TE Vwgh Erkenntnis 2014/9/23 Ro 2014/11/0074

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Veröffentlicht am 23.09.2014
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Führerscheingesetz;

Norm

AVG §66 Abs4;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §25 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Revision des  J B in W, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 27. November 2013, Zl. UVS FSG/49/9438/2013 3, betreffend Erteilung einer Lenkberechtigung (weitere Partei: Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 23. Juli 2013 erging gegenüber dem Revisionswerber nachfolgender Bescheid:

"Die Landespolizeidirektion Wien - Verkehrsamt - entzieht Ihnen gemäß § 24 Absatz 1 Zif. 1 Führerscheingesetz 1997 die für die Klasse(n) AM und B erteilte Lenkberechtigung.

Gemäß § 25 Absatz 2 Führerscheingesetz 1997 wird verfügt, dass Ihnen die Lenkberechtigung für die Klasse(n) AM und B für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung,

gerechnet ab dem vorgesehenen Wiederaufleben der Lenkberechtigung,

das ist somit nach Absolvierung der Nachschulung, entzogen wird.

Führerschein ausgestellt von: BDP Wien

am: 06.03.1984

Zahl: 562440/84

Klasse(n) B

Einer eventuellen Berufung wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 64 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 aberkannt."

Über die dagegen vom Revisionswerber erhobene Berufung entschied die belangte Behörde wie folgt:

"Gemäß § 66 Abs. 4 AVG wird der Berufung insofern Folge gegeben, als dem Berufungswerber eine Lenkberechtigung für die Klassen AM und B auf ein Jahr befristet, gerechnet ab Zustellung dieses Berufungsbescheides, zu erteilen ist.

Als Auflage wird die Beibringung aktueller Laboruntersuchungsbefunde über Leberparameter (CDT, GammaGT und MCV) alle drei Monate, beginnend drei Monate ab Zustellung dieses Berufungsbescheides, vorgeschrieben."

Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom 5. Juni 2014, B 6/2014 4, abgelehnt und mit Beschluss vom 7. Juli 2014, B 6/2014 6, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

Der Verwaltungsgerichtshof forderte den Revisionswerber zur Ergänzung der Revision auf.

In seinem an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten ergänzenden Revisionsschriftsatz führt der Revisionswerber aus, der angefochtene Bescheid widerspreche der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Befristung der Lenkberechtigung und Vorschreibung von Auflagen. Weiter wird in der Revision u.a. vorgebracht, die belangte Behörde habe gegen die Verhandlungspflicht (Hinweis auf Art. 47 Abs. 2 GRC) verstoßen.

Das Verwaltungsgericht Wien legte die Verwaltungsakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision erwogen:

1. Soweit das Verwaltungsgericht Wien im Schriftsatz vom 7. August 2014 davon ausgeht, die gegenständliche Revision hätte gemäß § 25a Abs. 5 und § 26 Abs. 4 VwGG (in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013) beim Verwaltungsgericht eingebracht werden müssen, so ist es darauf hinzuweisen, dass die zuletzt genannten Bestimmungen des VwGG in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die - gegen einen Bescheid - erhobene Beschwerde gemäß Art. 144 B VG vom Verfassungsgerichtshof nach dem 31. Dezember 2013 an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten wurde, nicht zur Anwendung gelangen. Vielmehr ist auf einen solchen Fall § 4 VwGbk ÜG sinngemäß anzuwenden, sodass die abgetretene Beschwerde als Revision gilt und gemäß § 4 Abs. 5 VwGbk ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden sind (vgl. den hg. Beschluss vom 25. April 2014, Zl. Ro 2014/10/0029, sowie daran anknüpfend etwa den Beschluss vom 22. Juli 2014, Zlen. Ro 2014/04/0052, 0053). Daher hat der Revisionswerber nach der Abtretung seiner Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof an den Verwaltungsgerichtshof die Revisionsergänzung zu Recht beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht (§ 24 Abs. 1 VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung).

2. Der angefochtene Bescheid, mit welchem dem Beschwerdeführer eine befristete Lenkberechtigung unter einer Auflage erteilt hat, erweist sich schon deshalb als rechtswidrig, weil mit dieser Entscheidung die "Sache" iSd § 66 Abs. 4 AVG überschritten wurde:

Wie dargestellt, war Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides die Entziehung der Lenkberechtigung des Revisionswerbers für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung. Die Berufungsbehörde war daher nur berechtigt, über die Entziehung der Lenkberechtigung des Revisionswerbers abzusprechen.

Indem die Berufungsbehörde im angefochtenen Bescheid über die Erteilung einer Lenkberechtigung, wenn auch unter Vorschreibung einer Auflage und einer Befristung, abgesprochen hat (anders kann der angefochtene Bescheid nicht gedeutet werden), hat sie die Sache des Berufungsverfahrens überschritten und den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Bei diesem Ergebnis bedarf es keiner Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Voraussetzungen für die Befristung der erteilten Lenkberechtigung bzw. für die Vorschreibung der Auflage im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides erfüllt waren (vgl. zur Einschränkung einer Lenkberechtigung aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 22. Juni 2010, Zl. 2010/11/0067, mwN).

Der angefochtene Bescheid war nach dem Gesagten gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Kostentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 23. September 2014

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Bindung an den Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:RO2014110074.J00

Im RIS seit

26.07.2018

Zuletzt aktualisiert am

02.08.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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