Entscheidungsdatum
26.03.2018Norm
KFG 1967 §103 Abs1 Z3 litaText
Im Namen der Republik!
Erkenntnis
Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Mag. Claudia Brugger über die Beschwerde des J P, F, vertreten durch RA Dr. Bernhard Ess, Feldkirch, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft F vom 01.06.2017, Zl X-9-2017/21814, zu Recht erkannt:
Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 20 % der über ihn verhängten Geldstrafe, mindestens jedoch 10 Euro zu bezahlen. Daher ergibt sich ein Kostenbeitrag von 73 Euro. Dieser Betrag ist zusammen mit der Geldstrafe und dem Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens an die Bezirkshauptmannschaft F zu entrichten.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
Begründung
1. Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten vorgeworfen:
„Sie haben nachstehende Verwaltungsübertretung(en) begangen:
Fahrzeug: XXX
Sie haben als Zulassungsbesitzer des angeführten Kleinkraftrades (Mofa), dieses Herrn R U S zum Lenken überlassen, obwohl dieser keine von der Behörde erteilte, gültige Lenkberechtigung besitzt.
Das genannte Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von der genannten Person gelenkt.
Tatzeit:
08.04.2017, 10:27 Uhr
Tatort:
F, Rstraße, Höhe Autohaus
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
§ 103 Abs. 1 Zif. 3 lit a KFG
Wegen dieser/diesen Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Zu
Geldstrafe
falls diese uneinbringlich
Gemäß
Euro
ist, Ersatzfreiheitsstrafe von
365,00
73 Stunden
Zu
Freiheitsstrafe
Gemäß
Ferner haben Sie zu bezahlen:
Betrag
Für
Euro
36,50
Strafverfahrenskosten gemäß § 64 Abs.1+2 VStG
Zu zahlender Gesamtbetrag (Strafe/Barauslagen):
Euro 401,50“
2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt er im Wesentlichen vor, dass als Beschwerdegründe Verfahrensmängel sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht werden würden. Die Bezirkshauptmannschaft F habe die beantragten Beweise durch Einvernahme des Beschuldigten sowie des Zeugen U S R nicht aufgenommen. Wären diese Beweise aufgenommen worden, hätte nachgewiesen werden können, dass der Beschuldigte erst nach dem Unfall Kenntnis davon erlangt habe, dass der Zeuge R über keine aufrechte Lenkberechtigung verfüge. Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B (Anm.: gemeint wohl F) entspreche auch nicht der Begründungspflicht des § 60 AVG. Es fehle jegliche Begründung. Zudem fehle es auch an den erforderlichen Feststellungen. Die Bezirkshauptmannschaft F habe sich mit der Bestimmung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG in keinster Weise auseinandergesetzt. Auch dies begründet einen Formmangel, der zur Aufhebung des Straferkenntnisses zu führen habe.
Tatort und Tatzeitpunkt seien unrichtig. Die Überlassung des Mofas sei nicht an dem angeführten Tatort und nicht zum angeführten Tatzeitpunkt erfolgt. Der Beschuldigte habe erst nach dem Unfall auf der PI F erfahren, dass U S R keinen Führschein habe. Im Zeitpunkt der Übergabe des Mofas sei der Beschuldigte davon ausgegangen und habe auch davon ausgehen dürfen, dass R über eine aufrechte Lenkberechtigung verfüge. Unrichtig sei, dass dem Beschuldigten bereits bei Übergabe des Kleinkraftrades bewusst oder bekannt gewesen sei, dass R über keine gültige Lenkberechtigung verfüge. Tatbildmäßiges Verhalten sei in subjektiver Hinsicht nur gegeben, wenn der Beschuldigte mit zumindest bedingtem Vorsatz gehandelt hätte. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Ein allfälliges fahrlässiges Verhalten vermöge den Tatvorwurf nicht zu begründen. Es würden die Voraussetzungen des § 45 Abs 1 Z 4 VStG vorliegen bzw könne mit einer Ermahnung jedenfalls das Auslangen gefunden werden. Die Bezirkshauptmannschaft F habe sich hiermit auch inhaltlich nicht auseinandergesetzt. Der Beschuldigte stelle die Anträge auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu auf Erteilung einer Ermahnung im Sinne des § 45 VStG.
3. Das Landesverwaltungsgericht hat in dieser Angelegenheit eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Folgender Sachverhalt steht fest:
Der Beschuldigte ist Zulassungsbesitzer des Kleinkraftrades (Mofa) der Marke Kymco, Agility Carry, mit dem amtlichen Kennzeichen XXX.
Der Beschuldigte hat dieses U S R zum Lenken überlassen. Dieser lenkte das Kleinkraftrad (Mofa) mit dem amtlichen Kennzeichen XXX am 08.04.2017, um 10:27 Uhr, in F auf der Rstraße in Richtung F. U S R war zum angeführten Zeitpunkt nicht im Besitz einer für das angeführte Fahrzeug gültigen Lenkberechtigung.
4. Dieser Sachverhalt wird auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf Grund der Aussage des Beschuldigten, des Zeugen U S R sowie den vorgelegten Verwaltungsakten, als erwiesen angenommen.
Der Beschuldigte gab in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll, dass es Nacht gewesen sei, als er zur Arbeit gegangen sei. Es habe ihn sein Kollege angerufen und ihm mitgeteilt, dass sein Fahrrad kaputt sei und habe ihn gefragt, ob er das Mofa ausleihen könne, worauf er ihm gesagt habe, dass dies kein Problem sei; er könne es nehmen und sobald er fertig sei, solle er es wieder zurückbringen. Sein Kollege sei dann zum Haus gekommen und habe es dort mitgenommen. Das Moped sei draußen gestanden; er sei schon bei der Arbeit gewesen. Er habe seinen Kollegen nicht angetroffen, die Schlüssel des Mopeds seien immer am Moped dran. Diese würde er nie abnehmen. Er habe - als er mit seinem Kollegen telefoniert habe - nicht wegen der Lenkberechtigung nachgefragt. Sie hätten nicht darüber gesprochen. Er habe nicht gewusst, dass sein Kollege, U R, keine Lenkberechtigung gehabt habe, aber er habe auch nicht danach gefragt. Es stimme, dass er bei der Polizei von seinem Kollegen erfahren habe, dass dieser keinen Führerschein habe. Es stimmt nicht, dass er bei der Polizei gesagt habe, dass er wisse, dass U R keinen Führschein habe.
Der Zeuge U S R führt im Rahmen der mündlichen Verhandlung aus, dass sein Fahrrad kaputt gewesen sei und er seinen Freund angerufen habe, da er zur Arbeit habe müssen. Sein Kollege habe ihm dann mitgeteilt, dass er das Moped benutzen könne, wobei er nicht gewusst habe, dass er (Anm: gemeint: U S R) keinen Führerschein habe. Er habe den Beschuldigten angerufen und der Beschuldigte habe ihm am Telefon gesagt, dass er sein Moped haben könne. Er habe dem Beschuldigten mitgeteilt, dass er mit dem Mofa fahren könne, aber der Beschuldigte habe nicht gewusst, dass er keinen Führerschein habe. Er habe das Moped dann benutzt und nachdem er von der Arbeit zurückgekommen sei, sei ein Mann, dessen Namen er nicht mehr wisse, aus dem Parkplatz herausgefahren und habe ihn zusammengefahren. Der Beschuldigte habe die Schlüssel beim Moped hinterlegt gehabt. Die Schlüssel seien im Mofa gesteckt. Der Beschuldigte sei bei der Arbeit gewesen, als das Telefongespräch geführt worden sei: Das Moped sei beim Haus gestanden und sei allgemein zugänglich aufgestellt gewesen. Er habe den Beschuldigten um ca 02.00 oder 02.30 Uhr in der Nacht angerufen.
Sowohl der Zeuge U S R, als auch der Beschuldigten schildern im Wesentlichen übereinstimmend und glaubwürdig den Inhalt des von ihnen geführten Telefongespräches bzgl der Überlassung des Mofas, sowie den Vorgang der Überlassung des Mofas selbst. Im Zuge des Verfahrens wurden keine Umstände bekannt, die Zweifel an den Aussagen begründet hätte.
Der Zeuge M T (PI F), der aufgrund seiner verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht unterliegt, führte im Rahmen der Verhandlung glaubwürdig und widerspruchsfrei aus, dass er die Anzeige verfasst habe und die darin enthaltenen Angaben richtig und vollständig seien. Der Vorfall sei mit einem Verkehrsunfall verbunden gewesen. U S R sei mit dem Mofa vom Beschuldigten unterwegs gewesen. Im Zuge der Aufnahme sei herausgekommen, dass U S R keinen Führerschein habe. Der Beschuldigte sei zur PI F gekommen, wo er von ihm befragt worden sei, ob der Beschuldigte wisse, dass U R keinen Führerschein habe. Der Beschuldigte habe angegeben, dass er wisse, dass der andere keinen Führschein habe und dass der andere Hilfe gebraucht habe, weil das Fahrrad kaputt gewesen sei. Es sei
Unstrittig ist, dass der Beschuldigte das näher bezeichnete Kraftfahrzeug U S R zum Lenken überlassen hat.
Dass U S R das Mofa mit dem amtlichen Kennzeichen XXX am 08.04.2017, um 10.27 Uhr, in F auf der Rstraße auf der Höhe Autohaus gelenkt hat, ergibt sich aus der Anzeige der Polizeiinspektion F vom 11.04.2017 und wird vom Beschuldigten nicht bestritten.
Weiters ist unbestritten, dass U S R nicht im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung für das angeführte Kraftfahrzeug ist.
5. Nach § 134 Abs 1 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967), BGBl Nr 267/1967 idF BGBl I Nr 9/2017 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, den aufgrund des Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Art 5-9 und 10 Abs 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr 561/2006, der Verordnung (EO) Nr 165/2014 oder den Art 5-8 und 10 des europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fernpersonals (AETR), BGBl Nr 518/1975 idF BGBl Nr 203/1993, zuwiderhandelt. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Weg von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann anstelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können die Geldstrafe und die Freiheitsstrafe auch nebeneinander verhängt werden.
Nach § 103 Abs 1 Z 3 lit a KFG 1967, BGBl Nr 267/1967 idF BGBl I Nr 40/2016 darf der Zulassungsbesitzer das Lenken seines Kraftfahrzeuges oder die Verwendung seines Anhängers nur Personen überlassen, die die erforderliche Lenkberechtigung und das erforderliche Mindestalter oder das erforderliche Prüfungszeugnis über den erfolgreichen Abschluss der Lehrabschlussprüfung des Lehrberufes Berufskraftfahrer und den erforderlichen Fahrerqualifizierungsnachweis (Code 95) besitzen.
Nachdem der Beschuldigte das angeführte Fahrzeug U S R zum Lenken überlassen hat, obwohl dieser nicht im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung für das angeführte Fahrzeug war, hat der Beschuldigte den Tatbestand des § 103 Abs 1 Z 3 lit a KFG 1967 in objektiver Hinsicht verwirklicht.
5.1. Wer als Zulassungsbesitzer das Lenken seines Kraftfahrzeuges einer Person überlässt, welche die erforderliche Lenkberechtigung nicht besitzt, macht sich gemäß § 103 Abs 1 Z 3 lit a KFG iVm § 134 Abs 1 KFG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Das „Überlassen“ des „Lenkens“ im Sinne des § 103 Abs 1 Z 3 lit a KFG muss zumindest mit bedingten Vorsatz erfolgen. Der Zulassungsbesitzer muss zumindest ernsthaft mit der Möglichkeit gerechnet haben und diese billigend in Kauf genommen haben, dass sich eine Person, die nicht über die erforderliche Lenkberechtigung verfügt, die Verfügung über das Kfz insoweit verschafft, als sie das Kfz zum Lenken verwendet.
Im gegenständlichen Fall verwahrte der Beschuldigte den Zündschlüssel des Mofas direkt beim Mofa selbst, welches im Freien allgemein zugänglich abgestellt war. Der Beschuldigte als Zulassungsbesitzer trifft jedoch die Verpflichtung die Schlüssel derart zu verwahren, dass unbefugte Dritte sich keine Verfügung darüber verschaffen können. Indem der Zündschlüssel im Zündschloss des Mofas, welches wie erwähnt allgemein zugänglich abgestellt war, steckte, hat der Beschuldigte die ihn treffende Sorgfaltspflicht nicht eingehalten und dadurch bedingt vorsätzlich gehandelt. Der Beschuldigte musste ernsthaft damit rechnen und hat sich auch damit billigend abgefunden, dass sich eine Person, die nicht über die erforderliche Lenkberechtigung verfügt, die Verfügung über sein Mofa verschafft und das Mofa zum Lenken verwendet. Der Beschuldigte hat die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung somit auch subjektiv zu verantworten.
Auch wenn der Zeuge M T (PI F) in der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht ausführt, dass der Beschuldigte ihm gegenüber angegeben habe, dass dieser (gemeint: der Beschuldigte) gewusst habe, dass U S R keine gültige Lenkberechtigung für das Lenken eines Mofas habe, kann im gegenständlichen Fall dennoch nicht von Wissentlichkeit als Verschuldensform ausgegangen werden, da im Zuge des Verfahrens nicht abschließend und mit an Wahrscheinlichkeit grenzender Sicherheit festgestellt werden konnte, zu welchem Zeitpunkt der Beschuldigte tatsächlich das Wissen über das Nichtvorliegen einer gültigen Lenkberechtigung erlangte. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Beschuldigte sich dahingehend rechtfertigte, dass er erst bei der Polizei erfahren habe, dass U S R keine gültige Lenkberechtigung besitze und auch der Zeuge U S R, wie bereits oben erwähnt, im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausführte, dass das Vorliegen einer Lenkberechtigung vor dem Überlassen des Mofas nicht thematisiert wurde, er dem Beschuldigten im Telefonat gesagt habe, dass er das Mofa lenken könne und dieser nicht gewusst habe, dass er nicht im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung sei.
5.2. Zur Verantwortung des Beschuldigten, dass er im Zeitpunkt der Übergabe des Mofas davon ausgegangen sei und auch davon ausgehen habe dürfen, dass U S R über eine aufrechte Lenkberechtigung verfügt, ist festzuhalten, dass der gute Glaube vom Vorhandensein einer Lenkerberechtigung einer Person, der das Lenken des Kraftfahrzeuges überlassen wird, nicht genügt und der Zulassungsbesitzer vielmehr gehalten ist, sich den Führerschein zur Einsichtnahme vorweisen zu lassen (VwGH 11.05.1990, 89/18/0200). Der Beschuldigte hat sich weder im Zuge des mit U S R geführten Telefonates nach dem Vorliegen einer gültigen Lenkberechtigung erkundigt, noch hat er sich diese vorzeigen lassen, weshalb das Vorbringen des Beschuldigten ins Leere geht.
5.3. Dem Beschwerdevorbringen, dass Tatort und Tatzeit unrichtig seien, da die Überlassung des Mofas nicht am angeführten Tatort und nicht zur angeführten Tatzeit erfolgt sei, ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach sich bei Übertretungen nach § 103 Abs 1 Z 3 lit a KFG 1967 der Tatort und die Tatzeit nach dem „Lenken“, somit in der Regel nach dem Zeitpunkt und Ort der Anhaltung des Lenkers (vgl dazu VwGH 20.05.2003, 2003/02/0055). Im gegenständlichen Fall lenkte U S R laut Anzeige der Polizeiinspektion F vom 11.04.2017 am 08.04.2017, um 10:27 Uhr in F, Rstraße Richtung F.
6. Gemäß § 19 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Schutzzweck der übertretenen Vorschrift ist der Schutz der Allgemeinheit. Das Verbot der Überlassung eines Kraftfahrzeuges an einen fahruntauglichen Lenker dient dem Zweck, Unfälle jeglicher Art, die durch mangelnde Fahrtüchtigkeit verursacht werden können, zu vermeiden. Das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Berechtigung (§ 1 Abs 3 FSG) gehört zu den gröbsten Verstößen gegen das Kraftfahrecht. Der Beschuldigte hat dem angeführten Schutzzweck nicht unerheblich zuwidergehandelt. Es sind im gegenständlichen Fall weder Milderungs-, noch Erschwerungsgründe zu berücksichtigen.
Zu den persönlichen Verhältnissen befragt gab der Beschuldigte in der mündlichen Verhandlung an, dass er ca 1.500 Euro netto verdient und sorgepflichtig für zwei Kinder sei.
Das Landesverwaltungsgericht sieht die verhängte Geldstrafe, die sich im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (ca 7 % von 5.000 Euro) befindet, unter Miteinbeziehung der persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten für angemessen an.
6.1. Nach § 45 Abs 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Die in § 45 Abs. 1 Z 4 VStG genannten Umstände - geringe Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, geringe Intensität der Beeinträchtigung dieses Rechtsgutes durch die Tat sowie geringes Verschulden - müssen kumulativ vorliegen. Von geringem Verschulden im Sinne dieser Bestimmung ist jedoch nur dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt.
Die im vorliegenden Fall maßgebliche Bestimmung des § 103 Abs 1 Z 3 KFG 1967 hat eine wesentliche Bedeutung im Hinblick auf die Verkehrssicherheit. Eine Verletzung dieser Bestimmung ist als beachtlicher Verstoß zu qualifizieren. Die vom Beschuldigten zu vertretene Rechtsgutsbeeinträchtigung ist daher als erheblich zu bewerten, weshalb ein Absehen von der Strafe und die Erteilung einer Ermahnung nicht Betracht kommen.
7. Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Kraftfahrrecht, Überlassung Fahrzeug an Person ohne FührerscheinAnmerkung
Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof (22.06.2018, Ra 2018/02/0192) zurückgewiesen (kein Widerspruch zur Judikatur des VwGH).European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGVO:2018:LVwG.1.446.2017.R16Zuletzt aktualisiert am
30.07.2018