Entscheidungsdatum
18.07.2018Norm
BFA-VG §18 Abs5Spruch
W159 2200982-1/3Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens
KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren:
XXXX, StA. von Ghana, gegen den Bescheid des Bundesamtes für
Fremdenwesen und Asyl vom 30.05.2018, Zahl: XXXX, beschlossen:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 18 Absatz 5 BFA-VG idgF die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Absatz 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Ghana, gelangte bereits am 12.07.2014 nach Österreich und stellte an diesem Tag einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, der in einem Dublin-Verfahren mündete.
Am 15.12.2016 stellte er einen zweiten, den nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.05.2018, Zahl: XXXX, wurde unter Spruchteil I. der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, unter Spruchteil II. dieser Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ghana abgewiesen, unter Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen nicht erteilt, unter Spruchteil IV. eine Rückkehrentscheidung erlassen, unter Spruchteil V. festgestellt, dass die Abschiebung nach Ghana zulässig sei, unter Spruchteil VI. die Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt und unter Spruchteil VII. festgelegt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe.
Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller, vertreten durch den XXXX, gegen alle Spruchteile Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. In der Beschwerde wurde die Beweiswürdigung substantiiert kritisiert und insbesondere unter Hinweis auf eine Anfragebeantwortung von ACCORD zu Ghana begründet ausgeführt, dass Menschenopfer bei Kulten in Ghana vorkommen würden, wobei konkrete Recherchen zum Beschwerdevorbringen (im Rahmen einer Beschwerdeverhandlung) ausdrücklich beantragt wurden und weiters eine Relevanz im Sinne der Artikel 2 und 3 EMRK vorgebracht wurde. Weiters ergibt sich aus dem Verfahrensakt, dass der (im Übrigen strafrechtlich unbescholtene) Beschwerdeführer sich in einem aufrechten Lehrverhältnis befindet und über eine Lebensgemeinschaft in Österreich verfügt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A)
Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der beschwerdeführenden Parteien als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.
Im vorliegenden Fall kann eine Entscheidung über die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde innerhalb der relativ kurzen Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht getroffen werden. Der Beschwerdeführer macht ein reales Risiko einer Verletzung der hier zu berücksichtigenden Konventionsbestimmungen insbesondere Art. 2, 3 und 8 EMRK geltend. Bei einer Grobprüfung dieses Vorbringens kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich dabei um "vertretbare Behauptungen" handelt.
Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde den Sachverhalt (und die Beweiswürdigung) nicht bloß unsubstantiiert bestritten, sondern diesbezüglich ein konkretes und substantiiertes Vorbringen erstattet.
Dazu führt der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Verhandlungspflicht nach § 21 Absatz 7 BFA-VG in ständiger Judikatur wie folgt aus:
Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes eben außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 08. September 2015, Ra 2014/01/022, mwN und viele andere mehr).
Vor dem Hintergrund dieser Judikatur und des Beschwerdevorbringens erscheint im vorliegenden Fall eine mündliche Beschwerdeverhandlung erforderlich. Dies wäre jedoch bei einem sofortigen Vollzug der angefochtenen Entscheidung nicht möglich, da die Beschwerdeverhandlung die Anwesenheit des Beschwerdeführers regelmäßig voraussetzt.
Schließlich hat der Europäische Gerichtshof erst jüngst entschieden, dass abgelehnte AsylwerberInnen in der Regel das Recht haben, solange in einem EU-Staat bleiben, bis ein Gericht endgültig über ihren Status entschieden hat (EUGH vom 19.06.2018, RSC-181/16). Auch dieses Judikat spricht gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte hinsichtlich der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gem. § 24 Abs. 2 VwGVG entfallen.
Zu B)
Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schließlich wurde die gegenständliche Entscheidung mit der aktuellen Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes und des Europäischen Gerichtshofes begründet. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufschiebende WirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W159.2200982.1.00Zuletzt aktualisiert am
01.08.2018