TE Vwgh Erkenntnis 2000/1/25 96/05/0009

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Veröffentlicht am 25.01.2000
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §135 Abs3;
BauRallg;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Dr. G, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 1. September 1995, Zl. UVS-04/15/00646/94, betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 2. November 1993 trug der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, den Eigentümern des Hauses Wien II, B-Straße 2, gemäß § 129 Abs. 2 und 4 der BauO für Wien die Behebung verschiedener Gebrechen auf. Als sanierungsbedürftig wurden Flügel und Stöcke von Fenstern, die Konstruktion des Dachstuhles und des Steildaches im Bereich der Waschküche, die Eindeckung des Steildaches und der Verputz im Stiegenhaus und in der Waschküche genannt. Dieser Bescheid erging u.a. an den Beschwerdeführer als Hausverwalter.

Mit Schreiben vom 29. April 1994 hielt das Magistratische Bezirksamt für den 2. Bezirk dem Beschwerdeführer vor, er hätte es als Verwalter dieses Hauses in der Zeit vom 2. November 1993 bis 14. März 1994 unterlassen, insofern nicht für die Erhaltung der Baulichkeit und der dazu gehörigen Anlagen in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der Bauordnung für Wien entsprechenden Zustand zu sorgen, als die Behebung der oben genannten Gebrechen nicht erfolgte. Die ihm darin gesetzte Frist zur Rechtfertigung ließ der Beschwerdeführer ungenützt.

Mit Bescheid vom 30. Juni 1994 wurde der Beschwerdeführer des vorgehaltenen Sachverhalts für schuldig erkannt; er habe dadurch die Verwaltungsübertretung nach § 129 Abs. 2 in Verbindung mit § 135 Abs. 1 und 3 der BauO für Wien begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) verhängt wurde.

In seiner dagegen erstatteten Berufung verwies der Beschwerdeführer auf die Verfahren "MBA 2-S 919/92 und MBA 2-S 1305/92". Am Sachverhalt habe sich nichts verändert, seitens der Hausinhabung sei ausdrücklich die Weisung erteilt worden, keine Reparaturen durchzuführen. Der Mehrheitseigentümer habe es sich vorbehalten, Reparaturen nur selbst durch eigene beauftragte Professionisten vornehmen zu lassen. Dies habe dazu geführt, dass über Antrag von Mietern die Liegenschaft nunmehr durch einen Zwangsverwalter verwaltet werde, sodass der Beschuldigte mit der Verwaltung des Hauses überhaupt nicht mehr befasst sei. An der Nichtdurchführung der Reparaturarbeiten treffe ihn jedenfalls keinerlei Verschulden, weil er selbst gegen den Willen des Mehrheitseigentümers nicht in der Lage sei, Reparaturen zu veranlassen.

Einen Beweisantrag enthielt diese Berufung nicht.

Die belangte Behörde schloss die beiden in den vom Beschwerdeführer genannten Verwaltungsstrafsachen ergangenen Berufungsbescheide an. Mit Bescheid vom 15. Oktober 1993, Zl. UVS-04/23/00421/93, behob die belangte Behörde ein Straferkenntnis des Magistratischen Bezirksamtes für den 2. Bezirk vom 12. Februar 1993, Zl. MBA 2-S 919/92, welches andere Gebrechen am selben Haus hinsichtlich des Zeitraumes vom 12. November 1991 bis 7. Jänner 1992 betroffen hat. Aufgrund eines im damaligen Verfahren vorgelegten Schreibens des Liegenschaftseigentümers der I. Handelsgesellschaft, in welchem dem Verwalter die ausdrückliche Weisung erteilt worden war, Reparaturen nicht zu beauftragen bzw. durchzuführen, kam die belangte Behörde damals zum Ergebnis, dass der Tatbestand des § 135 Abs. 3 BauO für Wien nicht erfüllt sei, weil der Hausverwalter an der Erfüllung der Verpflichtung gehindert worden war.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. November 1993 wurde ein Straferkenntnis des Magistratischen Bezirksamtes für den

2. Bezirk, Zl. MBA 2-S 1305/92, in Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG aufgehoben und das Verfahren eingestellt. Die Einstellung wurde damit begründet, dass die Strafbehörde erster Instanz den Tatvorwurf nicht hinreichend konkretisiert habe.

Die belangte Behörde holte einen Grundbuchsauszug ein, aus dem sich insbesondere ergeben hat, dass aufgrund eines Kaufvertrages vom 30. Juli 1992 nicht mehr die I. Handelsgesellschaft, sondern eine A. Immobilien-GmbH Mehrheitseigentümer (67 %) ist.

Mit Schreiben vom 3. Juli 1995 hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vor, dass die von ihm in der Berufung genannten Verfahren MBA 2-S 919/92 und MBA 2-S 1305/92 keinen Beweis für sein Vorbringen enthielten, der Mehrheitseigentümer habe sich vorbehalten, Reparaturen nur selbst durch eigene beauftragte Professionisten vornehmen zu lassen. Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass die I. Handelsgesellschaft hinsichtlich des hier gegenständlichen Tatzeitraumes nicht Eigentümerin ist. Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert, binnen zwei Wochen sein Berufungsvorbringen durch Vorlage entsprechender Beweismittel zu belegen und sämtliche sonstige seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel zu übermitteln.

Die ihm gesetzte Frist ließ der Beschwerdeführer ungenützt, zur Verhandlung vom 1. September 1995 erschien er trotz Ladung nicht.

Mit dem hier angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung insoferne Folge, als die Ersatzfreiheitsstrafe von zehn Tagen auf drei Tage herabgesetzt wurde. Im Übrigen wurde das Straferkenntnis bestätigt. Der Beschwerdeführer habe sich in seiner Berufung auf zwei Verwaltungsstrafverfahren berufen; im einen Fall sei das Verfahren aus rein formellen Gründen eingestellt worden, im anderen Fall sei die Bestätigung des früheren, aber nicht des hinsichtlich des Tatzeitraumes eingetragenen Eigentümers vorgelegt worden. Das Vorliegen des objektiven Tatbestandes sei überhaupt unbestritten gewesen; trotz gebotener Gelegenheit habe der Beschwerdeführer sein behauptetes mangelndes Verschulden durch keinerlei Beweismittel bekräftigt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich der Beschwerdeführer in seinem Recht, nicht wegen Übertretung des § 129 Abs. 2 in Verbindung mit § 135 Abs. 1 und 3 BauO für Wien bestraft zu werden, und in seinem Recht auf Durchführung eines dem Gesetz entsprechenden Ermittlungsverfahrens verletzt erachtet. Es wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 129 Abs. 2 Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930 i. d.F. LGBl. Nr. 18/1976 (im Folgenden: BO), hat der Eigentümer (jeder Miteigentümer) dafür zu sorgen, dass die Gebäude und die baulichen Anlagen (Gärten, Hofanlagen, Einfriedungen u. dgl.) in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden. Gemäß § 135 Abs. 1 BO i. d.F. LGBl. Nr. 48/1992 werden Übertretungen dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen mit Geld bis zu S 300.000,-- oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen bestraft. Gemäß § 135 Abs. 3 BO i.d.F. LGBl. Nr. 28/1956 ist, wer die Verwaltung eines Gebäudes ausübt, für Verletzungen der dem Eigentümer durch dieses Gesetz oder eine dazu erlassene Verordnung auferlegten Pflichten an dessen Stelle verantwortlich, wenn die Tat ohne Veranlassung und Vorwissen des Eigentümers begangen wurde. Der Eigentümer ist neben dem Verwalter verantwortlich, wenn er es bei dessen Auswahl oder Beaufsichtigung an der nötigen Sorgfalt fehlen ließ.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei einer Verwaltungsübertretung nach § 129 Abs. 2 BO um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 VStG. Das bedeutet, dass schon die bloße Nichterfüllung des Gebotes, Gebäude und deren Anlagen in gutem Zustand zu erhalten, als eine Verletzung der gesetzlichen Instandhaltungspflicht eine Strafe nach sich zieht, wenn der Eigentümer bzw. der Hausverwalter nicht aufzuzeigen vermag, dass er während des ihm angelasteten Tatzeitraumes alles in seinen Kräften Stehende (Ausschöpfung der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten) unternommen hat, um das Baugebrechen innerhalb kürzester Zeit zu beseitigen. Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Bestrafung eines Hausverwalters liegen nur dann nicht vor, wenn der Hauseigentümer, obwohl er wusste, dass eine Verpflichtung zur Beseitigung von Baugebrechen besteht, den Hausverwalter an der Erfüllung dieser Verpflichtung in irgendeiner Weise gehindert hat (siehe die Nachweise in dem gleichfalls den Beschwerdeführer betreffenden Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 96/05/0007).

Von der Strafbehörde erster Instanz wurde dem Beschwerdeführer vorgehalten, dass er der ihn als Verwalter treffenden Verpflichtung zur Instandsetzung in der Zeit vom 2. November 1993 bis 14. März 1994 nicht nachgekommen sei. Diesen Vorwurf ließ er unbeantwortet; in seiner Berufung vom 25. Juli 1994 gab er an, dass sich an dem Sachverhalt, der sich aus den von ihm genannten Verwaltungsstrafakten ergeben hätte, nichts geändert hätte, dass die Hausinhabung dem Verwalter die Weisung erteilt hätte, keine Reparaturen durchzuführen und dass er, der Beschwerdeführer, mit der Verwaltung des Hauses "überhaupt nicht mehr" befasst sei, weil ein Zwangsverwalter bestellt worden sei.

Diese Sachbehauptungen ließen sich aus den Verwaltungsstrafverfahren, auf die sich der Beschwerdeführer berufen hat, nicht bestätigen; er ist weder einer Aufforderung nachgekommen, Unterlagen für seine Behauptungen der Berufungsbehörde vorzulegen, noch ist er trotz Ladung zur Verhandlung erschienen.

In seiner Beschwerde rügt der Beschwerdeführer, die belangte Behörde hätte nicht festgestellt, dass er im Tatzeitraum Hausverwalter gewesen sei. Dem ist zunächst zu entgegnen, dass schon im Spruch des erstinstanzlichen Strafbescheides, der insoferne durch die Berufungsbehörde aufgrund ihrer Bestätigung übernommen wurde, dem Beschwerdeführer vorgeworfen wurde, dass er die inkriminierten Unterlassungen "als Verwalter" begangen habe. Allein durch die Behauptung in der am 25. Juli 1994 erhobenen Berufung, dass die Liegenschaft "nunmehr" durch einen Zwangsverwalter verwaltet werde, wurde dem entsprechenden Vorwurf im erstinstanzlichen Bescheid nicht widersprochen. Für die Behauptung, dass der Hauseigentümer im Tatzeitraum den Beschwerdeführer an der Erfüllung seiner Verpflichtung als Hausverwalter gehindert hätte, liegen keine Beweisergebnisse vor, obwohl beide Verwaltungsstrafinstanzen dem Beschwerdeführer ausdrücklich Gelegenheit geboten haben, diesbezüglich Beweise vorzulegen.

Die der Partei auch im Verwaltungsstrafverfahren obliegende Mitwirkungspflicht hätte es geboten, den konkreten Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ebenso konkrete Behauptungen entgegen zu setzen und zur Widerlegung des Ergebnisses der behördlichen Ermittlungen geeignete Beweise anzubieten (hg. Erkenntnis vom 28. April 1992, Zl. 88/05/0255). Schon mit der Aufforderung zur Rechtfertigung durch die Strafbehörde erster Instanz wurden dem Beschwerdeführer die konkreten Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vorgehalten; die einzigen Beweise, die er in der Berufung angeboten hat, nämlich die Einsichtnahme in zwei Verwaltungsstrafakten, wurden aufgenommen.

Somit konnte die belangte Behörde aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens frei von Verfahrensmängeln davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer an der Erfüllung seiner Verpflichtungen als Hausverwalter nicht gehindert wurde. Damit erwies sich seine Beschwerde aber insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, da die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

Wien, am 25. Jänner 2000

Schlagworte

Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Allgemein BauRallg9/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1996050009.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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