Gbk 2018/5/30 GBK II/337/17

JUSLINE Allgemeines Dokument

Veröffentlicht am 30.05.2018
beobachten
merken

Diskriminierungsgrund

Ethnische Zugehörigkeit

Diskriminierungstatbestand

Belästigung auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit

Text

Senat II der Gleichbehandlungskommission

Anonymisiertes Prüfungsergebnis GBK II/337/17 gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission (GBK) hat über den Antrag von Frau A (in Folge: Antragstellerin) wegen behaupteter Belästigung auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit gemäß § 21 Abs. 1 Z 3 GlBG durch Herrn B (in Folge: Antragsgegner) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO, BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013, erkannt:

Eine Belästigung der Antragstellerin auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit durch den Antragsgegner

l i e g t v o r.

VORBRINGEN

Im Antrag wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Antragstellerin bei „X“ als Beraterin beschäftigt gewesen sei und ihre Tätigkeit darin bestanden habe, … rechtlich zu beraten und zu unterstützen.

Am … habe sie eine Klientin mit der Bitte kontaktiert, ein Stelleninserat von C auf mögliche rechtliche Verstöße zu überprüfen. Das Inserat der Bäckerei C habe „akzentfreie deutsche Aussprache" als Anforderung aufgelistet und sie habe angenommen, dass dies gegen das Gleichbehandlungsgesetz verstoße. Die Antragstellerin habe daher dem Unternehmen ein Schreiben mit der Bitte um eine kurze Stellungnahme übermittelt, dieses über die geltende rechtliche Lage aufgeklärt sowie ersucht, die Ausschreibung gesetzeskonform zu gestalten.

Das im betreffenden Stelleninserat geforderte „akzentfreie Deutsch" stelle ihre Erachtens einen im Sinne des § 23 Abs. 1 GIBG diskriminierenden Hinweis auf das Diskriminierungsmerkmal ethnische Zugehörigkeit dar, da die Anforderung nach „akzentfreiem Deutsch" für die konkrete Tätigkeit ihrer Meinung nach als überzogen anzusehen sei. Der Duden definiere den „Akzent" als eine Form der Aussprache bzw. der Sprachmelodie. Üblicherweise sei von einem Akzent als besondere Sprachfärbung im Zusammenhang mit der Ausübung einer Fremdsprache die Rede. Personen nicht-deutscher Muttersprache würden dadurch zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, da ein entsprechend hohes Niveau auch anderweitig, z.B. durch jahrelanges intensives Studium von „Deutsch als Fremdsprache", erworben werden könne. Unter dem Maßstab des GIBG sei diese Formulierung aber als problematisch anzusehen, weil vor allem Personen nicht-deutscher Muttersprache von einer Bewerbung abgeschreckt werden können. Da die beste erreichbare Schulnote im österreichischen Schulsystem „Sehr gut" sei, bergen darüber hinausgehende Anforderungen wie „perfektes", „ausgezeichnetes" und auch „akzentfreies Deutsch" die Gefahr einer diskriminierenden Wirkung in sich und bedürfen einer besonderen Rechtfertigung, um dem Gebot der diskriminierungsfreien Stellenausschreibung Genüge zu tun, das unter anderem jegliche unsachliche Einschränkung in Bezug auf die ethnische Zugehörigkeit im Anforderungsprofil verbiete. Es sei davon auszugehen, dass „akzentfreies Deutsch" keine wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung für eine Stelle als MitarbeiterIn im Verkauf sei.

Als Reaktion habe sie auf ihre Ausführungen zu dem Stelleninserat vom Antragsgegner, dem Prokurist der Bäckerei C, ein für sie würdeverletzendes und belästigendes Schreiben erhalten. In diesem Schreiben habe dieser unmissverständlich sowohl ihre Kompetenz kritisiert, ihren Beruf bei X auszuüben als auch ihre Deutschkenntnisse.

Dabei bringe er zunächst vor, dass es der Antragstellerin seines Erachtens nicht möglich sei so zu formulieren, dass „eine flüssige Leseweise gesichert" sei. Zusätzlich habe er angemerkt, dass ihre Wortwahl ihre Kompetenz in Frage stelle, was er aus der Verwendung des Begriffes „Backgeschäft" ableite. Abschließend habe ihr der Antragsgegner in diesem Schreiben geraten, dass sie „an den eigenen Deutschkenntnissen arbeiten" solle. Warum es der Antragsgegner als notwendig erachtet habe, auf ihre Deutschkenntnisse auf eine derart entwürdigende und absolut unangebrachte Art und Weise Bezug zu nehmen, sei ihr zu Beginn nicht klar gewesen.

Da jedoch ihr Name von selbst erkläre, dass sie familiär über einen Migrationshintergrund verfüge, lasse die Kritik des Antragsgegners für sie nur den Schluss zu, dass seine belehrende und abwertende Reaktion aufgrund ihres ausländisch klingenden Namens erfolgt sei. Dieser scheine von ihrem Namen auf ihre „nicht-österreichische" (konkret …) ethnische Zugehörigkeit geschlossen und diese mit „mangelnden Deutschkenntnissen" in Verbindung gebracht zu haben, sodass er sich dazu veranlasst gesehen habe, sie dahingehend aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit zu kritisieren.

Die Ausführungen des Antragsgegners habe sie als zutiefst würdeverletzend empfunden. Die Antwort habe sich nämlich beinahe ausschließlich mit ihren Deutschkenntnissen befasst, diese herabgewürdigt und als „schlecht" bzw. „unzureichend" bezeichnet. Wäre ihr Name nicht unter dem Schreiben gestanden, hätte der Antragsgegner vermutlich keinen einzigen Einwand bezüglich ihrer Sprach- und Wortwahl gemacht. Das Verhalten des Antragsgegners stelle daher eine für die Antragstellerin unerwünschte, verletzende und herabwürdigende Verhaltensweise dar, die mit ihrer ethnischen Zugehörigkeit im Zusammenhang stehe und die ihr im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses bei X durch einen Dritten widerfahren sei. Deshalb liege ihres Erachtens eine durch das GlBG verbotene Belästigung durch den Antragsgegner vor.

In der Stellungnahme des Antragsgegners wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Antragstellerin mit ihrem Schreiben vom … der Geschäftsführung der Bäckerei C unter Strafandrohung vorwerfe, im Zuge einer Stellenausschreibung rassistisch gehandelt zu haben. Das sei ein schwerwiegender und ehrenrühriger Vorwurf.

Ersichtlich ohne jegliche Sachkenntnis der Branche sowie der besonderen Anforderungen an den speziellen Arbeitsplatz, den die Ausschreibung betreffe, schreibe sich die Antragstellerin die Legitimation zu entscheiden zu können, welche Qualifikationen berechtigterweise für diesen Arbeitsplatz verlangt werden dürften. Sie stütze sich auf keinerlei Hinweise, die ihre Qualifikation nachvollziehbar erscheinen ließe. Die Antragstellerin bediene sich in ihrem Schreiben zudem einer Wortwahl, die offenlege, dass ihre Kenntnis der Sprachgebräuche in Österreich, insbesondere in Wien sie jedenfalls nicht dazu prädestiniere, erfahrene Geschäftsführer über Anforderungen zu Arbeitsplätzen an der Verkaufsfront eines Bäckerfachgeschäftes zu belehren.

Zudem weise das Schreiben beim Versuch „gendergerecht“ zu formulieren vielfach eklatante Mängel auf. In der angeforderten und von ihm erstellten Stellungnahme an die Antragstellerin habe er sachbezogen auf die Widersprüche und Argumentationsmängel sowie auf die störende unkorrekte Schreibweise hingewiesen.

Die Antragstellerin befinde, dass er die angeforderte Stellungnahme zu ihrem Schreiben deshalb so formulierte habe, weil sie ihr Schreiben mit einem ausländischen Namen unterzeichnet hätte. Die Antragstellerin irre, seine Kritik wäre exakt genauso ausgefallen, hätte das X-Schreiben ein „Peter ZAPFL“ unterzeichnet.

Die Frage, ob die Verwendung des Wortes „akzentfrei“ eine rassistische Tat darstelle, sei Gegenstand eines Strafverfahrens, das die Antragstellerin initiiert habe. Aus seiner Sicht hätte das Wort „akzentfrei“ nur eine Kurzzusammenfassung für sehr gute Sprachkenntnisse und kompetente unmissverständliche Artikulationsfähigkeit sein sollen. Seine Feststellungen in seiner von der Antragstellerin angeforderten Stellungnahme wären ausschließlich sachbezogen gewesen. Zur von ihm erwähnten, nicht gesicherten flüssigen Leseweise verweise er auf die in dem Schreiben achtmal misslungenen Versuche, Ausdrücke und Begriffe sinnvoll zu „gendern“. Auch die Verwendung des im gesamten deutschen Sprachraum unbekannten Wortes „Backgeschäft“, das zum Beispiel bei einer weltweiten Google-Suche null Treffer ergibt, zeuge von soweit fehlendem Sprachgefühl bzw. nicht ausreichender Kenntnis der deutschen Sprache im … Raum. Die Verfasserin eines solchen Schreibens könne daher seines Erachtens mit Sicherheit nicht die Kompetenz besitzen, erfahrenen Personalführern konkrete Vorhalte über die Verwendung spezieller deutscher Ausdrücke bei ganz speziellen Anlässen zu machen.

Er halte nochmals fest, dass seine Argumente im angeforderten Antwortschreiben ausschließlich sachbezogen gewesen wären und bei einem „Peter ZAPFL“ als Unterzeichner des X-Schreibens exakt gleich ausgefallen wären. Der Vorwurf rassistischer oder fremdenfeindlicher Gesinnung und diskriminierender Vorgangsweisen bei der Personaleinstellung sei dermaßen absurd, zumal seit fast fünfzig Jahren Mitarbeiter vielfältigster Ethnien beschäftigt werden. Derzeit seien von über 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mehr als 80 mit Migrationshintergrund, teilweise in Führungsfunktionen, beschäftigt und von 28 Neuaufnahmen im Jahr 2017 wären bisher zwölf fremdsprachige AusländerInnen.

Bei der großen Anzahl von VerkaufsmitarbeiterInnen mit oft deutlich hörbarem Migrationshintergrund – auch in erster Generation – sei es unverzichtbar, größere Teams – im speziellen Fall bis zu 10 KollegInnen - auch mit einzelnen MitarbeiterInnen mit überdurchschnittlichen Deutschkenntnissen in Verbindung mit kompetenter Sprachanwendung zu ergänzen. Dies deshalb, weil der fachspezifische Beratungsbedarf und -aufwand in Bäckerfachgeschäften ständig steige. Einerseits aufgrund gesetzlicher Auflagen, wie zum Beispiel bei der verpflichtenden Allergenberatung mit regelmäßiger Schulungsverpflichtung und andererseits, um sich vom starken „Konkurrenten Supermarkt“ durch hohe Beratungskompetenz arbeitsplatzsichernd abzuheben. Der speziell in … besonders anspruchsvolle, aber auch oft …. ebensolche Kunde erwarte detaillierte Beratung und Information über Inhaltsstoffe, Zusatzstoffe, Nährwerte, Herführungsverfahren wie Mehrstufensauerteig- und Langzeitführung, Erklärung der Beschaffenheit von Kruste und Krume sowie die Beschreibung vielfältigster Aromen. Dies sei mit durchschnittlicher Kenntnis der Sprache und durchschnittlicher Artikulationsfähigkeit erfahrungsgemäß nicht zu bewerkstelligen. Eine weitergehende Herausforderung bei der Artikulationsfähigkeit komme bei der laufend anfallenden telefonischen Beratung zum Tragen. Eine langjährige Erfahrung zeige, dass für die einfache Verkaufshilfskraft das Sprachniveau B2 vielleicht gerade noch ausreichend sei. Für die Anforderungen im gegenständlichen Fall sei zumindest das Niveau C1, wenn nicht gar C2 erforderlich.

Es zeuge daher von einer krassen Fehleinschätzung und Geringschätzung des sehr fordernden Berufs der Fachverkäuferin zu behaupten, dass an der Verkaufsfront Sprachkenntnis und unmissverständliche Artikulationsfähigkeit von untergeordneter Bedeutung wären.

Die Antragstellerin hätte beim Verfassen des ersten Schreibens eine erst dreimonatige Erfahrung als Mitarbeiterin von X gehabt. Er bedaure, dass seine ausschließlich sachbezogene Stellungnahme, die sich lediglich auf das inhaltliche Vorbringen des Schreibens und absolut nicht auf die ausländische Herkunft der Verfasserin, die ihm überdies völlig unbekannt sei, beziehe, als fremdenfeindlich empfunden worden sei.

PRÜFUNGSGRUNDLAGEN

Der Senat II der GBK stu?tzt sein Prüfungsergebnis auf die schriftlichen Vorbringen der Antragstellerin sowie des Antragsgegners. Von einer Befragung von Auskunftspersonen wurde nach Abhaltung einer Vorbereitenden Tagsatzung, an der der Antragsgegner nicht teilgenommen hatte, abgesehen, da die vorliegenden Unterlagen zu einer Beurteilung des Sachverhaltes ausgereicht haben (§ 11 Abs. 4 Gleichbehandlungskommissions-Geschäftsordnung).

BEGRÜNDUNG

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:

1. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:

"§ 17. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf in Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden,….

„§ 21. (1) Eine Diskriminierung nach § 17 liegt auch vor, wenn eine Person

 

3.

durch Dritte in Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis belästigt wird

 

 

(2) Belästigung liegt vor, wenn eine unerwünschte Verhaltensweise, die mit einem der Gründe nach § 17 im Zusammenhang steht, gesetzt wird,

1.

die die Würde der betroffenen Person verletzt oder dies bezweckt,

2.

die für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und

3.

die ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt.

Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren anzumerken, dass gemäß § 26 Abs. 12 GlBG eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 17, 18 oder 21 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist. Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des/r AntragstellerIn sprechen als dagegen (vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen).

Bei einer Belästigung gilt demnach, dass es dem/der AntragsgegnerIn zu beweisen obliegt, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm/ihr glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

2. Der Senat geht bei seiner rechtlichen Prüfung von folgendem Sachverhalt, wobei erwogen wurde:

Auf das im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses als Mitarbeiterin von X verfasste grammatikalisch korrekte Interventionsschreiben der Antragstellerin betreffend eine ihrer Rechtsmeinung nach nicht diskriminierungsfrei gestaltete Stellenausschreibung (die vor der GBK im Übrigen nicht verfahrensgegenständlich ist) erfolgte folgende auszugsweise wiedergegebene Replik des Antragsgegners:

„Ihr Schreiben vermag mich nicht nur in Diktion und formaler Abfassung, sondern auch inhaltlich in Erstaunen zu versetzen, lassen Sie doch klar erkennen, dass es Ihnen nicht möglich erscheint, so zu formulieren, dass eine flüssige Leseweise gesichert ist.

Schon der im zweiten Absatz verwendete Begriff „Backgeschäft" ist im deutschsprachigen Raum absolut ungebräuchlich und stellt jedenfalls Ihre Kompetenz, über Deutschkenntnisse belehrend zu referieren, deutlich in Frage.

Sie erwecken den Eindruck, Ihre mit öffentlichen Mitteln geförderte Organisation durch an den Haaren herbeigezogenen Beschwerdefälle ohne Sachsubstrat rechtfertigen zu wollen. Ich darf daher empfehlen, ihr Augenmerk auf real existierende Fälle zu beschränken und an den eigenen Deutschkenntnissen zu arbeiten.“

In der Stellungnahme an die GBK wurde weiters noch verstärkend auf die nach Sicht des Antragsgegners mangelnde „Kenntnis der Sprachgebräuche in Österreich“ Bezug genommen.

Die Antragstellerin hat nach eigenen Angaben einen „… Hintergrund“, der vor allem – und dies ist für den Senat nachvollziehbar – durch ihren Namen erkennbar ist.

Im antragsgegenständlichen Antwortschreiben erfolgte keine explizite Bezugnahme auf den - durch den Namen der Antragstellerin – erkennbaren Migrationshintergrund. Jedoch erachtet es der Senat gemäß den oben angeführten Beweislast- und Beweismaßregelungen § 26 Abs 12 GlBG nicht als wahrscheinlicher, dass der Antragsgegner derartige Schreiben wie das Antragsgegenständliche auch an Personen mit „inländisch“ klingendem Namen verschicken würde. Der Senat geht davon aus, dass das Schreiben des Antragsgegners ursächlich mit dem Namen der Antragstellerin zusammenhängt, da eine Person mit „inländischem“ Namen durch derartige Bemerkung mit Bezugnahme auf deren Deutschkenntnisse und den Sprachgebrauch in Österreich, wie sie der Antragsgegner getätigt hat, vermutlich gar nicht beleidigt werden würde.

3. In rechtlicher Hinsicht ist dazu auszuführen:

Das vom Antragsgegner an die Antragstellerin übermittelte Antwortschreiben war vom Senat im Hinblick auf das Vorliegen einer Belästigung auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit nach § 21 Abs. 1 Z 3 GlBG zu prüfen.

3.1. In einem ersten Schritt ist zu untersuchen, ob der Tatbestand der „Belästigung“ gemäß § 21 GlBG auch dann verwirklicht wird, wenn eine Person auf Grund ihres „nicht-österreichisch“ klingenden Namens in herabwürdigender Weise auf ihre mangelnden Deutschkenntnisse hingewiesen wird.

Im Hinblick auf den telos des GlBG – die Herstellung einer diskriminierungsfreien Arbeitswelt – ist § 21 GlBG weit auszulegen. Deshalb ist auch bereits eine indirekte Bezugnahme – wie eben im vorliegenden Fall durch den Hinweis an eine Person mit „ausländisch“ klingendem Namen auf ihre nach Meinung des Antragsgegners angeblich mangelhaften Kenntnisse der deutschen Sprache – auf einen den nach § 17 GlBG geschützten Grund der ethnischen Zugehörigkeit als ausreichend anzusehen, um den Tatbestand der Belästigung auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit zu verwirklichen.

Gestützt wird diese Ansicht durch die Entscheidung des OGH vom 2.4.2009, 8 ObA 8/09y zum BEinstG, wonach „die Belästigung mit einem der Gründe nach § 17 leg cit, also ethnische Zugehörigkeit, Religion, Weltanschauung, Alter oder sexuelle Orientierung "im Zusammenhang stehen muss".

Was allerdings unter „im Zusammenhang" konkret zu verstehen sei, werde vom Gesetzgeber nicht näher festgelegt, das geschützte Merkmal dürfe jedoch keine Benachteiligung zur Folge haben. Um den Zweck des Gesetzes, Diskriminierungen wegen der Behinderung hintanzuhalten, zu erreichen, dürfe das Erfordernis des „Zusammenhangs" nicht zu eng gesehen werden.

Die benachteiligende Person werde häufig nicht unmittelbar an dem fraglichen Merkmal selbst anknüpfen, sondern auf eine bestimmte Eigenschaft, eine Handlung, eine Verhaltensweise oder einen Zustand abstellen, der mit dem fraglichen Merkmal verbunden sei.

Wolle man nur auf das reine Merkmal abstellen, würde der Schutz vor Diskriminierung wegen des zu kleinen, leicht umgehbaren Anwendungsbereichs verfehlt. Der Zusammenhang könne daher auch durch Eigenschaften, Handlungen, Verhaltensweisen oder Zustände hergestellt werden, die mit dem Merkmal in Verbindung gebracht werden können.

Die Belästigung stehe dann mit dem Merkmal „im Zusammenhang", wenn die konkrete belästigende Verhaltensweise der Tatsache, dass ein geschütztes Merkmal vorliege, zugerechnet werden kann.

Es genüge daher, wenn das geschützte Merkmal (bzw. damit in Verbindung stehende Eigenschaften, Handlungen, Verhaltensweisen oder Zustände) innerhalb des „Motivbündels" eine Rolle spielen, also zumindest mitursächlich für die Belästigung ist.

Die Belästigung stehe dann mit dem geschützten Merkmal „im Zusammenhang", wenn die konkrete belästigende Verhaltensweise der Tatsache, dass ein geschütztes Merkmal vorliege, zugerechnet werden könne.

Ein derartiger Zusammenhang sei daher jedenfalls dort zu bejahen, wo unangebrachte, die Würde des Behinderten verletzende und ein demütigendes Umfeld schaffende Äußerungen des Belästigers einen Bezug zur Behinderung bzw den damit in Verbindung stehenden Eigenschaften haben.“

3.2. Da das Schreiben der Antragstellerin nach Meinung des Senates grammatikalisch korrekt formuliert ist, stellt sich daher die Frage nach dem Motiv einer Antwort, wie sie der Antragsgegner verfasst hatte. Dieses liegt wohl einerseits darin, dass die Zweckmäßigkeit der Tätigkeit von X grundsätzlich in Frage gestellt wird. Andererseits ist – mangels eines persönlichen Kontakts zwischen den beiden handelnden Personen – der „nichtösterreichisch“ klingende Name der Antragstellerin offenbar auch ein Motiv, die Deutschkenntnisse der Antragstellerin abwertend zu beurteilen. Die Behauptung des Antragsgegners, dass er auch einem - fiktiven - „Peter-Zapfl“ ein gleichlautendes Schreiben geschickt hätte, wurde daher vom Senat als Schutzbehauptung gewertet. Es widerspricht nämlich gänzlich jeder Lebenserfahrung bei einem Träger eines „inländischen“ Namens überhaupt einen – herabwürdigenden - Bezug zu dessen Deutschkenntnissen herzustellen.

Insofern war die Behauptung des Antragsgegners, dass er so ein Schreiben auch einem „Peter Zapfl“ geschickt hätte, daher weniger glaubwürdig sei als die Behauptung der Antragstellerin, dass dies auf Grund ihrer ethnischen Zugehörigkeit – erkennbar in Form ihres Namens – passiert sei.

3.3. Damit der Tatbestand der Belästigung erfüllt wird, muss gemäß den Voraussetzungen des § 21 Abs. GlBG die Würde der betroffenen Person verletzt oder dies bezweckt werden. Nach den Gesetzesmaterialien (307 BlgNR 22. GP 12) muss diese Verhaltensweise „schwerwiegend“ sein und setzt daher ein gewisses Mindestmaß an Intensität voraus. Ob die Würde einer Person beeinträchtigt ist, ist dabei nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen.

Weiteres wesentliches Merkmal einer Belästigung ist weiters, dass das Verhalten von der betroffenen Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist. Ein für die betroffene Person unerwünschtes Verhalten liegt dann vor, wenn es gegen ihren Willen oder ohne ihr Einverständnis erfolgt. Die „Unerwünschtheit“ ist in diesem Zusammenhang subjektiv, d.h. bezogen auf die betroffene Person zu beurteilen und war im vorliegenden Fall zu bejahen. Ferner muss die inkriminierte Verhaltensweise ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld für die betroffene Person schaffen oder dies bezwecken. Auf die Motivation für eine Belästigung kommt es grundsätzlich nicht an, auch ein allfälliger Vorsatz des/der Belästiger/in zu belästigendem Verhalten ist nicht erforderlich.

Dass der Erhalt eines derartigen Schreibens für die Antragstellerin, die damals erst kurz bei X beschäftigt gewesen war, unerwünscht iSd § 21 Abs. 2 GlBG gewesen war, ist im Hinblick auf die Situation einer Person an ihrem neuen Arbeitsplatz evident, da niemand bei Erledigung seiner Arbeitsaufgaben in herabwürdigender Weise auf seine Sprachkenntnisse verwiesen werden will. Die Würdeverletzung, die nach objektiven Maßstäben zu prüfen ist, sowie die Herstellung eines demütigenden Arbeitsumfeldes sind zu bejahen. Für die erst seit kurzen in dieser Beschäftigung tätigen Antragstellerin war diese Zurechtweisung durch den Antragsgegner unter Bezugnahme auf ihre aus seiner Sicht mangelnden Deutschkenntnis geeignet deren Würde zu verletzen und auch dazu, ein demütigendes Arbeitsumfeld zu schaffen in dem Sinne, dass in der Zukunft von derartigen Interventionsschreiben durch die Antragstellerin Abstand genommen werden soll. Dies soll wohl vor allem dadurch erzielt werden, dass die Antragstellerin verunsichert werden soll und befürchten muss, dass sie auch in Zukunft mit auf ihre nicht-österreichische Herkunft abzielenden abwertenden Kommentaren zu ihren Deutschkennnissen bedacht werde.

3.4. Die Schaffung eines beleidigenden und demütigenden Arbeitsumfeldes iSd § 21 Abs. 2 GlBG kann bereits durch ein einmaliges Schreiben ohne persönlichen Kontakt mit dem/der Belästiger/in erfolgen, wenn eine Person durch die spezifischen Umstände von dessen/deren Vorgehen – wie eben die Antragstellerin im vorliegenden Fall – in ihrem künftigen Handeln damit maßgeblich und nachhaltig verunsichert wurde.

Daher waren die auf der Seite 7 kursiv dargestellten schriftlichen Äußerungen des Antragsgegners in ihrer Gesamtheit als Belästigung im Sinne des § 21 GlBG zu qualifizieren und die Diskriminierung in diesem Punkt zu bejahen.

Vorschlag:

Dem Antragsgegner wird die Zahlung eines angemessenen Schadenersatzes für die Belästigung vorgeschlagen. Es ist darauf hinzuweisen, dass dieser bei einer gerichtlichen Geltendmachung durch die Antragstellerin gemäß § 26 Abs. 11 GlBG mindestens 1.000 € beträgt.

Binnen zwei Monaten ab Zustellung des Prüfungsergebnisses ist dem Senat schriftlich über die Umsetzung des Vorschlags zu berichten.

Zuletzt aktualisiert am

02.08.2018
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten