Gbk 2018/2/13 GBK I/609/15

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Veröffentlicht am 13.02.2018
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Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

Begründung des Arbeitsverhältnisses

Text

Senat I der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

(BGBl. Nr. 108/1979 idF BGBl. I Nr. 107/2013)

Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 13. Februar 2018 über den am 31. März 2015 eingelangten Antrag von Herrn A, MBA MPA (Antragsteller) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 1 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idF BGBl. I Nr. 107/2013 alle weiteren, im Text verwendeten Gesetzeszitate beziehen sich auf diese Fassung) durch die X (Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013), zu GZ GBK I/609/15, zu folgendem

Prüfungsergebnis:

Herr A, MBA MPA ist nicht auf Grund des Geschlechts bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 1 GlBG durch die X diskriminiert worden.

Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.

Prüfungsgrundlagen

Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen des Antragstellers und der Antragsgegnerin sowie die mündliche Befragung des Antragstellers vom 9. Jänner 2018 und von Herrn Geschäftsführer B (informierter Vertreter der Antragsgegnerin) vom 13. Februar 2018. Es wurden keine weiteren Auskunftspersonen befragt. Des Weiteren bezieht sich der Senat I der GBK in seiner Entscheidungsfindung auf das E-Mail vom 29. April 2015 sowie das Urteil des EuGH vom 28. Juli 2016, Rs C-432/15.

Vorbringen

Im Antrag wurde im Wesentlichen folgendes vorgebracht:

Der Antragsteller habe sich durch ein Facebook vom … 2015 erschienenes Inserat für die Stelle einer Kellnerin in Teilzeit bei der X aufgrund des Geschlechtes diskriminiert gefühlt, da nur Frauen gesucht worden seien. Seine Anfrage über Facebook vom 22. Jänner 2015, ob der Antragsteller sich bewerben dürfe, und seine Nachfrage vom 28. Jänner 2015, „Warum sucht Ihr nur Frauen?“, sei von der Antragsgegnerin mit den Worten, „Entschuldige … [Vorname des Antragstellers], wir haben jetzt ein paar Mädels zur Probe arbeiten. Sollte es nicht klappen, werden wir uns sofort melden.“, zurückgewiesen worden. Darin sei eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes zu sehen, da Männer sich anscheinend nicht, oder nur sofern keine geeignete Frau gefunden werde, bewerben dürften.

In der Arbeitsstätte seien bisher ausschließlich weibliche Servicekräfte beschäftigt, von Frauenförderung könne daher keine Rede sein.

Das Ziel seines Antrages sei folglich:

?   keine Diskriminierung mehr,

?   keine Folgediskriminierung,

?   ideeller Schadenersatz in der Höhe von € 1000,00.

In der auf Ersuchen des Senates I der GBK von der Antragsgegnerin übermittelten Stellungnahme vom 27. April 2015 bestritt diese die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

Es sei nie in ihrem Sinne gewesen, jemanden zu diskriminieren. Sollte sich der Antragsteller dennoch diskriminiert fühlen, würden sie ihm ihr Bedauern aussprechen. Bezüglich des Postings über die Suche nach einer Servicekraft auf ihrer Facebook Seite sei zu erwähnen, dass sie ihre Seite nicht als öffentlich betrachten würden, da diese nur „eingeladene Freunde“ diesen Inhalt sehen könnten. Sollte dies nicht der allgemeinen Rechtsansicht entsprechen, würde die Antragsgegnerin in Zukunft anders handeln. Jedenfalls sei es der Antragsgegnerin grundsätzlich wichtig festzuhalten, dass sie keinerlei Diskriminierung gutheißen oder betreiben würden, welcher Art auch immer. Schließlich sei zu erwähnen, dass im Zuge der gegenständlichen Personalsuche von ihrer Seite schlussendlich weder ein Mann noch eine Frau eingestellt worden sei. Grund für die Personalsuche, sei die Absicht einer Mitarbeiterin gewesen, zu kündigen. Nachdem sie ihre Meinung geändert habe, und weiter bei der Antragsgegnerin beschäftigt sei, sei es zu keiner Neuaufnahme von Personal gekommen. Derzeit seien 2 weibliche Mitarbeiterinnen und der Geschäftsführer, Herr B, im Personalstand des Betriebes

Rechtliche Überlegungen

Gemäß § 3 Z 1 GlBG darf aufgrund des Geschlechtes im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses.

Die Formulierung beschränkt sich nicht auf die konkrete Entscheidung über die Einstellung, sondern erfasst auch Benachteiligungen im Rahmen des idR vorausgehenden Auswahlverfahrens. Für die Beurteilung einer Diskriminierung bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses ist somit auf verschiedene, dem Vertragsabschluss „vorgelagerte“ bzw. diesen „vorbereitende“ Verhaltensweisen des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin oder für diese/n handelnder Personen Bedacht zu nehmen2.

Insoweit sich die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand iSd §§ 3, 4, 6 oder 7 GlBG beruft, hat er/sie diesen gemäß 12 Abs. 12 GlBG glaubhaft zu machen. Dem/Der Beklagten obliegt es in Berufung auf §§ 3 oder 4 zu beweisen, dass es bei der Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder das andere Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist oder ein Rechtfertigungsgrund iSd § 5 Abs. 2 GlBG vorliegt.

Wird einem Bewerber nach einer nicht geschlechtsneutralen Stellenausschreibung in einem Posting auf Facebook mitgeteilt, dass man derzeit weibliche Bewerberinnen zur Probe arbeiten lassen, indiziert dies grundsätzlich diskriminierendes Verhalten und ist somit unter dem Tatbestand der Diskriminierung auf Grund Geschlechtes bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses gemäß 3 Z 1 GlBG zu subsumieren.

Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung der Vorwürfe des Antragstellers, Herrn A, MBA MPA, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch.

Vorab ist festzuhalten, dass die Antragsgegnerin rechtlich mittlerweile nicht mehr besteht. Das Unternehmen wurde geschlossen, ohne dass eine/n Rechtsnachfolger/in gibt. Da es ich bei dem GBK-Verfahren um ein niederschwelliges, rechtlich unverbindliches Verfahren handelt, kann der Senat I der GBK auch in diesem Fall das Überprüfungsverfahren gegen die Antragsgegnerin durchführen. Das Prüfungsergebnis ist ein „Rechtsgutachten“, das nicht exekutierbar ist.

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die beanstandete Position als Kellner/in nicht geschlechterkonform iSd GlBG ausgeschrieben worden ist. Von Seiten der Antragsgegnerin wurde im Verfahren vorgebracht, dass die Stellensuche nur auf ihrer Facebook Seite nur für eingeladene Freunde/innen einsehbar gewesen, und nicht öffentlich erfolgt sei. Dieser Rechtsansicht ist nicht zu folgen, da das Posting durchaus einer größeren Personengruppe zugänglich gewesen ist. Es wäre ansonsten möglich, die Bestimmungen des GlBG zu umgehen, in dem quasi „intern“ auf Facebook gesetzeswidrige Stelleninserate platziert.

Davon unabhängig ist rechtlich zu beurteilen, ob diese nicht gesetzeskonforme Ausschreibung Auswirkung auf die Bewerbung des Antragstellers gehabt habe. Nach Durchführung des GBK-Verfahren hat die fehlerhafte Stellenausschreibung jedoch keinen Einfluss auf die Ablehnung der Bewerbung des Antragstellers.

Aus den Unterlagen und der mündlichen Befragung des rechtlich informierten Vertreters der Antragsgegnerin ist ersichtlich, dass die Antragsgegnerin männliche Bewerber neben weiblichen Bewerberinnen für Probearbeitstage eingeladen hat. Auch dem Antragsteller wurde keine grundsätzliche Absage auf Grund seines Geschlechtes erteilt. Es wurde nur mitgeteilt, dass derzeit „Mädels“ zur Probe arbeiten würden. Allenfalls werde man sich bei ihm melden. Ein/e potentielle/r Arbeitgeber/in ist nicht verpflichtet eine/n Bewerber/in zu nehmen, eine Ablehnung darf allerdings nicht aus diskriminierenden Gründen erfolgen (kein „Kontrahierungszwang“). Diskriminierende Motive bei Ablehnung der Person des Antragstellers waren für den erkennenden Senat nicht ersichtlich.

Aus dem vorliegenden Postings des Antragstellers und seinem mündlichen Vorbringen geht eindeutig hervor, dass es ihm weniger um eine tatsächliche Bewerbung gegangen ist, sondern vielmehr um die Erwirkung eines „Judikats“ in der vorliegenden Angelegenheit. Der Antragsteller hat zwar mündlich ausgeführt, dass er mit dem Job als Kellner seine hauptberufliche Erwerbstätigkeit reduzieren könnte, und so weniger nach Wien pendeln müsste. Da aus seiner Anfrage an den Antragsgegner – „(Warum) Sucht ihr nur Frauen?“ – für den Senat I der GBK kein ernsthaftes Interesse erkennbar war, wird von einer sog. „Scheinbewerbung“ („GlBG-Hopping“) ausgegangen. Laut der europarechtlichen Bestimmungen darf man beim „Zugang zu Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit“ nicht diskriminiert werden (u.a. auf Grund des Geschlechtes). Der EuGH hat im Urteil vom 28. Juli 2016, Rs C -423/15 festgestellt, dass Situationen, in der eine Person mit ihrer Stellenbewerbung nicht die betreffende Stelle erhalten, sondern nur den formalen Status als Bewerber/in erlangen möchte, und zwar mit dem alleinigen Ziel, eine Entschädigung geltend zu machen, nicht unter den Begriff „Zugang zu Beschäftigung“ fällt. Ein solches Verhalten könne laut EuGH-Urteil auch einen Rechtsmissbrauch darstellen.

Für die Annahme des erkennenden Senates sprechen auch die diversen Vergleichsvorschläge zur Zahlung einer ideellen Entschädigung an den Antragsteller unter gleichzeitiger Angabe seiner Kontodaten. Erst im weiteren E-Mailverkehr bzw. in der mündlichen Befragung hat der Antragsteller davon gesprochen, dass von Seiten der Antragsgegnerin ein ideeller Schadenersatz gespendet werden sollte. Zeitgleich hat Senat I der GBK einen weiteren Antrag des Antragstellers überprüft, GBK I/…, das den gleichen Sachverhalt bzw. das gleiche Vorgehen zum Inhalt hat. Hier ist um eine Nebentätigkeit in Wien gegangen. Daher bestehen grundsätzlich berechtigte Zweifel, ob der Antragsteller tatsächlich Interesse an dem Job als Kellner in Wiener Neustadt hatte, um das Pendeln nach Wien zu reduzieren. Im anderen Verfahren hätte es für den Antragsteller kein Problem dargestellt, zusätzlich für den Nebenjob von Niederösterreich nach Wien zu pendeln.

Es liegt somit keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes vor.

Wien, 13. Februar 2018

Dr.in Eva Matt

Vorsitzende des Senates I der GBK

1  Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.

2  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 3 Rz 13.

Zuletzt aktualisiert am

27.07.2018
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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