TE Lvwg Erkenntnis 2018/7/24 LVwG-340-19/2018-R3

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Veröffentlicht am 24.07.2018
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Entscheidungsdatum

24.07.2018

Norm

MSG Vlbg 2010 §8 Abs1
MSV Vlbg 2010 §9 Abs1 litb
ASVG §330a

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Böhler über die Beschwerde der E S, N, vertreten durch Ing W F, H, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 22.05.2018, zu Recht erkannt:

Gemäß § 28 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als es im Spruch anstatt „€ 253.947,62“ nunmehr „€ 137.543,14“ zu lauten hat.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

1.   Die Beschwerdeführerin hat um Übernahme der Unterkunfts- und Verpflegskosten im Sozialzentrum S V ab dem 01.01.2018 aus Mitteln der Mindestsicherung angesucht.

2.   Im angefochtenen Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft B ausgesprochen, dass die Unterkunfts- und Verpflegskosten im Sozialzentrum S V ab dem 01.01.2018 übernommen würden. Die Beschwerdeführerin müsse von den eigenen Einkünften einsetzen

a) 80 % der monatlichen Pensionen,

b) das Pflegegeld, soweit es 10 % der Stufe 3 übersteigt, sowie

c) 100 % des Ertrages aus dem vorhandenen Vermögen per 01.01.2018 in Höhe von € 253.947,62.

3. Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt sie im Wesentlichen vor, der unter Punkt c) angeführte Betrag des vorhandenen Vermögens sei nicht korrekt. In diesem Betrag sei der Verkaufspreis der Wohnung von 155.000 Euro mit eingerechnet. Diese Summe sei vom Treuhandkonto ohne Zinsen, einschließlich Abzug der Honorarnote von 1.404,48 am 19.03.2018 auf das Konto ihres Neffen überwiesen worden. Somit ergebe sich ein Ertrag des vorhandenen Vermögens von 98.947,62 Euro (253.947,62 Euro minus 155.000 Euro).

4.   Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Beschwerdeführerin ist pflegebedürftig und wohnt in einem Pflegeheim. Die Verpflegungskosten belaufen sich auf circa 4.500 Euro im Monat.

Die Beschwerdeführerin hatte im Jahre 2017 folgende Einkünfte:

-Alterspension 464,44 Euro im Monat

-Witwenpension 1.004,67 Euro

-Pflegegeld der Stufe 5 von 920,30 Euro.

Die Beschwerdeführerin hat Ersparnisse im Ausmaß von 98.947,62 Euro.

Die Beschwerdeführerin war Eigentümerin der Wohnung W5 (und einer Pkw-Garage) beim Objekt Ustraße in B. Mit Kaufvertrag vom 23.08.2017 wurde die Wohnung um den Kaufpreis von 155.000 Euro verkauft. Der Kaufpreis (abzüglich der Notariatskosten in der Höhe von 1.404,48 Euro) wurde am 11.09.2017 auf das Treuhandkonto und am 19.03.2018 – wie im Kaufvertrag vorgesehen – auf das Konto des Neffen der Beschwerdeführerin überwiesen.

Von diesem Verkaufserlös erhielten die Großneffen H F (am 19.4.2018) 50.000 Euro, R F (am 25.5.2018) 15.000 Euro und die Großnichte M G (am 10.4.2018) 50.000 Euro als Schenkung. Der Restbetrag im Ausmaß von 38.595,52 Euro wird vom Neffen der Beschwerdeführerin, Ing. W F, verwaltet.

Die Ersparnisse der Beschwerdeführerin betragen somit insgesamt 137.543,14 Euro.

5.   Dieser Sachverhalt wird auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf Grund der durchgeführten mündlichen Beschwerdeverhandlung als erwiesen angenommen. Dieser Sachverhalt ist unbestritten.

6.  Das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (ASVG) lautet auszugsweise:

„ABSCHNITT IIa

Verbot des Pflegeregresses

[BGBl. Nr. 189/1955 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 125/2017]

§ 330a. (Verfassungsbestimmung) Ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflege-einrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen, Erben/Erbinnen und Geschenknehmer/inne/n im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten ist unzulässig.

[…]

Weitere Schlussbestimmungen zu Art. 1 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 125/2017

[BGBl. Nr. 189/1955 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 125/2017]

§ 707a. (1) […]

(2) (Verfassungsbestimmung) § 330a samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 125/2017 tritt mit 1. Jänner 2018 in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt dürfen Ersatzansprüche nicht mehr geltend gemacht werden, laufende Verfahren sind einzustellen. Insoweit Landesgesetze dem entgegenstehen, treten die betreffenden Bestimmungen zu diesem Zeit-punkt außer Kraft. Nähere Bestimmungen über den Übergang zur neuen Rechtslage können bundesgesetzlich getroffen werden. Die Durchführungsverordnungen zu einem auf Grund dieser Bestimmung ergehenden Bundesgesetz sind vom Bund zu erlassen.“

Das Gesetz über die Mindestsicherung (MSG) lautet auszugsweise:

㤠8

Form und Ausmaß der Mindestsicherung

[LGBl.Nr. 64/2010 zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 37/2017]

(1) Mindestsicherung wird grundsätzlich in Form von Geldleistungen gewährt. […]; weiters kann eine Geldleistung an einen Hilfsbedürftigen, der nach § 5 Abs. 3 in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, durch Zahlung an den Rechtsträger der stationären Einrich-tung erbracht werden. […] Das Ausmaß der Mindestsicherungsleistung ist im Einzelfall unter Berücksichtigung eines zumutbaren Einsatzes der eigenen Kräfte, insbesondere der eigenen Arbeitskraft, und Mittel zu bestimmen.

(2) Beim Einsatz der eigenen Kräfte ist auf die persönliche und familiäre Situation des Hilfs-bedürftigen, insbesondere auf den Gesundheitszustand, das Lebensalter, die Arbeitsfähigkeit, die Zumutbarkeit einer Beschäftigung, die geordnete Erziehung der Kinder, die Führung eines Haushaltes und die Pflege von Angehörigen Bedacht zu nehmen.

(3) Die eigenen Mittel, wozu das gesamte Vermögen und Einkommen gehört, dürfen bei der Bemessung der Mindestsicherung insoweit nicht berücksichtigt werden, als dies mit der Auf-gabe der Mindestsicherung unvereinbar wäre oder für den Hilfsbedürftigen oder dessen An-gehörige eine besondere Härte bedeuten würde. Kleinere Einkommen und Vermögen, insbe-sondere solche, die der Berufsausübung dienen, sind nicht zu berücksichtigen. Bei der Ge-währung von Sonderleistungen (Hilfe in besonderen Lebenslagen) ist überdies darauf Bedacht zu nehmen, dass eine angemessene Lebensführung und die Aufrechterhaltung einer angemes-senen Alterssicherung nicht wesentlich erschwert werden.

[(4) bis (6b) […]

(7) Die Landesregierung hat durch Verordnung nähere Vorschriften über die Arten, die Form und das Ausmaß der Mindestsicherung zu erlassen; weiters darüber, inwieweit das Vermögen und das Einkommen nicht zu berücksichtigen sind. Schließlich sind nähere Vorschriften über die Arten der in Betracht kommenden integrationsfördernden Maßnahmen sowie über die In-halte der Integrationsvereinbarung zu treffen.

(8) […].“

Die Mindestsicherungsverordnung (MSV) lautet auszugsweise:

㤠6

Deckung des Lebensunterhalts

[LGBl.Nr. 71/2010 zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 40/2017]

[(1) und (2) ...]

(3) Im Falle eines Aufenthaltes in einer Kranken- oder Kuranstalt, in einer stationären Therapieeinrichtung, in einem Heim oder in einer vergleichbaren Einrichtung, wird die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes zur Abdeckung kleinerer persönlicher Bedürfnisse durch ein monatliches Taschengeld für volljährige Personen in Höhe von 22 v.H. des gemäß Abs. 1 lit. a Z. 1 vorgesehenen Mindestsicherungssatzes, für mündige Minderjährige in Höhe von 60 v.H. und für unmündige Minderjährige in Höhe von 30 v.H. des Taschengeldbetrages für volljährige Personen gewährt, soweit ein solches nicht durch andere Einkünfte oder Ansprüche gesichert ist.

[(4) bis (6) …].

[…]

§ 9

Berücksichtigung von eigenen Mitteln sowie Leistungen Dritter

[LGBl.Nr. 71/2010 zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 40/2017]

(1) Nach Maßgabe der Abs. 2 bis 6 sind bei der Ermittlung des Anspruchs auf Leistungen der Mindestsicherung

a) […],

b) ansonsten außerhalb von stationären Einrichtungen in einer Wohngemeinschaft sowie in einer stationären Einrichtung die Einkünfte und das Vermögen der hilfsbedürftigen Person sowie die ihr zur Verfügung stehenden Leistungen Dritter

zu berücksichtigen.

(2) Bei der Ermittlung des Anspruchs gemäß Abs. 1 dürfen folgende Einkünfte nicht berücksichtigt werden:

[a) bis c) …],

d) ein Pflegegeld oder andere pflegebezogene Geldleistungen, es sei denn, es handelt sich um eine Hilfe für pflegebedürftige Menschen; handelt es sich um eine Hilfe zur Deckung des Pflegeaufwands in einer stationären Einrichtung bleibt jedenfalls ein Betrag im Ausmaß von 10 v.H. des Pflegegeldes der Stufe 3 außer Ansatz,

e) bei hilfsbedürftigen Personen, die in einer stationären Einrichtung unterstützt werden und die eine Rente, eine Pension oder ein Rehabilitationsgeld bzw. ein Umschulungsgeld bei vorübergehender Invalidität bzw. Berufungsunfähigkeit beziehen, 20 v.H. der Rente, der Pension, des Ruhe- oder Versorgungsgenusses, des Rehabilitationsgeldes bzw. des Umschulungs-geldes, mindestens jedoch monatlich ein Betrag in Höhe des Taschengeldes gemäß § 6 Abs. 3 zuzüglich allfälliger Sonderzahlungen; der außer Ansatz bleibende Betrag ist auf ein Taschengeld und andere Leistungen anzurechnen,

[f) bis h) …].

(3) […]

(4) Bei der Ermittlung des Anspruchs gemäß Abs. 1 dürfen Vermögen nicht berücksichtigt werden, wenn durch deren Verwertung eine Notlage erst ausgelöst, verlängert oder deren Überwindung gefährdet werden könnte. Dies gilt für

[a) bis g) …],

h) einen Betrag bis Euro 10.000 im Rahmen der stationären Mindestsicherung; dieser Freibetrag gilt im Falle des Todes nur insoweit, als er zur Bestreitung der Todfallkosten verwendet wird.

[(5) und (6) …]“

7.   Die Beschwerdeführerin wird in einem Pflegeheim betreut. Sie hat Mindestsicherung zur Übernahme der Unterkunfts- und Verpflegskosten ab dem 1.1.2018 beantragt.

Im vorliegenden Fall geht es um die Frage, in welchem Umfang die Ersparnisse der Beschwerdeführerin bei der Berechnung des Mindestsicherungsanspruches (als Erträge aus dem vorhandenen Vermögen) berücksichtigt werden dürfen.

Dabei ist von Bedeutung, dass die Beschwerdeführerin einen (größeren) Teil ihrer Ersparnisse an ihre Großneffen und ihre Großnichte im Gesamtausmaß von 115.000 Euro verschenkt hat. Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes darf dieser Betrag (samt den aufgelaufenen Notariatskosten) bei der Berechnung der Mindestsicherung nicht berücksichtigt werden.

Der § 330a ASVG verbietet den Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommen Personen, deren Angehörigen, Erben und Geschenknehmer im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten (Verbot des Pflegeregresses).

Dieses Verbot des Pflegeregresses ist am 01.01.2018 in Kraft getreten. Ab diesem Zeitpunkt dürfen Ersatzansprüche nicht mehr geltend gemacht werden und laufende Verfahren sind ein-zustellen.

Eine Berücksichtigung des von der Beschwerdeführerin verschenkten Betrages (samt den Notariatskosten) ist nunmehr nicht zulässig, da dies dem Verbot des Pflegeregresses widersprechen würde.

Aus diesem Grund war der Spruch diesbezüglich auf jenen Teil der Ersparnisse der Beschwerdeführerin einzuschränken, der von der Beschwerdeführerin nicht verschenkt worden ist.

8.   Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Pflegeregressverbot, Verschenkung von Vermögen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2018:LVwG.340.19.2018.R3

Zuletzt aktualisiert am

02.08.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
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