TE Vwgh Beschluss 2018/7/3 Ra 2018/21/0039

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Veröffentlicht am 03.07.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §76 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und den Hofrat Dr. Pelant sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Samonig, über die Revision des N M in W, vertreten durch Mag. Peter Skolek, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Brucknerstraße 4/4a+6, gegen das am 7. Februar 2018 mündlich verkündete und am 3. April 2018 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts Zl. W112 2184772-1/15Z, betreffend Schubhaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein pakistanischer Staatsangehöriger, stellte am 8. September 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom 3. Oktober 2016 vollumfänglich abgewiesen, und es wurde eine Rückkehrentscheidung samt Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG über die Zulässigkeit der Abschiebung des Revisionswerbers nach Pakistan erlassen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 24. April 2017 abgewiesen.

2 Am 22. Jänner 2018 stellte der Revisionswerber einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Im Anschluss an die Erstbefragung wurde er auf Grund eines am selben Tag gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG erlassenen Festnahmeauftrages festgenommen.

3 Mit Mandatsbescheid vom 23. Jänner 2018 verhängte das BFA gemäß § 76 Abs. 2 FPG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung.

4 Mit Bescheid des BFA vom 31. Jänner 2018 wurde gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 der dem Revisionswerber zukommende faktische Abschiebeschutz aufgehoben.

5 Mit Schriftsatz vom 31. Jänner 2018 erhob der Revisionswerber Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid vom 23. Jänner 2018 und die Anhaltung in Schubhaft.

6 Mit dem am 7. Februar 2018 verkündeten angefochtenen Erkenntnis gab das BVwG der Beschwerde insoweit statt, als der Schubhaftbescheid aufgehoben und die Anhaltung in Schubhaft von 23. Jänner 2018 bis 7. Februar 2018 für rechtswidrig erklärt wurde. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG stellte das BVwG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen.

7 Begründend führte das BVwG im Wesentlichen aus, dass der Revisionswerber zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung Asylwerber mit faktischem Abschiebeschutz gewesen sei. Der Sachverhalt sei daher an den Kautelen der Aufnahmerichtlinie zu messen. Die in dieser Richtlinie abschließend normierten Haftgründe seien im österreichischen Recht nicht umgesetzt worden, sodass die Schubhaft nicht darauf gestützt werden könne. Auf Grund der Folgeantragstellung vor der Erlassung des Schubhaftbescheides sei auch kein Fall des § 76 Abs. 6 FPG vorgelegen.

Der Schubhaftbescheid sei daher rechtswidrig gewesen, was auch für die darauf gestützte Anhaltung gelten müsse.

8 Zum Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG lägen jedoch die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vor:

Dem Folgeantrag sei mit Bescheid des BFA vom 31. Jänner 2018 der faktische Abschiebeschutz aberkannt worden. Mit Beschluss vom 7. Februar 2018, dem Revisionswerber zu Handen seines Rechtsberaters am selben Tag um 10:51 Uhr zugestellt, habe das BVwG festgestellt, dass die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig gewesen sei. Im Zeitpunkt der Verkündung des vorliegenden Erkenntnisses sei dem Revisionswerber somit kein faktischer Abschiebeschutz mehr zugekommen. Die Schubhaft sei nunmehr an den Kautelen der Rückführungsrichtlinie, sohin an § 76 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 3 FPG zu messen.

Das BVwG bejahte dann mit näherer Begründung das Vorliegen von Fluchtgefahr im Sinn dieser Bestimmungen und die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft.

9 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das BVwG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

10 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG "nicht zur Behandlung eignen", ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

11 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen dieser in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

12 In der vorliegenden Revision wird unter diesem Gesichtspunkt nur vorgebracht, dass am 7. Februar 2018 die Entscheidung des BVwG über die Rechtmäßigkeit der Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes "noch nicht zugestellt, nicht existent und daher auch nicht wirksam" gewesen sei, weil elektronisch übermittelte Erledigungen erst am darauffolgenden Werktag als zugestellt gelten würden.

13 Dem ist - unabhängig von der in der Revision nicht weiter thematisierten Frage, in welchem Stadium eines Folgeantragsverfahrens die Rückführungsrichtlinie anwendbar wird - entgegenzuhalten, dass die Zustellung des Beschlusses des BVwG betreffend die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nicht nur elektronisch an den Vertreter des Revisionswerbers, sondern auch mit Telefax an das BFA (als weitere Verfahrenspartei) erfolgt ist. Diese Zustellung an das BFA wurde am 7. Februar 2018 um 10:42 Uhr noch vor der Verkündung des angefochtenen Erkenntnisses vorgenommen. Damit ist das BVwG bei der Entscheidung über den Fortsetzungsausspruch im Ergebnis zu Recht von der Wirksamkeit des Beschlusses betreffend die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes ausgegangen.

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 3. Juli 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018210039.L00

Im RIS seit

02.08.2018

Zuletzt aktualisiert am

21.08.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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