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E000 EU- Recht allgemein;Norm
11997E249 EG Art249;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):98/17/0027 E 20. März 2000Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerden der V GmbH, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 9. Oktober 1996, Zl. VetR - 330191/1 - 1996-A/Ga, betreffend Fleischuntersuchungsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen einen erstinstanzlichen Abgabenbescheid des Amtes der oberösterreichischen Landesregierung, mit welchen der Beschwerdeführerin für August 1996 Fleischuntersuchungsgebühren vorgeschrieben wurden, als unbegründet abgewiesen.
Begründend verweist die belangte Behörde zunächst auf die Rechtslage auf Grund des Oberösterreichischen Fleischuntersuchungsgebührengesetzes - Oö FlUGG, LGBl. Nr. 69/1995. Für die gegenständlichen Gebührenvorschreibungen sei das Oberösterreichische Fleischuntersuchungsgesetz, LGBl. Nr. 69/1995, und die Oberösterreichische
Fleischuntersuchungsgebühren-Verordnung, LGBl. Nr. 70/1995 idF LGBl. Nr. 18/1996, anzuwenden. Nach Wiedergabe des § 47 Abs. 1 bis 3 Fleischuntersuchungsgesetz, BGBl. Nr. 522/1982 idF der Novelle BGBl. Nr. 118/1994, und des § 17 Abs. 1 Fleischuntersuchungsgesetz wird auf die gemäß § 1 Abs. 1 Oberösterreichisches Fleischuntersuchungsgebührengesetz 1995 einzuhebende Gebühr für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung, die Auslandsfleischuntersuchung und die sich aus dem Fleischuntersuchungsgesetz ergebenden sonstigen Untersuchungen, Überprüfungen und Kontrollen hingewiesen. Hinsichtlich der Festsetzung der Höhe der Gebühr wird auf § 2 Abs. 1 Oö FlUGG 1995 und die sich daraus ergebende Verordnungsermächtigung für die Landesregierung und die in diesen Paragraphen vorgesehenen Determinanten für die Festsetzung der Höhe der Gebühr hingewiesen. Sodann wird im Einzelnen dargestellt, welche Gebühr die Abgabepflichtigen gemäß § 1 Abs. 1 Oberösterreichische Fleischuntersuchungsgebühren-Verordnung, LGBl. Nr. 70/1995, zu entrichten hätten (u.a. gemäß § 1 Abs. 1 der Fleischuntersuchungsgebühren-Verordnung für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung je Tier für Einhufer und Rinder eine Gesamtgebühr von S 68,--).
Die Festsetzung der Höhe der Gebühren sei auf Grund der in § 2 Oberösterreichisches Fleischuntersuchungsgebührengesetz festgelegten Richtlinien und Komponenten und insbesondere unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des Abs. 1 in einem solchen Ausmaß erfolgt, "dass der dem Land und Gemeinden bei der Vollziehung des Fleischuntersuchungsgesetzes entstehende Aufwand voll ersetzt" werde. Dieses Kostendeckungsprinzip entspreche der Grundsatzbestimmung des § 47 Abs. 2 Fleischuntersuchungsgesetz, wobei festgelegt sei, dass die Höhe der Gebühren unter Bedachtnahme auf die Art der Tiere in einem solchen Ausmaß festzusetzen sei, dass der den Ländern und Gemeinden durch die Vollziehung des Gesetzes entstehende Aufwand voll ersetzt werde.
Betreffend die Umsetzung der einschlägigen EG-Richtlinien wird darauf hingewiesen, dass das der Verordnung zugrunde liegende Gesetz der Umsetzung der Richtlinie 85/73/EWG des Rates vom 29. Jänner 1985 über die Finanzierung der Untersuchungen und Hygienekontrollen von frischem Fleisch und Geflügelfleisch, die Richtlinie 88/409/EWG des Rates vom 15. Juni 1988 mit Hygienevorschriften für Fleisch für den Inlandsmarkt und zur Festlegung der gemäß der Richtlinie 85/73/EWG für die Untersuchung dieses Fleisches zu erhebenden Gebühren und der Richtlinie 93/118/EG vom 22. Dezember 1993 diene.
Insbesondere sei der Anhang, Kapitel I der Richtlinie 93/118/EG bei der ziffernmäßigen Festlegung der Höhe der Gebühren in der Oberösterreichischen Fleischuntersuchungsgebühren-Verordnung berücksichtigt. Nach der zitierten Richtlinie erfolge die Festlegung der Gebühren in Form von Pauschalbeträgen in ECU/je Tier. Zusätzlich werde den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt, die Gebühren zur Deckung höherer Kosten anzuheben oder eine spezifische Gebühr zu erheben, die die tatsächlichen Kosten deckt (Anhang, Kapitel I Z 1 bis 4). Daraus folge, dass dem Einzelnen kein Recht zustehe, lediglich die in der Richtlinie festgesetzten Beträge zahlen zu müssen. Die Höhe der Fleischuntersuchungsgebühren sei demzufolge in der Oberösterreichischen Fleischuntersuchungsgebühren-Verordnung LGBl. Nr. 70/1995 idgF unter Bedachtnahme auf die Richtlinie 85/73/EWG in der Fassung der Richtlinie 93/118/EG festgelegt und widerspreche daher nicht dem Gemeinschaftsrecht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die zunächst an den Verfassungsgerichtshof erhoben wurde und nach der Ablehnung von deren Behandlung und Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzt wurde. In der Beschwerde wird insbesondere geltend gemacht, dass die nach den oberösterreichischen Rechtsvorschriften einzuhebende Gebühr wesentlich über der nach den einschlägigen EG-Vorschriften (Richtlinie 85/73/EWG in der Fassung der Richtlinie 88/408/EWG und der Richtlinie 93/118/EG) vorgesehenen Gemeinschaftsgebühr liege. Die belangte Behörde habe die oberösterreichische Fleischuntersuchungsgebühren-Verordnung 1995 angewendet. Das sekundäre Gemeinschaftsrecht schreibe den Mitgliedstaaten jedoch vor, eine Gemeinschaftsgebühr einzuheben. Die einschlägige Richtlinie 85/73/EWG des Rates vom 29. Jänner 1985 (in der Fassung näher zitierter Änderungsrichtlinien bzw. der Entscheidung des Rates 88/408/EWG) sei nicht ordnungsgemäß umgesetzt. Die EG-Vorschriften entfalteten daher unmittelbare Wirkung (da die Umsetzungsfrist schon abgelaufen sei und auch die sonstigen, nach der Rechtsprechung des EuGH notwendigen Voraussetzungen für die unmittelbare Anwendung von Richtlinien vorlägen). Auf Grund des Vorrangs des sekundären Gemeinschaftsrechts seien die innerstaatlichen Vorschriften nicht anwendbar. Es wird die Verletzung im Recht auf Beachtung des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts geltend gemacht. Insbesondere betrage etwa nach der Richtlinie 93/118/EG die einzuhebende Gemeinschaftsgebühr bei Schweinen nur S 19,76 pro Tier. Zu der Argumentation der belangten Behörde, dass die Mitgliedstaaten gemäß dem Anhang zur Richtlinie, Nr. 4 lit. b, berechtigt seien, eine höhere Gebühr zur Deckung tatsächlicher Kosten einzuheben, wird ausgeführt, dass nach den oberösterreichischen Vorschriften generell für alle Schlachtbetriebe zu hohe Fleischuntersuchungsgebühren mit Verordnung festgesetzt und mit Bescheid eingehoben würden. Eine generelle Überschreitung der Gemeinschaftsgebühr sei gemäß Nr. 5 lit. a des Anhanges nur dann möglich, wenn die Lebenshaltungskosten und Lohnkosten in den einzelnen Mitgliedsländern starke Unterschiede aufwiesen. Schließlich wird auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache Hansa Fleisch Ernst Mundt vom 10. November 1992, Rs C-156/91, Slg I-5567, hingewiesen, in welchem der Gerichtshof festgestellt habe, dass sich der Einzelne gegenüber einer überhöhten Gebührenvorschreibung unmittelbar auf die Entscheidung des Rates 88/408 berufen könne.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die unmittelbare Anwendbarkeit der von der Beschwerdeführerin genannten Richtlinien im Hinblick auf die rechtzeitige und richtige Umsetzung der Richtlinien in innerstaatliches Recht bestritten wird. Die Richtlinie 93/118/EG räume den Mitgliedstaaten einen Spielraum bezüglich der Höhe der Gebühren ein, sodass dem Einzelnen kein Recht erwachse, tatsächlich nur die in der Richtlinie angeführten Pauschalgebühren entrichten zu müssen. Nach Wiedergabe der Entstehungsgeschichte und Auszügen aus den Materialien der Fleischuntersuchungsgesetz-Novelle 1994 und der oberösterreichischen Rechtsvorschriften, die für den Beschwerdefall anwendbar sind, wird die Auffassung vertreten, dass entgegen den Behauptungen der Beschwerdeführerin Anhang Kapitel I Z 4 lit. b der Richtlinie 93/118/EG die Vorschreibung höherer Gebühren zur Deckung tatsächlicher Kosten decke. Begründet wird dies insbesondere mit einem erhöhten Untersuchungsaufwand durch besondere Uneinheitlichkeit der Schlachttiere, die geringe durchschnittliche Herdengröße, die noch nicht ausreichend durchgeführte Vorselektion im Herkunftsland im Rahmen einer umfassenden Herdenbetreuung und Gesundheitszertifizierung, erhöhte Warte- und Ausfallszeiten für die Fleischuntersuchungsorgane, meist bedingt durch technische und innerbetriebliche Unzulänglichkeiten. Im Zusammenhang mit den zuletzt erwähnten Sonderzeiten wird ausgeführt, dass diese zwar durch Zuschläge abgegolten würden, jedoch dennoch besondere Anforderungen an die zeitliche Verfügbarkeit des Untersuchungsorganes stellten und somit eine angemessene, dem Zeitaufwand entsprechende Entlohnung darstellten. Die normale Entlohnung der tierärztlichen Leistung richte sich nach einer Empfehlung der Bundeskammer der Tierärzte Österreichs und betrage rund S 800,-- + MwSt pro Stunde (das seien S 960,--). Obwohl die Ausstattung und der technische Standard der Frischfleischbetriebe in Oberösterreich zum gegenwärtigen Zeitpunkt unterschiedlich sei, habe man einheitliche Pauschalgebühren festgelegt und für Betriebe mit besonderer technischer Ausstattung und einer bestimmten Schlachtkapazität einen 20 %igen Abschlag von den zu entrichtenden Gebühren festgelegt. Es wird sodann anhand eines Rechenbeispieles darzulegen versucht, dass die zu entrichtenden Gebühren keinesfalls überhöht seien. Es wird dargelegt, dass der einem Untersuchungsorgan bei der Untersuchung von Rindern gebührende Anteil bei der Untersuchung von Schweinen unter Berücksichtigung der zulässigen Höchstuntersuchungsanzahl pro Stunde nur geringfügig über der empfohlenen Stundenabgeltung (nämlich bei S 1.080,--) liege, während bei der Untersuchung von Rindern der dem Untersuchungsorgan gebührende Anteil je Stunde nur S 585,-- betrage. Der Mindererlös aus der Untersuchung von Rindern solle durch einen geringfügigen Mehrerlös aus der Schweineuntersuchung ausgeglichen werden, da die Fleischuntersuchungsorgane die erforderlichen Untersuchungen in der Regel an beiden Tierarten durchführten und oftmals zusätzlich mit der Untersuchung in kleinen Betrieben oder sogar mit Einzeluntersuchungen beauftragt seien.
Die Beschwerdeführerin hat eine Replik zur Gegenschrift
erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Für die Einhebung von Fleischuntersuchungsgebühren ist im Rahmen des EG-Rechts die Richtlinie 85/73/EWG des Rates vom 29. Jänner 1985 über die Finanzierung der Untersuchungen und Hygienekontrollen von frischem Fleisch und Geflügelfleisch in der Fassung der Richtlinien 88/409/EG und 93/118/EWG sowie (nunmehr) der Richtlinie 96/43/EWG, wodurch die Richtlinie auch kodifiziert wurde, maßgeblich. Die durch die zuletzt genannte Richtlinie vorgenommenen Änderungen waren nach Art. 4 dieser Richtlinie zu unterschiedlichen Zeitpunkten umzusetzen, wobei grundsätzlich, soweit keine besondere Anordnungen getroffen wurden, der 1. Juli 1997 als Termin für die Umsetzung der Änderungen festgelegt wurde.
Entsprechend der generellen Umsetzungsfrist bis 1. Juli 1997 ist für den Beschwerdefall davon auszugehen, dass für den hier gegenständlichen Abgabenzeitraum allenfalls eine unmittelbare Anwendung der Richtlinie in der Fassung der RL 93/118/EWG in Betracht kommt, da die Umsetzungsfrist für die Änderungen der RL 96/43/EG in diesem Abgabenzeitraum noch nicht abgelaufen war.
Der Wortlaut der maßgeblichen Bestimmungen der genannten Richtlinien wurde im hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1999, Zlen. 97/17/0501, 0502 und 0503 wiedergegeben.
Strittig ist im vorliegenden Beschwerdefall insbesondere, ob die nach den oberösterreichischen Rechtsvorschriften vorgesehenen Fleischuntersuchungsgebühren in Übereinstimmung mit der einschlägigen EG-Richtlinie stehen.
Der Beschwerdefall gleicht insoweit hinsichtlich des Sachverhalts und der maßgeblichen Rechtsfragen jenen, die dem hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1999, Zlen. 97/17/0501, 0502 und 0503, zugrunde lagen.
Auch im vorliegenden Beschwerdefall wurden die oberösterreichischen Rechtsgrundlagen für die Einhebung von Fleischuntersuchungsgebühren, wie sie im Jahre 1996 gegolten haben, ungeachtet der Abweichung von der grundsätzlich vorgesehenen Gemeinschaftsgebühr angewendet. Die belangte Behörde hat auch im vorliegenden Beschwerdefall keine Sachverhaltsfeststellungen zur Frage getroffen, ob die Einhebung einer höheren als der in Nr. 1 des Anhanges, Kapitel I, der EG-Richtlinie 85/73/EWG in der für August 1996 maßgeblichen Fassung vorgesehenen Gemeinschaftsgebühr zulässig war. Auch im vorliegenden Fall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass die EG-Richtlinie nicht unmittelbar anwendbar sei.
Zu untersuchen bleibt jedoch, ob sich an der vom Verwaltungsgerichtshof im oben genannten Erkenntnis vom 21. Juni 1999 zugrunde gelegten Rechtsansicht auf Grund des in der Zwischenzeit ergangenen Urteiles des EuGH vom 9. September 1999 in der Rechtssache Feyrer, Rs C-374/97, etwas zu ändern hätte. In dem zuletzt genannten Urteil kommt der EuGH zur Rechtslage nach der Richtlinie 93/118/EG zum Ergebnis, dass sich der Einzelne dann, wenn der Mitgliedstaat die hier einschlägige Richtlinie nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist umgesetzt habe (wovon er aufgrund der ihm vorliegenden Aussagen für den Beschwerdefall ausging), der Erhebung von höheren Gebühren als den im Anh. Kap. I Nr. 1 festgesetzten Pauschalbeträgen nicht widersetzen könne, sofern diese Gebühren die tatsächlich entstandenen Kosten nicht überschritten. Damit gibt der EuGH zu erkennen, dass sich der Einzelne der Erhebung einer höheren Gebühr widersetzen könnte, wenn die Gebühr die tatsächlich entstandenen Kosten überschreitet.
Insoweit geht der EuGH somit nach wie vor von einer allfälligen unmittelbaren Anwendbarkeit der Richtlinie aus (sodass auch die scheinbar gegenläufigen Aussagen im zitierten Urteil, Rdnr. 28, angesichts des Urteilstenors und der Rdnr. 29, in der die im Urteilstenor gezogene Schlussfolgerung dargelegt wird, nichts daran ändern, dass jedenfalls die Feststellung, ob die tatsächlichen Kosten überschritten werden, erforderlich ist).
Nach der Rechtsprechung des EuGH kommt eine unmittelbare Anwendung einer Richtlinie auch (und insoweit) in Betracht, wenn die Umsetzung einer Richtlinie nicht vollständig oder nicht korrekt erfolgte (vgl. das Urteil des EuGH vom 9. September 1998 in der Rechtssache Tögel, C-76/97, Slg. 1998, I-5357, Rdnr. 26, oder das Urteil des EuGH vom 22. Juni 1989 in der Rechtssache Costanzo, Rs 103/88, Slg. 1989, 1839; dazu Jarass, Grundfragen der innerstaatlichen Bedeutung des EG-Rechts, 1994, 71ff, Raschauer,
Von der Verwaltungsverträglichkeit der Rechtsdogmatik, in:
Schriften zum Öffentlichen Recht, Band 800, FS-Leisner, 1999, 897, hier: 903). Der Umstand, dass in Oberösterreich eine Umsetzung der einschlägigen Richtlinien erfolgte, während im genannten Urteil vom 9. 9. 1999 der EuGH davon ausging, dass im Beschwerdefall keine Umsetzung vorgelegen sei, bewirkt daher nicht, dass die vom EuGH in diesem Urteil geäußerte Rechtsauffassung im Beschwerdefall nicht zum Tragen käme.
Daraus folgt für den Beschwerdefall, dass die Verwaltungsbehörde jedenfalls festzustellen gehabt hätte, ob die eingehobene Gebühr die tatsächlichen Kosten in diesem Sinne überschreitet. Derartige Feststellungen wurden jedoch nicht getroffen.
Eine Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf seine Rechtmäßigkeit ist daher auf Grund des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalts jedoch nicht möglich.
Der angefochtene Bescheid leidet daher auch unter Zugrundelegung der nunmehr vom EuGH ausdrücklich zur Richtlinie 93/118/EG geäußerten Rechtsauffassung aus denselben Gründen, wie sie in dem genannten Erkenntnis näher dargestellt wurden und auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Abgesehen davon, dass nach der hg. Rechtsprechung Ausführungen in der Gegenschrift eine fehlende Begründung im angefochtenen Bescheid nicht zu ersetzen vermögen, ist für das fortgesetzte Verfahren zu den Angaben der belangten Behörde in der Gegenschrift ergänzend Folgendes festzustellen:
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid nicht ausdrücklich erklärt, auf welchen Ausnahmetatbestand die höhere Gebühr gestützt werden soll. Sofern Anh. Kap. I Nr. 4 Buchstabe b der Richtlinie 85/73/EWG idF der RL 93/118/EG herangezogen werden soll, müsste eine "spezifische Gebühr" eingehoben werden, nicht jedoch eine Pauschalgebühr. Eine Rechtfertigung für eine solche könnte sich allenfalls aus Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 85/73/EWG idF der Richtlinie 93/118/EG ergeben.
Nach den Angaben der belangten Behörde wurden die Gebühren für die Untersuchung von Rindern günstiger angesetzt als für die Untersuchung von Schweinen. Unabhängig von einer sich daraus ergebenden innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Problematik wäre bei der Auslegung der für die Fleischuntersuchung einschlägigen Richtlinien der EG (im Beschwerdefall insbesondere die RL 93/118/EG) auch zu begründen, inwieweit ein derartiger "interner Kostenausgleich" mit EG-Recht vereinbar ist; nach dem oben genannten Urteil des EuGH vom 9. 9. 1999, kann ein Mitgliedstaat von der durch Anhang Kapitel I Nummer 4 Buchstabe b der Richtlinie eingeräumten Befugnis, eine spezifische Gebühr zu erheben "unter dem alleinigen Vorbehalt Gebrauch machen ..., dass die spezifische Gebühr die tatsächlich entstandenen Kosten nicht überschreitet."
(Rdnr. 32) Der EuGH hat weiters ausgeführt, dass das zur Einhebung berechtigte Organ, wenn der Mitgliedstaat "die Befugnis zur Erhebung der Gebühren gemäß der Richtlinie wie im Ausgangsverfahren den kommunalen Behörden übertragen hat, von den in der Richtlinie festgesetzten Pauschalbeträgen bis zur Höhe der diesen Behörden tatsächlich entstandenen Kosten nach oben abweichen" kann (Rdnr. 39). Damit ist noch keine Aussage darüber getroffen, inwieweit bei der Aufteilung der Gesamtkosten auf die betroffenen Unternehmen ein Ausgleich, wie ihn die belangte Behörde im Auge zu haben scheint, zulässig ist.
Zur Bemessung von (nationalen) Abgaben mit Gebührencharakter (die nach der in den sogleich zitierten Beschwerdefällen einschlägigen Richtlinie zulässig waren) entwickelte der EuGH den Grundsatz (vgl. das Urteil vom 2.12.1997, Rs. C-188/95, Fantask, Rdnr. 27ff, unter Hinweis auf das Urteil in der Rechtssache Ponente Carni, Slg. 1993, I-1915), dass bei der Berechnung der Höhe der Abgabe nur der beim konkreten Vorgang anfallende Aufwand angesetzt werden dürfe (wenngleich dies allenfalls in pauschalierender Weise; Urteil in der Rechtssache Fantask, Rdnr. 29). Legte man diese Auffassung auch bei der Auslegung der hier gemeinschaftsrechtlich grundgelegten Gebühren zugrunde, wäre zu folgern, dass nur die jeweils für die den einzelnen Gebührenpflichtigen betreffenden Amtshandlungen auflaufenden Kosten angesetzt werden dürften. Auch die allgemeine Rechtsprechung des EuGH zu Fragen der Gleichbehandlung und zur Verhältnismäßigkeit würde ein Verständnis nahelegen, bei dem die Aufteilung der Kosten auf die von den Untersuchungen betroffenen Unternehmen nach dem Verhältnis des Aufwandes, den der einzelne Betrieb verursacht, erfolgt. Nach der Rechtsprechung des EuGH "dürfen vergleichbare Sachverhalte (nicht) unterschiedlich behandelt und dadurch bestimmte Betroffene gegenüber anderen benachteiligt werden, ohne dass dieser Unterschied in der Behandlung durch das Vorliegen objektiver Unterschiede von einigem Gewicht gerechtfertigt wäre" (EuGH verb. Rs. 17 u. 20/61, Schrottumlage; Slg. 1962, 653, Leitsatz 6 und Seite 692).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers
BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die über den Pauschalsatz nach der genannten Verordnung hinausgehend beantragte Umsatzsteuer, da der Pauschalsatz nach der Verordnung die Umsatzsteuer bereits enthält.
Wien, am 24. Jänner 2000
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Anwendungsvorrang, partielle Nichtanwendung von innerstaatlichem Recht EURallg1Gemeinschaftsrecht Richtlinie unmittelbare Anwendung EURallg4/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998170026.X00Im RIS seit
16.10.2001Zuletzt aktualisiert am
02.02.2017