Entscheidungsdatum
17.07.2018Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W171 2200716-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch Edward W. DAIGNEAULT, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl: IFA XXXX zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG i.V.m. § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
IV. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) reiste illegal in Österreich ein und stellte am 04.10.2011 in Österreich seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Mit Erkenntnis des BVwG, welches am 03.02.2017 in Rechtskraft erwuchs, wurde die gegen die behördliche negative Entscheidung eingebrachte Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
1.2. In weiterer Folge wurde der BF einmal 2011, zweimal 2012 und einmal 2014 von einem Landesgericht zu mehrmonatigen Haftstrafen verurteilt. Grundlage dieser Verurteilungen waren Verstöße gegen das Suchtmittelgesetz, sowie (versuchter) Widerstand gegen die Staatsgewalt.
1.3. Auf Grund der bis dahin vorgelegenen rechtskräftigen Verurteilungen wurde am 20.04.2012 ein 10-jähriges Rückkehrverbot für den BF erlassen.
1.4. Am 07.03.2017 stellte der BF in Österreich einen Folgeantrag der mit Bescheid vom 07.09.2017 gemäß § 68 Absatz 1 AVG zurückgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 16.10.2017 als unbegründet abgewiesen, gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria für zulässig erklärt. Die Entscheidung erwuchs mit 16.10.2017 in Rechtskraft.
1.5. Am 15.06.2018 wurde der BF im Rahmen einer Personenkontrolle auf Grundlage eines am 07.06.2018 erlassenen Festnahmeauftrags gemäß § 34 Absatz 3 Ziffer 2 BFA-VG festgenommen.
1.6. Am 15.06.2018 wurde der BF zur gegenständlichen Schubhaft einvernommen und führte im Wesentlichen aus, er sei gesund und nehme keine Medikamente. Er wohne eigentlich seit Jänner 2018 in Polen. Er habe dort ein Visum beantragt, erhalten habe er noch keines. Er habe nicht gewusst, dass er vom 11.12.2016 bis einschließlich 23.05.2018 in Wien gemeldet gewesen sei. Er habe keine Dokumente und wohne derzeit bei einem Freund, dessen Adresse er nicht angeben könne. Er habe keine Wohnungsschlüssel. Er verfüge in etwa über Euro 440,--, die er von einem guten Freund erhalten habe. Er habe in Wien illegal Reifen gewechselt und bestreite seinen Unterhalt von finanziellen Zuwendungen seiner Angehörigen. Er habe eine Freundin, die in Polen lebe. Er habe Österreich verlassen und lebe eigentlich mit seiner Freundin in Polen. Er wolle ohne seine Familie nicht nach Nigeria und wolle Österreich verlassen. Er sei nach Österreich lediglich wegen eines Gerichtstermins gekommen.
1.7. Mit Beschwerde gegen den gegenständlichen Bescheid vom 15.06.2018 wurde über den BF die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass gegen den BF eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung nach Nigeria vorliege, der BF jedoch seiner Ausreiseverpflichtung bisher nicht nachgekommen sei. Er sei bereits vier Mal rechtskräftig im Inland verurteilt und trotz fehlender Meldung in Österreich aufgegriffen worden. Er verfüge nicht über die notwendigen Geldmittel zur Bestreitung des Aufenthalts in Österreich, gehe keiner legalen Beschäftigung nach und verfüge über keinerlei sozialen Anschluss in Österreich. Er sei nicht Mitglied eines hiesigen Vereins und zeige sein bisheriges Verhalten, dass er die österreichische Rechtsordnung nicht ernst nehme und könne er keinesfalls den Eindruck erwecken, mit den österreichischen Behörden kooperieren zu wollen. Er sei nicht vertrauenswürdig und in Österreich in keiner Form integriert.
Die Behörde ging in weiterer Folge von bestehendem Sicherungsbedarf aus und beurteilte die Anhaltung in Schubhaft als verhältnismäßig. Das gelindere Mittel wurde nicht herangezogen, da der BF nach Ansicht der Behörde in diesem Falle seinen Aufenthalt im Verborgenen fortsetzen würde.
1.8. Am XXXX wurde der BF vor eine Delegation der nigerianischen Vertretungsbehörde vorgeführt. Dabei wurde die Staatsangehörigkeit des BF bestätigt und eine Zusage der Ausstellung eines Heimreisezertifikates erteilt.
1.9. Am 11.07.2018 langte die gegenständliche Schubhaftbeschwerde bei Gericht ein. Unter Vorlage einer Passkopie sowie zwei weiterer Dokumente wurde ausgeführt, der BF sei aus Nigeria und sei seiner Rückkehrentscheidung insofern nachgekommen, als er bei seiner Lebensgefährtin in Polen aufhältig gewesen sei. Am 26.02.2018 sei sein Sohn geboren worden und besitze dieser die polnische Unionsbürgerschaft. Er habe in Polen eine Ladung eines österreichischen Bezirksgerichtes erhalten und sei deshalb bereits im Juni 2018 zur Vorbereitung für die im Juli stattfindende Hauptverhandlung in Österreich aufhältig gewesen.
Die Rückkehrentscheidung vom 16.10.2017 sei bereits konsumiert. Sie sei nicht mehr durchsetzbar, da er auf Grund der Vaterschaft zu einem Unionsbürger in Polen ein auf Artikel 20 AEUV gestütztes Aufenthaltsrecht habe. Es sei sohin eine Außerlandesbringung seiner Person nach Polen zu prüfen. Behauptet werde, dass der BF zum begünstigten Drittstaatsangehörigen würde, die Rückkehrentscheidung sohin untergegangen sei und er allenfalls auf Grund einer neuerlichen Ausweisung dazu verhalten werden könne, Österreich zu verlassen.
Im Lichte zweier zitierter Entscheidungen des EuGH sei jedenfalls zu verhindern, dass ein Kind mit Unionsbürgerschaft die Union verlassen müsse, um ihr Recht auf regelmäßige persönliche Beziehung zu beiden Elternteilen wahrnehmen zu können. Es wurde angeregt, dass BVwG möge eine Vorabentscheidung beim EuGH über die Frage, ob ein mittlerweile in Polen wohnhafter Vater eines polnischen Unionsbürgers auf Grund einer Rückkehrentscheidung aus Österreich nach Nigeria abgeschoben werden könne, angeregt.
Beantragt wurde die zeugenschaftliche Einvernahme der Freundin des BF, sowie die Beischaffung des Gerichtsaktes (Strafverfahren).
2.0. Das BFA legte die Verwaltungsakten vor, erstattete eine Stellungnahme und beantragte unter Hinweis auf die Begründung im angefochtenen Mandatsbescheid die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zum Sachverhalt und zur Person:
1.1. Der BF reiste illegal in das Bundesgebiet ein, ist nigerianischer Staatsangehöriger und als solcher Fremder i.S.d. FPG.
1.2. Er stellte am 07.03.2017 einen Asylfolgeantrag, der mit Entscheidung vom 16.10.2017 rechtskräftig abgewiesen worden ist. Es besteht eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung nach Nigeria.
1.3. Der BF wurde insgesamt vier Mal von einem Landesgericht zu Haftstrafen verurteilt, welche im Wesentlichen auf Verstößen gegen das SMG und (versuchten) Widerstandes gegen die Staatsgewalt resultierten.
1.4. Der BF ist Vater eines am 26.02.2018 in Polen geborenen Sohnes, der in Polen lebt.
1.5. Gegen den BF läuft ein Strafverfahren vor einem Bezirksgericht in Wien.
Zu den Voraussetzungen der Schubhaft:
2.1. Seit dem 16.06.2017 besteht gegen den BF eine rechtskräftige, durchsetzbare Rückkehrentscheidung.
2.2. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF wurde seitens der Nigerianischen Botschaft bereits zugesagt und ist von einer baldigen Effektuierbarkeit der Rückführung auszugehen.
2.3. Der BF ist haftfähig.
Zum Sicherungsbedarf:
3.1. Gegen den BF besteht seit 16.10.2017 eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung nach Nigeria. Er ist seiner Ausreiseverpflichtung nach Nigeria bisher nicht nachgekommen und hat sich einer Abschiebung bisher durch Untertauchen entzogen. Der BF war von 11.12.2016 bis 23.05.2018 in Wien obdachlos gemeldet, jedoch für die Behörde nicht greifbar.
3.2. Der BF hat sich im Rahmen der verschiedenen behördlichen Verfahren unterschiedlicher Namen bedient.
3.3. Zum Zeitpunkt der Folgeantragsstellung bestand gegen den BF bereits eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme.
3.4. Der BF ist nicht rückkehrwillig.
Zur familiären/sozialen Komponente:
4.1. Der BF verfügt im Inland über keine Angehörigen, keine nennenswerten Kontakte und hat im Verfahren keine wesentlichen Merkmale für seine Integration darlegen können.
4.2. Der BF geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine wesentlichen Deutschkenntnisse.
4.3. Der BF verfügt über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Existenzsicherung.
4.4. Ein gesicherter Wohnsitz ist nicht vorhanden.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person und zum Verfahrensgang (1.1.-1.5.):
Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich im Wesentlichen aus den vorgelegten Verwaltungsakten (Asyl- u. Fremdenakten) der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes (1.1. u. 1.2.). Die bisherigen inländischen Vorstrafen ergeben sich aus einem im Akt erliegenden Auszug aus dem Strafregister (1.3.). Der BF hat im Rahmen seiner Beschwerdeschrift dem Gericht Kopien eines Reisepasses, einer Geburtsurkunde und einer Bestätigung der Vaterschaftsanerkennung hinsichtlich seines Sohnes (in Kopie) in Vorlage gebracht (1.4.). Auf Grund der Angaben in der Beschwerdeschrift wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes mit dem angegebenen Bezirksgericht telefonisch Kontakt aufgenommen. Hierbei wurde die Anhängigkeit eines bezirksgerichtlichen Strafverfahrens bestätigt.
2.2. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (2.1.-2.3.):
Das Vorliegen einer rk. Rückkehrentscheidung ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten und wurde seitens des Beschwerdeführers nicht in Zweifel gezogen (2.1.).
Aus den Aktenstücken im Schubhaftakt der Behörde (AS 227) ergibt sich, dass im Zuge der Vorführung vor die Botschaftsdelegation am 22.06.2018 seitens der Verantwortlichen der Botschaft die Zusage der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF gegeben worden ist (2.2.).
Die Feststellung der Haftfähigkeit (2.3.) ergibt sich aus den Angaben im Akt und liegen diesbezüglich dem Gericht zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung keine anderslautenden Informationen vor. Ein entgegengesetztes Vorbringen gibt es nicht und war daher von einer bestehenden Haftfähigkeit auszugehen.
2.3. Zum Sicherungsbedarf (3.1.-3.4.):
Die Feststellung zu 3.1. ergibt sich im Wesentlichen aus den diesbezüglichen Angaben im Akt hinsichtlich des Bestehens einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung vom 16.10.2017, woran kein Zweifel besteht. Der BF gibt auch in der Einvernahme vom 15.06.2018 sowie in der Beschwerdeschrift nicht an; dass er jemals nach Nigeria zurückgereist wäre. Davon war weiterer Folge auch nicht auszugehen. Er ist daher seiner Ausreiseverpflichtung bisher nicht nachgekommen und hat sich, da sein Aufenthalt unbekannt war, einer allfälligen Abschiebung durch Untertauchen entzogen. Aus dem Zentralen Melderegister ergibt sich eine Obdachlosenmeldung für den angegebenen Zeitraum. Dennoch war er für die Behörde in dieser Zeit nicht greifbar und gab selbst in der Einvernahme vom 15.06.2018 an, in Polen gewohnt zu haben.
Die verschiedenen Alias-Identitäten ergeben sich aus den bisher geführten Verfahren (Verfahrensakten).
Hinsichtlich der festgestellten Rückkehrunwilligkeit (3.4.) darf auf die Ausführungen des BF im Rahmen der Einvernahme vom 15.06.2018 verwiesen werden. Eine Rückkehrwilligkeit nach Nigeria ohne seine Familie verneinte der BF explizit.
Aus dem Akteninhalt (Asylakt) ergibt sich, dass der BF bereits am 05.10.2011 seinen ersten Asylantrag in Österreich gestellt hat. Damit verbunden war bereits eine Rückkehrentscheidung, die schließlich durch das Bundesverwaltungsgericht mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 03.02.2017 bestätigt wurde. Dennoch hat der Beschwerdeführer am 07.03.2017 seinen Folgenantrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt.
2.4. Familiäre/soziale Komponente (4.1.-4.4.):
Sämtliche Feststellungen zu diesem Punkt basieren auf den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme vom 15.06.2018. Hinsichtlich der Feststellung zu 4.3. wurden ergänzend Informationen aus dem Auszug der Anhaltedatei herangezogen, aus welchem sich ergibt, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Entscheidung in Haft über keine Geldmittel im Rahmen seiner Effekten verfügte. Hinsichtlich der Feststellung darüber, dass keine nennenswerten Kontakte im Inland bestehen (4.1.) darf ergänzend festgehalten werden, dass der Beschwerdeführer im Verfahren bisher keine Angaben machte (bzw. die Nennung eines konkreten Namens und einer Adresse eines Bekannten verweigerte). In der Beschwerdeschrift finden sich über diesen Punkt keine Ausführungen, sodass von fehlender Integration ausgegangen werden musste.
2.5. Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen:
Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die geklärte Sachlage Abstand genommen werden.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:
3.1.1. Gesetzliche Grundlage:
Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.
Zur Judikatur:
3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, "dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig" (VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, "weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese 'Einstellungsänderung' durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessene Verzögerung zu erblicken)." (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).
3.1.3. Das Bundesverwaltungsgericht geht im gegenständlichen Fall vom Vorliegen von Sicherungsbedarf aus. Gegen den BF wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und war dieser auch bis zum 23.05.2018 in Wien gemeldet. Dennoch war er für die Behörde nicht greifbar und in der Zeit vom 24.05.2018 bis zu seiner Festnahme am 15.06.2018 nirgends registriert. Im Rahmen des Verfahrens konnte der BF eine Ausreise nach Nigeria nicht nachweisen und hat dies auch niemals behauptet. Er hat sich daher jedenfalls illegal im Bundesgebiet aufgehalten und seine in treffende Rückkehrverpflichtung bis dato ignoriert. Es ist ihm daher vorzuwerfen, dass er seine Abschiebung bisher behinderte bzw. umgangen hat.
Nach den Angaben im ersten Asylakt der Behörde ergibt sich, dass gegen den BF zum Zeitpunkt seiner zweiten Asylantragsstellung bereits eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorlag. Dennoch stellte er abermals einen Antrag. Der BF hat sich durch die von ihm bisher gewählte Vorgehensweise der Behörde erfolgreich entzogen, sodass eine Abschiebung nicht möglich gewesen ist. Er hat durch sein Verhalten eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass er sich an die ihn treffenden behördlichen bzw. gerichtlichen Anordnungen nicht halten will und ist anstatt dessen nach eigenen Angaben nach Polen ausgereist. Er gibt selbst an, bei einer eventuellen Freilassung seiner Person nicht gewillt zu sein, ohne seine Familie in sein Herkunftsland zurückzukehren, sondern wieder nach Polen zu gehen. Auf Grund der Feststellungen im gegenständlichen Verfahren verwundert dies auch nicht, da er seit Februar 2018 in Polen einen Sohn hat. Weiters verfügt der BF über keinen gesicherten Wohnsitz im Bundesgebiet, hat keine ausreichenden finanziellen Mittel um in Inland aus eigenem sich seine Lebensunterhaltungskosten zu finanzieren, und legte bisher ein unkooperatives Verhalten an den Tag (strafrechtliche Verurteilungen).
Das Gericht geht daher im vorliegenden Fall davon aus, dass der BF auch weiterhin nicht für die Behörde greifbar wäre und wie bereits zuvor seinen Aufenthalt im Verborgenen wählen würde. Sicherungsbedarf war daher gegeben.
3.1.4. Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit der Schubhaftnahme nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer über keine nennenswerten Kontakte im Inland verfügt, die hier wesentlich ins Gewicht fallen. Dies gab der BF in der Einvernahme auch selbst nicht an und wurde diesbezüglich auch in der Beschwerdeschrift nichts vorgebracht.
Dem gegenüber stellt sich dar, dass der BF ein mehrfacher Straftäter ist und daher diesbezüglich ein erhöhtes Interesse der Öffentlichkeit besteht, den BF gesichert und verlässlich außer Landes zu bringen. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer auch gegen seine Rückreiseverpflichtung verstoßen und damit zum Ausdruck gebracht, dass er ganz klar keine Unterordnung unter das im Inland herrschende Rechtssystem beabsichtigt. Das erkennende Gericht geht daher - wie oben angeführt - von einer Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft aus, zumal die Bemühungen des BFA eine baldige Abschiebung durchführen zu können, im Rahmen des Verfahrens deutlich hervorgekommen sind.
3.1.5. Die Anordnung eines gelinderen Mittels führt nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Durchführbarkeit der Abschiebung. Die Kriterien, die bereits unter dem Punkt "Sicherungsbedarf" erörtert wurden, zeigen eindeutig, dass eine jederzeitige Erreichbarkeit des Beschwerdeführers nicht mit der erforderlichen Sicherheit gewährleistet wäre. Es ist nicht gesichert, dass der Beschwerdeführer nicht abermals für die Behörde unerreichbar sein und nicht wieder erfolgreich untertauchen würde. Auch eine familiäre Bindung, die unter Umständen Halt bieten könnte, ist in Österreich nicht vorhanden. Der Beschwerdeführer war in der Vergangenheit nicht gewillt in seine Heimat zurückzukehren und war es auch zum Entscheidungszeitpunkt nicht. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist die Behörde daher zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen nicht gefunden werden kann.
3.1.6. Die gegenständlich verhängte Schubhaft erweist sich daher auch als "ultima ratio" und wird die Schubhaft weiterzuführen sein. Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der "ultima ratio" im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben.
3.1.7. Im vorliegenden Fall konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hinreichend geklärt werden konnte. Eine Vernehmung der angebotenen Zeugin war nicht erforderlich, da zum einen die Vaterschaft des BF durch die vorgelegten Unterlagen ausreichend belegt wurden und zu anderen eine allfällige Wohnsitznahme des BF in Polen keine Entscheidungsrelevanz zukommt.
Zu Spruchpunkt II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:
Die getroffene Feststellung und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihren Zukunftsbezug keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiter vorliegen.
Zu den rechtlichen Ausführungen in der Beschwerdeschrift:
Kernfrage im vorliegenden Fall war, ob die Rückkehrentscheidung vom 16.10.2017 weiter aufrecht und gültig ist bzw. ob auf den möglichen Anspruch des Erhalts eines zukünftigen Aufenthaltstitels des BF in Polen vor dessen Erteilung im österreichischen Verfahren aufgrund europarechtlicher Erwägungen bzw. Entscheidung des EuGH bereits Bedacht zu nehmen wäre. Als Nebenfrage war zu ergründen, ob Ladungen zu einer Gerichtsverhandlung im Inland den BF zur Einreise, bzw. zum Aufenthalt in Österreich berechtigen und eine Schubhaft daher nicht zulässig wäre.
Die der gegenständlichen Schubhaft zugrundeliegende Rückkehrentscheidung vom 16.10.2017 ist, wie in der Beschwerde auf Seite 3 richtig festgehalten, gemäß § 12a Abs. 6 AsylG für die Dauer von 18 Monaten nach erfolgter Ausreise weiter aufrecht und gültig. Sie kann daher, zumal der BF gar nicht behauptet hatte aus dem EU-Raum ausgereist zu sein, noch nicht konsumiert sein, zumal selbst dann (bei sofortiger Ausreise) seit der Entscheidung des BVwG in keinem Fall eine Frist von 18 Monate abgelaufen sein kann. Die vorliegende Rückkehrentscheidung ist daher aus diesem Aspekt heraus nach wie vor als gültig anzusehen.
Der BF hat im Verfahren selbst angegeben, dass er in Polen einen Aufenthaltstitel beantragt, jedoch bisher nicht erhalten hat. Es mag sein, dass dem BF auf Grundlage des Art. 20 AEUV in Polen ein korrespondierender Aufenthaltstitel zu gewähren wäre. Fest steht, dass dem BF aber bisher keinen derartigen Aufenthaltstitel in Polen gewährt wurde und daher auch in diesem Verfahren darüber kein Ausspruch getätigt werden konnte, zumal im Rahmen dieses Schubhaftverfahrens eine Vorwegnahme des polnischen Aufenthaltstitelverfahrens nicht Gegenstand sein kann. Im laufenden polnischen Verfahren wird daher im Sinne der zitierten EuGH-Judikatur eine Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung aller Umstände darüber durchzuführen sein, ob zwischen dem BF und seinem Sohn ein zu dessen Wohle bestehendes Abhängigkeitsverhältnis vorhanden ist und dieses durch eine Trennung in seinem inneren Gleichgewicht gestört werden könnte. Eine Vorwegnahme dieses umfangreichen polnischen Prüfverfahrens war im gegenständlichen Schubhaftverfahren jedoch nicht durchzuführen. Die vorliegende Rückkehrentscheidung in Österreich hat daher nach Ansicht des Gerichts auch aus diesem Grund nichts an ihrer Durchsetzbarkeit verloren und ist weiter aufrecht.
Die Behauptung, der BF sei aufgrund seiner Vaterschaft einen Unionsbürger betreffend nunmehr als begünstigter Drittstaatsangehöriger anzusehen ist nicht nachvollziehbar. Gemäß § 2 Abs. 2 Zi. 11 FPG ist begünstigter Drittstaatsangehöriger der Verwandte eines EWR-Bürgers, der sein Aufenthaltsrecht in Anspruch nimmt, in gerader absteigender Linie bis zum 21. Lebensjahr, sofern diesem Unterhalt gewährt wird, aber auch in gerader aufsteigender Linie mit tatsächlichem Unterhalt. Diese Voraussetzungen sind in vorliegenden Fall jedoch nicht erfüllt, da der BF von seinem Sohn keinen Unterhalt bezieht und der Sohn auch nicht von seiner Freizügigkeit in Österreich zu leben, Gebrauch macht. Eine derartige Privilegierung des BF ist nicht gegeben und daher auch die Rückkehrentscheidung nicht untergegangen.
Durch eine Rückführung des BF in seinen Herkunftsstaat ist, entgegen des beschwerdegegenständlichen Vorbringens, das Kind des BF nicht in seinen Rechten auf Aufrechterhaltung des persönlichen Kontakts mit dem Vater verletzt. Es stünde dem BF frei, aus dem Herkunftsland heraus einen Antrag auf Familienzusammenführung in Polen zu stellen und ist ihm zumutbar, die Erteilung eines diesbezüglichen polnischen Einreisetitels abzuwarten.
Ebenso zumutbar und tunlich wäre es gewesen die Erteilung des erwarteten polnischen Visums abzuwarten und danach die Aufhebung der Rückkehrentscheidung in Österreich zu beantragen.
Schließlich kann seitens des Gerichts im Falle des BF auch aufgrund einer strafgerichtlichen Ladung alleine keine Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet erkannt werden. Dem Bezirksgericht wäre mitzuteilen gewesen, dass eine Einreise des BF ins Bundesgebiet derzeit aufgrund einer aufrechten und gültigen ihn betreffenden Rückkehrentscheidung ohne vorherige rechtliche Klärung der Rechtslage nicht erfolgen kann. Ein aufgrund einer gerichtlichen Ladung entstandenes Aufenthaltsrecht liegt nach Ansicht des Gerichts nicht vor.
Der Anregung des Rechtsvertreters, ein Vorabentscheidungsverfahren bei EuGH einzuleiten, konnte im gegenständlichen Schubhaftverfahren bereits aufgrund der gesetzlich determinierten kurzen Entscheidungsfrist von nur 7 Tagen mangels der Aussicht auf eine rechtzeitige Klärung der Rechtsfrage nicht gefolgt werden.
Zu Spruchpunkt III. und IV. - Kostenbegehren
Beide Parteien begehrten den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen.
Zu Spruchpunkt B. - Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.
Schlagworte
Fluchtgefahr, Folgeantrag, Fortsetzung der Schubhaft, Identität,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W171.2200716.1.00Zuletzt aktualisiert am
02.08.2018