Index
L34008 Abgabenordnung Vorarlberg;Norm
AbgVG Vlbg 1984 §2 Abs2 litd;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde des K, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 1. Juli 1996, Zl. IIIa-229/6, betreffend Zurückweisung einer Vorstellung i.A. einer Mahngebühr betreffend Abfallgebühren (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Bludenz), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit die Vorstellung gegen die Zurückweisung der Berufung betreffend "Mahngebühr" abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgwiesen.
Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren an Stempelgebührenersatz wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer erhielt eine mit 2. Mai 1995 datierte
"amtliche Mitteilung", in der es unter anderem heißt: "Letzte
Mahnung über staedtische Gebühren ... Trotz erfolgter Mahnung wurde
die fällige Abgabenschuldigkeit (siehe nachstehend angeführte
Gebühren- und Abgabenrückstände) bis zum heutigen Tage nicht bezahlt ...". Hierauf folgen einzelne Gebühren von denen es unstrittig ist, dass es sich dabei um nicht entrichtete Abfallgebühren für den Zeitraum des zweiten Halbjahres 1992 bis zum ersten Halbjahr 1995 handelt. Zusätzlich ist eine Mahngebühr in der Höhe von S 25,-- ersichtlich. Weiters heißt es wie folgt:
"Geleistete Zahlungen bis zum 28.04.95 wurden berücksichtigt. Sie werden daher aufgefordert, die Abgabenschuld innerhalb von zwei Wochen, vom Tage der Zustellung an gerechnet, zu bezahlen. Sollte uns der vorgenannte Betrag nicht innerhalb dieser Frist erreichen, so wird ein Rückstandsausweis ... ausgestellt. Der Bürgermeister:
..."
Auf der Hinterseite dieser "amtlichen Mitteilung" finden sich Ausführungen betreffend die Grundsteuer, weiters solche über Lastschriftanzeigen. Unter der Überschrift "Mahnung" heißt es unter anderem: "Bei Vorschreibung einer abgabenrechtlichen Mahngebühr gilt dieses Mahnschreiben als Abgabenbescheid.
Rechtsmittelbelehrung siehe Abschnitt Abgabenbescheid."
Unter der Überschrift "Abgabenbescheid" findet sich eine Rechtsmittelbelehrung, wonach gegen "diesen Bescheid" innerhalb eines Monates nach Zustellung das Rechtsmittel der Berufung bei der Gemeinde, die den Bescheid erlassen hat, schriftlich oder telegraphisch eingebracht werden kann. Weiters wird auf das Erfordernis eines begründeten Berufungsantrages verwiesen sowie ausgeführt, dass die Wirksamkeit des Steuerbescheides durch die Einlegung eines Rechtsmittels nicht gehemmt, insbesondere die Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe nicht aufgehalten wird. (Die hier wiedergegebene Rückseite des Schreibens ist dem Verwaltungsakt nicht, sondern nur einer vom Beschwerdeführer vorgelegten Kopie zu entnehmen; es wurde nicht bestritten, dass das Original der Mitteilung die aus der Kopie ersichtlichen zusätzlichen Angaben enthielt.)
In der Folge erhob der Beschwerdeführer gegen die von ihm als Bescheid betrachtete "amtliche Mitteilung" Berufung (der Schriftsatz langte am 1. Juni 1995 beim Amt der mitbeteiligten Stadtgemeinde ein). In dieser führte er im Wesentlichen aus, dass die Berechnung der Müllgebühren ohne Inanspruchnahme der städtischen Müllbeseitigung durch ihn erfolge, weshalb er den Antrag stelle, die Abgabenbehörde zweiter Instanz wolle den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 13. Juli 1995 wurde die Berufung als unzulässig zurückgewiesen; bei der "amtlichen Mitteilung" vom 2. Mai 1995 handle es sich um ein Mahnschreiben, nicht um einen Bescheid, die dem Mahnschreiben zu Grunde liegenden, näher angeführten Bescheide seien in Rechtskraft erwachsen.
Die Abgabenkommission der mitbeteiligten Stadtgemeinde wies - nach einem Vorlageantrag des Beschwerdeführers - seine Berufung mit Bescheid vom 22. März 1996 als unzulässig zurück; bei der "amtlichen Mitteilung" vom 2. Mai 1995 habe es sich um eine Mahnung, nicht um einen Bescheid gehandelt.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Vorstellung, worin er zusammengefasst ausführte, dass ein Bescheid zum Anschluss des gegenständlichen Objektes an die städtische Müllentsorgung bisher nicht ergangen sei; er habe die von der mitbeteiligten Partei angebotenen Dienstleistungen nie in Anspruch genommen, die mitbeteiligte Partei habe die Leistungen auch nicht erbracht.
Mit ihrem Bescheid vom 1. Juli 1996 gab die belangte Behörde der Vorstellung des Beschwerdeführers keine Folge. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien Mahnschreiben keine Bescheide (Zitat des hg. Erkenntnisses vom 9. Juni 1989, Zl. 89/17/0006). Durch den Wortlaut "letzte Mahnung" auf ihrer Erledigung vom 2. Mai 1995 habe die Behörde deutlich zum Ausdruck gebracht, dass nicht ein Bescheid sondern eine Mahnung gewollt sei. Da kein Bescheid vorliege, habe die Abgabenbehörde die Berufung des Vorstellungswerbers zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof ausschließlich wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes; er erachtet sich erkennbar in seinem Recht auf Sachentscheidung verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Die mitbeteiligte Partei hat sich am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bekämpft vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht die zutreffende (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 9. Juni 1989, Zl. 89/17/0006 und vom 16. Dezember 1983, Zlen. 83/17/0099 - 0101, 0096, 0097, 0127) Ansicht, wonach eine Mahnung kein Bescheid ist und daher auch nicht mit den dafür vorgesehenen Rechtsmitteln bekämpft werden kann. Der Beschwerdeführer verweist nur darauf, dass auch eine Mahngebühr in der Höhe von S 25,-- festgesetzt wurde und daher insoweit ein Bescheid vorliege.
Gemäß § 95 des Vorarlberger Abgabenverfahrensgesetzes, LGBl. Nr. 23/1984, ist im Falle einer Mahnung gemäß § 94 eine Mahngebühr von 0,5 v.H. des eingemahnten Abgabenbetrages, mindestens jedoch in der Höhe von S 25,-- und höchstens in der Höhe von S 400,--, zu entrichten (Abs. 1); die Mahngebühr wird bei Zustellung des Mahnschreibens mit der Zustellung, bei Einziehung des Abgabenbetrages durch Postauftrag mit der Vorweisung des Postauftrages fällig (Abs. 2 leg. cit.). Nach § 2 Abs. 2 lit. d leg. cit. ist die Mahngebühr (wie etwa auch der Säumniszuschlag) ein Nebenanspruch, der gemäß Abs. 1 leg. cit. zu den im § 1 des Vorarlberger Abgabenverfahrensgesetzes bezeichneten Abgabenbeiträgen hinzutritt.
Nach § 27 Abs. 2 Vorarlberger Abgabenverfahrensgesetz ist jeder (schriftliche) Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen; er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht. Abs. 3 leg. cit. bestimmt weiters, dass der Bescheid eine Begründung unter anderem dann zu enthalten hat, wenn er von Amts wegen erlassen wird (lit. a) und ihm (lit. b) eine Rechtsmittelbelehrung zu entnehmen sein muss.
Ungeachtet der Bezeichnung als Mahnung ist im Hinblick auf die Angaben auf der Rückseite der erwähnten "amtlichen Mitteilung" im Beschwerdefall davon auszugehen, dass hinsichtlich der Vorschreibung der Mahngebühren ein Bescheid vorliegt.
Dadurch, dass die belangte Behörde dies verkannt hat und der Vorstellung gegen die den Bescheidcharakter verneinende Berufungsentscheidung aus diesem Grunde nicht Folge gab, hat sie den bekämpften Bescheid insoweit mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war; im Übrigen - also hinsichtlich der "Mahnung" war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Stempelgebührenersatz war in der Höhe von dreimal S 120,-- für die Beschwerde und S 30,-- für den angefochtenen Bescheid in einfacher Ausfertigung zuzusprechen; das Mehrbegehren war abzuweisen.
Wien, am 24. Jänner 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1996170339.X00Im RIS seit
20.11.2000