TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/17 W239 2173632-1

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Veröffentlicht am 17.07.2018
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Entscheidungsdatum

17.07.2018

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5 Satz1
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W239 2173632-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Afghanistan alias Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.09.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-VG wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin stellte im österreichischen Bundesgebiet am 05.05.2017 unter der Identität XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Eine EURODAC-Abfrage ergab keinen Treffer. Die Beschwerdeführerin verfügte laut VIS-Abfrage unter der Identität XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, über ein von 12.04.2017 bis 10.07.2017 gültiges Schengen-Visum Typ C, ausgestellt am 12.04.2017 von der französischen Vertretungsbehörde in New Delhi/Indien.

Zuvor wurde ihr von der griechischen Botschaft in New Delhi ein am 09.11.2016 beantragtes Visum und von der österreichischen Botschaft in New Delhi ein am 31.03.2017 beantragtes Visum verweigert.

Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag (05.05.2017) gab die Beschwerdeführerin an, der Erstbefragung ohne Probleme folgen zu können. In Österreich seien eine Tochter und drei Enkel aufhältig. Zu ihrer Reiseroute führte sie aus, dass sie über ihr unbekannte Länder nach Österreich gereist sei. Über die durchreisten Länder könne sie keine Angaben machen. Ihre Heimat habe sie wegen den Taliban verlassen. Vorgehalten, dass in der VIS-Datenbank zu ihrer Person unter einer indischen Identität ein Treffer vorliege, erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie nie ein Visum in Indien beantragt habe. Sie habe einen indischen Namen, spreche die indische Sprache, sei aber in Afghanistan geboren und habe dort gewohnt. Die afghanische Sprache spreche sie nicht.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) richtete am 08.05.2017 ein auf Art. 12 Abs. 2 oder Abs. 3 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) gestütztes Aufnahmeersuchen an Frankreich, welchem die französische Dublin-Behörde mit Schreiben vom 29.06.2017 gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO ausdrücklich zustimmte.

Nach durchgeführter Rechtsberatung fand am 25.08.2017 im Beisein eines Rechtsberaters und der Vertretung der bevollmächtigten Beschwerdeführerin die niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführerin vor dem BFA statt. Dabei erklärte die Beschwerdeführerin zu Beginn über Nachfrage, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, Angaben zu machen. Zu ihrem Gesundheitszustand befragt gab sie an, in psychologischer Behandlung zu stehen. Sie nehme regelmäßig folgende Medikamente ein: Xyzall 5 mg Filmtabletten [Anm. BVwG: gegen allergischen Schnupfen, Nesselausschlag], Trittico Retard 150 mg Tabletten [Anm. BVwG:

Antidepressivum] und Ramipril/HCT Hexal 2,5 mg/12,5 mg Tabletten [Anm. BVwG: Blutdrucksenkendes Mittel]. Sie vergesse oft Sachen und müsse viel nachdenken, um sich an Sachen zu erinnern. Die Beschwerdeführerin wurde daher einer PSY-III-Untersuchung zugewiesen.

Zu ihrer Person führte die Beschwerdeführerin aus, sie sei in Afghanistan geboren, sei afghanische Staatsangehörige, sei verwitwet und sie lebe derzeit gemeinsam mit ihrer in Österreich asylberechtigten Tochter und deren Familie im gemeinsamen Haushalt. Sie sei dort sehr glücklich. Sie werde von der Tochter auch finanziell unterstützt. Die gesamte Familie kümmere sich um sie, und zwar bei Arztterminen und Einkäufe und auch überall sonst. Sie seien alle sehr glücklich, dass sie wieder zusammen seien.

Befragt, ob ein Abhängigkeitsverhältnis zu ihrer Tochter bestehe, erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie von der Tochter und ihrer Familie Essen, Bekleidung und Taschengeld bekomme. Zudem habe sie einmal € 250,-- von der Caritas erhalten. Weitere Verwandte gebe es in Österreich oder der EU nicht.

Zum französischen Visum gab die Beschwerdeführerin an, dass sie den Anweisungen ihres Schleppers gefolgt sei; sie selbst habe nie ein Dokument gehabt. Zur beabsichtigten Vorgehensweise des BFA, sie aufgrund des französischen Visums und der vorliegenden Zustimmung Frankreichs dorthin zu überstellen, führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie in Frankreich niemanden habe. Nach langer Zeit sei sie wieder in Österreich mit ihrer Familie zusammen. Ihre Familie kümmere sich um sie. Sie sei krank und vergesslich und ihre Familie unterstütze sie bei der ärztlichen Behandlung. Wenn sie nach Frankreich müsse, werde sich dort niemand um sie kümmern. Ihr Mann und ihr Sohn seien getötet worden, sie wolle bei ihrer Tochter und den Enkeln in Österreich bleiben. Sie wisse, dass man sich das Land des Asylverfahrens nicht aussuchen könne.

Vorgehalten, dass ihre Aussagen zum Visum nicht glaubhaft seien, da zuvor bereits zwei ihrer Visaanträge abgelehnt worden seien und es daher nicht nachvollziehbar sei, dass sie von all dem nichts gewusst habe, gab sie an, dass alles vom Schlepper organisiert worden sei und sie wirklich keine Ahnung habe. Zu den Länderberichten zu Frankreich wolle sie keine Stellungnahme abgeben.

Zur Frage, inwiefern die aufenthaltsbeendende Maßnahme in ihr Familien- und Privatleben eingreife, wiederholte die Beschwerdeführerin, dass sie außerhalb Österreichs niemanden habe. Ihre Tochter und deren Familie seien das Einzige und das Wertvollste für sie auf der Welt. Ihre mitgereiste Enkeltochter sei ihr sehr verbunden. Wenn die Beschwerdeführerin darüber nachdenke, dass sie Österreich wieder verlassen müsse, belaste sie das emotional sehr und ihre Enkeltochter fange dann an zu weinen.

Die bevollmächtigte Vertretung der Beschwerdeführerin beantragte die Zulassung des Verfahrens in Österreich und führte dazu Folgendes aus: Bei der Beschwerdeführerin handle es sich um eine äußerst vulnerable ältere Dame, die in Österreich in psychiatrischer Behandlung stehe. Sie habe in ihrem Herkunftsstaat ihren Ehemann und ihren Sohn verloren, eine weitere Tochter sei verschleppt worden. Ihre einzigen lebenden Angehörigen würden sich in Österreich befinden. Die Beschwerdeführerin habe heute bewiesen, dass zwischen den Familienangehörigen ein überdurchschnittliches wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis bestehe. Ihre mitgereiste Enkeltochter sei emotional abhängig von ihrer Großmutter, weil diese seit etwa drei Jahren nur mehr mit der Beschwerdeführerin zusammengelebt habe. Eine Trennung sei keinesfalls im Sinne des Kindeswohls. Zum Beweis des bestehenden Abhängigkeitsverhältnisses werde die Einvernahme der Tochter der Beschwerdeführerin beantragt. Die Länderfeststellungen zu Frankreich würden zur Kenntnis genommen werden. Diverse Länderberichte würden von einer äußerst mangelhaften Versorgungssituation in Frankreich berichten. Eine Überstellung der Beschwerdeführerin greife in ihr Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK ein und es sei das Verfahren daher in Österreich zuzulassen. Die Beschwerdeführerin habe ihr Heimatland aufgrund derselben Gründe wie ihre hier in Österreich lebenden Familienangehörigen verlassen, eine Führung des Verfahrens in Österreich sei daher im Sinne des Effizienzgebotes.

Der anwesende Rechtsberater stellte keine weiteren Fragen und gab keine Stellungnahme ab.

Von der Beschwerdeführerin wurden folgende Dokumente vorgelegt:

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Laborbefund vom 04.08.2017

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Terminerinnerungen für Termine am 13.09. und 22.09. bei AmberMed

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Familienfoto

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Reisepass (Konventionspass) bzw. Aufenthaltsberechtigungskarte der in Österreich aufhältigen Angehörigen der Beschwerdeführerin

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Unterstützungsschreiben der Enkel

Dem vom BFA in Auftrag gegebenen PSY-III-Gutachten vom 11.09.2017 lässt sich folgende psychologische Schlussfolgerung entnehmen:

"Depression, leicht bis mittelgradige Episode, F 32.0 bis 32.1" Sonstige psychische Krankheitssymptome würden nicht vorliegen. Als therapeutische und medizinische Maßnahme wurde angeraten:

"Unterstützend könnte ein Antidepressivum aus der Gruppe der SSRI sein." Eine vorrübergehende Verschlechterung bei einer Überstellung sei nicht sicher auszuschließen. Eine akute Suizidalität sei derzeit nicht fassbar.

Der Beschwerdeführerin wurde im Rahmen des Parteiengehörs die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt. Mit Schreiben vom 18.09.2017, eingelangt beim BFA am 20.09.2017, wurde seitens der Vertretung darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin an einer Depression leide. Die Länderfeststellungen zu Frankreich würden von einer äußerst mangelhaften Versorgungssituation in Frankreich berichten; es bestehe daher die reale Gefahr der Verletzung der Rechte nach Art. 3 EMRK. Die Beschwerdeführerin sei als äußerst vulnerable Person einzustufen. Eine Überstellung nach Frankreich sei mit Art. 3 EMRK nur dann vereinbar, wenn ihr Unterbringung und Versorgung konkret garantiert würden. Gemäß Art. 8 EMRK und Art. 24 GRC sei auch die Familiensituation der Beschwerdeführerin zu beachten. So sei nach Art. 24 GRC das Kindeswohl die vorrangige Erwägung. Die Beschwerdeführerin habe sich gemeinsam mit ihrer Enkeltochter in ihrem Herkunftsstaat aufgehalten und habe mit dieser bereits seit drei Jahren zusammengelebt. Es bestehe ein überdurchschnittliches wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis. Im Falle einer Überstellung nach Frankreich müsse die Beschwerdeführerin alleine in Frankreich leben. Im Hinblick auf ihre Depression und ihre Erlebnisse in ihrem Herkunftsstaat sei ihr ein einsames Leben in Frankreich nicht zumutbar. Außerdem würde es sich dabei um einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Kindeswohl bzw. in das Privatleben der Enkelin handeln. Daher werde ersucht, das Asylverfahren in Österreich zuzulassen.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 22.09.2017 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Frankreich gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei (Spruchpunkt I.). Zudem wurde gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG gegen die Beschwerdeführerin die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Frankreich zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Zur Lage in Frankreich traf das BFA folgende Feststellungen (unkorrigiert):

Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (OFPRA 11.2015; AIDA 12.2015; USDOS 13.4.2016).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (12.2015): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_update_iv.pdf, Zugriff 22.11.2016

-

OFPRA - Office française de protection des réfugiés et apatrides (11.2015): Guide for Asylum Seekers in France, https://ofpra.gouv.fr/sites/default/files/atoms/files/guide-da-france_anglais.pdf, Zugriff 22.11.2016

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - France, https://www.ecoi.net/local_link/322531/462008_de.html, Zugriff 22.11.2016

Dublin-Rückkehrer

Anträge von Dublin-Rückkehrern werden wie jeder andere Asylantrag behandelt. Kommt der Betreffende aus einem sicheren Herkunftsstaat, wird das beschleunigte Verfahren angewandt. Hat der Rückkehrer bereits eine endgültig negative Entscheidung der 2. Instanz (CDNA) erhalten, kann er einen Folgeantrag stellen, so dieser neue Elemente enthält. Dublin-Rückkehrer werden wie normale Asylwerber behandelt und haben daher denselben Zugang zu Unterbringung im regulären bzw. beschleunigten Verfahren wie alle anderen (AIDA 12.2015).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (12.2015): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_update_iv.pdf, Zugriff 22.11.2016

Vulnerable

Im Rahmen der Asylreform vom 2015 wurden spezifische Bestimmungen zur Identifizierung von Asylwerbern mit speziellen Bedürfnissen, als völlig neues Element im Asylverfahren, eingeführt. Für die Überprüfung der Vulnerabilität und der speziellen Bedürfnisse der Antragssteller ist das Französische Büro für Immigration und Integration (Office français de l'immigration et de l'intégration - OFII) zuständig. Dieses Verfahren wird im Rahmen eines Interviews, nach der Asylantragsstellung bei allen Asylwerbern, von speziell für dieses Verfahren ausgebildeten Referenten durchgeführt. Sollten sich die speziellen Bedürfnisse im Laufe des Asylverfahrens herausstellen, sind sie zu berücksichtigen. Als vulnerabel werden laut den Richtlinien folgende beurteilt: UMA, Alte, Schwangere, Opfer des Menschenhandels, von Folter und Vergewaltigungen oder Opfer von psychologischen, physischen oder sexuellen Gewalt. Es wird jedoch angemerkt, dass in der Praxis während des Interviews in erster Linie die sichtbare Vulnerabilität festgestellt wird. Die über die Vulnerabilität vorhandenen Daten werden an das Französische Amt für Schutz von Flüchtlingen und Staatenlosen (Office français de protection des réfugiés et des apatrides - OFPRA) weitergeleitet (AIDA 12.2015). Wenn der Asylwerber über medizinische Befunde aus dem Heimatland verfügt, entscheidet ein Arzt beim OFII über die weitere Vorgehensweise (OFPRA 11.2016). Im Asylverfahren können von OFPRA aufgrund der besonderen Bedürfnissen oder Vulnerabilität besondere Verfahrensgarantien (Berücksichtigung spezieller Bedürfnisse bei Unterbringung und Asylverfahren; Befreiung vom Schnellverfahren, usw.) gewährt werden. Obwohl rechtlich nicht vorgesehen, bieten manche Unterbringungszentren trotzdem separate Unterbringungseinheiten für Vulnerable an. In den CADA werden meist Vulnerable untergebracht, deren Vulnerabilität offensichtlich ist, also Familien mit Kleinkindern, Schwangere und Alte. Man hoffte durch die Asylreform auch vermehrt nicht offensichtliche Vulnerabilität besser erkennen zu können. 2014 waren 83,8% der Neuankömmlinge in CADA Familien (AIDA 12.2015).

Quellen:

-

OFPRA - Office française de protection des réfugiés et apatrides (11.2015): Guide for Asylum Seekers in France, https://ofpra.gouv.fr/sites/default/files/atoms/files/guide-da-france_anglais.pdf, Zugriff 22.11.2016

Non-Refoulement

Menschenrechtsgruppen kritisieren regelmäßig die strikt dem Gesetz folgende Abschiebepraxis Frankreichs (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - France, https://www.ecoi.net/local_link/322531/462008_de.html, Zugriff 22.11.2016

Versorgung

Im Rahmen der Asylreform 2015 wurden die folgenden Punkte des französischen Asylgesetzes in Hinsicht auf die Versorgung verändert:

Laut der neuen Regelung sollen die materiellen Aufnahmebedingungen an alle Asylwerber (inkl. Asylwerber im beschleunigten und im Dublin-Verfahren) angeboten werden, mit der einzigen Ausnahme, dass Antragssteller nach dem Dublin-Verfahren keinen Zugang zu Unterbringungszentren für Asylwerber (Centre d'Accueil pour Demandeurs d'Asile - CADA) haben. Darüber hinaus wurden neue nationale Aufnahmestrukturen eingeführt, für die das Französische Büro für Immigration und Integration (Office français de l'immigration et de l'intégration - OFII) zuständig ist. Der Fokus liegt dabei hauptsächlich auf der Unterbringung. Parallel und in Übereinstimmung mit den nationalen Aufnahmestrukturen werden regionale Vorschriften definiert und von den Präfekten in jeder Region umgesetzt. Weiters wurde eine neue Beihilfe für Asylwerber (Allocation pour demandeurs d'asile - ADA) eingeführt, die die vorherige monatliche Zahlung (Allocation Mensuelle de Subsistance, AMS) bzw. die temporäre Wartezeitzulage (Allocation Temporaire d'Attente, ATA) ersetzt (AIDA 12.2015).

Asylwerber haben nur dann Zugang zum Arbeitsmarkt während des Asylverfahrens, wenn OFPRA den Asylantrag innerhalb von neun Monaten nicht bearbeitet und diese Verzögerung nicht vom Antragssteller verschuldet wurde (AIDA 12.2015; vgl. OFPRA 11.2016).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (12.2015): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_update_iv.pdf, Zugriff 22.11.2016

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OFPRA - Office française de protection des réfugiés et apatrides (11.2015): Guide for Asylum Seekers in France, https://ofpra.gouv.fr/sites/default/files/atoms/files/guide-da-france_anglais.pdf, Zugriff 22.11.2016

Medizinische Versorgung

Eine medizinische Erstuntersuchung bei Ankunft im Unterbringungszentrum ist verpflichtend und muss laut der neuen Asylreform innerhalb von 15 Tagen durchgeführt werden (AIDA 12.2015).

Asylwerber im ordentlichen Verfahren haben Anspruch auf die allgemeine Krankenversorgung (Couverture Maladie Universelle - CMU). Wenn der Asylwerber über keine Mittel verfügt, ist dieser Zugang für ihn kostenlos. Asylwerber im beschleunigten und im Dublin-Verfahren erhalten nunmehr eine Bestätigung über ihr laufendes Asylverfahren und haben damit auch Zugang zur CMU (früher war ihnen nur der Zugang zur staatlichen medizinischen Hilfe (Aide Médicale d'Etat - AME) gestattet). Da die rechtlichen Bestimmungen dazu fehlen, bleibt also abzuwarten, ob diese Maßnahme tatsächlich auch in die Praxis umgesetzt wird. Zugang zur AME (nach drei Monaten Aufenthalt in Frankreich möglich) ist für AW auch weiterhin möglich, selbst wenn andere Sozialleistungen reduziert oder entzogen worden sein sollten. Während der Wartezeit auf den Zugang zu CMU oder AME besteht immer Zugang zu den sogenannten PASS-Diensten (Tages-Gesundheitszentren) der öffentlichen Spitäler. Als größte Schwierigkeiten beim Zugang zu effektiver Gesundheitsversorgung für AW werden administrative Probleme, fehlendes Wissen über die Rechte der AW und die Sprachbarriere genannt (AIDA 12.2015; vgl. OFPRA 11.2016).

Zugang zu mentaler Gesundheitsversorgung wird von der Gesetzgebung nicht explizit erwähnt, AW können aber im Rahmen der CMU oder AME theoretisch psychiatrische oder psychologische Hilfe in Anspruch nehmen. Viele Therapeuten nehmen jedoch keine nicht-frankophonen Patienten. Traumatisierte oder Opfer von Folter können sich von einigen NGOs betreuen lassen, die sich speziell diesen Themen widmen, z.B. Primo Levi in Paris oder die Osiris-Zentren in Marseille, Mana in Bordeaux, das Forum réfugiés-Cosi Essor-Zentrum in Lyon oder Awel in La Rochelle. Die Zahl dieser spezialisierten Zentren in Frankreich ist aber gering und ungleich verteilt und kann den wachsenden Bedarf nicht decken (AIDA 12.2015).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (12.2015): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_update_iv.pdf, Zugriff 22.11.2016

-

OFPRA - Office française de protection des réfugiés et apatrides (11.2015): Guide for Asylum Seekers in France, https://ofpra.gouv.fr/sites/default/files/atoms/files/guide-da-france_anglais.pdf, Zugriff 22.11.2016

Unterbringung

Im März 2015 standen 258 Unterbringungszentren für Asylwerber (Centre d'Accueil pour Demandeurs d'Asile - CADA), 1 spezielles Zentrum für UMA, 2 Transitzentren und weitere Notunterkünfte zur Verfügung. Die Gesamtaufnahmekapazität betrug ca. 48.100 Plätze. Es besteht jedoch ein kontinuierlicher Mangel an Unterkünften für Schutzsuchende. Asylwerber werden nicht immer dort untergebracht, wo sie ihren Asylantrag stellen. Sie müssen deshalb innerhalb von 5 Tagen in dem zugeteilten Unterkunftszentrum erscheinen, ansonsten werden die weiteren Beihilfen für Asylwerber (Allocation pour demandeurs d'asile - ADA) entzogen.

Die Plätze in den CADA werden vom OFII zugeteilt und bis auf Personen im Dublin-Verfahren werden Asylwerber dort untergebracht. Im Jahr 2014 betrug die durchschnittliche Aufenthaltsdauer im CADA ca. 534 Tage. Lehnt der Antragssteller den Platz ab, enthält er auch keine ADA. Gibt es temporär keinen Platz in einem CADA, kommt der Asylwerber auf eine Warteliste und wird in der Zwischenzeit an eine provisorische Unterbringung vermittelt. Aufgrund des Platzmangels sind die Betroffenen jedoch oft auf Nachtquartiere angewiesen oder sie werden obdachlos. Die neue Asylreform versucht diesem Phänomen gegenzusteuern. 2015 wurde die Errichtung weiterer 4.200 Plätze geplant (AIDA 12.2015).

Es gibt in Frankreich 2 Transitzentren zur temporären Erstaufnahme von Asylwerbern und ihre Verteilung im nationalen Unterbringungssystem. Das Zentrum in Villeurbanne verfügt über 220, jenes in Ctéteil über 80 Plätze. Unter bestimmten Umständen können hier auch Personen im Dublin-Verfahren oder Schnellverfahren für eine bestimmte Zeit untergebracht werden (AIDA 12.2015).

Aufgrund des Mangels an Aufnahmekapazitäten in CADA können Asylwerber auch in Notfallzentren untergebracht werden. Dabei wird es zwischen den temporären Aufnahmezentren (accueil temporaire - service de l'asile - AT-SA) und Notunterkünften für Asylwerber (hébergement d'urgence dédié aux demandeurs d'asile - HUDA) unterschieden. AT-SA verfügen über 2.800 Plätze (bis Ende 2015 sollen 4.000 zusätzliche Plätze hinzukommen. HUDA verfügen im Notfall über bis zu 19.600 Plätze (AIDA 12.2015).

In einigen Regionen entstanden in den letzten Jahren illegale Lager, etwa in Städten wie Paris, Bordeaux und Calais. Dort leben illegale Migranten, aber auch Asylwerber oft monatelang unter schlechten Bedingungen. Die meisten Personen wollen in Frankreich keinen Asylantrag stellen, sondern warten auf eine Weiterreise nach Großbritannien. Demnach haben sie aber auch keinen Zugang zur staatlichen Versorgung in Frankreich. Diese Lager werden von den Behörden immer wieder aufgelöst, aber es gibt bisher noch keine dauerhafte Lösung (AIDA 12.2015).

Mittlerweile gibt es in ganz Frankreich 450 Erstaufnahmezentren, in denen für Neuankommende aus Calais rund 7.500 Plätze zur Verfügung stehen. 85% davon wurden in Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohnern vor allem in bereits vorhandenen, leerstehenden Gebäuden geschaffen. Dort gibt es Unterbringung, Verpflegung und Betreuung. Nach Vorstellung des Innenministers sollen die Migranten nur wenige Monate in den Zentren verbringen, ehe sie ihren Asylantrag stellen. Besonderes Augenmerk liegt auf der Situation von unbegleiteten Minderjährigen, für die ein eigener Bereich zur Registrierung geschaffen wurde. Bislang wurden über 400 Minderjährige in provisorische Zentren im Umfeld des Lagers gebracht. Gemeinsam mit den dort befindlichen 200 weiteren unbegleiteten Minderjährigen warten sie auf die Prüfung der familiären Anknüpfungspunkte nach Großbritannien. Großbritannien hat sich dazu verpflichtet, unbegleitete Minderjährige mit familiären Verbindungen zu übernehmen und bis Ende Oktober 2016 bereits rund 300 unbegleitete Minderjährige übernommen (ÖB 25.10.2016).

Wenn sich Asylsuchende aufgrund des Grenzverfahrens in den Wartezonen befinden, müssen sie dort untergebracht werden. Am Flughafen Roissy CDG gibt es 160 Plätze. In anderen Wartezonen werden Asylsuchende entweder in den naheliegenden Unterbringungsmöglichkeiten, wie einfache Hotels, oder in den Räumlichkeiten der jeweiligen Polizeistation untergebracht, solange überprüft wird, ob sie in das Land einreisen und einen Asylantrag stellen dürfen (AIDA 12.2015).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (12.2015): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_update_iv.pdf, Zugriff 22.11.2016

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ÖB Paris (25.10.2016): Auskunft der Botschaft, per E-Mail

Begründend führte das BFA im Wesentlichen aus, dass der Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen sei, weil gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO Frankreich für die Prüfung des Asylantrages zuständig sei. Aufgrund des vorliegenden französischen Visums und der Zustimmungserklärung Frankreichs stehe die Zuständigkeit Frankreichs fest.

Die Beschwerdeführerin leide an einer Depression, leicht bis mittelgradige Episode (F 32.0 bis 32.1). Es könne nicht festgestellt werden, dass sonstige schwere psychische Störungen und/oder schwere oder ansteckende Krankheiten bestehen würden. Eine asylberechtigte Tochter der Beschwerdeführerin und deren Familie sei in Österreich aufhältig. Die Beschwerdeführerin lebe mit diesen seit Anfang Mai 2017 im gemeinsamen Haushalt und werde von ihnen unterstützt. Ein existenzielles Abhängigkeitsverhältnis bestehe jedoch nicht.

Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO ergeben.

3. Gegen den Bescheid des BFA vom 22.09.2017 erhob die Beschwerdeführerin durch ihre Vertretung rechtzeitig das Rechtmittel der Beschwerde und hielt fest, dass der Bescheid zur Gänze angefochten werde. Gleichzeitig wurde der Antrag gestellt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Inhaltlich wurde auf das bereits erstattete Vorbringen verwiesen und abermals ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin verwitwet sei und mit ihrer in Österreich asylberechtigten Tochter zusammenlebe. Sie sei von ihrer Tochter, mit der sie bereits auch in ihrem Heimatland zusammengelebt habe, abhängig und werde von dieser auch finanziell unterstützt. Die Familie ihrer Tochter kümmere sich um die Beschwerdeführerin und unterstütze sie bei Arztterminen und Einkäufen. Sie bekomme von ihren Familienangehörigen Essen, Bekleidung, Taschengeld und sei auf deren Unterstützung dringend angewiesen. Sie habe auch ein sehr inniges Verhältnis zu ihrer Enkeltochter, die ebenfalls den dringenden Wunsch habe, dass die Beschwerdeführerin in Österreich bleibe. Demgegenüber habe sie in Frankreich weder Freunde noch Bekannte oder Familienangehörige. Auch spreche sie die französische Sprache nicht. Aufgrund ihres Alters und ihres schlechten Gesundheitszustandes sei sie als vulnerable Person anzusehen. Eine Überstellung nach Frankreich sei daher nur zulässig, wenn Frankreich eine entsprechende Einzelzusicherung für ihre Unterkunft und ihre Versorgung abgebe.

4. Am 16.11.2017 wurde die Beschwerdeführerin nach Frankreich überstellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin stellte im österreichischen Bundesgebiet am 05.05.2017 unter der Identität XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Sie verfügte laut VIS-Abfrage unter der Identität XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, zum Zeitpunkt der Asylantragstellung am 05.05.2017 über ein gültiges Schengen-Visum Typ C (Gültigkeitszeitraum von 12.04.2017 bis 10.07.2017), ausgestellt am 12.04.2017 von der französischen Vertretungsbehörde in New Delhi/Indien.

Zuvor wurde ihr von der griechischen Botschaft in New Delhi ein am 09.11.2016 beantragtes Visum und von der österreichischen Botschaft in New Delhi ein am 31.03.2017 beantragtes Visum verweigert.

Das BFA richtete am 08.05.2017 ein auf Art. 12 Abs. 2 oder Abs. 3 Dublin-III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Frankreich, welchem die französische Dublin-Behörde mit Schreiben vom 29.06.2017 gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO ausdrücklich zustimmte.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Lage im Mitgliedstaat Frankreich an.

Besondere, in der Person der Beschwerdeführerin gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Frankreich sprechen, liegen nicht vor.

Die Beschwerdeführerin leidet unter einer Depression, leicht- bis mittelgradige Episode (F 32.0 bis 32.1) und unter Bluthochdruck. Sie steht in medikamentöser Behandlung. Die Überstellbarkeit der Beschwerdeführerin, im Sinne der Reisefähigkeit, ist jedenfalls gegeben. Aus ärztlicher Sicht ist die Einnahme eines Antidepressivums aus der Gruppe der SSRI anzuraten. Diese Behandlungsmöglichkeit besteht in Frankreich und es ist bei Inanspruchnahme dieser Möglichkeiten nicht davon auszugehen, dass sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin im Falle einer Überstellung nach Frankreich verschlechtert. Würde die genannte Behandlung der Beschwerdeführerin nicht zur Verfügung stehen, würde sie dennoch nicht in einen lebensbedrohlichen Zustand geraten.

In Österreich lebt die erwachsene, asylberechitgte Tochter der Beschwerdeführerin mit ihrem Ehemann und ihren minderjährigen Kinden. Die Beschwerdefürherin wohnte mit diesen bis zur erfolgten Überstellung nach Frankreich im gemeinsamen Haushalt. Eine finanzielle Abhängigkeit von der Tochter ist nicht gegeben, da die Beschwerdeführerin Leistungen des Grundversorgungssystems in Anspruch nahm. Ebenso wenig liegt eine Abhängigkeit der Beschwerdeführerin von ihrer Tochter im Sinne einer besonderen Pflegebedürftigkeit vor.

Am 16.11.2017 wurde die Beschwerdeführerin nach Frankreich überstellt.

2. Beweiswürdigung:

Auf Grund des vorliegenden Treffers in der VIS-Datenbank steht fest, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Asylantragstellung am 05.05.2017 über ein vom 12.04.2017 bis zum 10.07.2017 gültiges Schengen-Visum Typ C, ausgestellt am 12.04.2017 von der der französischen Vertretungsbehörde in New Delhi/Indien, verfügte. Aus der VIS-Datenbank lässt sich weiters die Verweigerung der griechischen und der österreichischen Botschaft zu den zuvor gestellten Visaanträgen der Beschwerdeführerin entnehmen.

Die Feststellung bezüglich der Zustimmung zur Aufnahme der Beschwerdeführerin seitens Frankreichs ergibt sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen der österreichischen und der französischen Dublin-Behörde. Der diesbezügliche Schriftwechsel ist Teil des Verwaltungsaktes.

Die Gesamtsituation des Asylwesens in Frankreich resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Frankreich auch Feststellungen zur französischen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf "Dublin-Rückkehrer") samt dem dortigen jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelwege getroffen.

Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das französische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die Sicherheitslage von Asylsuchenden in Frankreich den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen.

Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen in Frankreich hat die Beschwerdeführerin nicht vorgebracht.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ergeben sich aus den Einvernahmen, aus den vorgelegten ärztlichen Schreiben sowie aus der vom BFA eingeholten gutachterlichen Stellungnahme. Diesbezüglich wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

Die Feststellungen zu familiären und sozialen Anknüpfungspunkten beruhen auf den Angaben der Beschwerdeführerin sowie auf Abfragen des Zentralen Melderegisters und des Betreuungsinformationssystems. Von der beantragten Zeugeneinvernahme der Tochter der Beschwerdeführerin konnte Abstand genommen werden, da sich aus dem Akteninhalt (insbesondere aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und den vorliegenden medizinischen Unterlagen) ausreichend Informationen ergeben, um den entscheidungsrelevanten Sachverhalt festzustellen.

Der Umstand der am 16.11.2017 erfolgten Überstellung der Beschwerdeführerin nach Frankreich lässt sich dem im Akt befindlichen Bericht der zuständigen Landespolizeidirektion vom selben Tag entnehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I 70/2015 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. ...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

..."

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I 70/2015 lautet:

"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I 70/2015 lautet:

"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."

Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin-III-VO lauten:

"Artikel 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Artikel 7

Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Artikel 12

Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa

(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:

a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;

b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;

c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.

(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.

Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

(5) Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel oder das Visum aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von gefälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten erteilt wurde, hindert nicht daran, dem Mitgliedstaat, der den Titel oder das Visum erteilt hat, die Zuständigkeit zuzuweisen. Der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat, ist nicht zuständig, wenn nachgewiesen werden kann, dass nach Ausstellung des Titels oder des Visums eine betrügerische Handlung vorgenommen wurde.

Artikel 16

Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Fests

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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