TE Vwgh Beschluss 2018/7/3 Ra 2017/21/0189

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Veröffentlicht am 03.07.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und den Hofrat Dr. Pelant sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Samonig, über die Revision des J H in W, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. September 2017, Zl. W197 2170512- 1/8E, betreffend Schubhaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist ein serbischer Staatsangehöriger, der nach den unbestrittenen Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts im Jahr 2003 illegal nach Österreich einreiste und im Jahr 2004 eine Scheinehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin einging. Im Hinblick auf diese Scheinehe wurde gegen ihn mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid der Sicherheitsdirektion Wien vom 13. Oktober 2010 ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot erlassen. Der Revisionswerber reiste jedoch nicht aus.

2 Am 27. Juni 2011 konnte dem Revisionswerber ein Ladungsbescheid an seiner Meldeadresse nicht zugestellt werden. Bei einer polizeilichen Nachschau im August 2011 wurde er an der Meldeadresse nicht angetroffen. Es wurde erhoben, dass er die Wohnung am 29. Juli 2011 aufgegeben hatte. Am 25. April 2013 wurde er wegen rechtswidrigen Aufenthalts zur Anzeige gebracht. Er gab bei der Einvernahme an, bei einem namentlich genannten Freund zu wohnen; ein Ladungsbescheid der Behörde konnte ihm an dieser Adresse jedoch nicht zugestellt werden, und eine polizeiliche Nachschau ergab schließlich, dass er die Wohnung Anfang Juli 2013 verlassen hatte.

3 Am 5. September 2017 wurde er anlässlich einer Zufallskontrolle angehalten und festgenommen. Er gab an, "mal hier, mal da bei einem Freund zu schlafen". Er habe keine Meldeadresse und verdiene seinen Unterhalt durch Arbeit auf der Baustelle.

4 Mit Mandatsbescheid vom 6. September 2017 wurde über den Revisionswerber die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und der Abschiebung verhängt.

5 Gegen diesen Bescheid und die darauf gegründete Anhaltung in Schubhaft erhob er Beschwerde, in der er insbesondere vorbrachte, dass er bei einem namentlich genannten Cousin wohnen könne. Die Schubhaft sei nicht verhältnismäßig und allenfalls ein gelinderes Mittel geboten.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG ab (Spruchpunkt A.I.). Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG stellte es fest, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorlägen (Spruchpunkt A.II.). Außerdem verpflichtete es den Revisionswerber gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG zum Kostenersatz (Spruchpunkt A.III.), und es wies den Antrag auf Befreiung von der Eingabegebühr zurück (Spruchpunkt A.IV.).

7 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht - nach Darstellung des eingangs wiedergegebenen Sachverhalts - im Wesentlichen aus, dass dem Revisionswerber keine gesicherte Unterkunft zur Verfügung stehe, an der er sich im Verfahren zu seiner Abschiebung bereithalten werde. Er sei im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten nicht vertrauenswürdig. Er habe sich der Abschiebung jahrelang durch Untertauchen entzogen. Seinem in der Beschwerde nunmehr geäußerten Kooperationswillen könne keinerlei Gewicht beigemessen werden. Es könne auch nicht angenommen werden, dass ihn eine Schlafmöglichkeit bei einem Cousin davon abhalten werde, sofort unterzutauchen, wenn ihn die Behörde abzuschieben versuche.

8 Die Schubhaft sei wegen Fluchtgefahr zu Recht angeordnet worden. Sie sei unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände auch verhältnismäßig. Das Verhalten des Revisionswerbers in der Vergangenheit schließe die Anwendung gelinderer Mittel aus.

9 Es hätten sich auch keine Umstände ergeben, die die Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts als rechtswidrig erscheinen ließen.

10 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

11 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG "nicht zur Behandlung eignen", ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

12 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen dieser in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

13 Unter diesem Gesichtspunkt bringt der Revisionswerber vor, das angefochtene Erkenntnis widerspreche der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes, dass eine Schubhaft nur als letztes Mittel verhängt werden dürfe. "Trotz festgestellter Tatsache, dass der Bf. aufrecht gemeldet (sei) und gelindere Mittel hätten Anwendung finden können", sei die Schubhaft verhängt worden.

14 Entgegen diesen Ausführungen hat das Bundesverwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis zum einen festgestellt, dass dem Revisionswerber keine gesicherte Unterkunft zur Verfügung stehe, und zum anderen nachvollziehbar begründet, dass - insbesondere im Hinblick auf das Vorverhalten des Revisionswerbers - mit einem gelinderen Mittel nicht das Auslangen gefunden werden könne.

15 Ausgehend davon wurde ein die Verhängung und die Aufrechterhaltung von Schubhaft rechtfertigender Sicherungsbedarf in jedenfalls nicht unvertretbarer Weise bejaht.

16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 3. Juli 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017210189.L00

Im RIS seit

02.08.2018

Zuletzt aktualisiert am

21.08.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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