Entscheidungsdatum
09.05.2018Norm
Art 132 B-VGText
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich fasst durch seinen Richter
Mag. Dr. Wiesinger über die Säumnisbeschwerde von Mag. G E vom 12. März 2018 betreffend seinen Antrag auf Auskunft durch die Wirtschaftskammer Oberösterreich vom 22. Juni 2017 und vom 19. Jänner 2018 den
BESCHLUSS:
I. Die Säumnisbeschwerde vom 12. März 2018 wird zurückgewiesen. Die in der Säumnisbeschwerde gestellten Anträge, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge feststellen, „dass der Beschwerdeführer berechtigt ist, die im Antrag vom 22. Juni 2017 begehrten Auskünfte gemäß § 70 Abs 1 WKG iVm § 4 AuskunftspflichtG von der Beschwerdegegnerin zu erhalten“, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge der „Beschwerdegegnerin auftragen, dem Beschwerdeführer die im Antrag vom 22. Juni 2017 begehrten Auskünfte vollinhaltlich zu erteilen bzw. zu übermitteln“, sowie das „Landesverwaltungsgericht OÖ möge in Bescheidform wegen der Nichterteilung der Auskunft absprechen“, werden zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision unzulässig.
Entscheidungsgründe
I.1. Mit Eingabe vom 22. Juni 2017, gerichtet an die Wirtschaftskammer Oberösterreich, beantragte Mag. G E (in der Folge kurz „Bf“), die „Wirtschaftskammer Oberösterreich möge vollinhaltlich Auskunft über die [...] Rechnungsabschlüsse 2016 aller Fachgruppen der Wirtschaftskammerorganisation
OÖ gem § 12 Abs 1 Haushaltsordnung in der Gliederung gem Anlage 1 und 2 zur Haushaltsordnung erteilen bzw diese dem Antragsteller in geeigneter Form übermitteln.“ Für den Fall der nicht vollumfänglichen Auskunftserteilung wurde vom Bf mit Eventualantrag beantragt, in Bescheidform abzusprechen.
I.2. Mit Schreiben vom 5. Juli 2017 wurde gegenüber dem Bf mitgeteilt, dass unter Zugrundelegung des Wirtschaftskammergesetzes für Mitglieder ein Einsichtsrecht in Rechnungsabschlüsse nur hinsichtlich jener Fachgruppen gegeben sei, zu denen eine Mitgliedschaft bestehe, und daher dem Bf die Rechnungsabschlüsse aller Fachgruppen nicht zur Verfügung gestellt werden könnten. Gleichzeitig wurde der Rechnungsabschluss zur Fachgruppe Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie für das Jahr 2016 übermittelt.
I.3. Mit Eingabe vom 21. September 2017, bei der belangten Behörde eingelangt am 22. September 2017, erhob der Bf Säumnisbeschwerde und stellte die Anträge, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge feststellen, dass der Bf berechtigt sei, die im Antrag vom 22. Juni 2017 begehrten Auskünfte zu erhalten, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge der Wirtschaftskammer Oberösterreich auftragen, dem Bf die begehrten Auskünfte vollinhaltlich zu erteilen sowie in eventu eine mündliche Verhandlung zur Klärung der Sach- und Rechtslage durchführen.
I.4. Mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 9. Jänner 2018 wurde diese Säumnisbeschwerde zurückgewiesen.
I.5. Mit Eingabe vom 19. Jänner 2018 beantragte der Bf, dass die Wirtschaftskammer Oberösterreich in Bescheidform wegen der Nichterteilung der vollinhaltlichen Auskunft, welche im Antrag vom 22. Juni 2017 begehrt wurde, absprechen möge.
I.6. Mit Schreiben vom 8. Februar 2018 wurde gegenüber dem Bf mitgeteilt, dass der Antrag vom 19. Jänner 2018 inhaltlich ident mit dem Antrag vom 22. Juni 2018 sei und unter Zugrundelegung des Wirtschaftskammergesetzes für Mitglieder ein Einsichtsrecht in Rechnungsabschlüsse nur hinsichtlich jener Fachgruppen gegeben sei, zu denen eine Mitgliedschaft bestehe, und daher dem Bf die Rechnungsabschlüsse aller Fachgruppen nicht zur Verfügung gestellt werden könnten. Abschließend wird ausgeführt, dass bedauert werde, dass aus rechtlichen Gründen die Rechnungsabschlüsse aller Fachgruppen nicht zur Verfügung gestellt werden könnten.
I.7. Mit Eingabe vom 12. März 2018 erhob der Bf Säumnisbeschwerde und stellte die Anträge, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge feststellen, dass der Bf berechtigt sei, die im Antrag vom 22. Juni 2017 begehrten Auskünfte zu erhalten, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge der Wirtschaftskammer Oberösterreich auftragen, dem Bf die begehrten Auskünfte vollinhaltlich zu erteilen, das Landesverwaltungsgericht möge in Bescheidform wegen der Nichterteilung der Auskunft absprechen, sowie in eventu eine mündliche Verhandlung zur Klärung der Sach- und Rechtslage durchführen. Begründend führte der Bf zusammengefasst aus, dass die Säumnisbeschwerde zulässig sei, da die Wirtschaftskammer Oberösterreich innerhalb der gesetzlichen Frist die begehrten Auskünfte nicht erteilt und über das Auskunftsbegehren auch nicht in Bescheidform abgesprochen habe. Die Verzögerung sei auf ein Verschulden der Wirtschaftskammer Oberösterreich zurückzuführen.
II.1. Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensablauf (= festgestellte Sachverhalt) ergibt sich widerspruchsfrei aus den von der Wirtschaftskammer Oberösterreich vorgelegten Aktenbestandteilen und steht mit dem Sachverhaltsvorbringen des Bf in der Säumnisbeschwerde im Einklang.
II.2. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war nicht erforderlich, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen ist (vgl. § 24 Abs. 2 VwGVG). Die Akten lassen auch erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und es stehen einem Entfall der Verhandlung auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vgl. § 24 Abs. 4 VwGVG; siehe auch VwGH 2.5.2016, Ra 2016/11/0043). Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (welche im Übrigen vom Bf auch nur „in eventu“ beantragt wurde [vgl. dazu VwGH 1.10.1979, 0870/79; 4.9.2014, Ro 2014/12/0012]) war daher nicht erforderlich.
III. In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:
Nach der Rsp des VwGH kann auf Grund einer Säumnisbeschwerde gemäß Art. 132 B-VG idF vor der VwGer-Nov 2012 auf den VwGH nur das Recht und die Pflicht zu einer Entscheidung, nicht aber die Pflicht übergehen, eine Leistung von der Art einer Auskunftserteilung zu erbringen, mit der kein Element behördlicher Festlegung von Rechten verbunden ist. Ein Auskunftssuchender ist, so der VwGH, daher bei Nichterteilung der Auskunft nicht berechtigt, eine Säumnisbeschwerde zu erheben. Nach stRsp des VwGH ist eine Säumnisbeschwerde (gemäß Art. 132 B-VG idF vor der VwGer-Nov 2012) somit nur dann zulässig, wenn die Erteilung der Auskunft von der ersten Instanz durch Bescheid verweigert wurde und das oberste Organ als Rechtsmittelbehörde über die dagegen erhobene Berufung nicht rechtzeitig entschied (vgl. VwGH 28.7.1995, 95/02/0281; 11.11.1997, 97/01/0845; 5.4.2004, 2004/10/0035; 28.11.2006, 2006/06/0115; vgl. dazu auch Jabloner in Korinek/Holoubek et al, B-VG Art 132 Rz 47 [Stand 9. Lfg 2009]). Wurde daher über das Auskunftsbegehren bzw. über die Nichterteilung der Auskunft noch nicht bescheidförmig abgesprochen, so kommt unter Zugrundelegung dieser höchstgerichtlichen Rsp auch an das Verwaltungsgericht eine Säumnisbeschwerde gegen die Untätigkeit des Organs nicht in Betracht (so ausdrücklich Hengstschläger/Leeb, AVG § 73 Rz 153 [Stand 1.3.2018, rdb.at]). Es kommt somit im vorliegenden Fall eine Säumnisbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht in Betracht (in diesem Sinne auch bereits BVwG 11.8.2017, W211 2148144-1/4E). Das Landesverwaltungsgericht ist daher auch nicht berechtigt, in Bescheidform über die Nichterteilung der Auskunft abzusprechen, also einen Bescheid im Sinne von § 4 AuskunftspflichtG zu erlassen (vgl. dazu auch VwGH 28.11.2006, 2006/06/0115), oder Feststellungen dahin zu treffen, dass der Bf berechtigt wäre, die verlangten Auskünfte zu erhalten, bzw. der belangten Behörde aufzutragen, die begehrten Auskünfte zu erteilen (vgl. VwGH 11.11.1997, 97/01/0845; 28.11.2006, 2006/06/0115). Es ist daher die gegenständliche Säumnisbeschwerde (samt den darin gestellten Anträgen) spruchgemäß zurückzuweisen.
IV. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war. Die entscheidungswesentliche Rechtsfrage der Zulässigkeit von Säumnisbeschwerden wegen der Nichterteilung von Auskünften wird vom Landesverwaltungsgericht entsprechend der stRsp des VwGH zur insoweit vergleichbaren Bestimmung des Art 132 B-VG idF vor der VwGer-Nov 2012 (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 73 Rz 153 [Stand 1.3.2018, rdb.at]) beurteilt.
Schlagworte
Auskunftsbegehren; Unzulässigkeit einer Säumnisbeschwerde vor bescheidmäßigem Abspruch; keine Befugnis des VwG zur Substitution; lediglich Zurückweisung der Säumnisbeschwerde möglichAnmerkung
Alle Entscheidungsvolltexte sowie das Ergebnis einer gegebenenfalls dazu ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidung sind auf der Homepage des Oö LVwG www.lvwg-ooe.gv.at abrufbar.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGOB:2018:LVwG.870011.3.HWZuletzt aktualisiert am
31.07.2018