisiert am 30.01.2018.

Die zugrunde liegenden Länderfeststellungen gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Afghanistan ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, entgegen dem Vorbringen in der Stellungnahme vom 19.07.2018 an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die Feststellungen zu den Folgen einer Ansiedlung in Afghanistan, insbesondere in der Stadt Kabul, ergeben sich - unter Berücksichtigung der von UNHCR aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer internen Schutzalternative für Afghanistan - insbesondere aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017, zuletzt aktualisiert am 30.01.2018, in Zusammenschau mit den persönlichen Umständen des Beschwerdeführers, insbesondere unter Berücksichtigung seines Vorbringens, wonach er regelmäßig Kontakt zu Freunden und Bekannten in der Heimat habe (vgl. Seite 5 der Niederschrift vom 20.02.2018).

Der Beschwerdeführer hat in keiner Weise konkret dargestellt, inwiefern seine Abschiebung nach Afghanistan für ihn eine reale Gefahr bedeuten würde, oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde. Seine Behauptung, dass er sich im Falle seiner Rückkehr den Taliban anschließen müsse bzw. getötet werde, ist nicht glaubhaft.

Die Anmerkung des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme am 19.07.2018, dass in Afghanistan keine Sicherheit herrsche, ist per se auch nicht geeignet, darzutun, inwieweit ihn dieser Umstand persönlich betreffen kann.

Den Länderberichten zur Versorgungs- und Sicherheitslage in Afghanistan und der Stadt Kabul ist im gegenständlichen Verfahren der Beschwerdeführer nicht substantiell entgegengetreten. Was die Sicherheitslage betrifft, wird seitens des BVwG im Hinblick auf die oben angeführten Länderfeststellungen und auf die vom Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme zitierten Berichte zwar keineswegs verkannt, dass die Situation (auch) in der Stadt Kabul nach wie vor angespannt ist. Dennoch ist festzuhalten, dass die afghanische Regierung die Kontrolle über Kabul und größere Transitrouten hat. Auch ist Kabul eine über den Luftweg aufgrund des vorhandenen Flughafens gut erreichbare Stadt. Aus dem vorliegenden Berichtsmaterial geht hervor, dass Terroranschläge, insbesondere auf Einrichtungen mit Symbolcharakter, in Kabul nicht auszuschließen sind und in unregelmäßigen Abständen auch stattfinden. Zuletzt hat es Angriffe auf schiitische Muslime gegeben. Jedoch allein der Umstand, dass an diesen Orten ein Bombenanschlag terroristischer Gruppierungen erfolgen könnte, begründet bei der derzeitigen Gefahrenlage für den Beschwerdeführer noch keine stichhaltigen Gründe für ein reales Risiko der Verletzung seiner durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte bzw. liegt deshalb noch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konflikts vor (VwGH 25.04.2017, 2017/01/0016, mwN).

Die in der Stadt Kabul verzeichneten Anschläge ereignen sich - wie sich aus einer Gesamtschau der Länderberichte und dem notorischen Amtswissen ableiten lässt - hauptsächlich im Nahebereich staatlicher Einrichtungen und richten sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung und internationale Organisationen sowie Restaurants, Hotels oder ähnliche Einrichtungen, in denen vorwiegend ausländische Personen verkehren. Diese Gefährdungsquellen sind jedoch in reinen Wohngebieten nicht in einem solchen Ausmaß anzunehmen, dass die Lage in der Stadt Kabul nicht insgesamt als ausreichend sicher bewertet werden könnte.

Zusammenfassend ergibt sich beim Beschwerdeführer das Bild, dass der Beschwerdeführer schlicht nicht gewillt ist, Österreich zu verlassen und nach Afghanistan zurückzukehren.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand beruht auf den Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 20.02.2018 und den von ihm vorgelegten medizinischen Befund vom 08.08.2016. Im Verfahren über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz gab der Beschwerdeführer an, keine physischen oder psychischen Probleme zu haben. Hinsichtlich etwaiger Krankheiten führte er aus, dass er an Klaustrophobie leide und verwies auf das ärztliche Attest vom 08.08.2016 (vgl. Seite 3 der Niederschrift vom 20.02.2018). Der vom 08.08.2016 datierte neurologische Befund besagt, dass die stationäre Aufnahme aufgrund eines neuerlichen Anfallsereignisses bei bekannten Anfallsleiden erfolgt sei ("Neuerliches generalisiertes Anfallsereignis bei bekannten Anfällen G40.9"). Er sei seit 2-3 Jahren anfallsfrei gewesen und habe deshalb keine Antikonvulsiva mehr eingenommen. Insoweit der Beschwerdeführer im gegenständlichen Asylantrag auf seine Epilepsie verweist, ist festzuhalten, dass diese Erkrankung bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Erstverfahren vorgebracht und dementsprechend berücksichtigt wurde. Dass sich diese gesundheitlichen Probleme nach Rechtskraft des Vorverfahrens in einem solchen Ausmaß verschlechtert hätten, dass diese nunmehr von lebensbedrohlichen Charakter wären, wurde vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht und ist auch nicht aus der Aktenlage ersichtlich. Zu der vom Beschwerdeführer in der Einvernahme vom 16.07.2018 vorgebrachten Allergie wurden keine medizinischen Befunde in Vorlage gebracht. Mangels aktueller Befunde sowie in Zusammenschau mit den obigen Ausführungen ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer aktuell an keiner akut lebensbedrohlichen Erkrankung leidet. Dafür, dass eine Rückkehr nach Afghanistan für den Beschwerdeführer ein sehr außergewöhnliches Ausmaß an Leidenszuständen zur Folge hätte, gab es im Verfahren keine Anhaltspunkte.

Die Feststellung zur Integrationsverfestigung im Bundesgebiet gründet auf den Angaben des Fremden in den Verfahren über den ersten und den zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Aus einigen Deutschkursen auf dem Niveau A1.1, einer Bestätigung des Abschlusses der Übergangsstufe an XXXX und einer einmonatigen Tätigkeit "3 Euro-Job", lässt sich noch kein fest verankertes Privatleben in Österreich ableiten, zumal der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 20.02.2018 nur lose private Bindungen nannte (vgl. Seite 9 ff der Niederschrift vom 20.02.2018).

Die Feststellungen zur Vorstrafe des Beschwerdeführers ergeben sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A) Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes:

3.1.1. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtsgrundlagen lauten wie folgt:

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 leg.cit. die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 dieser Bestimmung findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

§ 12 Abs. 1 AsylG 2005 ("Faktischer Abschiebeschutz") lautet:

"Ein Fremder, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, kann, außer in den Fällen des § 12a, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder nach einer Einstellung bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 24 Abs. 2 nicht mehr zulässig ist, weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden (faktischer Abschiebeschutz); § 32 bleibt unberührt. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet ist zulässig. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt. § 16 Abs. 4 BFA-VG gilt."

Der mit "Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen" überschriebene § 12a AsylG 2005 lautet (auszugsweise):

"(1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben, und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist."

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) - (6) [...]"

§ 22 BFA-VG, der die Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes regelt, lautet:

"(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

3.1.2. Die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 ist den Fällen des Abs. 1 leg.cit. subsidiär, in welchen Fremden dieser Schutz schon ex lege nicht zukommt. Hier liegt schon deswegen kein Fall des Abs. 1 leg.cit. vor, weil der erste Asylantrag des Fremden in der Sache rechtskräftig erledigt wurde.

3.1.3. Zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 im gegenständlichen Fall vorliegen:

3.1.3.1. § 12a Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 (aufrechte Rückkehrentscheidung):

Das Vorliegen einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, einer Ausweisung gemäß § 66 FPG oder eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 FPG ist notwendiges Tatbestandselement des § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG getroffen; die unangefochten in Rechtskraft erwuchs. Gegen den Beschwerdeführer besteht damit eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG im Sinne von § 12a Abs. 2 Z 1 AsylG 2005.

3.1.3.2. § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 (res iudicata):

Eine weitere Voraussetzung für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005, dass "der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist". Es ist also eine Prognose darüber zu treffen, ob der Antrag voraussichtlich (insbesondere wegen entschiedener Sache) zurückzuweisen sein wird.

Eine neue Sachentscheidung ist im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684, mwH).

Im gegenständlichen Verfahren hat der Beschwerdeführer erklärt, dass er nach wie vor Angst vor den Taliban habe. Die Taliban würden ihn töten, sollte er sich ihnen nicht anschließen. Dazu verwies er auf ein Video, worauf die Ermordung von 37 Personen zu sehen sei. Damit macht er ausschließlich Tatsachen geltend, die auch schon vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklicht und vom Beschwerdeführer vorgebracht wurden. Die Lage im Herkunftsstaat hat sich seit der rechtskräftigen Entscheidung über den ersten Antrag auf internationalen Schutz nicht entscheidungswesentlich geändert; eine solche Änderung wurde vom Beschwerdeführer auch nicht vorgebracht.

Folglich steht dem zweiten Asylantrag die Rechtskraft der über den ersten Antrag absprechenden Entscheidungen entgegen.

3.1.3.3. § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 (Prüfung der Verletzung von Rechten nach der EMRK):

3.1.3.3.1. Als Voraussetzung für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutz normiert § 12a Abs. 2 AsylG 2005 in seiner Ziffer 3, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung für den Asylwerber keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen darf.

3.1.3.3.2. Bereits im ersten Verfahren hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson als ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde.

Auch im nunmehr zweiten Asylverfahren bzw. im Verfahren zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 ist nichts hervorgekommen, was gegen die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Heimatstaat Afghanistan im Sinne dieser Bestimmungen spricht:

3.1.3.3.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art. 2 oder 3 EMRK eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") insbesondere einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. etwa VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0053 mwN). Um von der realen Gefahr ("real risk") einer drohenden Verletzung der durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte eines Asylwerbers bei Rückkehr in seinen Heimatstaat ausgehen zu können, reicht es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist. Es bedarf vielmehr einer darüber hinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird (vgl. etwa VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479 und 23.09.2009, 2007/01/0515 mwN).

Die Außerlandesschaffung eines Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063).

Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte zu verweisen, wonach es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH 05.10.2016, Ra 2016/19/0158, mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 05.09.2013, I gegen Schweden, Appl. 61.204/09 mwH).

Es sind keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Fremden ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht. Der Beschwerdeführer hat auch solche Umstände weder in der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes noch in der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgebracht.

Auch der vom Bundesverwaltungsgericht festgestellte aktuelle Gesundheitszustand des Beschwerdeführers gibt in Zusammenschau mit den Länderfeststellungen zur medizinischen Versorgung in Afghanistan und gemessen an der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK keinen Anlass dazu, zu einem anderen Ergebnis zu kommen:

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 06.03.2008, B 2400/07, ausgesprochen, dass sich aus Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben; dennoch könnte der Transport vorübergehend oder dauernd eine Verletzung des Art 3 EMRK darstellen, etwa bei fortgeschrittener Schwangerschaft oder der Erforderlichkeit eines ununterbrochenen stationären Aufenthalts.

Zwar ist im Zuge des durchgeführten Ermittlungsverfahrens im Vorverfahren hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer an gesundheitlichen Problemen leidet. Dass der Beschwerdeführer aktuell an einer akut lebensbedrohlichen Krankheit leidet, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen ließe, konnte hingegen nicht festgestellt werden. Unbeschadet des Umstandes, dass in Afghanistan eine mit der österreichischen Behandlung vergleichbare medizinische Behandlung nicht zu erwarten ist, ist jenes sehr außergewöhnliche Ausmaß an Leidenszuständen, wie es in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte für das Vorliegen eines Abschiebehindernisses nach Art. 3 EMRK gefordert wird, im vorliegenden Fall nicht hervorgekommen.

3.1.3.3.4. Der Beschwerdeführer hat - abgesehen von einem Cousin, zu dem kein enges Verhältnis besteht - in Österreich keine familiären Bindungen und nur lose soziale Kontakte. Der Beschwerdeführer führt daher in Österreich kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben und verfügt in Österreich über keine maßgeblichen privaten Anknüpfungspunkte. Eine Abschiebung des Beschwerdeführers bedeutet demnach keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 8 EMRK.

3.1.3.3.5. Entsprechend den obigen Ausführungen stellt - nach einer Grobprüfung des Aktes - aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art. 8 EMRK gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.

3.1.4. Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig ist. Da § 22 Abs. 10 AsylG 2005 dies ausdrücklich vorsieht, war die vorliegende Entscheidung nicht mit Erkenntnis, sondern mit Beschluss zu treffen.

3.1.5. Gemäß § 22 Abs. 1 2. Satz BFA-VG war ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -
Aufhebung rechtmäßig, gesundheitliche Beeinträchtigung,
non-refoulement Prüfung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W265.2201395.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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