Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martina Rosenmayr-Khoshideh (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Horst Nurschinger (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Mag. Rudolf Lind, Rechtsanwalt in Korneuburg, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Invaliditätspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. Mai 2018, GZ 9 Rs 120/17h-48, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
In seiner außerordentlichen Revision wiederholt der Kläger den Standpunkt, er habe den Beruf des Tiefbauers angelernt und diese Tätigkeit auch ausgeübt. Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (§ 502 Abs 1 ZPO) aufgezeigt.
1. Nach § 255 Abs 2 ASVG liegt ein angelernter Beruf im Sinne des Abs 1 vor, wenn der Versicherte eine Tätigkeit ausübt, für die es erforderlich ist, durch praktische Arbeit qualifizierte Kenntnisse oder Fähigkeiten zu erwerben, die jenen in einem erlernten Beruf gleichzuhalten sind. Bildet die Erwerbstätigkeit des Versicherten, die er während der letzten fünfzehn Jahre vor dem Stichtag in zumindest 90 Pflichtversicherungsmonaten ausgeübt hat, einen Teil des Lehrberufs, so ist zur Lösung der Frage des Berufsschutzes dieser Lehrberuf zum Vergleich heranzuziehen. Voraussetzung für die Qualifikation als angelernter Arbeiter ist, dass der Versicherte hinsichtlich seiner Fähigkeiten und Kenntnisse den Anforderungen entspricht, die üblicherweise an Absolventen des Lehrberufs gestellt werden. Es reicht nicht aus, wenn die Kenntnisse und Fähigkeiten nur ein Teilgebiet eines Tätigkeitsbereichs umfassen, der von gelernten Arbeitern ganz allgemein in viel weiterem Umfang beherrscht wird (RIS-Justiz RS0084585; RS0084638).
2. Die Frage, ob ein angelernter Beruf vorliegt, ist eine Rechtsfrage. Grundlage für die Lösung dieser Frage bilden nach ständiger Rechtsprechung Feststellungen über die Kenntnisse und Fähigkeiten, über die der Versicherte im Einzelfall verfügt und über die Anforderungen, die an einen gelernten Arbeiter in diesem Beruf üblicherweise gestellt werden (RIS-Justiz RS0084563).
3. Mit diesen Grundsätzen der Rechtsprechung stehen die Entscheidungen der Vorinstanzen im Einklang. Nach den den Obersten Gerichtshof bindenden Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen verfügt der Kläger nicht über die Kenntnisse und Fähigkeiten, die ein gelernter Tiefbauer oder Straßenbauer üblicherweise aufweist. Er arbeitete lediglich im Straßen- und Kanalbau, war aber nicht im Untertag-, Tunnel- und Brückenbau tätig. Die dreijährige Lehrausbildung zum Beruf des Tiefbauers umfasst jedoch neben dem Straßenbau auch die Teilbereiche des Gleisbaus, des Untertag- bzw Tunnelbaus, des Brückenbaus und ähnliches (Baustelleneinrichtung und -absicherung, Vermessen des Geländes, Errichten von Fundamenten und Wänden etc). Kenntnisse allein im Straßen- und Kanalbau erfüllen nicht die Qualifikation des Berufsbildes des Tiefbauers. Im Übrigen hat der Kläger selbst im Straßenbau nur Teilkenntnisse.
Die Rechtsansicht, auf Grundlage dieser Feststellungen verfüge der Kläger nicht über die von einem gelernten Tiefbauer zu erwartenden Kenntnisse, ist jedenfalls vertretbar.
Die Revision ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
Textnummer
E122268European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:010OBS00070.18V.0717.000Im RIS seit
01.08.2018Zuletzt aktualisiert am
16.10.2018