Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Ingomar Stupar und Mag. Thomas Kallab in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. R***** L*****, vertreten durch Mag. Jürgen Krauskopf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S***** AG, *****, vertreten durch Barnert Egermann Illigasch Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Anfechtung einer Kündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. Februar 2018, GZ 9 Ra 124/17x-50, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Dass die vom Kläger bekämpfte Kündigung seines Dienstverhältnisses wesentliche seiner Interessen beeinträchtigt, steht hier nicht in Frage. In seiner außerordentlichen Revision ist der Kläger aber im Ergebnis der Ansicht, dass kein ausreichender Rechtfertigungsgrund iSd § 105 Abs 3 Z 2 lit a ArbVG vorliege. Damit zeigt er keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf:
Allgemein reicht es im Hinblick auf personenbezogene Rechtfertigungsgründe iSd § 105 Abs 3 Z 2 lit a ArbVG aus, dass die in der Person des Arbeitnehmers gelegenen Umstände die betrieblichen Interessen soweit nachteilig berühren, dass sie bei objektiver Betrachtungsweise einen verständigen Betriebsinhaber zur Kündigung veranlassen würden und die Kündigung als gerechte, dem Sachverhalt adäquate Maßnahme erscheinen lassen. Werden die betrieblichen Interessen in erheblichem Maße berührt, überwiegen sie das (wesentliche) Interesse des Arbeitnehmers an der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses (RIS-Justiz RS0051888).
Die in der Person des Arbeitnehmers gelegenen Gründe, die der Arbeitgeber zur Rechtfertigung der Kündigung gemäß § 105 Abs 3 Z 2 lit a ArbVG geltend machen kann, müssen nicht so gravierend sein, dass sie die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers über den Kündigungstermin hinaus unzumutbar machen (RIS-Justiz RS0051888 [T14]) oder gar das Gewicht eines Entlassungsgrundes erreichen (Wolligger in ZellKomm² § 105 ArbVG Rz 191). Sie müssen aber eine Weiterbeschäftigung für den Arbeitgeber doch in erheblichem Ausmaß als nachteilig erscheinen lassen (RIS-Justiz RS0051888 [T15]).
Als derartiger personenbezogener Umstand ist etwa eine Unverträglichkeit gegenüber Mitarbeitern zu werten, die die Leistungsfähigkeit oder die Ordnung des Betriebs gefährdet (RIS-Justiz RS0051888 [T3]). Dazu zählen aber auch Verletzungen in der Ordnung des Betriebs, persönliche Differenzen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber oder die Störung des Betriebsfriedens (Wolligger in ZellKomm² § 105 ArbVG Rz 206 mwN); ebenso auch der fortgesetzte Gebrauch beleidigender Äußerungen (EA Linz Re 14/83, 15/83 Arb 10.228; vgl auch Schrank in Tomandl, ArbVG § 105 Rz 185 mwN [betriebsklimaabträgliches unverträgliches Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen]).
Hier machte der Kläger nach zwei Abmahnungen in einer E-Mail-Korrespondenz seinem Vorgesetzten – zu dem das Verhältnis bereits angespannt war – Vorhalte über dessen Arbeitsweise und thematisierte Umstände aus dessen Privatleben, die dieser unpassend und anmaßend empfand. Die Situation kann damit nicht mit einem institutionalisierten Mitarbeitergespräch verglichen werden. Darüber hinaus verfasste der Kläger auch an den Leiter der Strafabteilung einer Bezirkshauptmannschaft eine inhaltlich unangemessene E-Mail („mein Eindruck, dass Sie sich willkürlich über Vorschriften hinwegsetzen bzw sie nach Ihrem Gutdünken beugen“), obwohl sein Vorgesetzter wiederholt erklärt hatte, dass ein professionelles und seriöses Auftreten für ihn hohe Priorität habe. Das Berufungsgericht berücksichtigte schließlich auch, dass der Kläger seine Zuständigkeit bei einer Auskunft (*****) überschritt, obwohl ihm sein Vorgesetzter mehrfach die Wichtigkeit der Zuständigkeitsregelungen kommuniziert hatte. Danach stellt es noch keine grobe korrekturbedürftige Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts dar, wenn es hier – unter Bedachtnahme auf die Differenzen zwischen dem Kläger und seinem Vorgesetzten und dem Fehlen von Anhaltspunkten für eine Bereitschaft des Klägers zu einer Verhaltensänderung – seine Weiterbeschäftigung in einem so erheblichen Ausmaß als nachteilig ansah, dass es die Kündigung iSd § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG für gerechtfertigt erachtete.
Aus Überlegungen des Klägers zur sozialen Gestaltungspflicht des Arbeitgebers ist nach Lage des Falls nichts zu gewinnen. Die Kündigung ist nicht nur in den Differenzen des Klägers mit seinem Vorgesetzten am konkreten Arbeitsplatz begründet.
Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers daher zurückzuweisen.
Textnummer
E122236European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:009OBA00044.18P.0628.000Im RIS seit
31.07.2018Zuletzt aktualisiert am
07.02.2020