TE Lvwg Erkenntnis 2018/5/28 LVwG-500381/6/KLe

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Veröffentlicht am 28.05.2018
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Entscheidungsdatum

28.05.2018

Norm

§33 ForstG
§5 OöNationalparkG

Text

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seine Richterin Mag. Lederer über die Beschwerde des Ing. D. K. G., x, S, vertreten durch H. Anwaltsgesellschaft mbH, x, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 3.1.2018, GZ: BHKIForst-2017-220827/10-Zm, wegen Übertretung des Forstgesetzes 1975 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

zu Recht:

I.     Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II.    Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 100 Euro zu leisten.

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision unzulässig.

Entscheidungsgründe

I.       Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat mit Straferkenntnis vom 3.1.2018, GZ: BHKIForst-2017-220827/10-Zm, folgenden Spruch erlassen:

„Sie haben am 8.12.2016 um 12:15 Uhr die durch Fahrverbot für das allgemeine Befahren erkennbar gesperrte Forststraße ‚x‘ auf dem Waldgrundstück x KG und Gemeinde S, im Bereich zwischen G und K mit Mountainbike unbefugt befahren.

Dies stellt eine Verwaltungsübertretung nach § 174 Abs. 3 lit. b Ziffer 1 Forstgesetz 1975 BGBl. Nr. 440/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2016 dar.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Euro

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

 

gemäß

500,00

30 Stunden

 

§ 174 Abs. 3 letzter Satz Ziffer 1. Forstgesetz 1975 BGBl. Nr. 440/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2016

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG zu zahlen:

50 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro);

550 Euro ergibt sich als zu zahlender Gesamtbetrag (Strafe/Kosten).“

[Hervorhebungen nicht übernommen]

Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde. Folgendes wird darin ausgeführt:

„1. Das bezeichnete Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalt nach wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wesentlicher Verfahrensmängel angefochten.

2. Sachverhalt:

2.1. Dem Beschwerdeführer wird vorgeworfen, er habe am 08.12.2016, um 12:15 Uhr, die durch Fahrverbot für das allgemeine Befahren erkennbar gesperrte Forststraße ‚x‘ auf dem Waldgrundstück x KG und Gemeinde S, im Bereich zwischen G und K mit Mountainbike unbefugt befahren.

2.2. Dies stelle eine Verwaltungsübertretung nach § 174 Abs 3 lit. b Z 1 Forstgesetz 1975 BGBI. Nr. 440/1975 idF BGBl. l Nr. 56/2016 dar. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in Höhe von EUR 500,00 verhängt. Ferner wurde ein Kostenbeitrag in Höhe von EUR 50,00 vorgeschrieben, sodass sich eine Zahllast von EUR 550,00 ergibt.

3. Subjektives Recht:

3.1. Durch den angefochtenen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem subjektiven-öffentlichen Recht, nicht gemäß § 174 Abs 3 lit. b Z 1 Forstgesetz 1975 BGBI. Nr. 440/1975 idF BGBl. I Nr. 56/2016 bestraft zu werden, wenn die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen, verletzt.

4. Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wesentliche Verfahrensmängel:

4.1. Der Beschwerdeführer hat die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen.

4.2. Der Beschwerdeführer hätte gegenständlich nicht bestraft werden dürfen. § 32a Forstgesetz 1975 sieht vor, dass als Wälder mit besonderem Lebensraum auch Waldflächen in Nationalparks gelten. § 33 Abs 3 Forstgesetz 1975 hält fest, dass Radfahren auf Forststraßen im Wald zulässig ist, wenn eine Zustimmung jener Person vorliegt, die mit der Erhaltung der Forststraße betraut ist. Die besonderen Rechtsverhältnisse im Nationalpark ‚K‘ werden im Landesgesetz vom 05.12.1996 über die Errichtung und den Betrieb des Nationalparks ‚OÖ K‘ (OÖ Nationalparkgesetz) geregelt. § 7 OÖ Nationalparkgesetz sieht in dessen Abs 1 Z 2 vor, dass innerhalb der Grenzen des Nationalparks das Befahren von Grundflächen mit Fahrzeugen abseits von Straßen und Radwegen, es sei denn es erfolgt im Rahmen der innerhalb des Nationalparks jeweils zulässigen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung, verboten ist. Das OÖ Nationalparkgesetz statuiert somit klar, das Radfahren abseits von Radwegen und Straßen unzulässig ist. Das Radfahren auf Forststraßen im Nationalpark ist allerdings nicht untersagt und folglich auch nicht rechtswidrig, sondern vielmehr erlaubt. Der Beschwerdeführer war sohin berechtigt, die Forststraße ‚x‘ mit einem Mountainbike zu befahren. Der Beschwerdeführer hat somit die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen und ist das angefochtene Straferkenntnis der belangten Behörde somit rechtswidrig.

4.3. Sollte die Beschwerdebehörde zum Ergebnis gelangen, aus § 33 Abs 3 Forstgesetz 1975 würde sich ein Radfahrverbot auch für die gegenständliche Strecke ergeben, was aufgrund der eindeutigen Regelungen in § 7 OÖ Nationalparkgesetz ausdrücklich bestritten wird, wird eventualiter bereits an dieser Stelle festgehalten, dass § 33 Abs 1 Forstgesetz 1975 vorsieht, dass jedermann den Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten darf. § 33 Abs 3 Forstgesetz 1975 schränkt diese allgemeine Freiheit insofern ein, als unter anderem das Befahren des Waldes von der Zustimmung des Waldeigentümers und hinsichtlich Forststraßen von der Zustimmung jener Person, der die Erhaltung der Forststraße obliegt, abhängig gemacht wird. Diese in § 33 Abs 3 Forstgesetz 1975 enthaltene Bestimmung, die dazu führt, dass auch Radfahren im Wald bzw. auf Forststraßen, ohne Zustimmung des Waldeigentümers bzw. des Erhalters der Forststraße, verboten sein soll, stellt eine unsachliche Differenzierung dar und verstößt somit gegen den Gleichheitssatz. Durch die pauschale Verwendung des Wortes ‚Befahren‘ in § 33 Abs 3 Forstgesetz 1975 wird nicht nur ein Befahren des Waldes bzw. von Forststraßen mit motorbetriebenen Fahrzeugen, sondern auch das bloße Fahrradfahren verboten.

4.4. Fahrräder können allerdings nicht mit motorbetriebenen Fahrzeugen verglichen werden. Durch Fahrräder werden keine Abgase erzeugt und wird auch kein Lärm erzeugt, der vergleichbar wäre mit motorbetriebenen Fahrzeugen. Fahrrädern kommt auch hinsichtlich allfälliger Unfälle kein Gefährdungspotenzial zu, welches mit motorbetriebenen Fahrzeugen vergleichbar wäre. Die Gleichbehandlung von Fahrrädern mit motorbetriebenen Fahrzeugen stellt daher eine unsachliche Gleichstellung von ungleichen Sachverhalten dar. Der Gesetzgeber missachtet hierbei den Grundsatz, dass wesentliche Unterschiede im Tatsächlichen zu einer unterschiedlichen Regelung führen müssen.

4.5. Radfahren erfreut sich einer immer größer werdenden Beliebtheit. Es kann wohl nicht bestritten werden, das Radfahren eine die Volksgesundheit fördernde Erholungsbetätigung darstellt, die somit auch im öffentlichen Interesse liegt. Der Gesetzgeber erlaubt es im Sinne des § 33 Abs 3 Forstgesetz 1975 im Wald Schi zu fahren. Es ist auch erlaubt, im Wald zu wandern. Alle diese Aktivitäten stellen Erholungsbetätigungen dar, die mit eigener Muskelkraft durchgeführt werden, sodass nicht ersichtlich ist, weshalb Radfahrer nicht in den Genuss, sich im Wald bzw. auf Fortstraßen durch Radfahren erholen zu können, kommen sollen.

4.6. Insbesondere scheint es widersprüchlich, wenn zwar das Schifahren als vom Begriff ‚Betreten des Waldes‘ gedeckt angesehen wird, das Radfahren allerdings verboten sein soll. ln beiden Fällen handelt sich um eine vergleichbare, nicht motorbetriebene Nutzung – sondern um ein Befahren mit eigener Muskelkraft – des Waldes, sodass auch aus diesem Grund von einer unsachlichen Benachteiligung auszugehen ist.

4.7. Das Forstgesetz 1975 wurde vor ungefähr 40 Jahren verabschiedet. Dieses Gesetz stammt somit aus einer Zeit, in der Radfahren noch keine weitverbreitete Freizeitbeschäftigung war und somit der damalige Gesetzgeber darauf auch keine Rücksicht genommen hat. Zu dieser Zeit hat der Gesetzgeber die Möglichkeit des Mountainbikens als Erholungsmöglichkeit noch nicht gekannt und daher auch nicht geregelt. Folglich kann es auch nicht vom Betretungsrecht zu Erholungszwecken ausgenommen sein.

4.8. Die beklagte Partei weist in diesem Zusammenhang ferner darauf hin, dass der bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 03.01.2015 zu GZ: 11B14.2809 festgehalten hat, dass Radfahren auf hierfür grundsätzlich geeigneten Waldwegen verkehrsrechtlich nur dann verboten werden kann, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der zu schützenden Rechtsgüter erheblich übersteigt. Die bayerische Landesverfassung gewährleistet das Radfahren in freier Natur, wenn es der Erholung und nicht kommerziellen oder rein sportlichen Zwecken dient und soweit die Radfahrer mit Natur und Landschaft pfleglich umgehen. Der bayerische Landesverwaltungsgerichtshof hat weiters festgehalten, dass auch nicht von vorneherein unterstellt werden könne, dass sich Radfahrer generell nicht verkehrsgerecht verhalten würden (Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 11B14.2809). Der bayerische Landesverwaltungsgerichtshof hält das Radfahren im Wald somit grundsätzlich für zulässig. Nichts Anderes kann auch für Österreich gelten. Es liegen keine Gründe vor, weshalb zwar Schifahren und Wandern im Wald erlaubt sind, Radfahren jedoch ohne Zustimmung des Waldeigentümers bzw. Erhalters der Forststraße verboten sein soll. Das Verbot des Radfahrens im Wald bzw. auf Forststraßen stellt einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz dar und ist somit verfassungswidrig.

4.9. Weiters erscheint dieses Befahrungsverbot auch insofern problematisch und unsachlich, als es auch behinderten Personen, die zur Betretung des Waldes auf einen Rollstuhl oder ein sogenanntes 'Hand-Fahrrad‘ angewiesen sind, die Erholungssuche im Wald verunmöglicht. Es zeigt sich somit, dass auch aus diesem Grund von einer Verfassungswidrigkeit auszugehen ist.

4.10. Da somit der angefochtene Bescheid der belangten Behörde auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht – sollte man davon ausgehen, dass diese Bestimmung des § 33 Forstgesetz tatsächlich zur Anwendung im Nationalpark gelangt, was bestritten wird – ist dieser auch aus diesem Grund rechtswidrig.

5. Aus all den angeführten Gründen hat der Beschwerdeführer die ihm vorgeworfene Tat nicht begangen und stellt der Beschwerdeführer nachfolgenden Antrag:

Die Beschwerdebehörde möge der Beschwerde Folge geben und das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos beheben und das Verfahren einstellen.“

[Hervorhebungen nicht übernommen]

Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung. An dieser nahmen der Beschwerdeführer, dessen Rechtsvertreter und der Zeuge Ing. S teil.

Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Beschwerdeführer hat am 8.12.2016 um 12:15 Uhr die Forststraße „x“ auf dem Waldgrundstück x KG und Gemeinde S, im Bereich zwischen G und K mit einem Mountainbike befahren. Die Forststraße war in diesem Bereich durch ein erkennbares Fahrverbot für das allgemeine Befahren gesperrt. Es lag keine Zustimmung des Waldeigentümers (x AG) vor.

Der Beschwerdeführer war als Teil einer Gruppe von 8 Mountainbikern unterwegs.

Der Beschwerdeführer ist Geschäftsführer der Firma „u gmbh“, welche eine Eventagentur und Marketing, insbesondere die Vermarktung in allen Belangen im Bereich des Mountainbiking, von Skitouren und sonstigen Outdoor-Sportarten, betreibt.

Der Beschwerdeführer ist Mitglied des Vereins „x“ und einer der Sprecher des Vereins.

Der Verein tritt für „das freie Wegerecht für Biker auf Forststraßen und Wanderwegen“ ein (x).

Der Beschwerdeführer gab in der öffentlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht an: „Im umliegenden Ausland darf man mit dem Rad überall fahren, mit ein paar Einschränkungen und in Österreich ist es leider genau umgekehrt. Man darf nirgends mit dem Rad fahren, auf einer Schotterstraße in der Au, am Berg oder wo auch immer, also überall wo Forst ist, das hat man schnell einmal. Das ist für mich auch nicht ganz nachvollziehbar und natürlich ist mir das bewusst, dass das so ist. Die derzeitige Gesetzeslage entspricht in keinster Weise mehr der gelebten Realität. Jedes Kind, auch Jugendliche lernen auf einer Forststraße das Radfahren und nicht irgendwo anders. Was habe ich für ein Unrechtsbewusstsein, wenn ich auf der Forststraße mit dem Rad fahre? Das ist halt so. Auf einer Forststraße mit dem Rad zu fahren ist das Natürlichste der Welt. Und siehe da, in Österreich wird man angezeigt und auf Besitzstörung verklagt. Ich bin fleißig mit dem Rad unterwegs. Zudem stehe ich auch. Ich müsste mit meinem Sport, mit meiner Leidenschaft, mit meiner Erholungssuche aufhören. Und wie ich stehen auch alle anderen dazu, was auch immer passiert, passiert halt. [...]“

[Hervorhebungen nicht übernommen]

Dieser Sachverhalt wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

Arten der Benützung

§ 33 Forstgesetz 1975

(1) Jedermann darf, unbeschadet der Bestimmungen der Abs. 2 und 3 und des § 34, Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten.

[...]

(3) Eine über Abs. 1 hinausgehende Benutzung, wie Lagern bei Dunkelheit, Zelten, Befahren oder Reiten, ist nur mit Zustimmung des Waldeigentümers, hinsichtlich der Forststraßen mit Zustimmung jener Person, der die Erhaltung der Forststraße obliegt, zulässig. Das Abfahren mit Schiern im Wald ist im Bereich von Aufstiegshilfen nur auf markierten Pisten oder Schirouten gestattet. Schilanglaufen ohne Loipen ist unter Anwendung der nötigen Vorsicht gestattet; eine darüber hinausgehende Benützung des Waldes, wie das Anlegen und die Benützung von Loipen, ist jedoch nur mit Zustimmung des Waldeigentümers gestattet. Eine Zustimmung kann auf bestimmte Benützungsarten oder -zeiten eingeschränkt werden. Sie gilt als erteilt, wenn die Zulässigkeit der Benützung und deren Umfang im Sinne des § 34 Abs. 10 ersichtlich gemacht wurde.

[...]

Gemäß § 174 Abs. 3 lit. b Ziffer 1 Forstgesetz 1975 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer unbefugt im Walde eine für das allgemeine Befahren erkennbar gesperrte Forststraße befährt.

Wälder mit besonderem Lebensraum

§ 32a Forstgesetz 1975

(1) Als Wälder mit besonderem Lebensraum (Biotopschutzwälder) gelten Naturwaldreservate auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen, Waldflächen in Nationalparken oder Waldflächen, die in Naturschutzgebieten oder durch Gesetz, Verordnung oder Bescheid festgelegten Schutzgebieten nach der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. Nr. L 206 vom 22. Juli 1992, S 7) oder der Richtlinie 79/409/EWG des Rates über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. Nr. L 103 vom 25. April 1979, S 1) liegen.

(2) Die Behörde kann auf Antrag des Waldeigentümers oder einer zur Wahrnehmung der mit den Wäldern nach Abs. 1 verbundenen öffentlichen Interessen zuständigen Behörde mit Zustimmung des Waldeigentümers mit Bescheid Ausnahmen von der Geltung einzelner Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, nämlich betreffend

1. die Wiederbewaldung nach § 13,

2. die Waldverwüstung nach § 16,

3. die Behandlung und Nutzung des Schutzwaldes nach § 22,

4. Maßnahmen bei Schädlingsbefall oder gefahrdrohender Schädlingsvermehrung nach §§ 44 und 45 und

5. den Schutz hiebsunreifer Bestände nach § 80 Abs. 1,

anordnen, wenn öffentliche Interessen der Walderhaltung nicht entgegenstehen.

[...]

Gemäß § 1 Z 2 Oö. Nationalparkgesetz ist innerhalb der Grenzen des Nationalparks jedenfalls das Befahren von Grundflächen mit Fahrzeugen abseits von Straßen und Radwegen, es sei denn, es erfolgt im Rahmen der innerhalb des Nationalparks jeweils zulässigen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung, verboten.

§ 1a Abs. 3 Forstgesetz 1975 lautet:

Unbeschadet ihrer besonderen Nutzung gelten als Wald im Sinne des Abs. 1 auch dauernd unbestockte Grundflächen, insoweit sie in einem unmittelbaren räumlichen und forstbetrieblichen Zusammenhang mit Wald stehen und unmittelbar dessen Bewirtschaftung dienen (wie forstliche Bringungsanlagen, Holzlagerplätze, Waldschneisen und Rückewege).

§ 59 Forstgesetz 1975

(1) Forstliche Bringungsanlagen im Sinne dieses Bundesgesetzes (kurz Bringungsanlagen genannt) sind Forststraßen (Abs. 2) und forstliche Materialseilbahnen (Abs. 3).

(2) Eine Forststraße ist eine für den Verkehr von Kraftfahrzeugen oder Fuhrwerken bestimmte nichtöffentliche Straße samt den in ihrem Zuge befindlichen dazugehörigen Bauwerken,

1. die der Bringung und dem wirtschaftlichen Verkehr innerhalb der Wälder sowie deren Verbindung zum öffentlichen Verkehrsnetz dient und

2. die für eine Dauer von mehr als einem Jahr angelegt wird und

3. bei der die mit der Errichtung verbundenen Erdbewegungen eine Änderung des bisherigen Niveaus von mehr als einem halben Meter ausmachen oder mehr als ein Drittel der Länge geschottert oder befestigt ist.

[...]

§ 5 Abs. 1 Oö. Nationalparkgesetz lautet:

§ 11, § 12, § 15 und § 25 des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001, § 1 Abs. 2 und 4 des Oö. Fischereigesetzes und § 49, § 50, § 52, § 53 Abs. 1 und 2, § 60 Abs. 1 und 2 sowie § 64 des Oö. Jagdgesetzes gelten im Nationalpark nicht. Andere landesgesetzliche Bestimmungen sind im Nationalpark anzuwenden, sofern dieses Landesgesetz nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt.

Im gegenständlichen Fall handelt es sich um das Befahren einer Forststraße und somit um das Befahren von Waldboden.

Das Oö. Nationalparkgesetz sieht keine Ausnahmebestimmungen hinsichtlich des Befahrens von Forststraßen im Sinne des Forstgesetzes vor. Auch das Forstgesetz ist nicht im örtlichen Bereich des Nationalparks zur Gänze unanwendbar. Gemäß § 32a Abs. 2 Forstgesetz 1975 kann die Behörde auf Antrag hinsichtlich näher genannter forstgesetzlicher Bestimmungen Ausnahmen anordnen. Hinsichtlich § 33 Forstgesetz sind keine Ausnahmen vorgesehen. Es darf daher jedermann, unbeschadet der Bestimmungen der § 33 Abs. 2 und 3 und des § 34, Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten. Eine darüber hinausgehende Benutzung, wie das Befahren, ist nur mit Zustimmung des Waldeigentümers, hinsichtlich der Forststraßen mit Zustimmung jener Person, der die Erhaltung der Forststraße obliegt, zulässig.

Im gegenständlichen Fall liegt keine Zustimmung der Eigentümerin der Forststraße vor.

Das Befahren des Waldes einschließlich der Forststraßen mit Bergfahrrädern (Mountainbikes), also mit Fahrrädern, die eine geringere Geschwindigkeit als Straßenfahrräder ermöglichen, ist eine über § 33 Abs. 1 Forstgesetz 1975 hinausgehende Benützung des Waldes im Sinne des § 33 Abs. 3 leg cit (VwGH 30.04.1992, 92/10/0072).

Der VfGH hat in seiner Entscheidung vom 27.2.1992, B617/91, Bedenken gegen die Regelung des § 33 Abs. 3 Forstgesetz 1975 wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz verneint, soweit sie das Befahren von Forststraßen mit Rädern betrifft (Mountainbikes). Es wird darin ausgeführt: „Der Verfassungsgerichtshof teilt die Bedenken gegen § 33 Abs 3 ForstG 1975 nicht. Dem Gesetzgeber kann nun nicht der Vorwurf gemacht werden, er habe den rechtspolitischen Gestaltungsfreiraum verlassen, wenn er getrachtet hat, der Erholungsfunktion des Waldes Geltung zu verschaffen, dabei jedoch die Beschränkung des Waldeigentums so gering wie möglich zu halten. Es ist nicht unsachlich, dass der Gesetzgeber keine weitere Ausdehnung der ohne Zustimmung des Waldeigentümers bzw. Forststraßenerhalters erlaubten Arten der Waldbenützung normiert. Dem Gesetzgeber kann weiters nicht entgegentreten, wenn er nicht bloß darauf achtet, dass die Forststraßen selbst (nur um diese geht es im vorliegenden Fall) und die angrenzenden Waldflächen durch die eingeräumten Benützungsrechte keinen oder möglichst geringen Schaden nehmen, sondern auch das Ziel im Auge hat, den Erholungswert des Waldes insgesamt möglichst hoch zu halten. Ein adäquates Mittel hiezu ist es, eine gegenseitige Beeinträchtigung der verschiedenen Gruppen von (potentiellen) Forststraßenbenützern (etwa Fußwanderer, Alpinschiläufer, Schilangläufer, Radfahrer) zu vermeiden; dies kann etwa auch dadurch geschehen, Radfahrer von der Benützung von Forststraßen generell auszuschließen. Wenn der Gesetzgeber das Benützen von Forststraßen durch Schi(lang)läufer offenbar für weniger eingriffsintensiv erachtet hat als durch Radfahrer, so kann der Verfassungsgerichtshof auch dieser Beurteilung verfassungsrechtlich nichts entgegenhalten.“

[Hervorhebungen nicht übernommen]

Da der Beschwerdeführer unbestrittenerweise mit einem Mountainbike unterwegs war, ist auf das Befahren mit einem Hand-Fahrrad nicht näher einzugehen.

Das Verfahren hat keine Umstände hervorgebracht, welche den Beschwerdeführer entlasten und somit sein Verschulden ausschließen hätten können.

Die Verwaltungsübertretung liegt in objektiver und subjektiver Hinsicht vor.

Nach § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Gemäß § 174 Abs. 3 lit. b Ziffer 1 Forstgesetz 1975 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer unbefugt im Walde eine für das allgemeine Befahren erkennbar gesperrte Forststraße befährt. Diese Verwaltungsübertretung ist gemäß Abs. 3 letzter Satz Ziffer 2 leg cit mit einer Geldstrafe bis zu 730 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu einer Woche zu ahnden.

Hinsichtlich der Vermögens-, Familien- und Einkommensverhältnisse geht das Landesverwaltungsgericht von den vom Beschwerdeführer unbestrittenen Annahmen der Behörde aus.

Der Beschwerdeführer ist verwaltungsstrafrechtlich unbescholten.

Als besonders erschwerend wird gewertet, dass absichtliches und somit qualifiziertes vorsätzliches Handeln vorliegt. Der Beschwerdeführer ist sich, trotz Kenntnis der geltenden Rechtsvorschriften, keiner Schuld bewusst, da seiner Auffassung nach, auf einer Forststraße mit dem Rad zu fahren, „das Natürlichste der Welt“ sei. Unrechtsbewusstsein ist keines erkennbar. Im Gegenteil: Der Beschwerdeführer ist seinen Angaben zufolge „fleißig mit dem Rad unterwegs“ und „stehe dazu“. Er nimmt durch sein Verhalten bewusst in Kauf bzw. legt es darauf an, eine Verwaltungsübertretung zu setzen. Als Sprecher des Vereins, und somit als führendes Vereinsmitglied, ist es sein Ziel, durch das illegale Befahren von Forststraßen, eine Änderung der Rechtsordnung dahingehend zu erzwingen, als das Befahren von Forststraßen legal werden soll. Diese negative Vorbildwirkung als führendes Vereinsmitglied wird, wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, ebenfalls als erschwerend gewertet.

Unter Bedachtnahme auf die obigen Ausführungen, insbesondere dem massiven Überwiegen der Erschwerungsgründe, vermag das Landesverwaltungsgericht nicht erkennen, dass die belangte Behörde den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten haben könnte. Die verhängte Strafe entspricht den Kriterien des § 19 VStG, hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll den Beschwerdeführer in Zukunft zur genauesten Beachtung seiner gesetzlichen Verpflichtungen bewegen.

Es war daher, wie im Spruch angeführt, zu entscheiden.

II.      Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 52 VwGVG.

III.     Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Befahren von Forststraßen mit Mountainbikes; Erforderlichkeit der Zustimmung des Waldeigentümers; keine entsprechenden Ausnahmen in § 5 Oö NationalparkG

Anmerkung

Alle Entscheidungsvolltexte sowie das Ergebnis einer gegebenenfalls dazu ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidung sind auf der Homepage des Oö LVwG www.lvwg-ooe.gv.at abrufbar.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGOB:2018:LVwG.500381.6.KLe

Zuletzt aktualisiert am

31.07.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Oberösterreich LVwg Oberösterreich, http://www.lvwg-ooe.gv.at
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