TE OGH 2018/6/28 9ObA58/18x

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Veröffentlicht am 28.06.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshof Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Ingomar Stupar und Mag. Thomas Kallab als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei F***** M*****, vertreten durch Dr. Norbert Moser, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Ö***** AG, *****, vertreten durch Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 55.667,94 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. März 2018, GZ 7 Ra 63/17i-36, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Jene Bediensteten der Österreichischen Bundesbahnen, deren Verträge den als Vertragsschablone (RIS-Justiz RS0054759 [T2]) anzusehenden Allgemeinen Vertragsbedingungen für Dienstverträge bei den Österreichischen Bundesbahnen (AVB) unterliegen, sind unabhängig von der Ernennung auf eine entsprechende Planstelle nach ihrer konkreten Tätigkeit zu entlohnen (RIS-Justiz RS0116314; 8 ObA 43/16f; 8 ObA 35/17f ua).

Die Höhe des Gehalts für diese in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zur Beklagten (RIS-Justiz RS0052676) stehenden Bediensteten richtet sich gemäß § 24 AVB nach der Gehaltsgruppe und der Gehaltsstufe. Die Gehaltsgruppe ergibt sich aus der Verwendung. Die Zuordnung der einzelnen Verwendungen zu den Gehaltsgruppen bestimmt die Anlage 1 der AVB (Gehaltsgruppenzuordnung). Diese enthält allgemeine Verwendungsbezeichnungen der Arbeitnehmer, die nicht näher definiert werden.

Da diese sehr allgemein gehaltenen Verwendungsbezeichnungen (beispielsweise „Sach-bearbeiter“) in unterschiedlichen Klassifizierungen („Sachbearbeiter 1–5“) mit verschiedenen zugeordneten Gehaltsgruppen vorkommen, diesen Klassifizierungen aber keine Wertigkeiten, keine bestimmten Tätigkeitsmerkmale und auch keine bestimmten Anforderungsprofile beigemessen wurden, bieten diese Verwendungsbezeichnungen daher oft keine verlässliche Grundlage für die begehrte Gehaltsgruppenzuordnung. In vielen Fällen scheitert demzufolge der Versuch, in Auslegung der AVB (§ 914 ABGB) eine Zuordnung zu einer in Anlage 1 der AVB erwähnten allgemeinen Verwendungsbezeichnung vorzunehmen (vgl 8 ObA 77/11y [Personenkassiere]; 9 ObA 135/11k [CCC-Agenten]; 9 ObA 122/11y [Reisebüromitarbeiter]; 9 ObA 25/12k [Lehrlingsausbildner]; 8 ObA 43/16f [Zugbegleiter]).

Dies ist hier nach der vom Berufungsgericht im Einzelfall (RIS-Justiz RS0042776) vertretbar vorgenommenen Auslegung der AVB aber nicht der Fall.

Der seit 3. 9. 1990 bei der Beklagten bzw deren Rechtsvorgängerin beschäftigte Kläger bewarb sich um eine im Jahr 2005 ausgeschriebene Stelle eines „TeamleiterIn Bereich Vertrieb Kärnten“. Die Ausschreibung der Beklagten umschrieb den Aufgabenbereich mit „Führung und Steuerung der Mitarbeiter im Stationären Vertrieb, Umsetzung von Vertriebs- und Automatenkonzepten, Laufende Weiterentwicklung bzw Optimierung der Arbeitsabläufe und Dienstplangestaltung im Bereich Stationärer Vertrieb, Umsetzung von Gegensteuerungsmaßnahmen, Kontrolle der definierten Qualitätsstandards für den Stationären Vertrieb sowie Ressourcensteuerung und Verantwortung.“ An Kenntnissen und Erfahrungen wurden in der Ausschreibung ua die Eignung zur Mitarbeiterführung und Mitarbeitermotivation, hohe soziale und emotionale Kompetenz sowie hohe Eigenverantwortung und Initiative verlangt. Persönliche Anforderungen waren ua Eigeninitiative und Durchsetzungsvermögen, hohe Belastbarkeit sowie Kommunikationsfähigkeit und Teamfähigkeit.

In einer aus dem Jahr 2004 stammenden Funktionsbeschreibung dieser Tätigkeit, die von der Beklagten intern als „Serviceteamleiter Vertrieb“ bezeichnet wurde, wurde der „Zweck der Funktion“ mit „Serviceteamleiter für zugeordnete Vertriebsmitarbeiter in der Vertriebsregion, direkt dem regionalen Leiter Vertrieb unterstellt“ beschrieben. Als Aufgabengebiete wurden ua Umsetzung der Vertriebsstrategie in der definierten Vertriebsregion, Teamleiter für die regional zugeordneten Vertriebsmitarbeiter, Mitarbeiterführung, Coaching der Vertriebsmitarbeiter im Verkauf zur Optimierung des Verkaufsvorgangs sowie Dienstplangestaltung und laufende Optimierung festgelegt. Das Anforderungsprofil nannte ua ein hohes Maß an Einsatzbereitschaft und Flexibilität, hohe Frustrationstoleranz, ein hohes Maß an sozialer Kompetenz sowie Vorbildfunktion. Eine Erfahrung in der Mitarbeiterführung wurde in der Rubrik Berufserfahrung vorausgesetzt. Besondere Anforderungen waren wiederum Teamorientiertheit, hohe Belastbarkeit, Führungskompetenz, Verhandlungsgeschick und unternehmerisches Denken.

Der Kläger bekam diese Stelle und trat seine Tätigkeit am 1. 1. 2006 an. Er war als Sachbearbeiter 4 bzw 5 in der Gehaltsgruppe VI B bzw VII A eingestuft.

In der Anlage 1 der AVB sind „Teamleiter 4“ (ON 789) bis „Teamleiter 1“ (ON 914) mit zugeordneten Gehaltsgruppen von VII B bis IX A genannt, wobei bestimmte Tätigkeitsmerkmale als Grundlage für eine Gehaltsgruppenzuordnung nicht angeführt sind.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, der Kläger sei als – wie von ihm begehrt – „Teamleiter 4“ (niedrigste Einstufung aller Teamleiter) in die Gehaltsgruppe VII B einzustufen, weil eine Zuordnung der Tätigkeit des Klägers als „Serviceteamleiter“ zu einer allgemeineren Verwendungsbezeichnung nicht nur möglich, sondern sogar geboten sei, da die Verwendungsbezeichnung Teamleiter in der Anlage 1 der AVB ausdrücklich genannt sei und der Kläger als „Serviceteamleiter“ auch als Teamleiter verwendet worden sei, ist nicht korrekturbedürftig. Mit dieser Beurteilung weicht das Berufungsgericht auch nicht von der ständigen Rechtsprechung ab, wonach die Einstufung der Dienstnehmer der Beklagten nach der tatsächlichen Verwendung und nicht anhand von Funktionsbezeichnungen oder Relikten aus dem (früheren) Planstellensystem der Ö***** zu erfolgen hat. Die Verwendungsbezeichnungen bieten dann keine verlässliche Grundlage für die Gehaltsgruppenzuordnung, wenn, wie bereits oben erwähnt, auch eine Auslegung der AVB nach § 914 ABGB keine Zuordnung der Tätigkeit des Bediensteten zu einer in Anlage 1 der AVB erwähnten Verwendungsbezeichnung zulässt. Hier bieten aber gerade die seinerzeitige Ausschreibung und die damalige Funktionsbeschreibung der vom Kläger auch ausgeübten Tätigkeit als „TeamleiterIn Bereich Vertrieb Kärnten“ (nach den Behauptungen der Beklagten verantwortlich für 20 Vertriebsmitarbeiter) eine verlässliche Grundlage für die begehrte Gehaltsgruppenzuordnung. Zutreffend ist auch, dass das Fehlen generalisierender Merkmale hier insoweit kein Problem darstellt, als der Kläger ohnehin nur die Einstufung als „Teamleiter 4“ in die Gehaltsgruppe VII B anstrebt.

Dass die Beklagte die ausgeschriebene Stelle eines „TeamleiterIn Bereich Vertrieb Kärnten“ intern dann als „Serviceteamleiter“ bezeichnete und nunmehr darauf abstellt, dass ein “Serviceteamleiter“ nicht als „Teamleiter“ iSd Anlage 1 der AVB angesehen werden könne, steht der vom Berufungsgericht vorgenommenen Auslegung nicht entgegen. Auch aus der späteren – im Zuge der im Jahr 2011 von der Beklagten durchgeführten Organisationsreform vorgenommene – Umbenennung der Funktion eines „Serviceteamleiters“ auf die eines „Serviceteamkoordinators“ und der Erstellung einer neuen Funktionsbeschreibung für die Tätigkeit eines Serviceteamkoordinators, die dessen fachliche Zuständigkeit für die ihm zugeordneten Vertriebsmitarbeiter in der Vertriebsregion betont, ist für den Standpunkt der Beklagten nichts zu gewinnen. Eine neue, auf diesen Zeitpunkt abgestellte Einstufung des Klägers würde eine einseitige und daher unzulässige Schmälerung des Entgelts des Klägers bewirken.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Textnummer

E122250

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:009OBA00058.18X.0628.000

Im RIS seit

31.07.2018

Zuletzt aktualisiert am

31.07.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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