Entscheidungsdatum
17.07.2018Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W124 2200231-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Felseisen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 AsylG iVm § 33 Abs. 1 Z 3 AsylG und § 57 AsylG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (nunmehr BF), ein Staatsangehöriger von Indien, stellte sich am XXXX ohne Dokumente der Einreisekontrolle bei den "D-Gates". Im Zuge der Amtshandlung gab der BF an, dass der BF nicht in sein Heimatland zurückreisen könne und um Asyl ansuchen wolle.
2. Am XXXX stellte der BF einen Antrag auf internationalen Schutz mit der Begründung, dass er eine Affäre mit einem muslimischen Mädchen gehabt habe. Ihre Familie habe dies erfahren und habe den BF umbringen wollen. Aus diesem Grund habe er sein Heimatland verlassen. Er befürchte daher bei einer Rückkehr umgebracht zu werden.
Im Fall einer Rückkehr befürchte dieser von den Muslimen umgebracht zu werden. Er habe eine Affäre mit einem muslimischen Mädchen gehabt. Die Familie habe davon erfahren und habe man den BF deswegen umbringen wollen. Aus diesem Grunde habe der BF Indien verlassen.
Er sei direkt von Indien nach Österreich geflogen und am XXXX angekommen. Seinen Reispass mit dem Visum habe er in dem ankommenden Flugzeug vergessen. Zwei Tage habe er sich am Flughafen im Transit aufgehalten und habe im Zuge der Einreisekontrolle einen Asylantrag gestellt.
3. Am XXXX erfolgte im Beisein seines Rechtsberaters eine niederschriftliche Einvernahme im Zulassungsverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nunmehr BFA), welche folgenden Verlauf nahm:
"...........
LA: Haben Sie im bisherigen Verfahren, insbesondere in der polizeilichen Erstbefragung am XXXX wahrheitsgemäße Angaben gemacht und wurde Ihnen diese rückübersetzt und korrekt protokolliert?
VP: Ich habe nur die Wahrheit gesagt. Ich habe nur die Hindi-Erstbefragung nicht so gut verstanden.
LA: Wurde Ihnen diese Erstbefragung rückübersetzt und wurde alles korrekt protokolliert?
VP: Nein, es wurde nicht rückübersetzt.
Nach Hinweis darauf, dass Erstbefragungen im Sondertransit immer rückübersetzt werden, was die VP ja auch mit ihrer Unterschrift des Protokolls vom XXXX bestätigte gibt die VP an: Es ist schon lange her und ich erinnere mich nicht genau, vielleicht hat das Mädchen das rückübersetzt. Die Dolmetscherin war ein Mädchen.
LA: Wo konkret wurden Sie geboren?
VP: Das Dorf heißt XXXX , Bezirk XXXX , nahe der Stadt XXXX . Geboren bin ich im Dorf XXXX .
LA: Bitte nennen Sie chronologisch Ihre sämtlichen Wohnadressen in Indien?
VP: Bis zur Ausreise war ich immer nur ununterbrochen in meinem Dorf XXXX aufhältig.
Befragt nach Straßennamen und Hausnummern in XXXX , Straßennamen haben wir dort nicht, unsere Hausnummer ist XXXX . Jedes Jahr wechseln die Hausnummern dort gewechselt, als ich ausreiste, war unsere Hausnummer XXXX .
LA: Haben Sie Zeit Ihres Lebens im selben Gebäude gewohnt?
VP: Ja, immer im selben Haus.
Befragt, worum es sich bei der Adresse in XXXX handelt gebe ich an, um mein Elternhaus.
LA: Wer bewohnt Ihr Elternhaus jetzt noch?
VP: Meine Mutter, mein Vater und meine zwei Brüder XXXX . Meine Schwester ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann.
LA: Wann konkret verließen Sie Ihr Elternhaus in XXXX letztmals?
VP: Am XXXX war ich hier in Österreich und 5 oder 6 Monate davor verließ ich meinen Heimatort.
LA: In welchem Monat verließen Sie Ihren Heimatort?
VP: Anfang Jänner XXXX .
LA: Wann konkret verließen Sie dann Indien letztmals?
VP: 1-2 Tage vor meiner Einreise nach Österreich.
LA: Zwischen dem Weggang XXXX und Ihrer Ausreise aus Indien, wo hielten Sie sich da auf?
VP: 15-20 Tage in XXXX , 1 Monat in XXXX und den Rest der Zeit in XXXX .
LA: Wo wohnten Sie jeweils in diesen 3 Städten?
VP: Im Hotel immer.
LA: Diese Monate in Hotels müssen sehr kostspielig gewesen sein. Woher hatten Sie das Geld?
VP: Von meiner Familie. Ca. 500,- Rupien pro Nacht.
LA: Warum wechselten Sie die Orte, also XXXX jeweils und blieben nicht an einem Ort?
VP: Meine Feinde hatten mich in XXXX ausfindig gemacht.
LA: Nächtigten Sie bis zum Verlassen XXXX Anfang Jänner XXXX durchgehend in Ihrem Elternhaus und hielten sich dort auf?
VP: Ja, ich war bis zuletzt dort.
LA: Sie verließen Indien 1-2 Tage vor Ihrer Ankunft am hiesigen Flughafen. Nennen Sie bitte Ihre Reiseroute?
VP: Ich hatte den Pass und das Ticket und von dort flog ich da her.
Befragt, warum ich nicht weiß, ob das einen oder zwei Tage dauerte, weil ich in der Nacht im Flieger eingestiegen bin und als ich nach Österreich kam, war es auch Nacht.
LA: Grundsätzlich, können Sie Zeiträume wahrnehmen?
VP: Ja.
LA: Wie lange also dauerte der Flug?
VP: Weiß ich nicht. Befragt nach dem Grund dafür, weil ich das erste Mal geflogen bin. Darum weiß ich es nicht.
LA: Erfolgte die Ausreise aus Indien legal oder illegal?
VP: Legal mit meinem Reisepass und meinem Ticket.
Befragt, ob ich ein Visum hatte, ich schaute nicht nach. Der Schlepper gab mir 4-5 Seiten, die zusammengeheftet waren.
Befragt, der Pass war aber schon mein eigener.
VO: Sie wurden in der Erstbefragung dezidiert gefragt, ob Sie einen Schlepper hatten, was Sie verneinten?
VP: Das stimmt.
Nachgefragt, mein Vater organisierte alles. Ich habe nur die Flugkarte bezahlt. Den Rest mein Vater.
VO: Zuvor sagten Sie wörtlich, dass Ihnen der Schlepper 4-5 zusammengeheftete Seiten gegeben hat?
VP: Das Wort Schlepper ist das einzige Wort, das ich dafür kenne. Wir sagen auch Schlepper zu den Leuten, die Flugkarten verkaufen.
LA: Sie sagten aber vorher "Schlepper", als Sie nach einem Visum gefragt wurden und nicht nach dem Flugticket?
VP: Stimmt.
LA: Welchen Glauben praktizieren Sie und welcher Volksgruppe gehören Sie an?
VP: Ich bin Hindu und von der XXXX .
LA: Bisher traten Sie im Asylverfahren als Sikh auf?
VP: Ich sagte heute eh auch, ich bin Sikh und sagte ich heute nicht, dass ich Hindu bin.
VO: Ich habe selbst gerade nur das Wort Hindu in Ihrer Antwort wahrgenommen, nicht aber das Wort Sikh?
VP: Ich bin aber Sikh.
Anmerkung: Hinweis auf die Wahrheitsverpflichtung.
VP: Die Frage war, ob ich Hindu oder Sikh bin und ich bin Sikh.
LA: Wie ist Ihr Familienstand?
VP: Ich bin ledig und habe keine Kinder.
LA: Waren Sie je in irgendeiner Form politisch aktiv?
VP: Überhaupt gar nicht.
LA: Sind Sie strafrechtlich unbescholten, hatten je Probleme mit den Behörden oder dem Gesetz Indiens?
VP: Ich bin unbescholten. Solche Probleme hatte ich nie.
LA: Welche Schulbildung und Berufserfahrungen haben Sie - bitte zählen Sie chronologisch auf?
VP: Ich bin Handwerker. Ich besuchte 8 Jahre die Grundschule und habe danach als Handwerker gearbeitet im Bau, also ich Bauhilfsarbeiter.
LA: Wie kamen Sie zu Ihren Jobs/Aufträgen?
VP: Ich hatte einen Chef und der gab mir Aufträge.
Befragt nach meinem Circa-Verdienst sage ich, ich war noch in der Lehre und verdiente darum wenig, ca. 300,- Rupien pro Tag. Ich arbeitete nicht täglich.
LA: Wann war Ihr letzter Arbeitstag in Indien?
VP: Im XXXX .
LA: Arbeiteten Sie da immer in der Gegend von XXXX , oder auch woanders in Indien?
VP: Ich arbeitete in meinem Dorf und in den Nachbardörfern.
LA: Auf welcher Baustelle arbeiteten Sie an Ihrem letzten Arbeitstag?
VP: Im Dorf XXXX . Nachgefragt, wir bauten ein Gebäude.
LA: Wovon leben Ihre Eltern und Ihre 2 Brüder?
VP: Arbeiten als Landwirte auf unserem eigenen Land. Nachgefragt, wir haben 2,5 Killa in XXXX .
LA: Sie haben Ihre Eltern, zwei Brüder und eine verheiratete Schwester in Indien. Welche Verwandten Ihrerseits leben sonst noch in Indien und wo konkret?
VP: Nur noch einen Onkel und drei Tanten väterlicherseits.
Der Onkel wohnt in XXXX und die Tanten woanders im Punjab.
LA: Wie versteht sich Ihre Verwandtschaft untereinander?
VP: Alle verstehen sich gut.
LA: Wann begann das Problem, wegen dem Sie letztendlich Indien verließen?
VP: Im Dezember XXXX , da wurde ich schikaniert und darum habe ich im Jänner mein Wohnhaus verlassen.
LA: Mit wie vielen Personen haben Sie in Indien Probleme?
VP: Fünf Personen.
Die vier Brüder und der Vater meiner Freundin.
LA: Nennen Sie bitte deren Namen?
VP: Weiß ich nicht. Sie heißen so anders.
Befragt, was ich mit "so anders" meine, wie Moslems. XXXX und so. Ich merke mir die Namen auch nicht. Ich sah diese Leute ja auch nur zweimal in meinem Leben, weil ich zumeist arbeitete.
LA: Wann konkret waren diese zwei Begegnungen zwischen Ihnen und diesen Personen?
VP: Das zweite Mal war im XXXX und wann das erste Mal war, das kann ich nicht genau sagen. Glaublich war das sechs Monate vor der zweiten Bedrohung.
LA: Wie viele Bedrohungen Ihrer Person fanden insgesamt in Indien statt?
VP: Nur zwei. Das erste Mal war sechs Monate vorher und beim zweiten Mal im XXXX haben die mich sogar geschlagen.
LA: Was war 6 Monate vor dem Vorfall im XXXX ?
VP: Das erste Mal war verbal und ich nahm es nicht so ernst und beim zweiten Mal haben die mich auch geschlagen.
LA: Verstehe ich das richtig: Im XXXX wurden Sie geschlagen. Sechs Monate davor wurden Sie verbal bedroht und sonst gab es keine Begegnungen zwischen Ihnen und den Verfolgern?
VP: Korrekt. Aber sie versuchten, mich zu finden, aber ich flüchtete immer vorher schon.
..................................
LA: Haben Sie in Österreich familiäre oder private Bezugspunkte?
VP: Beides nein.
Befragt nach dem Grund dafür, dass Österreich mein Zielland war gebe ich an, ich wusste nicht, wohin ich fliege. Er gab mir das Ticket und ich flog hierher.
LA: Sie sagten doch, Sie kauften selbst das Flugticket?
VP: Mein Vater zahlte die Flugkarte und ich holte das Ticket nur ab.
LA: Fragten Sie Ihren Vater nicht nach dem Zielland?
VP: Nein. Der Schlepper gab mir die Flugkarte und ich flog her.
LA: Nennen Sie nun bitte detailliert und in Ihren eigenen Worten alle Ihre Fluchtgründe, sodass ich mir ein Bild davon machen kann? Sie haben hierzu ausreichend Zeit.
VP: Mein Leben war dort von den Brüdern meiner Freundin gefährdet und darum verließ ich Indien.
LA: Das ist sehr einsilbig. Bitte schildern Sie im Detail Ihre Probleme - also womit begann es, was passierte wann usw.?
VP: Seit 4-5 Jahren kenne ich das Mädchen und dann verliebten wir uns. Ihre Familie kam darauf, dass wir miteinander ausgehen. Zuerst haben sie mir mündlich gesagt, ich soll damit aufhören. Das zweite Mal haben die mich geschlagen. Darum musste ich mein Haus verlassen und fliehen. Danach habe ich mich in XXXX aufgehalten.
LA: Wie heißt dieses Mädchen?
VP: XXXX . Befragt nach ihrem Familiennamen, ich kennen nur ihren Vornamen. Den sagte sie mir nie.
LA: Wie lernten Sie sich vor 4-5 Jahren kennen?
VP: In meinem Dorf.
Nochmals befragt, auf welche Weise ich XXXX kennenlernte, ich arbeitete. Bei dem, wo ich arbeitete, war der Sohn mein Freund. Eines Tages sagte er, dass ein Mädchen meine Telefonnummer haben möchte und ob er sie ihr geben soll, was ich bejahte.
LA: Wann verliebten XXXX und Sie sich dann ineinander?
VP: Als sie meine Nummer bekommen hatte, rief sie oft an und wir verliebten uns und trafen und dann auch.
Befragt nach der Dauer der Beziehung, ca. fünf Jahre.
LA: Aus welcher Familie kommt die XXXX ?
VP: Sie ist Moslem.
LA: Können Sie sonst etwas über XXXX Familie sagen?
VP: Sonst nichts. Ich interessierte mich auch nicht für ihre Familie, sondern für sie.
LA: Aber nicht für XXXX vollen Namen, den Sie ja nicht kennen?
VP: Sie sagte nur, dass sie XXXX heißt, sonst nichts. Ich fragte sie. Aber sie sagte, sie heißt nur XXXX .
LA: Wo wohnt XXXX , was macht ihre Familie, was macht sie beruflich?
VP: Sie wohnt bei sich zuhause.
Nachgefragt, sie arbeitet nicht und ihre Familie ist in der Landwirtschaft.
Befragt nach XXXX Wohnort gebe ich an, im Nachbardorf XXXX .
LA: Waren Sie je bei ihr daheim?
VP: Nein.
Sie war auch nie bei mir, sondern wir trafen uns immer in der Stadt
XXXX .
LA: Es erscheint merkwürdig, dass Sie ca. 5 Jahre mit XXXX zusammen waren und quasi nichts über sie wissen, nicht einmal ihren Familiennamen, oder die Namen ihrer Familienangehörigen?
VP: Mir war nur XXXX wichtig, das andere interessierte mich nicht.
LA: Wann sahen Sie XXXX zum letzten Mal persönlich?
VP: Lange her. Als ihre Brüder mir drohten, traf ich sie 10 Tage nachher nochmals, dann nicht mehr.
LA: Wie lief nun diese erste Bedrohung gegen Sie im Detail ab - was trug sich zu?
VP: Sie kamen zu mir.
Nachgefragt, wer kam, alle vier Brüder von XXXX . Sie kamen nach XXXX zum Dorfplatz, wo ich mit anderen Burschen saß. Dort drohten sie mir.
LA: Was sagten sie?
VP: "Wir sagen dir höflich, du sollst damit aufhören. Wenn du das nicht tust, werden wir dich töten."
LA: Wie reagierten Sie?
VP: Ich sagte, ich treffe XXXX nicht wieder.
Befragt nach der Reaktion von XXXX Brüdern, sie fuhren wieder weg.
LA: Trafen Sie sich nachher noch einmal mit der XXXX ?
VP: Nach 10-12 Tagen noch einmal.
Befragt, wie das im Detail ablief, von einem Freund hörte ich, dass ich XXXX am Basar treffen kann und ich ging hin.
LA: Was taten Sie beide bei diesem Treffen, was wurde beredet usw.?
VP: Ich sagte ihr, dass ich von ihren Brüdern bedroht wurde und sie sagte, ich solle ihre Brüder nicht ernstnehmen. Ich solle sie weiter treffen, wenn ich sie liebe. Wir sagten uns, dass wir uns lieben und danach wurde ich von ihren Brüdern geschlagen.
LA: Wie kam es dazu, dass XXXX Brüder Sie dann schlugen?
VP: Ich arbeiteten im Dorf XXXX und sie kamen hin und schlugen mich.
Befragt, wann das war gebe ich an, im Dezember XXXX . Sie schlugen mich und drohten, mich umzubringen. Dann sagte mein Chef, ich darf nicht mehr arbeiten kommen.
LA: Zwischen dem letzten Treffen Ihrerseits mit XXXX und diesen Schlägen lagen aber ca. 6 Monate laut ihnen?
VP: XXXX rief mich heimlich an und das wurde beobachtet.
LA: Nun versicherten Sie und XXXX ca. 6 Monate vor Dezember XXXX gegenseitig ihre Liebe und treffen sich dann ca. 6 Monate nicht mehr. Warum?
VP: Die Familie ließ sie nirgends mehr alleine hingehen, sogar zum Basar wurde sie von ihren Brüdern begleitet.
LA: Wer aller kam, um sie auf der Baustelle zu schlagen?
VP: Die vier Brüder von XXXX .
LA: Beschreiben Sie mir diesen Vorfall so, dass ich mir davon ein Bild machen kann?
VP: Mit Fäusten und Tritten am ganzen Körper. Und mit Holzstöcken.
LA: Wie endete dieser Vorfall?
VP: Die anderen Bauarbeiter kamen mir zu Hilfe und sie gingen dann. Der Baustellenleiter drohte ihnen mit der Polizei und sie gingen.
LA: Wie erklären Sie sich, dass sich das nicht wiederholte, solange Sie noch Ihr Elternhaus in XXXX bewohnten?
VP: Mein Vater erstattete Anzeige gegen die Brüder.
LA: Wie ging diese Anzeige aus?
VP: Das weiß ich nicht. Mein Vater sagte, um mich zu retten, soll ich weggehen.
LA: Warum warteten Sie den Ausgang der Anzeige nicht ab, zumal die Polizei schon eingeschaltet war?
VP: Die Anzeige meines Vaters wurde nicht angenommen. Die Polizei befragte die Familie des Mädchens und sie sagten, sie werden mich töten, da XXXX Leben ruiniert habe.
VO: Das passt nicht damit zusammen, dass Sie überhaupt nichts über XXXX Familie wissen, nicht einmal deren Familiennamen. Zu wem hätte die Polizei denn gehen sollen?
VP: Mein Vater wusste den Namen, ich nicht.
Mein Vater ist älter und weiß so was.
LA: Davon ausgehend, dass die Polizei jemanden befragen geht, bedeutet dass, dass die Anzeige sehr wohl angenommen wurde?
VP: Im Punjab ist es unüblich, dass die Polizei einen Erstanzeigebericht schreibt. Die Punjab Police ist korrupt und tut für Geld alles.
LA: Sie verließen also XXXX . Was trug sich weiter zu, was zu Ihrer Flucht aus Indien führte?
VP: Ich bin nach XXXX , weiter nach XXXX und zuletzt nach XXXX . Ich weiß nicht, was alles nach mir weiter dort passierte.
LA: Haben Sie jetzt noch Kontakt zu Ihrer Familie?
VP: Doch, ich habe noch Kontakt zu ihnen.
Befragt, ob ich über die Fluchtgründe spreche gebe ich an, ja. Meine Familie sagte, diese Leute kommen zu uns heim, suchen mich und drohen mir mit dem Tod. Mein Vater sagte ihnen, er weiß nicht, wo ich bin.
LA: Warum sagten Sie dann zuvor wörtlich: "Ich weiß nicht, was alles nach mir weiter dort passierte."?
VP: Erst nach meiner Einreise nach Österreich telefonierte ich mit meinem Vater. Ich sprach erst wieder mit ihm, nachdem ich in Österreich war.
LA: Wie passt das damit zusammen, dass Ihr Vater Ihre Ausreise aus Indien organisierte?
VP: Mein Vater verkaufte 0,5 Killa Land und zahlte die Reise für mich.
VO: Zuvor sagten Sie, Sie redeten erst wieder nach der Ankunft am ho Flughafen mit Ihrem Vater?
VP: Ich war nicht mit ihm in Kontakt. Die Familie des Mädchens ist so reich, dass sie mich gefunden hätten, hätte ich meinen Vater kontaktiert.
LA: Sprachen Sie nach dem Verlassen XXXX und vor Ihrer Ausreise aus Indien noch irgendwann einmal mit jemandem aus Ihrem Familien- oder Bekanntenkreis?
VP: Nein.
LA: Woher wissen Sie dann bitte, dass Ihr Vater die Reise zahlte, Land verkaufte?
VP: Das ist ja offensichtlich.
LA: Woher wussten Sie dann jeweils, dass Sie XXXX jeweils verlassen sollten?
VP: Ich dachte, dass ich weiterhin von den Brüdern meiner Freundin verfolgt werde. Das war meine Vermutung.
LA: Hatten Sie bis heute jemals wieder Kontakt zur XXXX ?
VP: Nein. Befragt nach dem Grund, ihr wurde von ihrer Familie ihr Handy weggenommen.
LA: Haben Sie somit alle Ihre Fluchtgründe vollständig angegeben und hatten genug Zeit und Gelegenheit dazu?
VP: Alles ja. Sie haben so viel Geld und würden mich bei meiner Rückkehr finden.
LA: Gibt es noch irgendwelche weiteren Gründe aus welchen Sie Ihre Heimat verlassen haben bzw. nicht dorthin zurückkehren wollen? Irgendwelche Vorfälle, Beweggründe oder Motive, welche Sie bisher noch nicht angesprochen haben?
VP: Das waren alle meine Gründe.
LA: Theoretisch, was würde im Falle Ihrer Rückkehr nach Indien geschehen?
VP: XXXX Familie würde mich umbringen.
LA: Warum verließen Sie gleich das Land und zogen nicht innerhalb Indiens um, blieben z.B. in XXXX ?
VP: Die Brüder sind arbeitslos und können mich überall verfolgen, weil sie das Geld dazu haben.
LA: Haben Sie in einem anderen europäischen Land Freunde, Verwandte oder irgendwelche sonstigen Bindungen?
VP: Nein.
LA: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alle Ihre Gründe für die Antragstellung vorzubringen oder wollen Sie noch etwas hinzufügen?
VP: Ich habe alle Gründe gesagt.
LA: Haben Sie soweit den Inhalt der Einvernahme verstanden, oder haben Sie dazu noch irgendwelche Fragen?
VP: Ich habe alles verstanden und keine Fragen mehr.
LA: Als Ergebnis der heutigen Einvernahme wird Ihnen mitgeteilt, dass beabsichtigt ist Ihren Antrag auf internationalen Schutz hier in der EAST Flughafen abzuweisen.
Sie vermochten mit Ihren Einlassungen die von Ihnen genannten Gründe für das Verlassen Ihres Herkunftsstaates und die Gründe, welche Sie nun von einer Rückkehr in den Herkunftsstaat abhalten sollen, nicht glaubhaft zu machen.
Es fanden sich in Ihrem heutigen Vorbringen Widersprüche und Sinnwidrigkeiten, die Sie nicht aufklärten. Insgesamt waren Ihre Schilderungen ausnehmend vage, detailarm und beschränkten Sie sich im Wesentlichen auf die Wiederholung einer "Rahmengeschichte", innerhalb der Sie sich massiv widersprachen.
Aber selbst wenn man Ihrem unglaubwürdigen Vorbringen zur Bedrohungssituation folgen würde, käme diesem keine Asylrelevanz zu, da es sich um ein Problem mit Privatmenschen handeln würde, vor dem der indische Staat Sie auch schützen könnte.
Möchten Sie dazu etwas sagen?
VP: Die indische Polizei nimmt nur Geld und der Regierung ist es egal. Ich bleibe bei meinen Fluchtgründen.
LA: Aus Sicht des Bundesamtes ist auch nicht davon auszugehen, dass Ihnen bei einer Rückkehr nach Indien dort mit einer hohen Wahrscheinlichkeit unmenschliche Behandlung, Strafe oder der Todesstrafe drohen könnte.
Anm.: Es wird die Lage in Indien anhand der Länderfeststellungen erörtert - AW war im Heimatland berufstätig und hat dort eine Schulbildung absolviert. Es ist nicht davon ausgehen, dass Sie dies in Zukunft nicht könnten.
Wollen Sie hierzu etwas angeben?
VP: Sie verstehen nicht, dass die wirklich Geld haben und mich überall finden können.
Anmerkung: In einem allgemeinen Rechtsgespräch wird für die VP der weitere mögliche Ablauf eines Flughafenverfahrens erörtert, d.h. Einbindung von UNHCR - Zustimmung von UNHCR - Abweisung des Antrages mit Bescheid des BFA im Flughafenverfahren - Beschwerdemöglichkeit an Bundesverwaltungsgericht - abweisendes Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes - Zurückweisung der VP durch LPD - eventuell Verhängung der Schubhaft usw. - aber auch die jeweiligen Chancen für die VP im Flughafenverfahren - keine Zustimmung von UNHCR - Einreisegestattung - Weiterführung des Verfahrens im Inland - oder Stattgebung der Beschwerde durch Bundesverwaltungsgericht - Einreisegestattung - Weiterführung des Verfahrens im Inland.
Anmerkung: VP wird in allgemeinem Rechtsgespräch auch über die Dauer der einzelnen Verfahrensschritte, die Umstände der Konfinierung, Möglichkeit der Unterstützung durch ORS, SWB des Wachzimmers, ärztliche Betreuungsmöglichkeiten, Telefonkontakte usw. - abermals in Kenntnis gesetzt.
LA: Haben Sie diese beabsichtigte Vorgehensweise verstanden?
VP: Ich verstehe, aber ich kann aus den genannten Gründen nicht zurück. Meine herzkranke Mutter würde sterben, wenn mir in Indien etwas passiert, sollte ich zurückgeschickt werden.
Anmerkung: VP wird auf die Möglichkeit der freiwilligen Heimreise hingewiesen.
LA: Möchten Sie nun am Ende der Befragung noch weitere Angaben machen oder irgendwelche Ergänzungen anbringen?
VP: Nein.
LA: Konnten Sie zum Verfahren alles umfassend vorbringen?
VP: Ja.
LA: Wollen Sie am Ende dieser Einvernahme irgendetwas korrigieren oder ergänzen?
VP: Nein.
LA an Rechtsberater (RB): Gibt es von Ihrer Seite noch offene Fragen oder Anträge?
RB: Danke nein.
LA: Wie haben Sie die Dolmetscherin verstanden?
VP: Sehr gut.
Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt.
LA: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert?
VP: Ich habe keine Einwände, alles passt.
LA: Wünschen Sie die Ausfolgung einer schriftlichen Ausfertigung?
VP: Ich möchte eine Kopie.
......................"
4. Am XXXX wurde das UNHCR-Büro in Österreich um Erteilung der Zustimmung zur Abweisung des Antrags gemäß § 33 Abs. 2 AsylG ersucht.
Mit Schreiben vom XXXX teilte das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR mit, dass derzeit noch Ermittlungen betreffend des Asylwerbers durchgeführt werden würden und innerhalb von 48 Stunden eine Antwort übermittelt werden würde.
5. Mit Schreiben vom XXXX wurde mitgeteilt, dass das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR, die Zustimmung nach § 33 Abs. 2 AsylG, den Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen, erteile, da das Vorbringen in Einklang mit Beschluss Nr. 30 des UNHCR-Exekutivkomitees als offensichtlich unbegründet eingestuft werden könne.
6. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 33 Abs. 1 Z 2 iVm § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Indien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG wurde ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.).
Das BFA stellte fest, dass der BF auf Grund einer Liebesbeziehung nicht von den männlichen Familienangehörigen seiner Freundin XXXX bedroht und verfolgt worden sei. Die vom BF behaupteten Fluchtgründe seinen vollinhaltlich unglaubwürdig.
Beweiswürdigend wurde dazu ausgeführt, dass die angebliche Beziehung mit XXXX nicht logisch nachvollziehbar sei. Entsprechend den Angaben des BF habe dieser eine fünfjährige Liebesbeziehung mit XXXX geführt. Dass der BF auf Grund dieser langen Zeit nicht einmal den Familiennamen bzw. die Vornamen von den Familienangehörigen der Freundin des BF nennen habe können und ansonsten keine näheren Informationen über XXXX Herkunft erfragt habe, wie dies in einem langjährigen Naheverhältnis üblich sei, sei für das BFA schlichtweg nicht nachvollziehbar. Durch dieses behauptete Unwissen sei vielmehr der Eindruck entstanden, dass der BF konkreten Nachfragen vor dem BFA ausgewichen sei, um sich nicht in Widersprüche zu verstricken.
Grundsätzlich passe aber auch die den BF vagen Ausführungen zu entnehmende streng religiöse Wertehaltung von XXXX Familie nicht damit zusammen, dass XXXX in Eigeninitative die Nummer eines Fremden erfragt hätte und hinter dem Rücken ihrer Familie eine fünf Jahre dauernde Beziehung mit einem Andersgläubigen begonnen hätte, da sich üblicher Weise Frauen aus streng muslimischen Familienverbänden der damit verbundenen Problematik innerhalb ihrer Familie sehr wohl bewusst sein würden. Auch seine wiederholte Erklärung, dass sich der BF nur für XXXX und nicht für deren Familie und Umfeld interessiert hätten, habe nichts zur Nachvollziehbarkeit seiner angeblichen Beziehung beigetragen, zumal diese immerhin fünf Jahre und nicht nur kurze Zeit angedauert habe. Eine Zeit, in der man als geistig gesunder Erwachsener wohl mit dem privaten, familiären Hintergrund seines Partners/Partnerin auseinandergesetzt habe.
Auch sein Unwissen über seine Verfolger zeige, dass der BF im Verfahren ein tatsachenwidriges Konstrukt vorgetragen habe. Dies deswegen, weil eine bedrohte Person üblicher Weise gewisse Informationen über ihre Verfolger sammle, um sich vor diesen schützen zu können. Der BF hingegen habe nicht einmal XXXX Familiennamen gekannt, somit den Namen der Verfolgerfamilie und auch nicht die Vornamen der vier Brüder, welche Ihnen nach dem Leben getrachtet hätten. Davon ausgehend, dass zwischen der Erstbedrohung, welche laut dem BF ca. sechs Monate vor dem tätlichen Angriff auf diesen im XXXX stattgefunden hätte und seiner Ausreise aus Indien im XXXX rechnerisch etwa ein Jahr vergangen sei, wäre wohl vom BF zu erwarten gewesen, dass er - notfalls über seine Familie oder über Dritte - irgendwelche Informationen über seine Verfolger gesammelt hätte, um sich vor diesen zu schützen. Erst gegen Ende der Einvernahme räumte der BF ein, dass sein Vater den Familiennamen seiner Verfolger kennen würde, weil er älter als der BF sei. Dies sei insofern nicht glaubhaft, als der BF wohl seinen Vater danach gefragt hätte, oder er den BF als seinem verfolgten Sohn wohl diesen Familiennamen auch genannt hätte, damit sich der BF schützen könne. Seine weitere Erklärung, XXXX Familie sei vermögend und die Punjab Police wäre bestechlich, weswegen diese den BF nicht geschützt habe, untermauerte die Tatsachenwidrigkeit seines Vorbringens insofern nochmals, als der BF im Vorfeld der Einvernahme erst nach mehrmaliger Nachfrage gerade einmal die Religion, die Erwerbsgrundlage (Anm.: Landwirtschaft) und das Heimatdorf von XXXX Familie angegeben habe und kein Wort über deren finanzielle Stellung verloren habe.
Aber auch seine Aussage: "Die Anzeige meines Vaters wurde nicht angenommen. Die Polizei befragte die Familie des Mädchens und sie sagten, sie werden mich töten, da ich XXXX Leben ruiniert habe."
(siehe S. 12 der Niederschrift vom XXXX ), sei keinesfalls nachvollziehbar und unlogisch. Einerseits setzte nämlich eine polizeiliche Befragung der Angezeigten sehr wohl die Annahme der behaupteten Anzeige seines Vaters voraus. Andererseits sei keinesfalls davon auszugehen, dass die Angezeigten der Polizei ankündigen würden, dass sie den BF töten würden und die Polizei dann untätig bliebe. Auch seine diesbezüglichen Einlassungen hätten mangels Plausibilität somit nichts zur Glaubwürdigkeit seines Fluchtvorbringens beigetragen.
Soweit der BF eingangs am XXXX angab, dass er sich nach dem Verlassen seines Heimatdorfes (Anm.: XXXX ) zunächst 15-20 Tage in XXXX und einen Monat lang in XXXX in Hotels aufgehalten hätte, wo ihn seine Feinde aber jeweils ausfindig gemacht hätten (Anm.: siehe S. 5 der Niederschrift vom XXXX ), widersprach sich der BF im Verlauf der Einvernahme ein weiteres Mal selbst. So gab er nämlich entgegen seinem vorausgegangenen Vorbringen, von seinen Feinden ausfindig gemacht worden zu sein, auf die Frage: "LA: Woher wussten Sie dann jeweils, dass Sie XXXX jeweils verlassen sollten?", an:
"VP: Ich dachte, dass ich weiterhin von den Brüdern meiner Freundin verfolgt werde. Das war meine Vermutung." (siehe S. 13 der Niederschrift vom XXXX ).
Im Widerspruch zu seiner Aussage, wonach der BF erst nach seiner Ankunft am Flughafen XXXX wieder Kontakt zu seiner Herkunftsfamilie aufgenommen hätte, würden auch die Hotel- und Reisekosten stehen, welche der Vater für den BF übernommen habe. Hätte seine Familie nämlich zwischen seinen Weggang aus XXXX und seinen Abflug aus XXXX im XXXX 500,- Rupien pro Nacht für diverse Hotels für den BF ausgelegt und seine Ausreise finanziert, dann müsste unzweifelhaft sehr wohl irgendein Kontakt zwischen dem BF und seinen Angehörigen bestanden haben, als der BF noch in Indien gewesen sei, um z.B. Geldmittel zur Verfügung zu stellen, das Abflugdatum zu organisieren und so weiter.
Im höchsten Maße zeigte sich die Tatsachenwidrigkeit seiner behaupteten Fluchtgründe aber auch bei Betrachtung des folgenden Auszugs seiner niederschriftlichen Einvernahme vom XXXX :
...
LA: Sie verließen also XXXX . Was trug sich weiter zu, was zu Ihrer Flucht aus Indien führte?
VP: Ich bin nach XXXX , weiter nach XXXX und zuletzt XXXX . Ich weiß nicht, was alles nach mir weiter dort passierte.
LA: Haben Sie jetzt noch Kontakt zu Ihrer Familie?
VP: Doch, ich habe noch Kontakt zu ihnen.
Befragt, ob ich über die Fluchtgründe spreche gebe ich an, ja. Meine Familie sagte, diese Leute kommen zu uns heim, suchen mich und drohen mir mit dem Tod. Mein Vater sagte ihnen, er weiß nicht, wo ich bin.
LA: Warum sagten Sie dann zuvor wörtlich: "Ich weiß nicht, was alles nach mir weiter dort passierte."?
VP: Erst nach meiner Einreise nach Österreich telefonierte ich mit meinem Vater. Ich sprach erst wieder mit ihm, nachdem ich in Österreich war.
...
(siehe S. 12-13 der Niederschrift)
Zum einen widersprach sich der BF an dieser Stelle massiv selbst und konnte dies auch nicht nachvollziehbar aufklären. Aber auch bei Wahrheitsunterstellung des Kontaktabbruches mit seiner Herkunftsfamilie zwischen seiner Flucht aus dem Heimatdorf und seiner Ausreise aus Indien, widersprach dieser insofern den logischen Denkgrundsätzen, als es einer verfolgten Person und deren nächsten Angehörigen wohl unzweifelhaft ein Anliegen wäre, sich über "neu aufgetretene" Verfolgungshandlungen gegenseitig zu informieren.
Abgesehen von den dargelegten Widersprüchen und Sinnwidrigkeiten erweckte auch seine Schilderung der fluchtauslösenden Ereignisse nicht den Eindruck, als würde der BF tatsächlich von Ihm Erlebtes wiedergeben. Unterzieht man die Beschreibung des BF der angeblichen verbalen Drohungen und des tätlichen Angriffes auf diesen einer eingehenden Betrachtung, so kann man diese Schilderungen nur als äußerst vage und oberflächlich bezeichnen. Obwohl diese angeblichen Begebenheiten immerhin dazu geführt haben sollen, dass der BF sich zur Flucht aus seinem Heimatland gezwungen gesehen hätte und seine Familie verlassen hätten, blieb seine Beschreibung konsequenterweise überaus knapp. Insbesondere fehlten jegliche persönliche Eindrücke, wie diese typischerweise von Personen berichtet werden, die eine besondere Gefahrensituation, in der alle Sinne bis aufs Äußerste angespannt sind, schildern, wie beispielsweise Gerüche, Geräusche, haptische Eindrücke, aufkommende Gefühle, scheinbare Nebensächlichkeiten usw. Die Schilderung des BF hingegen beschränkte sich auf die Wiedergabe eines reinen Handlungsablaufs. Obwohl den BF mehrfach die Gelegenheit geboten wurde und der BF sogar ausdrücklich dazu aufgefordert wurden, diese Situationen detailliert zu schildern, gab der BF lediglich einsilbige Antworten und war zahlreiches Nachfragen notwendig, um überhaupt Informationen von diesen zu bekommen. Auch dies sind klare und eindeutige Hinweise darauf, dass es sich bei seinem Vorbringen lediglich um ein Konstrukt handelt, welches jeder realen Grundlage entbehrt.
In einer Gesamtbetrachtung gelange die erkennende Behörde hier jedenfalls zum Ergebnis, dass der BF zur behaupteten Gefährdungssituation eine völlig frei erfundene Geschichte vorgetragen habe und diese Geschichte keine Entsprechung in der Realität habe. Aus den oben angeführten Gründen, sowie aufgrund der zahlreichen Widersprüche und Sinnwidrigkeiten innerhalb seiner behaupteten Fluchtgründe sei daher zu befinden, dass der BF im Asylverfahren ein tatsachenwidriges Konstrukt vorgetragen habe und vernünftigerweise nicht davon ausgegangen werden könne, dass die behauptete Verfolgungsgefahr für den BF in Indien tatsächlich real existiere.
Diese Ansicht der Behörde wurde letztlich auch von UNHCR geteilt, was sich aus dessen Schreiben vom heutigen Tag ergeben würde.
Da die vom BF behaupteten Verfolgungsgründe offensichtlich nicht den Tatsachen entsprechen würden, sei auch nicht davon auszugehen, dass der BF bei einer Rückkehr in die Heimat aus diesen Gründen mit Schwierigkeiten zu rechnen habe.
Auch aus den Feststellungen zur Lage in seinem Herkunftsland würden sich keine Anhaltspunkte für die Annahme ergeben, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Indien einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder als Zivilperson von einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt sei.
Der BF habe in der Vergangenheit Berufserfahrungen als Bauhilfsarbeiter gesammelt und sei daher in der Lage, nach seiner Rückkehr nach Indien seinen Lebensunterhalt dort wieder zu bestreiten. Zusätzlich würden seine Eltern und zwei Brüder nach wie vor das familieneigene Haus in XXXX bewohnen und bewirtschaften die familieneigene Landwirtschaft. Sie seien weder schwer krank, sodass der BF aus gesundheitlichen Gründen an einer neuerlichen Arbeitsaufnahme gehindert sein würde, noch sei aufgrund der Lage in seinem Heimatland eine wirtschaftliche Notlage anzunehmen. Der BF habe bis zu seiner jetzigen Ausreise im XXXX sein gesamtes Leben in Indien verbracht und sei daher als in der dortigen Kultur sozialisiert anzusehen.
Rechtlich wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass auf Grund der getätigten Feststellungen und wie den Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung zu entnehmen sei, dass das Vorbringen hinsichtlich der vom BF behaupteten Bedrohungssituation in seiner Heimat offensichtlich nicht den Tatsachen entsprechen würde. Dabei habe die zu beurteilende Unglaubwürdigkeit eine derartige Qualität erreicht, dass vernünftigerweise nicht mehr davon ausgegangen werden könne, dass die belangte Bedrohungssituation tatsächlich real existieren würde. Nach Ansicht des BFA sei § 33 Abs. 1 Z 2 AsylG verwirklicht, wonach ein Antrag auf internationalen Schutz in der Erstaufnahmestelle am Flughafen abzuweisen sei, wenn das Vorbringen den Asylwerber zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entsprechen würde.
Selbst wenn man von der Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens des BF ausgehen würde, würde keine asylrelevante Bedrohung vorliegen, da eine Asylgewährung für den Fall einer von Privatpersonen ausgehenden Bedrohung nur dann in Betracht kommen würde, wenn solche Übergriffe von staatlichen Stellen geduldet werden würden bzw. wenn der betreffende Staat nicht in der Lage oder nicht gewillt wäre, diese Verfolgung hintanzuhalten und die von Privatpersonen ausgehende Verfolgung auf Konventionsgründe zurückzuführen sei (vgl. VwGH vom 30.06.2005, 2002/20/0205; VwGH vom 23.11.2006, 2005/20/0551-6). Beziehungen durch die männlichen Familienmitglieder seiner Freundin seien nicht unter der GFK zu subsumieren, sodass das behauptete Problem mit diesen nicht auf Gründe der GFK zurückzuführen sei. Somit würde auch bei Wahrunterstellung keine systematische oder staatlich geduldete Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Gesinnung vorliegen. Dafür, dass der indische Staat derartigen Übergriffen durch Private tatenlos zusehen würde oder nicht imstande sei diese zu verhindern, würden sich auch in den aktuellen Länderinformationen des BFA keine Hinweise ergeben.
Darüber hinaus habe der BF auch nicht angegeben mit staatlichen Behörden oder Institutionen Probleme gehabt zu haben.
Etwaige wirtschaftliche Gründe würden keine Asylgewährung mangels GFK-Relevanz begründen. Aus der allgemeinen Lage hätten sich hinsichtlich des BF keine Hinweise auf eine GFK-relevante Verfolgungsgefahr ergeben.
Im gesamten Ermittlungsverfahren sei "kein begründeter Hinweis" im Sinne des § 33 Abs. 1 AsylG hervorgekommen, aus welcher dem BF der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen gewesen wäre.
Wie schon im Verfahrensablauf angeführt, sei der Hochkommissär der Vereinten Nationen für Flüchtlinge am XXXX von der beabsichtigten Entscheidung des Bundesasylamtes verständigt worden und sei am heutigen Tage die Zustimmung den Antrag auf internationalen Schutz nach § 33 Abs. 1 AsylG abzuweisen erteilt worden.
Zu Spruchpunkt II. wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft gemacht habe, weshalb auf keinen Fall aus den behaupteten Gründen bei einer Rückkehr nach Indien von einer realen Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgegangen werden könne oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgegangen werden könne.
Weiters lasse sich auch aus der allgemeinen politischen und menschenrechtlichen Situation in Indien keine die Person des BF betreffende Gefahr im Sinne der Art 2 u. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ableiten. Es sei auch unter Zugrundelegung seiner Angaben nicht davon auszugehen, dass der BF bei einer Rückkehr nach Indien sich in einer massiven wirtschaftlichen Notlage befinden würde. Der BF sei volljährig, gesund, habe keine Sorgepflichten und habe nur für seinen Lebensunterhalt aufzukommen. Er habe in der Vergangenheit Berufserfahrungen gesammelt und würde über sein Elternhaus und die familieneigene Landwirtschaft im XXXX , welches nach wie vor von seinen Eltern und Brüdern bewohnt werden würde, verfügen. Es sei ihm bei einer Rückkehr nach Indien daher zuzumuten, selbst unter schweren Bedingungen am Arbeitsmarkt nach einer Beschäftigung zu suchen und seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Auf Grund der herangezogenen Berichte sei davon auszugehen, dass die Grundversorgung in Indien ebenso gewährleistet sei, wie die Grundversorgung in medizinsicher Hinsicht.
Im gesamten Ermittlungsverfahren sei kein begründeter Hinweis im Sinne des § 33 Abs. 1 AsylG hervorgekommen, aus welchem dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen sei.
Der Hochkommissär der Vereinten Nationen für Flüchtlinge sei am XXXX von der beabsichtigten Entscheidung des Bundesamtes verständigt worden und habe am Tag der Bescheiderlassung die Zustimmung, den Antrag auf internationalen Schutz nach § 33 Abs. 1 AsylG vollinhaltlich abzuweisen, gegeben.
7. Mit fristgerecht eingelangter Beschwerde wurde der im Spruch genannte Bescheid durch den bevollmächtigten Rechtsberater des BF angefochten. Darin wurde beantragt, dem BF den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, in eventu den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, in eventu den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen.
Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass die Länderfeststellungen zwar allgemeine Auffassungen über Indien enthalten würden, sich jedoch nicht mit dem konkreten Fluchtvorbringen befassen würden. Das BFA habe es unterlassen sich damit auseinanderzusetzen, dass ein Mitglied der Opposition auf Grund von Korruption keinen staatlichen Schutz vor Verfolgung zu erwarten habe. Hätte das BFA die ihm zugänglichen Quellen vollständig ausgewertet, hätten ergänzende Feststellungen getroffen werden müssen u.a. ACCORD Anfrage vom XXXX , wonach die Polizei und Sicherheitsbehörden an gravierenden Menschenrechtsproblemen in Indien beteiligt gewesen seien. Korruption sei weit verbreitet und würde zu einem ineffektiven Umgang mit Verbrechen führen.
Zwischen Jänner und November 2016 seien 583 Fälle an Korruption gemeldet worden. NGOs hätten von Zahlungen von Bestechungsgeldern zur rascheren Ausführung von Leistungen wie Polizeischutz berichtet.
Die Effektivität der Exekutive sei landesweit unterschiedlich. Auf allen Ebenen habe es Fälle von Sicherheitsbeamten gegeben, die ungestraft handeln würden. Es habe auch Fälle gegeben bei denen Sicherheitsbeamte für ihr illegales Handeln zur Rechenschaft herangezogen worden seien.
Die Feststellungen des BFA würden auf einer unschlüssigen Beweiswürdigung und einer mangelhaften Sachverhaltsermittlung bestehen und verletzte § 60 AVG. Bei gesetzmäßiger Führung des Ermittlungsverfahrens hätte das BFA das Vorbringen zu entscheidungsrelevanten Tatsachen erhoben und ihm nach einer mängelfreien Beweiswürdigung die Flüchtlingseigenschaft zuerkennen müssen. In diesem Zusammenhang wurde auf die Entscheidung des VwGH vom 26.11.2003, 2003/20/0389 verwiesen. Auf Grund des mangelhaften Verfahrens habe das BFA jedenfalls eine solche ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens nicht vorgenommen.
Der BF habe vorgebracht, dass er von Familienmitgliedern des Mädchens wegen seiner Sikh- Zugehörigkeit geschlagen bzw. bedroht worden sei und er mit Konsequenzen zu rechnen gehabt hätte, wenn er seine Beziehung zum Mädchen nicht einstellen würde.
Der BF habe entgegen der Ansicht des BFA sein Vorbringen sehr detailliert und lebensnah gestaltet und über die drohende Verfolgung und über die Erlebnisse in Indien frei gesprochen. Ein Abgleich mit den einschlägigen Länderberichten sei der belangten Behörde in der Beweiswürdigung jedoch nicht zu entnehmen. Dementsprechend habe das BFA auch keine Aussagen über die Plausibilität seines Vorbringens treffen können. Dies habe sich zum Nachteil des BF ausgewirkt.
Das BFA stütze die vermeintliche Unglaubwürdigkeit des BF auf vermeintliche Widersprüche seiner Angaben. Bei näherer Auseinandersetzung mit dem Fluchtvorbringen des BF hätten sich die "Widersprüche" leicht auflösen lassen.
Den Vorhalt der belangten Behörde, dass der BF hinsichtlich des Angriffs durch die Familienmitglieder des Mädchens keine Beweismittel vorlegen habe können, habe damit zu tun, weil sich der BF nicht an die dortige Polizei gewandt habe.
Die erstinstanzliche Behörde habe nach mangelhaften Ermittlungsverfahren das Verfahren zusätzlich mit einer mangelhaften Beweiswürdigung und Begründung belastet.
Rechtlich wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich im gegenständlichen Fall um keine vom indischen Staat ausgehende Verfolgung gehandelt habe. Da das Asylrecht als Ausgleich für fehlenden staatlichen Schutz konzipiert sei (VwGH 13.11.2001, Zl. 2000/01/0098) komme es aber nicht darauf an, ob die Verfolgungsgefahr vom Staat bzw. Trägern der Staatsgewalt oder von Privatpersonen (z.B. von Teilen der lokalen Bevölkerung) ausgehe, sondern vielmehr darauf, ob im Hinblick auf eine bestehende Verfolgungsgefahr ausreichender Schutz bestehe (vgl. VwGH 16.04.2002, Zl. 99/20/0483; 14.10.1998, Zl. 98/01/0262). Der indische Staat sei, wie die oben angeführten Länderberichte zeigen würden, nicht in der Lage, den BF vor Verfolgung zu schützen. Somit sei dem BF gem. § 3 AsylG Schutz zu gewähren. Die angeführten Verfahrensfehler seitens der Behörde erster Instanz und die mangelhafte Rechtsanwendung hätten zu einer Nicht-Gewährung des internationalen Schutzes geführt.
Wie aus den angeführten Länderberichten und den Aussagen des BF hervorgehe, drohe dem BF auch auf Grund seiner Religionszugehörigkeit unmenschliche bzw. erniedrigende Behandlung. Eine Verletzung des Art 3 EMRK würde im gegebenen Fall der Abschiebung nach Indien auf jeden Fall vorliegen und mach jene somit unzulässig.
Durch eine vorgefasste Meinung habe die Behörde das Vorbringen des BF schlichtweg übergangen und seien keine weiteren Feststellungen dahingehend getroffen worden. Die Erstbehörde habe es unterlassen ausführlich Recherchen hinsichtlich des Vorbringens des BF durchzuführen. Auch im Asylverfahren würden die AVG-Prinzipien der amtswegigen Erforschung des maßgeblichen Sachverhalts und der Wahrung des Parteiengehörs gelten. Laut Judikatur des VwGH hätten die im Asylwesen tätigen Spezialbehörden das ihnen zugängliche Wissen von Amts wegen zu verwerten. Diesen Anforderungen habe das Bu