Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §37;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2017/07/0126Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision 1. der KW und 2. des RAW, beide in K, beide vertreten durch Dr. Klaus Maleschitz, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Auhofstraße 4/1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 26. September 2017, Zl. LVwG- 2017/44/1976-4, betreffend Zurückweisung von Anträgen in einer Angelegenheit des Wasserrechts (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG:
Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel; mitbeteiligte Partei: B GmbH in Wien, vertreten durch Mag. Peter A. Miklautz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19/II), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerber haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 und der Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2016 stellten die Revisionswerber den Antrag, die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel (belangte Behörde) möge auf Grundlage des § 138 WRG 1959
"a) umgehend die Einstellung der (...) durchgeführten Maßnahmen verfügen, sowie
b) die in Kapitel 6 der baugeologischen Beurteilung (...) genannten Sanierungsmaßnahmen auftragen.".
2 Begründend führten die Revisionswerber aus, durch die Art der von der Mitbeteiligten zu vertretenden Bauführung auf dem Nachbargrundstück seien sämtliche unterirdischen Wässer, die bisher diffus in das Tal abgesickert seien, in die Baugrube geleitet und dort an der Sohle gesammelt worden. Dieses Wasser sei in weiterer Folge in die Hinterfüllung des Kellers ihres Hauses eingedrungen und habe entsprechende Schäden verursacht.
3 Die belangte Behörde gab den Anträgen der Revisionswerber vom 22. Dezember 2016 mit Bescheid vom 31. Jänner 2017 gemäß § 138 WRG 1959 mit der Begründung, dass für die von der Mitbeteiligten durchgeführten Maßnahmen keine Bewilligungen nach dem WRG 1959 erforderlich seien, keine Folge.
4 Das Verwaltungsgericht wies die gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 31. Jänner 2017 von den Revisionswerbern erhobenen Beschwerden mit Erkenntnis vom 3. August 2017 als unbegründet ab.
5 Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 3. August 2017 wurde mit heutigem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zu Ro 2017/07/0031, 0032-5 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behoben.
6 Mit Schreiben vom 20. März 2017 stellten die Revisionswerber den Antrag,
"auf amtswegige Überprüfung, ob für die Errichtung der gegenständlichen Stützmauer und dem damit verbundenen Eingriff in den Grundwasserhaushalt, insbesondere infolge der damit verbundenen Änderungen des Verlaufs des Grundwassers und dem unkontrollierten Versickern des Grundwassers in der Baugrube, eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich ist; (...)".
7 Begründend führten die Revisionswerber aus, im Zuge der Errichtung des Wohnhauses durch die Mitbeteiligte sei der Hang abgegraben und auf der gesamten Länge des Grundstückes von ca. 22 m eine Stützmauer mit einer Höhe von ca. 8 bis 10 m errichtet worden. In diese Stützmauer seien Abflussrohre eingebaut worden, damit das reichlich vorhandene Grundwasser abfließen könne, weil ansonsten der Druck auf die Stützmauer zu groß werden würde. Tatsächlich würden bereits derzeit große Mengen an Grundwasser in die Baugrube fließen und sei es durch die wesentliche Veränderung des Grundwasserverlaufs zu Schäden an ihrem Wohnhaus gekommen. Die Mitbeteiligte habe diese Maßnahmen ohne die dafür erforderliche wasserrechtliche Bewilligung durchgeführt.
8 Mit Schreiben vom 11. Juli 2017 führten die Revisionswerber zu diesen Antrag ergänzend folgendermaßen aus:
"Ich fordere Sie daher auf, mir umgehend mitzuteilen, ob und welche Veranlassungen von der BH (...) bisher getroffen wurden, um weitere Schädigungen und unkontrollierte Wassereintritte in die Liegenschaft meiner Mandantin zu verhindern bzw. den gesetzwidrigen Eingriff in den Grundwasserverlauf durch die Eigentümer der Liegenschaft (der Mitbeteiligten) zu ahnden.
Weiters fordere ich Sie auf, unverzüglich sämtliche notwendigen Schritte, die behördlicherseits möglich sind, einzuleiten und durchzuführen, um einen gesetzeskonformen Zustand herzustellen, insbesondere jedoch um das unkontrollierte Eindringen von Grundwasser, das nun infolge der von der Eigentümerin der Liegenschaft (der Mitbeteiligten) veranlassten Abgrabungen des Hanges am Rande der Liegenschaft (der Mitbeteiligten) austritt, dessen natürlicher Verlauf dadurch massiv verändert wurde und das bekanntermaßen auch nicht versickern kann (...), über die Baugrube bzw. über die Liegenschaft (der Mitbeteiligten) in das Grundstück (der Revisionswerber) zu beenden."
9 Die belangte Behörde gab den Anträgen der Revisionswerber vom 20. März 2017, ergänzt mit Schreiben vom 11. Juli 2017, mit Bescheid vom 19. Juli 2017 gemäß § 138 WRG 1959 mit der Begründung, dass für die von der Mitbeteiligten durchgeführten Maßnahmen keine Bewilligungen nach dem WRG 1959 erforderlich seien, keine Folge.
10 Die Beschwerden der Revisionswerber gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 19. Juli 2017 wies das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass die Anträge der Revisionswerber wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG als unzulässig zurückgewiesen wurden.
11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision der revisionswerbenden Parteien mit dem Antrag, dieses nach Durchführung einer Verhandlung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und/oder infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
12 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in welcher die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragt wurde.
13 Die Mitbeteiligte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision.
14 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
15 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
16 Nach § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
17 Entgegen dem Vorbringen in der außerordentlichen Revision ist das Verwaltungsgericht in seinem angefochtenen Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weshalb vorliegend keine Rechtsfragen aufgeworfen wurden, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
18 "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht war jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde bildete (vgl. VwGH 9.9.2015, Ro 2015/03/0032, mwN).
19 "Sache" des in diesem Sinne von der belangten Behörde getroffenen bescheidmäßigen Abspruchs war die Prüfung, ob in Anbetracht der von der Mitbeteiligten im Zuge der Realisierung des baubehördlich bewilligten Vorhabens gesetzten Maßnahmen ein wasserpolizeilicher Auftrag zu erlassen ist oder nicht (vgl. VwGH 21.10.2010, 2007/07/0005).
20 Die Umschreibung des Auftrags zur Beseitigung einer Neuerung im Sinne des § 138 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Abs. 6 WRG 1959 und die Schaffung der dafür notwendigen sachverhaltsmäßigen Grundlagen fallen in die amtswegig wahrzunehmende Aufgabe der Verwaltungsbehörde bzw. des Verwaltungsgerichts. Wenngleich ein Verfahren nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 auf Verlangen eines Betroffenen im Sinne des Abs. 6 leg. cit. ausgelöst wird, ist dieses von Amts wegen durchzuführen (vgl. VwGH 25.6.2009, 2007/07/0032).
21 Über ein und dieselbe Rechtsache ist nur einmal rechtskräftig zu entscheiden. Mit der Rechtskraft ist die Wirkung verbunden, dass die mit der Entscheidung unanfechtbar und unwiderruflich erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann (Wiederholungsverbot). Einer nochmaligen Entscheidung steht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache entgegen. Zudem folgt aus dem Gedanken der materiellen Rechtskraft grundsätzlich eine Bindungswirkung an eine behördliche Entscheidung. Bei der Prüfung des Vorliegens der entschiedenen Sache ist vom Verwaltungsgericht von der rechtskräftigen Vorentscheidung auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit derselben nochmals zu überprüfen. Identität der Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber der früheren Entscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (vgl. VwGH 24.5.2016, Ra 2016/03/0050, mwN).
22 Wenn der bei ihm in Beschwerde gezogene verwaltungsbehördliche Bescheid nach den vorstehenden Grundsätzen zu Unrecht eine Sachentscheidung beinhaltete, hat das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Prüf- und Entscheidungsbefugnis einen Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. VfGH 18.6.2015, G 5/2014; VwGH 24.5.2016, Ra 2016/03/0050, mwN).
23 Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens ist damit nur die Frage, ob das Verwaltungsgericht die Anträge der Revisionswerber zu Recht nach § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat.
24 Es ist nicht zu erkennen, dass die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, einer neuerlichen Sachentscheidung über das verfahrensgegenständliche Verlangen der Revisionswerber nach § 138 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Abs. 6 WRG 1959 stehe die Rechtskraft eines einen vergleichbaren Antrag der Revisionswerber abweisenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts vom 3. August 2017 entgegen, der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes widersprechen würde. Das Verwaltungsgericht hat die rechtskräftige Entscheidung des Verwaltungsgerichtes vom 3. August 2017 entsprechend oben stehender Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes beachtet, zumal eine Änderung der relevanten Sach- oder Rechtslage bis zur Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses nicht eingetreten ist.
25 Nichtsdestotrotz wird das Verwaltungsgericht infolge der vom Verwaltungsgerichtshof erfolgten Behebung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes vom 3. August 2017 das Verfahren fortsetzen müssen, weshalb die von den Revisionswerbern aufgeworfene Rechtsfrage nur mehr abstrakt-theoretische Bedeutung hat.
26 Die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG setzt voraus, dass die in dieser Bestimmung genannte Rechtsfrage eine solche ist, durch deren Lösung im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ein Eingriff in subjektive Rechte des Revisionswerbers im Sinne des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG zumindest möglich ist. Für die Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof aufgrund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG nicht zuständig (vgl. VwGH 30.3.2017, Ra 2015/07/0171, mwN).
27 Die Revision war daher zurückzuweisen.
28 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
29 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 21. Juni 2018
Schlagworte
Zurückweisung wegen entschiedener SacheIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017070125.L00Im RIS seit
27.07.2018Zuletzt aktualisiert am
31.07.2018