Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula in der Rechtssache der klagenden Partei F*****stiftung *****, vertreten durch Beck & Dörnhöfer & Partner, Rechtsanwälte in Eisenstadt, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Robert Mogy, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Räumung (Streitwert: 2.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Berufungsgericht vom 1. März 2018, GZ 13 R 190/17i-20, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Mattersburg vom 16. August 2017, GZ 2 C 93/17b-12, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 418,78 EUR (darin 69,80 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Klägerin ist grundbücherliche Alleineigentümerin bestimmter im Urteilsbegehren näher bezeichneter Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 127.437 m². Diese Grundstücke verpachtete sie dem beklagten Verein bis 31. 12. 2011 zum ausschließlichen Zweck der Vornahme bildhauerischer und sonstiger künstlerischer Arbeiten und zur Aufstellung von Steinplastiken. Mit Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 12. 5. 2015 wurde ua eine sich teilweise auf diesen Grundstücken der Klägerin errichtete Skulpturenlandschaft unter Denkmalschutz gestellt.
Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin, gestützt auf eine titellose Benützung durch die Beklagte, die Räumung dieser Grundstücke mit Ausnahme der darauf errichteten und unter Denkmalschutz stehenden Skulpturen.
Die Beklagte hielt dem Räumungsbegehren
– soweit für die Revisionsentscheidung noch relevant – entgegen, dass durch den Bescheid des Bundesdenkmalamtes zwei bis dahin selbständige Sachen in einer Art und Weise verbunden worden seien (§ 415 ABGB), die eine rechtliche Trennung unzulässig mache. Das an den Skulpturen und der Liegenschaft entstandene Miteigentum stehe dem Räumungsbegehren der Klägerin entgegen.
In der Verhandlung am 8. 6. 2017 (ON 11) stellte die Beklagte einen Zwischenfeststellungsantrag nach § 236 ZPO, womit festgestellt werden möge, dass mit Bescheid des Bundesdenkmalamtes Miteigentum der Streitteile an der verbundenen Sache, nämlich Skulpturen und Liegenschaften, entstanden sei.
Mit „Beschluss“ wies das Erstgericht den Zwischenfeststellungsantrag der Beklagten ab; mit Urteil gab es dem Räumungsbegehren der Klägerin statt. Die Benützung der streitgegenständlichen Grundstücke durch die Beklagte erfolge seit Beendigung des Pachtvertrags titellos.
Gegen das Urteil erhob die Beklagte Berufung, der das Berufungsgericht nicht Folge gab. Die Beklagte habe nicht nach § 415 ABGB anteilig Eigentum erworben. Die Unterschutzstellung nach dem Denkmalschutzgesetz (DMSG) bewirke keinen zivilrechtlichen Eigentumsübergang. Eine Veränderung der zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse sei dadurch weder beabsichtigt noch notwendig. Diese würden sich ausschließlich nach den vertraglichen Vereinbarungen der betroffenen Parteien richten. Die Klägerin begehre zudem gar nicht die Verbringung der Steinskulpturen. Hinsichtlich des Zwischenfeststellungsantrags führte das Berufungsgericht aus, dass dessen Abweisung von der Beklagten nicht bekämpft worden sei.
Die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht zugelassen, weil eine ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum zivilrechtlichen Schicksal selbständiger Sachen, die gemäß § 1 DMSG durch Unterschutzstellung verbunden werden, nicht vorliege.
Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Berufungsurteil dahin abzuändern, dass der Berufung stattgegeben und die Rechtssache an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung zurückverwiesen werde. In eventu wird ein auf Abweisung des Räumungsbegehrens gerichteter Abänderungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die Zurückweisung der Revision der Beklagten, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten ist – entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) – mangels der Erforderlichkeit der Beurteilung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Die Zurückweisung der ordentlichen Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO):
Der gemäß § 236 Abs 1 ZPO von der Beklagten gestellte Zwischenantrag auf Feststellung stellt hier ein Abwehrmittel dar, mit dem urteilsmäßig über den Bestand eines für die Entscheidung über ein Gegenrecht präjudiziellen, in seiner Bedeutung über den konkreten Rechtsstreit hinausgehenden Rechtsverhältnisses abgesprochen wird (8 Ob 22/17v = RIS-Justiz RS0039621 [T2]). Wird aufgrund eines Zwischenfeststellungsantrags sachlich über den Bestand des Rechtes oder Rechtsverhältnisses erkannt, dann hat dies gemäß § 236 Abs 1 ZPO durch Urteil zu erfolgen (RIS-Justiz RS0039720). Das Vergreifen in der Entscheidungsform – hier erfolgte die Entscheidung des Erstgerichts über den Zwischenfeststellungsantrag der Beklagten mit Beschluss und nicht mit Urteil – ist nicht relevant. Maßgebend ist nicht die tatsächlich gewählte, sondern die vom Gesetz vorgesehene Entscheidungsform (RIS-Justiz RS0036324 [T7]). An die rechtskräftige Entscheidung eines Zwischenfeststellungs-antrags, mit dem über den Inhalt eines zum Gegenstand des Antrags geltend gemachten präjudiziellen Rechtsverhältnisses abgesprochen wurde, entfaltet Bindungswirkung (§ 411 Abs 1 ZPO) für die Parteien des Hauptprozesses (vgl RIS-Justiz RS0039843 [T19]). Dies gilt auch bei abweislichen Entscheidungen, wobei sich diesfalls die Bindungswirkung auf die maßgeblichen Abweisungsgründe beschränkt (RIS-Justiz RS0041454 [T3]). Nur bei begründungsloser Abweisung eines Zwischenfeststellungsantrags besteht keine Bindung an die Entscheidung (RIS-Justiz RS0039843 [T33, T34]). Dies ist hier aber nicht der Fall.
Die Beklagte hat bereits in ihrer Berufung gegen das abweisliche erstgerichtliche Urteil die abweisliche Entscheidung über ihren Zwischenfeststellungsantrag nicht bekämpft. Dies ergibt sich daraus, dass sie in ihrer Berufung auf die Abweisung dieses Antrags nicht eingegangen ist und auch keinen entsprechenden Berufungsantrag gestellt hat.
In ihrer Revision gegen das Berufungsurteil bekämpft die Beklagte diese bereits vom Berufungsgericht vertretene Rechtsansicht auch nicht. Die Revision stützt ihren Rechtsstandpunkt, das Räumungsbegehren sei abzuweisen, ausschließlich auf ihr Miteigentum an den Grundstücken der Klägerin. Durch den Bescheid des Denkmalamtes sei eine neue Verbindung (ein „Ensemble“) geschaffen worden, also eine neue, einheitlich übergeordnete Sache iSd § 415 ABGB entstanden, die Miteigentum der Streitteile an der Liegenschaft und den darauf befindlichen Skulpturen begründet habe. Einem erfolgreichen Räumungsbegehren stünde daher die Bestimmung des § 828 Abs 1 ABGB entgegen.
Der Oberste Gerichtshof ist an die rechtskräftige Abweisung des Zwischenfeststellungsantrags der Beklagten gebunden. Ausgehend davon ist die Beklagte nicht Miteigentümerin an den vom Räumungsbegehren betroffenen Grundstücken der Klägerin. Die Stattgabe des Räumungsbegehrens wegen titelloser Benützung dieser Grundstücke durch die Vorinstanzen erweist sich daher schon aus diesem Grund als zutreffend, ohne dass es auf die Beantwortung der vom Berufungsgericht als erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO bezeichneten Rechtsfrage ankommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision in ihrer Revisionsbeantwortung hingewiesen (RIS-Justiz RS0035979 [T16]).
Textnummer
E122245European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0090OB00039.18B.0628.000Im RIS seit
31.07.2018Zuletzt aktualisiert am
19.10.2018