TE Vwgh Erkenntnis 2000/1/20 98/06/0066

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Veröffentlicht am 20.01.2000
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82006 Bauordnung Steiermark;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §10 Abs1;
BauG Stmk 1995 §38 Abs1;
BauG Stmk 1995 §38 Abs2;
BauG Stmk 1995 §4 Z10;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des Mag. J und der K, beide in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 9. März 1998, Zl. 03-12.10 K 101-98/1, betreffend Versagung einer Teilbenützungsbewilligung und Benützungsverbot (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Krottendorf), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, insoweit er die Versagung der Teilbenützungsbewilligung betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Steiermark hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. Dezember 1996 wurde den Beschwerdeführern die Baubewilligung für die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses auf dem Grundstück Nr. 499/8, EZ. 344 der KG K. unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Nach der der erteilten Baubewilligung zugrunde liegenden Baubeschreibung sowie dem, einen integrierenden Bestandteil des Baubewilligungsbescheides bildenden Bauplan war die Ausführung eines (begrünten) Satteldaches mit einer Dachneigung von 35 ( vorgesehen. Datiert mit 19. Dezember 1997 wurde der Gemeinde K. eine Eingabe mit folgendem Wortlaut vorgelegt:

"Bescheinigung

Gemäß § 38 Abs. 2

des Steiermärkischen Baugesetzes

Betreff: Beilage zum Ansuchen um Erteilung der Benützungsbewilligung

Bauvorhaben: Einfamilienwohnhaus in K

Bauherr: Mag. J und K, W

Unterfertigte Baufirma bescheinigt hiermit gemäß § 38 Abs. 2 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 die bewilligungsgemäße und den Bauvorschriften entsprechende Bauausführung

des mit GZ. 442/96 vom 13.12.1996 bewilligten

Einfamilienwohnhausneubaues.

Allfällige geringfügige Abweichungen:

Das Satteldach ist nicht fertig gestellt, dies ist jedoch keine Gefahr oder Behinderung für die Benützung des KGs., EGs und OGs. Es wurde uns schriftlich eine auflagenkonforme Weiterführung des Bauvorhabens zugesichert. Zur Zeit der Besichtigung fehlte auch der Handlauf vom KG bis in das OG; dieser wird nach der Übersiedelung montiert.

Bauführer: L

Gesellschaft mbH & Co KG, Hochbau, Tiefbau, Holzbau,

eh

(unleserliche Unterfertigung)"

Diesem Schreiben waren angeschlossen eine Bestätigung der Beschwerdeführer vom 28. September 1997 über die "auflagenkonforme Weiterführung unseres Bauvorhabens" sowie diverse Bestätigungen über ordnungsgemäße Bauarbeiten.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Krottendorf vom 23. Dezember 1997 wurde das "Ansuchen um Erteilung einer Teilbenützungsbewilligung" wegen nicht plangerechter Bauausführung zurückgewiesen und gleichzeitig ein Benützungsverbot gemäß § 38 Abs. 8 des Steiermärkischen Baugesetzes ausgesprochen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung. Mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Krottendorf vom 28. Jänner 1998 wurde diese als unbegründet abgewiesen.

Dagegen richtete sich die Vorstellung der Beschwerdeführer, die mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 9. März 1998 als unbegründet abgewiesen wurde. Nach Darstellung des Verfahrensganges und der maßgeblichen Rechtslage führte die belangte Behörde hiezu aus, der Sinn des Benützungsbewilligungsverfahrens sei darin gelegen, festzustellen, dass das Bauvorhaben bewilligungsgemäß ausgeführt worden sei und öffentliche Interessen einer Benützung nicht entgegenstünden. Der Aktenlage sei zu entnehmen, dass die Beschwerdeführer im Gegensatz zum genehmigten Satteldach (35( Neigung) ein Pultdach mit einer Dachneigung von ca. 5( errichtet hätten. Auf Grund der Bestätigung der Firma Z. GesmbH vom 19. Dezember 1997, wonach der beim Bauvorhaben der Beschwerdeführer eingesetzte Systemaufbau (Dachbegrünungsaufbau) den Herstellerangaben entspreche und fachgerecht eingebaut worden sei, werde überdies deutlich, dass es sich bei der Dachgestaltung nicht um ein noch zu vollendendes Satteldach, sondern um ein bereits fertig gestelltes Pultdach mit einem Dachbegrünungsaufbau handle. Die Beschwerdeführer hätten daher eindeutig im Widerspruch zur erteilten Baubewilligung ein Pultdach errichtet. Die Frage, ob eine Anschlussmöglichkeit für ein Satteldach bestünde, sei dabei ohne Relevanz. In Bezug auf den eine Teilbenützungsbewilligung für Keller, Parterre und 1. Stock betreffenden Antrag sei auszuführen, dass offenbar nach dem Willen der Beschwerdeführer sämtliche Geschosse des Wohngebäudes, nämlich Keller, Parterre und 1. Stock (im Bauplan als Dachgeschoß bezeichnet) benützt werden sollten. Da aber eine Nutzung des Dachbodens nach dem Inhalt des Baubewilligungsbescheides vom 13. Dezember 1996 nicht vorgesehen gewesen sei, komme das Ansuchen um Erteilung einer Teilbenützungsbewilligung betreffend Keller, Parterre und 1. Stock der Erteilung einer Benützungsbewilligung für sämtliche Teile der baulichen Anlage gleich. Da somit beabsichtigt sei, das gegenständliche Objekt zur Gänze (und nicht bloß in einem in sich abgeschlossenen Teil) zu bewohnen, sei die Erlassung einer Teilbenützungsbewilligung schon begrifflich ausgeschlossen. Es sei auch unrichtig, dass die Teilbenützungsbewilligung allein auf Grund der Aktenlage zu erteilen sei, weil dabei nicht übersehen werden dürfe, dass in der vorgelegten Bauführerbescheinigung bestätigt werde, dass das Satteldach nicht fertig gestellt worden sei. Da lediglich eine Bauführerbescheinigung über die bewilligungsgemäße und den Bauvorschriften entsprechende Bauausführung unter Angabe allfälliger "geringfügiger" Abweichungen eine Entscheidung allein auf Grund der Aktenlage ermögliche, hätten sich die Baubehörden jedenfalls mit der Frage auseinander zu setzen gehabt, ob die Unterlassung der Herstellung eines Satteldaches eine solche "geringfügige" Abweichung darstelle. Gingen Abweichungen über das geringfügige Ausmaß hinaus, lägen die Voraussetzungen für eine Entscheidung der Behörde auf Grund der Aktenlage gemäß § 38 Abs. 4 Baugesetz nicht mehr vor, andererseits könne auch keine Benützungsbewilligung erteilt werden (§ 38 Abs. 6 Baugesetz). Die Errichtung eines Pultdaches anstelle eines Satteldaches stelle zweifellos eine baubewilligungspflichtige Abänderung des gegenständlichen Bauvorhabens dar, die keinesfalls als bloß geringfügige Abweichung qualifiziert werden könne. Die belangte Behörde kam daher zu dem Schluss, die Versagung der Benützungsbewilligung sowie Untersagung der Benützung durch die Unterinstanzen sei daher rechtmäßig gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf Erteilung einer (Teil-)Benützungsbewilligung iSd Stmk. BauG 1995 verletzt.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, worin die Beschwerdeausführungen bestritten und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Steiermärkischen Baugesetzes, LGBl. Nr. 59/1995 - Stmk. BauG, lauten:

"§ 38 Benützungsbewilligung

(1) Der Bauherr hat nach Vollendung von Vorhaben gemäß § 19 Z. 1, 3 und 5 und § 20 Z. 1 und vor deren Benützung um die Erteilung der Benützungsbewilligung anzusuchen.

(2) Dem Ansuchen sind folgende Unterlagen anzuschließen:

1. eine Bescheinigung des Bauführers über die bewilligungsgemäße und den Bauvorschriften entsprechende Bauausführung unter Angabe allfälliger geringfügiger Abweichungen;

2. ein Überprüfungsbefund eines Rauchfangkehrermeisters über die vorschriftsmäßige Ausführung der Rauch- und Abgasfänge von Feuerstätten;

3. ein Überprüfungsbefund eines befugten Elektrotechnikers über die vorschriftsmäßigen Elektroinstallationen;

4. eine Bescheinigung eines Sachverständigen oder befugten Unternehmers über die ordnungsgemäße Ausführung der Feuerlösch- und Brandmeldeeinrichtungen (ausgenommen Handfeuerlöscher), Brandrauchabsauganlagen, mechanische Lüftungsanlagen und CO-Anlagen;

5. bei Feuerungsanlagen überdies

a) eine Bescheinigung eines Sachverständigen oder befugten Unternehmers über die beim Probebetrieb erzielten Betriebswerte gemäß der Heizanlagenverordnung,

b) eine Bescheinigung eines Sachverständigen oder befugten Unternehmers über die Dichtheit der Rohrleitungen und über das Ergebnis der nach § 90 Abs. 1 erfolgten Prüfung sowie über die einwandfreie Isolierung und Erdung der Lagerbehälter.

(3) Die Behörde hat mit schriftlichem Bescheid darüber zu entscheiden, ob und von welchem Zeitpunkt an die bauliche Anlage benützt werden darf.

(4) Die Benützungsbewilligung ist auf Grund der Aktenlage zu erteilen, wenn die Unterlagen gem. Abs.2 vorliegen.

(5) Wird keine Bescheinigung eines Bauführers gemäß Abs. 2 Z. 1 vorgelegt, hat die Behörde zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Benützungsbewilligung vorliegen.

(6) Die Benützungsbewilligung ist zu erteilen,

-

wenn die bauliche Anlage der Bewilligung entspricht,

-

- bei Vorliegen geringfügiger Mängel unter der Vorschreibung von Auflagen oder

-

- wenn die Ausführung vom genehmigten Projekt nur geringfügig abweicht.

(7) Die Benützungsbewilligung kann bei einer der genannten Voraussetzungen auch für einen in sich abgeschlossenen Teil der baulichen Anlage erteilt werden.

(8) Wird eine bauliche Anlage ohne Benützungsbewilligung benützt, so hat die Behörde die Benützung zu untersagen."

Bei einer Bewilligung nach § 38 Stmk. BauG handelt es sich um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt. Eine Entscheidung über die Erteilung einer (Teil-)Benützungsbewilligung setzt daher einen Antrag voraus, fehlt ein Antrag, ist die Entscheidung insoweit rechtswidrig. Antragslegitimiert ist nach dem Wortlaut des § 38 Abs. 1 Stmk. BauG allein der Bauherr (das ist gemäß § 4 Z. 10 leg. cit. der jeweilige Inhaber einer Baubewilligung oder Genehmigung der Baufreistellung), im vorliegenden Fall daher die Beschwerdeführer. Tatsächlich liegt aber ein Antrag der Beschwerdeführer als Bauherren auf Erteilung einer (Teil-)Benützungsbewilligung gar nicht vor. Vielmehr befindet sich in dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt lediglich die Bescheinigung des Bauführers gemäß § 38 Abs. 2 Stmk. BauG vom 19. Dezember 1997 als "Beilage" zu einem Antrag, der aber nach den insoweit auch übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in dem vom Verwaltungsgerichtshof hierzu veranlassten Zwischenverfahren von den Beschwerdeführern als Bauherren nicht gestellt worden war. Insbesondere kann aus der allein vom Bauführer ohne Hinweis auf ein Vertretungsverhältnis im Sinne des § 10 Abs. 1 AVG firmenmäßig unterfertigten "Bescheinigung nach § 38 Abs. 2 Stmk. BauG" ein Bevollmächtigungsverhältnis und das Vorliegen eines im Namen der Bauherren gestellten Antrages nicht abgeleitet werden. Es ergibt sich somit, dass weder ein förmlicher Antrag noch - im Falle der Umdeutung der "Beilage" als Antrag gemäß § 38 Abs. 1 Stmk. BauG im Sinne der Ausführungen der mitbeteiligten Gemeinde in ihrer Stellungnahme vom 1. Dezember 1998 - ein Antrag einer hierzu nach dem Gesetz legitimierten Person vorliegt. Fehlt ein Antrag in einem Verfahren zur Erlangung eines antragsbedürftigen Verwaltungsaktes - wie es die Bewilligung nach § 38 Abs. 1 Stmk. BauG ist -, so ist eine dennoch ergangene Entscheidung rechtswidrig. Sowohl die Gemeindeinstanzen als auch die belangte Behörde als Vorstellungsbehörde haben dies verkannt. Es erweist sich daher der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weil die belangte Behörde den Mangel eines der erstinstanzlichen Entscheidung zugrundeliegenden Antrages nicht aufgegriffen hat.

Den Beschwerdeführern ist aber auch ein rechtliches Interesse an der Beseitigung eines sie betreffenden rechtswidrigen Bescheides zuzugestehen, weil sie ein rechtliches Interesse daran haben (können), nicht Adressat eines - abweislichen - Bescheides zu sein, der nur auf Grund eines Antrages ergehen darf, aber ohne einen solchen Antrag ergangen ist. Durch die Erlassung eines antragsbedürftigen Verwaltungsaktes ohne Vorliegen eines Antrages erscheinen die Beschwerdeführer in ihren Rechten verletzt, weshalb auch ihre Beschwer zu bejahen ist. Der angefochtene Bescheid war daher im Umfange seines Abspruchs über die Teilbenützungsbewilligung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Im Übrigen war die Beschwerde, soweit sie sich gegen den - trennbaren - Abspruch über das von der Gemeindebehörde erster Instanz ausgesprochene Benützungsverbot wendet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, weil Ausführungen zu diesem Punkte nicht erstattet wurden, insbesondere die - Voraussetzung zur Erlassung eines Benützungsverbotes im Sinne des § 38 Abs. 8 Stmk. BauG bildende - bereits erfolgte Benützung ohne Benützungsbewilligung nicht in Abrede gestellt wurde.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des Kostenbegehrens auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. Jänner 2000

Schlagworte

Beginn Vertretungsbefugnis VollmachtserteilungMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Rechtsverletzung des Beschwerdeführers Beschwerdelegitimation bejaht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998060066.X00

Im RIS seit

08.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

16.02.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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