Norm
§17 Abs1 Z1 GlBGDiskriminierungsgrund
AlterDiskriminierungstatbestand
Diskriminierung auf Grund des Alters bei der Begründung des ArbeitsverhältnissesText
Senat II der Gleichbehandlungskommission
Anonymisiertes Prüfungsergebnis GBK II/344/17 gem. § 12 GBK/GAW-Gesetz
Der Senat II der Gleichbehandlungskommission (GBK) hat über den Antrag von Herrn A (in Folge: Antragsteller) wegen behaupteter Diskriminierung auf Grund des Alters bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG durch die B AG (in Folge: Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO, BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013, erkannt:
Eine Diskriminierung des Antragstellers auf Grund des Alters bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin
l i e g t v o r.
VORBRINGEN
Im Antrag wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Antragsteller … Staatsbürger sei und seit zehn Jahren in … lebe, wo er von 2007 bis 2015 bei der B GmbH als Spezialist tätig gewesen sei. Er sei dafür von seiner Arbeitgeberin nach Österreich geholt worden, da er über in Österreich nicht vorhandene Qualifikationen im Bereich „…" verfüge. Nach langjähriger erfolgreicher Tätigkeit sei er 2015 gekündigt worden, die Kündigungsanfechtung sei schlussendlich vergleichsweise bereinigt worden.
Nach Abschluss des Vergleichs sei der Antragsteller mit Herrn D, einem Mitarbeiter der Antragsgegnerin und ehemaligem Vorgesetzten des Antragstellers, ins Gespräch gekommen, der ihm geraten habe, sich an Herrn Dr. E zu wenden, den Executive Vice President der B AG, mit dem er bereits gut zusammengearbeitet hätte und diesen wegen eines Jobs anzusprechen.
Der Antragsteller habe sich am … bei Dr. E gemeldet, um ihn nach einer Beschäftigungsmöglichkeiten zu fragen. Dr. E habe in seiner ersten Antwort am … mitgeteilt, dass er gerade auf Urlaub sei und sich danach melden werde. Er habe Bezug auf den Wohnort des Antragstellers genommen und gemeint, dass es bei Zustandekommen eines Vertrages leichter sei, wenn dieser sich im österreichischen Sozialversicherungsrecht befinde. Der Antragsteller habe zum einen seine aufrechte Arbeitserlaubnis bestätigt und auf die Möglichkeit hingewiesen, seine Beschäftigung durch eines der 50+ Förderprogramme des AMS unterstützen zu lassen. Er habe am … noch einmal nachgefragt, ob Dr. E schon über eine Beschäftigungsmöglichkeit nachgedacht hätte. Dieser habe noch am selben Tag geantwortet und ausgeführt, dass er in seinem Bereich nun einen neuen Beginn machen möchte, mit neuen Leuten und „generation Y and X resources". Der Antragsteller sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt 60 Jahre alt.
Aus Sicht der Gleichbehandlungsanwältin liegt im vorliegenden Fall die Vermutung einer Diskriminierung aufgrund des Alters aus folgenden Gründen vor:
§ 17 Abs 1 Z 1 GIBG verbiete eine Diskriminierung aufgrund des Alters bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses. Hier hat der OGH bereits ausgesprochen, dass damit der gesamte Bewerbungsprozess um eine Stelle umfasst sei und diskriminierungsfrei ausgestaltet sein soll (8 ObA 11/09i).
In diesem Sinne sei auch der E-Mail-Verkehr zu verstehen, in welchem es — vor allem angesichts der Umstrukturierungen im Unternehmen und der Neuübernahme der Leitung der … Activities durch Dr. E – unzweifelhaft um eine konkrete Beschäftigungsmöglichkeit des Antragstellers gehe. Dr. E seien zudem – bedingt durch die vorangegangene Zusammenarbeit – die Qualifikationen und Kenntnisse des Antragstellers wohl bekannt.
In der abschließenden Nachricht führe Dr. E wortwörtlich aus, dass er in der von ihm übernommenen Abteilung neu beginnen möchte und er das mit Arbeitskräften der Generation Y und X tun möchte.
Darunter werde laut Wikipedia folgendes verstanden: „Generation Y (kurz Gen Y oder Generation Me) wird die Bevölkerungskohorte bzw. Generation genannt, die im Zeitraum von etwa (je nach Auslegung) 1980 bis 2000 geboren wurde." (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Generation Y).
Zur Generation X führt Wikipedia wie folgt aus: „Im aktuellen Sprachgebrauch bezieht sich die Bezeichnung Generation X, auch als Gen X abgekürzt, meist auf die den Baby-Boomern folgende Generation. Sie wird vor allem im anglo-amerikanischen Sprachraum für eine Generation benutzt, die von den frühen 1960er bis in die frühen 1980er Jahre (bzw. zwischen 1965 und 1980) geboren wurde." (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Generation X (Soziologie) ).
Die Ausnahmebestimmung des § 20 Abs 3 GlBG könne aus Sicht der Gleichbehandlungsanwältin nicht zum Tragen kommen, da es in der Begründung der Ablehnung keine Hinweise auf Maßnahmen gebe, die besonders die Eingliederung von Jugendlichen bzw. jungen ArbeitnehmerInnen fördern solle. Zudem sei ja gerade die Eingliederung von älteren ArbeitnehmerInnen in der Ausnahmeregelung genannt, womit gerade eine Beschäftigung des Antragstellers von der Gesetzgebung als wünschenswerte und gerechtfertigte Maßnahme angesehen werden würde.
Es liege somit die Vermutung nahe, dass der Antragsteller im Zuge seiner Bewerbung mit dem Hinweis, dass Menschen der Generation X und Y gesucht werden, aufgrund seines Alters diskriminiert worden sei.
In der ersten Stellungnahme der Antragsgegnerin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Antragsgegnerin die B AG mit dem Sitz in der Schweiz sei. Ferner handle es sich bei dem Projekt … um eben ein Projekt der B AG mit Sitz in der Schweiz. Es sei in diesem Zusammenhang weder in der Vergangenheit noch soweit absehbar in der Zukunft eine Stelle für Österreich, umso weniger daher in …, ausgeschrieben.
Soweit die zwischenzeitlichen Erkundigungen ergeben hätten, habe der Antragsteller auch kein offizielles Bewerbungsschreiben an ein Unternehmen des B Konzerns übersendet. Es habe sohin auch keine Bewerberauswahl bzw. Besetzung stattgefunden. Der Antragsteller habe von sich aus bei der Schweizer Gesellschaft auch ,,nur" angefragt, ob ein Interesse an einem Treffen bestünde, um die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit zu diskutieren.
Er sei von 2007 bis 2015 bei der B GmbH beschäftigt gewesen. Das Arbeitsverhältnis sei durch eine Arbeitgeberkündigung beendet worden. Offensichtlich pflege er noch privaten Kontakt mit Mitarbeitern von B, was sich auch aus der vorgelegten E-Mail-Korrespondenz zwischen dem Antragsteller und Dr. E und der vertrauten Anrede zeige. Dr. E selbst verfüge über keinerlei Personalbefugnisse. Er sei weder berechtigt Stellen auszuschreiben noch allfällige BewerberInnen einzuladen oder gar anzustellen.
In der ergänzenden Stellungnahme der Gleichbehandlungsanwaltschaft vom 23.1.2018 wurde vorgebracht, dass der Antragsteller bereits für seine vorangegangene Tätigkeit in der B Firmengruppe — damals noch wohnhaft in … — von einem Mitarbeiter von B angeworben worden sei. Finanziert sei seine Tätigkeit in … schließlich von einer Holding Gesellschaft in X geworden.
Die Antragsgegnerin nutzte die Erschließung der … in …, um dort einen „Campus" zu errichten, um auf dem einerseits Produktion, andererseits Innovation unterzubringen. Dies lasse sich auch einer Pressemitteilung von … entnehmen sowie der Website von B selbst.
Wie aus dem bereits als Beilage zum Antrag vorgelegten Schriftverkehr hervorgehe, habe sich Dr. E explizit danach erkundigt, ob der Antragsteller noch in Österreich versichert sei, da es mit den „…" sonst ja hinsichtlich Arbeitsbewilligungen immer so kompliziert sei. Es dürfe also angenommen werden, dass zumindest ein Teil des Projekts in … angesiedelt wäre — auch wenn die Finanzierung über die Holding in der Schweiz erfolgt.
Aus den Ausführungen von Dr. E ergebe sich auch, dass er das konkrete Projekt in den bestehenden Strukturen vorantreiben soll, womit wohl mehrere Entitäten der B Gruppe beteiligt werden sollen.
Auch wenn Dr. E seinen Arbeitsplatz hauptsächlich in der Schweiz haben sollte, wäre Wien als wichtiger und großer Standort bei einem solchen Projekt nach der vom Antragsteller erlebten Firmenpraxis aktiv beteiligt — auch mit vor Ort beschäftigten ArbeitnehmerInnen.
In Bezug auf die Argumente der Antragsgegnerin, wonach Dr. E gar nicht in der Position gewesen wäre, Personen anzustellen, sei auf die Judikatur des Obersten Gerichtshofes (9 ObA 18/08z) hinzuweisen, der ausführe, dass sich ein Arbeitgeber nicht nur das Handeln seiner Organe zurechnen lassen müsse, sondern auch anderer vertretungsbefugter Personen.
Da Herr D den Antragsteller an Dr. E verwiesen habe, sei davon auszugehen, dass dieser konkrete Befugnisse habe. In vielen Branchen sei es durchaus üblich, über Netzwerke und Bekanntschaften Beschäftigungsverhältnisse anzubahnen.
Durch die abschlägigen Äußerungen von Dr. E, mit ArbeitnehmerInnen der Generation X und Y tätig werden zu wollen, sei dem Antragsteller deutlich gemacht worden, dass kein Interesse an einer Person seines Alters bestehe.
Aus Sicht der Gleichbehandlungsanwältin sei dem Antragsteller die Glaubhaftmachung dahingehend gelungen, dass seine Bereitschaft, für die Antragsgegnerin in … tätig zu sein, auf Grund seines Alters abschlägig beschieden worden sei.
In der zweiten Stellungnahme der Antragsgegnerin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die ergänzende Stellungnahme der Gleichbehandlungsanwaltschaft in einigen Punkten missverständlich bzw. unrichtig ist.
Wenn im Schreiben vom 23.01.2018 versucht werde, einen Zusammenhang mit vorangegangenen Tätigkeiten des Antragstellers darzustellen, so solle auch erwähnt werden, dass die Zeit in … einerseits Zeiträume vor Mai 2007 umfasse, Zeiträume sohin vor über zehn Jahren und es andererseits für das Verfahren unerheblich sei, wie B-Gesellschaften vor über zehn Jahren in X bzw. … Personal angeworben haben.
Herr F habe im Schreiben vom … bestätigt, dass in Österreich für das Projekt „Digital …" der Schweizer B AG keine offene Stelle ausgeschrieben gewesen sei, weder in der Vergangenheit noch in absehbarer Zukunft.
Das Projekt „Digital …" gehöre dem Bereich „…" an. Dieser Bereich sei jedoch in der B AG angesiedelt, welche ihren Sitz in der Schweiz und nicht in … habe.
Hinsichtlich des Projekts „Digital …" war und sei der Standort … nicht aktiv eingebunden und dies sei auch in der Zukunft nicht vorgesehen. Die Mitarbeiter an diesem Projekt seien ausschließlich in der Schweiz tätig.
Die B AG sei eine Gesellschaft nach Schweizer Recht mit Sitz der Schweiz und verfüge über keine Zweigniederlassung oder Betriebsstätte in Österreich. Das Projekt „Digital …" sei ein Projekt der B AG. Für dieses Projekt wurden weder in der Schweiz noch in Österreich Mitarbeiter gesucht und sei dies auch in absehbarer Zeit nicht geplant.
Die Entscheidung welche Rechtsordnung auf Fragen der Gleichbehandlung anzuwenden sei, das GIBG oder ein ausländisches Recht, richte sich nach den Normen des IPR, und damit bei Arbeitsverhältnissen nach Art 6 EVÜ (vgl. Rebhahn in Rebhahn GIBG § 1 Rz 30). Nach Art 6 EVÜ werde die für die Rechtsfragen des Arbeitsvertragsstatuts maßgebende Rechtsordnung primär durch eine wirksame Rechtswahl durch die Parteien des Arbeitsvertrages bestimmt. Fehle eine Rechtswahl der Parteien, so sei die objektive Anknüpfung maßgebend, entscheidend sei dann idR der gewöhnliche Arbeitsort (vgl. Rebhahn in Rebhahn GIBG § 1 Rz 31). Arbeite ein Arbeitnehmer in Österreich, liege sein gewöhnlicher Arbeitsort im Ausland, so führt Art 6 EVÜ nicht zur Anwendung österreichischen Rechts, sondern es bleibe bei der Anwendung des ausländischen Rechts des gewöhnlichen Arbeitsortes (vgl. Rebhahn in Rebhahn GIBG § 1 Rz 33). Art 6 EVÜ sei durch Art 8 Rom-I-VO abgelöst worden, die Frage des Arbeitsvertragsstatutes jedoch unverändert gelöst. Im gegenständlichen Fall führe Art 8 Rom-I-VO zur selben rechtlichen Beurteilung wie Art 6 EVÜ und sind die obigen Ausführungen nach wie vor gültig.
Da die Antragsgegnerin eine Gesellschaft nach Schweizer Recht sei, wäre selbst wenn — was ausdrücklich bestritten werde — tatsächlich ein Bewerbungs- und Auswahlverfahren stattgefunden hätte, der für diese Stelle gewöhnliche Arbeitsort in der Schweiz gelegen und dadurch wäre jedenfalls nach Schweizer Recht vorzugehen.
Dr. E verfüge bei der Antragsgegnerin über keinerlei Personalbefugnisse, er sei weder Geschäftsführer noch Prokurist der Antragsgegnerin. Er sei nicht berechtigt Stellen auszuschreiben, allfällige Bewerber einzuladen oder gar anzustellen. Er werde auch von keiner B-Gesellschaft, insbesondere auch nicht von der Antragsgegnerin, beauftragt oder angewiesen, Bewerber zu akquirieren. Eine Zurechnung als Verhandlungsgehilfe scheide aus, da sich die Antragsgegnerin nicht Dr. Es bedient habe, um Verhandlungen eines Arbeitsvertrages zu führen. Er wäre auch in keinster Weise mit der Führung von Bewerbungsgesprächen betraut. Da Dr. E auch keine Personalaufgaben übertragen worden seien, scheide auch eine diesbezügliche Zurechnung aus.
Dr. E habe privat — dies zeige wohl auch die in der Stellungnahme angeführte Sprache, etwa der Ausdruck „…" – mit dem Antragsteller kommuniziert. Formulierungen eines Mitarbeiters, der über keinerlei entsprechende Befugnisse verfüge, in einer privaten E-Mailkorrespondenz, können jedoch der Antragsgegnerin nicht angelastet werden.
Die Antragsgegnerin habe auch keinerlei Handlungen dahingehend unternommen, dass Dritten gegenüber der Anschein entstehen hätte können, Dr. E würde über Personalbefugnisse verfügen.
Dr. E habe in einem seiner E-Mails dem Antragsteller von seiner neuen Position berichtet und angegeben, dass er nunmehr eine Stabsstelle innehabe, die hochrangig und gut positioniert sei. Die deutsche Übersetzung für „staff position" laute Stabsposition oder Stabsstelle. Stabsstellen seien spezialisierte Leitungshilfsstellen mit fachspezifischen Aufgaben und ohne Fremdentscheidungs- und Weisungskompetenzen. Eine Stabsstelle müsse immer an eine Leitungsstelle angebunden sein; sie erfülle dabei Funktionen, die zum Aufgabenbereich der Leitungseinheit gehören, der sie zugeordnet sei. Sie sei im Entscheidungsprozess entweder in der Phase der Entscheidungsvorbereitung oder in der Kontrollphase beteiligt, die Entscheidung selbst bleibe der Leitungsstelle. Es ergebe sich daher schon aus der Wortbedeutung, dass mit der Position von Dr. E keinerlei Entscheidungsbefugnisse verbunden seien.
Der Antragsteller habe kein offizielles Bewerbungsschreiben an die Antragsgegnerin übermittelt, sondern sich lediglich erkundigt, ob ein Interessen an einem Treffen bestünde, um die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit zu diskutieren.
Obwohl § 12 Abs 1 Z 2 GIBG klar zum Ausdruck bringe, dass auch jene Bewerber erfasst werden, die bei rechtmäßiger Auswahl die Stelle dennoch nicht erhalten hätten, kann aber trotzdem nicht jede Formalbewerbung bei Verstoß gegen das GIBG zum Ersatz des Schadens führen.
Ansprüche könne vielmehr nur derjenige stellen, der sich ernstlich um eine Stelle beworben habe. Dies sei von besonderer Bedeutung, da seitens des Antragstellers nicht einmal eine Formalbewerbung vorliege. Wie oben ausgeführt, habe er sich lediglich erkundigt, ob Interesse an einem Treffen bestünde.
Der Antragsteller sei von 2007 bis 2015 bei der österreichischen B GmbH beschäftigt gewesen. Dieses Dienstverhältnis sei durch eine Arbeitgeberinnenkündigung beendet und in weiterer Folge gerichtlich angefochten worden. Die Parteien hätten sich schließlich darauf geeinigt, dass die Kündigung rechtmäßig gewesen und sohin das Dienstverhältnis beendet sei.
Gemäß den der Antragsgegnerin erteilten Informationen sei ein Grund für die Kündigung im Jahr 2015 gewesen, dass aufgrund der besonderen Persönlichkeit des Antragstellers bei der damaligen Arbeitgeberin niemand mehr mit ihm zusammenarbeiten habe wollen.
Die Beendigung des Dienstverhältnisses sei nicht friktionsfrei abgelaufen und so entbehre es jeglicher Lebenserfahrung, dass es ein gekündigter Mitarbeiter ernsthaft in Erwägung ziehe, im Konzern der ehemaligen Arbeitgeberin, von dem er sich nicht im Guten getrennt hat, wieder tätig werden zu wollen.
Vielmehr könnte ein Außenstehender vermeinen, dass es dem Antragsteller gerade darauf angekommen sei, seinem Gegenüber in einer privaten Korrespondenz Äußerungen zu entlocken, um dann neuerlich ein Verfahren gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber initiieren zu können.
Auch der EuGH (C-423/15, Rs Kratzer) habe ausdrücklich festgehalten, dass ein Scheinbewerber, der bloß Entschädigungsansprüche herausschinden will, sich nicht auf den Diskriminierungsschutz berufen könne. Der EuGH begründete dies ua. damit, dass solche Bewerber nicht wirklich „Zugang zu Beschäftigung" suchen.
PRÜFUNGSGRUNDLAGEN
Der Senat II der GBK stu?tzt sein Prüfungsergebnis auf die schriftlichen Vorbringen. Von einer Befragung von Auskunftspersonen wurde abgesehen, da die vorliegenden Unterlagen zu einer Beurteilung des Sachverhaltes ausgereicht haben (§ 11 Abs. 4 Gleichbehandlungskommissions-Geschäftsordnung).
BEGRÜNDUNG
Der Senat II der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:
Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:
"§ 17. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf in Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht
1. bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses.
…
"§ 19. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 17 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, oder Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Orientierung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.“
Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren ist anzumerken, dass gemäß § 26 Abs. 12 GlBG eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 17, 18 oder 21 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) eine „Bescheinigung“ des behaupteten nach dem GlBG verbotenen Motivs, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist. Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des/r AntragstellerIn sprechen als dagegen (vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen).
Wenn dem/der AntragstellerIn die Glaubhaftmachung von Umständen, die einen nachvollziehbaren Zusammenhang zwischen der Nichtbegründung des Arbeitsverhältnisses und dessen/deren Alter herstellen, gelungen ist, obliegt es dem/der AntragsgegnerIn zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der AntragsgegnerIn glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne der §§ 19 Abs. 2 oder 20 GlBG vorliegt.
Der Senat geht bei seiner rechtlichen Prüfung von folgendem Sachverhalt aus, der auf Basis der schriftlichen Stellungnahmen auf Grund der darzulegenden Erwägungen festgestellt wurde:
Der Antragsteller hat am … bei Dr. E per E-Mail an diesen dienstliche E-Mail-Adresse kontaktiert, um ihn nach einer Beschäftigungsmöglichkeit zu fragen. Dr. E hat am … mitgeteilt, dass er gerade auf Urlaub sei und sich danach melden werde. Er hat Bezug auf den Wohnort des Antragstellers genommen und gemeint, dass es bei Zustandekommen eines Vertrages leichter sei, wenn dieser sich im österreichischen Sozialversicherungsrecht befindet. Der Mail von Dr. E war eine Signatur angefügt, die einerseits auf dessen Funktion „Executive Vice President …“ und andererseits auf das Unternehmen, in dem er diese innehat Bezug nimmt. Dies ist die B AG, als Adresse ist nur die E-Mail-Adresse von Dr. E angegeben. Der Antragsteller hat zum einen seine aufrechte Arbeitserlaubnis bestätigt und auf die Möglichkeit hingewiesen, seine Beschäftigung durch eines der 50+ Förderprogramme des AMS unterstützen zu lassen.
Der Antragsteller hat am … noch einmal per Mail nachgefragt, ob Dr. E schon über eine Beschäftigungsmöglichkeit nachgedacht hat. Dieser hat am selben Tag geantwortet, dass er in seinem Bereich nun einen neuen Beginn machen möchte, mit neuen Leuten und „generation Y and X resources". Auch hier scheint wieder die dienstliche Signatur von Dr. E auf der Mail auf („Executive Vice President …“).
Der Antragsteller war zum Zeitpunkt der E-Mail-Korrespondenz unbestritten 60 Jahre alt.
Diese Feststellungen ergeben sich aus dem vom Antragsteller vorgelegten Mail-Verkehr, dessen Echtheit und Richtigkeit von der Antragstellerin nicht bestritten wird.
In rechtlicher Hinsicht ist dieser Sachverhalt folgendermaßen zu beurteilen:
1. Zu der von der Antragsgegnerin aufgeworfenen Frage der Anwendbarkeit österreichischen Rechts, insbesondere des GlBG ist festzuhalten, dass sich aus der Korrespondenz der beiden Beteiligten auf Grund des Hinweises im Mailverkehr auf das österreichische Sozialversicherungssystem und den österreichischen Arbeitsmarktzugang in Form einer Beschäftigungsbewilligung die intendierte Anbahnung eines Arbeitsvertrages mit gewöhnlichem Arbeitsort … ergibt. Daraus folgt, dass offenbar beide Beteiligten offenbar davon ausgegangen sind, dass der Arbeitsmittelpunkt in Österreich liegen soll. Da sich aus den dem Senat vorliegenden Unterlagen ferner kein Hinweis auf einen beabsichtigten gewöhnlichen Arbeitsort im Ausland bzw. eine transnationale Beschäftigung ergibt, ist somit im Hinblick auf den gewöhnlichen Arbeitsort in Österreich nach Art. 8 Abs. 1 Rom I-VO die Anwendbarkeit von österreichischem Recht und somit des GlBG zu bejahen.
2. Das Diskriminierungsverbot des § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG begründet keinen Anspruch auf die Begründung eines bestimmten Arbeitsverhältnisses, sondern konkretisiert vorvertragliche Sorgfaltspflichten, die ein anerkanntes Element des arbeitsrechtlichen Schutzprinzips darstellen und bei deren Verletzung als Rechtsfolge Schadenersatzansprüche zugunsten der diskriminierten Person vorgesehen sind. Dieses Diskriminierungsverbot ist dabei extensiv zu interpretieren - alle mit dem Zustandekommen eines Arbeitsvertrages in Zusammenhang stehenden Vorgänge – und somit auch vorliegender antragsgegenständlicher E-Mail-Verkehr - sind hiervon umfasst.
Im Hinblick auf den Telos des GlBG – nämlich der Herstellung einer diskriminierungsfreien Arbeitsumwelt (vgl. Art. 1 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie 2000/78/EG, die durch das GlBG umgesetzt wird) – ist auch eine Initiativbewerbung vom Diskriminierungsschutz von § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG umfasst, ohne dass dafür eine konkret ausgeschriebene Stelle erforderlich wäre. Ansonsten wäre in diesem Stadium einer Bewerbung der Ausschluss von BewerberInnen aus diskriminierenden Gründen rechtlich nicht sanktionierbar, was dem GlBG nicht unterstellt werden kann. Ferner ist bei Interpretation des § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG dem Gedanken Rechnung zu tragen, dass im Hinblick auf das Ziel der Herstellung einer diskriminierungsfreien Arbeitsumwelt potentielle BewerberInnen nicht bereits im Interessenbekundungsstadium von einer Bewerbung abgehalten werden sollen.
Diese Überlegungen werden auch durch den Zweck des Gebots der diskriminierungsfreien Stellenausschreibung gemäß § 23 GlBG unterstützt. Dieses zielt nämlich darauf ab, die Abschreckung von BewerberInnen im Vorbewerbungsstadium hintanzuhalten (so zB im Zusammenhang mit der geschlechtsneutralen Stellenausschreibung Windisch-Graetz, in ZellKomm2 § 9 GlBG Rz 3).
Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf das Urteil des EuGH in der Rs Feryn (10.7.2008, C-54/07), wonach die öffentliche Aussage eines Arbeitgebers, dass er ArbeitnehmerInnen aufgrund ihrer Rasse oder ethnischen Herkunft nicht beschäftigen wird, per se eine unmittelbar diskriminierende Einstellungspolitik darstellt, und dass derlei Erklärungen potenzielle Bewerber davon abbringen können, eine Bewerbung einzureichen, und daher deren Zugang zum Arbeitsmarkt behindern.
Damit ist als Ergebnis festzuhalten, dass das Diskriminierungsverbot bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gem. § 17 Abs. 1 Z. 1 GlBG auch Initiativbewerbungen erfasst.
3. Zur weiteren Frage, inwieweit das Verhalten von Dr. E der Antragsgegnerin zugerechnet werden kann, ist folgendes auszuführen:
Beide Antworten von Dr. E sind mit der offiziellen Firmensignatur versehen, womit dieser – entgegen der Meinung der Antragsgegnerin – nicht als Privatperson aufgetreten ist, die eine private E-Mail-Konversation führt, sondern dem Antragsteller durch den E-Mail-Verkehr den Eindruck vermittelt hat, als Executive Vice President aufzutreten und für die Antragsgegnerin Erklärungen abgeben zu können.
Zieht man zB die online-Enzyklopädie Wikipedia als Indikator für ein allgemeines Begriffsverständnis heran, so wird dort ausgeführt: „In der Wirtschaft sind – im amerikanischen System – Vice Presidents meist für ein bestimmtes Ressort verantwortlich. Diese Bezeichnung findet auch im deutschsprachigen Raum immer mehr Verbreitung. In großen Organisationen gibt es übergeordnete Abstufungen, denen die Wörter 'Senior' und 'Executive' vorangestellt sind.“ „Die Vice Presidents berichten üblicherweise direkt dem President oder Chief Executive Officer (CEO) der Firma.“1
Aus diesen Überlegungen ergibt sich, dass durch die Verwendung einer solchen Funktionsbezeichnung der Anschein einer gewissen Entscheidungsbefugnis entstehen kann, der auch Personalbefugnisse umfasst. Dieses Vertrauen hat seine Grundlage im zurechenbaren Verhalten der (vermeintlichen) Vollmachtgeberin (dh der Antragsgegnerin), da diese durch eine derartige Funktionsbezeichnung einen Tatbestand geschafften hat, der die Überzeugung des Antragstellers vom Vorhandensein der Vertretungsmacht im Hinblick auf Personalbefugnisse begründet hat (vgl. (vgl Koziol/Welser/Kletecka, Bürgerliches Recht I14 Rz 654 mwN).
Dr. E hat dem Antragsteller gegenüber außerdem nie klargestellt, dass er keine Personalbefugnisse hat bzw. ihn auch nicht an eine firmenintern zuständige Ansprechperson verwiesen. Damit hat er dem Antragsteller den Anschein vermittelt, für die Antragsgegnerin in punkto Inhalt der E-Mail-Kommunikation tätig werden zu können. Somit war vom Senat das Vorliegen einer Anscheinsvollmacht zu bejahen und die antragsgegenständliche Aussage von Dr. E, mit dem dieser die Bewerbung des Antragstellers ablehnend auf die „generation Y and X resources" Bezug genommen hat, war somit der Antragsgegnerin zurechenbar.
Dazu ist darauf hinzuweisen, dass OGH hat hinsichtlich der Belästigung klargestellt, dass Organhandeln bei einer Kapitalgesellschaft als Belästigung durch den/die Arbeitgeberin als juristische Person gilt (OGH 9 Ob A 18/08z, ZAS 2009, 288 (Krömer)). In einer späteren Entscheidung (OGH 9 Ob A 118/11k, DRdA 2012, 52 (Mayr)), wurde dann auch belästigendes Vorgesetztenverhalten dem/der ArbeitgeberIn zugerechnet: Die Haftung eines/einer ArbeitgeberIn ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil dem Belästiger keine Organstellung und keine gesetzliche Vertretungsbefugnis zukommt. Maßgeblich ist vielmehr, ob und inwieweit dieser im dargelegten Sinn zur selbständigen Ausübung von Unternehmer- und insb ArbeitgeberInnen-Funktionen berechtigt war und die sexuelle Belästigung damit in einem inneren Zusammenhang stand.
In der Literatur (Rebhahn, in Rebhahn, GlBG-Kommentar § 3 Rz 13; Krömer, Kommentar zu OGH 9 Ob A 18/18z, ZAS 2009, 288) wird in diesem Sinne vertreten, das auch im allgemeinen Anwendungsbereich des GlBG abseits der (sexuellen) Belästigung eine Zurechnung nicht nur von Organhandeln zu einer juristischen Person zu erfolgen hat, sondern auch von RepräsentantInnen, wenn diese auch ArbeitgeberInnenfunktionen iSd § 3 bzw § 17 GlBG ausüben, dh Entgelt festsetzen, Urlaub bewilligen, über Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung entscheiden etc.
Da sich die allgemeinen Regelungen des GlBG nur an den ArbeitgeberInnen, nicht aber an Dritte richten, würde eine andere Lesensart des GlBG zu dem Ergebnis führen, dass Diskriminierungen durch einen Personalverantwortlichen, der selbst nicht ArbeitgeberIn oder ein Organ des/der ArbeitgeberIn ist, nicht erfasst wären (so Rebhahn, in Rebhahn, GlBG-Kommentar § 3 Rz 13).
Krömer (ZAS 2009, 291; ähnlich auch die Begründung in OGH 9 Ob A 118/11k, DRdA 2012, 52 (Mayr)) führt als zusätzliches Argument die GehilfInnenhaftung an: Gehe man davon aus, dass die Diskriminierungsverbote des § 3 GlBG Vertragsinhalt werden, lässt sich eine Haftung des/der ArbeitgeberIn für seine MitarbeiterInnen auch über die Gehilfenhaftung des § 1313a ABGB begründen.
Letztlich führen beide Argumentationslinien zu dem Ergebnis, dass sich der/die ArbeitgeberIn durch die Übertragung seiner ArbeitgeberInnen-Funktionen an MitarbeiterInnen der Haftung nach dem GlBG nicht entziehen kann und deren Handlungen daher zugerechnet werden müssen.
Diese Ansichten überzeugen und es ist daher in rechtlicher Hinsicht festzuhalten, dass sich ArbeitgeberInnen das Handeln von Personen mit Personalbefugnissen für eine Verantwortlichkeit nach GlBG zurechnen lassen müssen. Und das nicht nur dann, wenn tatsächlich derartige Befugnisse übertragen wurden, sondern auch in jenen Fällen, in denen zumindest auf Grund einer Anscheinsvollmacht derartige Personalbefugnisse auf Grund des Rechtsscheins anzunehmen sind (dazu oben).
Der Argumentation der Antragsgegnerin, dass Dr. E keinerlei Personalbefugnisse habe und für die Antragsgegnerin keine Erklärungen habe abgeben könne, ist somit nicht zu folgen. Dr. E ist dem Antragsteller gegenüber als „Executive Vice President“ aufgetreten und hat weder klargestellt, dass er nicht befugt sei, über Einstellungen zu reden noch – wie die Antragsgegnerin fälschlich vermeint –, dass er als reine „Privatperson“ agiert habe. Gerade das Gegenteil ist aus objektivem Empfängerhorizont der Fall, da Dr. E bei einer offensichtlichen dienstlichen Angelegenheit mit Wissen seiner Arbeitgeberin seine Firmensignatur im E-Mail verwendet hat.
Die Kombination dieser beiden Umstände hat beim Antragsteller berechtigterweise den Eindruck erweckt, dass Dr. E ein seitens der Antragsgegnerin ermächtigter Ansprechpartner für seine Bewerbung bei der Antragsgegnerin sei und es ist somit dieser sein Verhalten zurechenbar.
Dieses Ergebnis erhärtet sich auch durch die Entscheidung des EuGH 25.4.2013, C-81/12 in der Rs Accept. Ein beklagter Arbeitgeber demnach kann Tatsachen, die vermuten lassen, dass er eine diskriminierende Einstellungspolitik betreibt, nicht allein dadurch widerlegen, dass er geltend macht, die Äußerungen, die eine diskriminierende Einstellungspolitik suggerierten, stammten von einer Person, „die, obwohl sie behaupte und der Anschein bestehe, dass sie im Management dieses Arbeitgebers eine wichtige Rolle spiele, nicht rechtlich befugt sei, ihn bei Einstellungen zu binden“ (EuGH 25.4.2013, C-81/12, Accept – im Zusammenhang mit einer homophoben Einstellungspolitik). Daraus ergibt sich, dass der Kreis jener Personen, die sich ArbeitgeberInnen zurechnen lassen müssen, weit gezogen ist und dass Personen, die sich in ihren Mail-Signaturen für die EmpfängerInnen einer Mail als „Executive Vice President“ bezeichnen, jedenfalls diesem Kreise angehören.
Als Ergebnis folgt somit, dass das durch den E-Mail-Verkehr zum Ausdruck gebrachte Handeln von Dr. E gegenüber dem Antragsteller – also die Nichtweiterverfolgung von dessen Bewerbung mit dem Hinweis auf „neue Leute und generation Y and X resources" – durch die dadurch erfolgte Bezugnahme auf das Alter des Antragstellers, der mit Jahrgang 1957 zur Generation der Babyboomer zählt, der Antragsgegnerin zuzurechnen ist.
4. Der Antragsteller konnte dem Senat durch seine vorgelegten Unterlagen weiters glaubwürdig darlegen, dass er an einer Beschäftigung bei der Antragsgegnerin ernsthaft interessiert gewesen war. Es ist bei einer nicht in Beschäftigung stehenden Person im Alter von 60 Jahren – also noch fünf Jahre vom gesetzlichen Pensionsantrittsalter entfernt – entgegen der Mutmaßung der Antragsgegnerin nicht a priori davon auszugehen, dass diese sich bei einer Bewerbung gar nicht ernsthaft um ein neues Arbeitsverhältnis bemühen würde. Die von der AntragsgegnerIn ins Treffen geführte EuGH-Entscheidung in der Rs Kratzer behandelt einen gänzlich anderen Fall, nämlich den eines sogenannten „AGG-Hoppers“, dh einer Person, die sich bei offenbar diskriminierenden Ausschreibungen nur deshalb bewirbt um Schadenersatz geltend zu machen.
Im vorliegenden Fall ergeben sich keine Ansatzpunkte dafür, dass der Antragsteller seine Bewerbung nur zu diesem Behufe betrieben hätte. Aus dem Sachverhalt ergibt sich vielmehr das Gegenteil - weist er doch auf Förderungsmöglichkeiten für die Einstellung älterer StellenbewerberInnen hin.
5. Die Ablehnung der Bewerbung eines 60-Jährigen mit dem Hinweis auf die Bevorzugung von Personen der „generation Y and X resources“ stellt aus folgenden Überlegungen auch eine unmittelbare Diskriminierung auf Grund des Alters dar: Einem Bewerber, der als im Jahr 1957 Geborener der Generation der Babyboomer angehört, wird durch die zitierte Mitteilung – die vor 1965 geborene BewerberInnen ausschließt und somit eine unzulässige Einschränkung des BewerberInnenkreises auf Angehörige der Generation X und Y darstellt - nur auf Grund dieses Umstands die weitere Berücksichtigung seiner Bewerbung verweigert, weshalb er auf Grund seines Alters von 60 Jahren zum Zeitpunkt Bewerbung in einer vergleichbaren Situation – dem Bewerbungsprozess bei der Antragsgegnerin – somit eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person - nämlich eine/e Angehörige/r der Generation X oder Y - erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
Gemäß den Beweismaßregeln des GlBG ist es dem Antragsteller daher gelungen, den Senat davon zu überzeugen, dass sein Alter das für die Ablehnung seiner Bewerbung durch die, der Antragsgegnerin zurechenbare schriftliche Mitteilung von Dr. E, dass er in seinem Bereich nun einen „neuen Beginn machen möchte, mit neuen Leuten und generation Y and X resources", das ausschlaggebende Kriterium für die Ablehnung seiner Initiativbewerbung war.
Damit war das Vorliegen einer Diskriminierung des Antragstellers auf Grund des Alters bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin zu bejahen.
Vorschlag:
Im Hinblick auf die Rechtsfolge § 26 Abs. 1 GlBG bei der Diskriminierung bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses wird die Zahlung eines angemessenen Schadenersatzes vorgeschlagen, der insbesondere eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung darstellen soll.
Binnen zwei Monaten ab Zustellung ist dem Senat über die Umsetzung des Vorschlags zu berichten.
1 https://de.wikipedia.org/wiki/Vizepräsident (abgerufen am 2.7.2018).
Zuletzt aktualisiert am
02.08.2018