Entscheidungsdatum
13.07.2018Norm
BFA-VG §18Spruch
W221 2200846-1/3E
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.05.2018, Zl. 1091821902-171208405, zu Recht:
A)
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 18 Abs. 2 und 5 BFA-VG stattgegeben und dieser Spruchpunkt VII. gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Syrien und stellte am 24.10.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Urteil des zuständigen Landesgerichts vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs. 2 StGB und des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, weil er sich in Syrien der Terrorgruppe Al-Nusra-Front angeschlossen hat, sich von dieser zumindest zeitweilig bewaffnen und ausrüsten hat lassen, an der Anfertigung von Propagandafotos mitgewirkt hat und auf seiner frei zugänglichen Seite im sozialen Netzwerk facebook für einen Beitritt zu dieser Organisation und deren Ziele geworben sowie deren Maßnahmen als "heiligen Krieg" dargestellt hat und sich dadurch im Wissen darum, dass er dadurch die Vereinigung und deren strafbaren Handlungen fördert, als Mitglied an einer terroristischen Vereinigung beteiligt. Mildernd wurden dabei sein bisher ordentlicher Lebenswandel, erschwerend das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen sowie die Tatwiederholung innerhalb des zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit zusammengefassten Verbrechens der terroristischen Vereinigung gewertet.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.05.2018, zugestellt am 14.05.2018, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 3 Z 2 iVm § 2 Z 13 und § 6 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 wurde sein Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt V.). Festgestellt wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Syrien gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 und § 52 Abs. 9 FPG unzulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 6 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Der Beschwerde wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.). Darüber hinaus wurde festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht.
Der Beschwerdeführer ist mittlerweile aus der Strafhaft entlassen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt und sind unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl abzuerkennen, wenn (1.) die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist, (2.) der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder (3.) Fluchtgefahr besteht.
Im Bescheid des Bundesamtes wurde die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung damit begründet, dass der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstelle.
§ 18 Abs. 5 BFA-VG verpflichtet das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
§ 18 Abs. 5 BFA-VG nimmt nur Bezug auf den Herkunftsstaat des Fremden, jedoch hat schon das Bundesamt in Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides ausgesprochen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Syrien derzeit nicht zulässig ist; dies begründet das Bundesamt (richtigerweise) damit, dass derzeit für den Beschwerdeführer das Risiko einer Verletzung seiner Rechte ua. nach Art. 3 EMRK im Falle einer Abschiebung nach Syrien aufgrund des in Syrien derzeit herrschenden Bürgerkrieges besteht.
Nun hat aber der Verwaltungsgerichtshof (VwGH 13.12.2017, Ro 2017/19/0003) - wenn auch zur Rechtslage vor BGBl. I 84/2017 - ausgesprochen, dass die Entscheidung über die Zuerkennung bzw. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung ist.
Daher darf die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG nur aberkannt werden, wenn die Voraussetzungen für die Aberkennung gegeben sind und darüber hinaus nicht die Voraussetzungen für die Zuerkennung durch das Bundesverwaltungsgericht nach § 18 Abs. 5 BFA-VG vorliegen. Dass diese jedoch vorliegen, hat bereits das Bundesamt erkannt, indem es ausgesprochen hat, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Syrien aufgrund von Art. 3 EMRK unzulässig ist.
Es ist daher der Beschwerde stattzugeben und Spruchpunkt VII. des gegenständlichen Bescheides ersatzlos zu beheben. Der Beschwerde kommt daher aufschiebende Wirkung zu.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Verhältnis der Absätze 2 und 5 des § 18 BFA-VG fehlt. Insbesondere ist nicht geklärt, ob die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde zulässig ist, wenn gleichzeitig festgestellt wurde, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers unzulässig ist.
Schlagworte
Aberkennungstatbestand, aufschiebende Wirkung, Diebstahl,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W221.2200846.1.00Zuletzt aktualisiert am
02.08.2018