TE Lvwg Erkenntnis 2018/7/3 LVwG-2017/13/2895-4

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Veröffentlicht am 03.07.2018
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Entscheidungsdatum

03.07.2018

Index

90/02 Führerscheingesetz

Norm

FSG 1997 §7
FSG 1997 §8
FSG 1997 §24
FSG 1997 §25
FSG 1997 §26
FSG 1997 §30
FSG-GV §14 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Dr.in Strele über die Beschwerde des AA, vertreten durch BB, Rechtsanwalt in Z, Adresse 1, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 20.11.2017, GZ ****, betreffend eine Entziehung der Lenkberechtigung nach dem Führerscheingesetz,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Angefochtener Bescheid, Beschwerdevorbringen, Beweisaufnahme:

Mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 20.11.2017, GZ  ****, wurde dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für sämtliche Klassen für einen Zeitraum von sechs Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, das war der 29.11.2017, entzogen, sowie weiters das Recht aberkannt von einer allfällig erteilten ausländischen Lenkberechtigung auf die Dauer des Entzuges der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen. Als begleitende Maßnahme wurde die Teilnahme an einer Nachschulung angeordnet. Weiters wurde der Beschwerdeführer aufgefordert ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung samt einer verkehrspsychologischen Stellungnahme vor Ablauf der Entzugszeit beizubringen. Schließlich wurde verfügt, dass nach Ablauf der angeführten Entzugsdauer – sollte bis zu diesem Zeitpunkt kein positives amtsärztliches Gutachten beigebracht worden sein – die Lenkberechtigung bis zum Nachweis der gesundheitlichen Eignung entzogen bleibt.

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht nachfolgende Beschwerde ein:

„In umseitig bezeichneter Verwaltungsrechtssache erstattet Herr AA als Partei durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 20.11.2017, **** nachstehende

Beschwerde

an das Landesverwaltungsgericht Tirol:

Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 20.11.2017, **** wird vollumfänglich bekämpft.

I./ Zulässigkeit:

Der Beschwerdeführer ist in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt worden, weil die Behörde durch den beschriebenen Bescheid entgegen den gesetzlichen Bestimmungen Lenkberechtigungen entzogen, Verbote erteilt, Rechte aberkannt, Maßnahmen angeordnet, aufgefordert und verfügt hat.

II./ Rechtzeitigkeit:

Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 20.11.2017, ****, ist dem Beschwerdeführer am 28.11.2017 zugestellt worden, weshalb die vierwöchige Beschwerdefrist noch offen ist; die vorliegende Beschwerde ist sohin rechtzeitig.

III./ Begründung:

Die Behörde hat dem Beschwerdeführer mit dem bekämpften Bescheid die Lenkberechtigung für sämtliche Klassen für einen Zeitraum von 6 Monaten ab Zustellung dieses Bescheides entzogen.

Diese Entscheidung ist unrichtig, rechtswidrig und korrekturbedürftig.

Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen sind einem Besitzer von Lenkberechtigungen diese nur zu entziehen, wenn die Voraussetzungen für diese nicht mehr erfüllt werden. Eine Voraussetzung ist die Verkehrszuverlässigkeit, aber bei einem Besitzer von Lenkberechtigungen ist die Verkehrszuverlässigkeit anzunehmen, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen und ihrer Wertung angenommen werden muss, dass er wegen seiner Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährdet oder mit dem Betrieb des Kraftfahrzeuges strafbare Handlungen setzt.

Die Behörde hat ihren bescheidmäßigen Spruch mit einer Sachverhaltsdarstellung und einem Hinweis auf gesetzliche Bestimmungen nicht ausreichend begründet, weil die Subsumtion völlig unterlassen worden ist. Es ist nicht verständlich, aufgrund welchen bestimmten Verhaltens und welcher gesetzlichen Bestimmung die Behörde so entschieden hat, wie sie entschieden hat. Im Ergebnis kann nur vermutet werden, welches in der Sachverhaltsdarstellung enthaltene vorgebliche Verhalten des

Beschwerdeführers unter die gesetzlichen Bestimmungen bzw. unter welche gesetzlichen Bestimmungen subsumiert worden ist und im Ergebnis ist der vorliegende Bescheid sohin so unzureichend begründet, dass er der Prüfung durch den Beschwerdeführer für ein faires Verfahren bzw. ausreichenden Rechtsschutz nicht ausreichend zugänglich ist. Aufgrund der Begründungsmängel ist der vorliegende Bescheid auch einer nachprüfenden Kontrolle durch das zuständige Landesverwaltungsgericht nicht ausreichend zugänglich, weshalb der vorliegende Bescheid jedenfalls aufzuheben und die Verwaltungsrechtssache zur Verfahrensergänzung an die Behörde zurückzuverweisen ist.

Die Behörde verweist in ihrer Begründung auf das Gutachten einer sachverständigen Amtsärztin, der Beschwerdeführer sei im „Lenkzeitpunkt“ 1,87 Promille alkoholisiert gewesen und abgesehen davon, dass es nicht verständlich ist, in welchem Zeitpunkt der Beschwerdeführer nach Ansicht der sachverständigen Amtsärztin bzw. der Behörde betrunken gefahren sein soll, hat die sachverständige Amtsärztin den 1,87 Promille-Alkoholgehalt im Blut ausgehend von dem Ergebnis des nicht geeichten Vortestgerätes errechnet. Das Vortestgerät war nicht ordnungsgemäß geeicht, weshalb das Ergebnis kein taugliches Beweismittel ist. Dieses Ergebnis muss unberücksichtigt bleiben und daher auch das Gutachten der sachverständigen Amtsärztin, die dieses untaugliche Beweismittel in ihrem Gutachten berücksichtigt hat.

Tatsächlich hat der Beschwerdeführer am 08.04.2017 zu keiner Zeit ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkoholisierung beeinträchtigten Zustand betrieben.

Das Ergebnis der Untersuchung seiner Atemluft am 09.04.2017 um 9:41 Uhr ist die Folge eines Nachtrunks, auf den der Beschwerdeführer auch schon im bisherigen Verfahren hingewiesen hat.

Tatsächlich war es am 08.04.2017 so, dass der Beschwerdeführer mit Herrn CC da und dort einiges getrunken hat, der Beschwerdeführer war aber trotz seiner Alkoholisierung noch so einsichtig, dass er mit dem Kraftfahrzeug seiner Mutter in seinem betrunkenen Zustand nicht mehr fahren wollte, weshalb er Herrn CC darum ersucht hat, das Kraftfahrzeug zu fahren. Er ist nur daneben gesessen. Diese Tatsache ist von Herrn CC bei seiner Vernehmung als Angeklagter vor dem Landesgericht Innsbruck im Verfahren 36Hv99/17m am 03.10.2017 bestätigt worden. „An dem Abend war es so, dass ich mit dem Tobias ausgegangen bin und er bat mich, mit dem Auto zu fahren, weil der angetrunken sei. Darum fuhr an dem ganzen Abend ich mit dem Auto. “

Tatsächlich war es nicht so, dass der Beschwerdeführer, als die beiden am Wohnort des Beschwerdeführers angelangt waren, Herrn CC die Schlüssel für das Kraftfahrzeug übergeben und ihm erlaubt hat, ohne ihn weiter mit dem Kraftfahrzeug zu fahren. Dass Herr CC den Beschwerdeführer die „Autoschlüssel unter einem Vorwand entlockte“ ist auch durch den bedingten Zahlungsbefehl des Bezirksgerichtes Z vom 22.06.2017, 2C 377/17m schon rechtskräftig festgestellt worden.

Im Ergebnis hat der Beschwerdeführer an diesem Abend einiges alkoholisches getrunken, aber in diesem betrunkenen Zustand hat er nie ein Kraftfahrzeug gelenkt und er hat auch nicht Herrn CC erlaubt, ohne seine Aufsicht mit dem Kraftfahrzeug irgendwie bzw. irgendwohin zu fahren. Im Ergebnis ist die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit (!) beim Beschwerdeführer abwegig, denn es sind überhaupt keine bestimmten Tatsachen erwiesen, die drauf hinweisen würden, dass der Beschwerdeführer im öffentlichen Straßenverkehr irgendwie gefährlich sei, insbesondere war es entgegen der Ansicht der Behörde nicht so, dass er am 08.04.2017 ein Kraftfahrzeug im betrunkenen Zustande gefahren hat. Aus den erwiesenen Tatsachen ergibt sich vielmehr, dass der Beschwerdeführer ebenso einsichtig und zuverlässig ist, dass er davon absieht, im angetrunkenen Zustande ein Kraftfahrzeug zu fahren.

Im Endergebnis ist der vorliegende Bescheid formell und materiell unrichtig, rechtswidrig und korrekturbedürftig.

Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass die Anordnung der Teilnahme an einer Nachschulung als begleitende Maßnahme völlig unbegründet geblieben ist, denn die Behörde hat es diesbezüglich sogar unterlassen, kursorisch festzustellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für diese Anordnung erfüllt seien.

Die bescheidmäßige Verfügung ist sowieso ohne gesetzliche Grundlage erfolgt.

Beweis:

Gutachten eines Sachverständigen aus dem Fachbereich der Allgemeinmedizin (Labor)

Bedingter Zahlungsbefehl Bezirksgericht Z vom 22.06.2017, 2C 377/17m

Verhandlungsmitschrift zur Hauptverhandlung und gekürzte Urteilsausfertigung zu 36Hv99/17m

PV

Es wird sohin gestellt nachstehender

Antrag:

Das Landesverwaltungsgericht Tirol wolle den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 20.11.2017, **** aufheben und die Verwaltungsrechtssache zur Verfahrensergänzung an die Behörde zurückverweisen, eventualiter in der Sache selbst erkennen und das Verfahren einstellen.“

Aufgrund dieser Beschwerde wurde der behördliche Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorgelegt.

Zur Sachverhaltsfeststellung wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt sowie in den vom Landesverwaltungsgericht Tirol bei der Bezirkshauptmannschaft Z eingeholten Verwaltungsstrafakt, ****, betreffend den Beschwerdeführer AA. Schließlich wurde Einsicht genommen in das Email-Schreiben der belangten Behörde vom 19.06.2018.

II.      Sachverhalt und Rechtliche Beurteilung:

In der dem Verwaltungsstrafverfahren der BH Z, ****, zugrunde liegenden Anzeige der Polizeiinspektion Z, GZ ****, ist unter der Rubrik Übertretung 6 ausgeführt, dass der Beschwerdeführer AA am 08.04.2017 um 18.30 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen XXXXX im Gemeindegebiet von Z von Y nach Z in einem durch Alkohol beeinträchtigen Zustand gelenkt habe. Der Test am geeichten Alkomaten habe einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,65 mg/l (1,3 Promille) ergeben.

Anlässlich der Anhaltung durch den kontrollierenden Beamten Revierinspektor DD gab der Beschwerdeführer an, einen Nachtrunk von zwei Bier getätigt zu haben.

In ihrem Gutachten vom 20.11.2017 kam die Amtsärztin der belangten Behörde EE zum Ergebnis, dass – unter Berücksichtigung des vom Beschwerdeführer angegebenen Nachtrunkes – beim Beschwerdeführer eine Alkoholisierung von 1,87  Promille zum Lenkzeitpunkt vorgelegen habe. Es wurde daraufhin der nunmehr angefochtene Bescheid erlassen.

Festgehalten wird, dass dem Beschwerdeführer mit obgenannter Anzeige weitere Übertretungen vorgeworfen wurden. Die diesen Übertretungen zugrunde liegenden Handlungen waren zumindest (auch) teilweise und insbesondere auch gegen den Beihilfetäter CC beim Landesgericht X anhängig.

Mit Urteil des LG X vom 28.02.2018 wurde der Beschwerdeführer AA für schuldig erkannt, dass er am 03.10.2017 in X vor Gericht, nämlich im Verfahren 36Hv 99/17m des Landesgerichtes Innsbruck durch die sinngemäße Aussage, dass CC in Z am 08.04.2017 mit dem PKW mit dem amtlichen Kennzeichen XXXXX gefahren sei, falsch ausgesagt hat. Er wurde deswegen wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt.

Aufgrund der Ermittlungsergebnisse in diesem Verfahren konnte dem Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung, er habe am 08.04.2017 um 18.30 Uhr in Z, den PKW mit dem Kennzeichen XXXXX in einem durch Alkohol beeinträchtigen Zustand gelenkt, wobei der Test am geeichten Alkomaten einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,65 ml/l (1,3 Promille) ergeben habe, nicht mit der für eine Bestrafung erforderlichen hundertprozentigen Sicherheit nachgewiesen werden. Es wurde deswegen das Verwaltungsstrafverfahren in diesem Punkt gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG von der belangten Behörde eingestellt.

Aufgrund dieser Einstellung war daher der angefochtenen Entziehungsbescheid der belangten Behörde dem das Lenken des PKW mit dem Kennzeichen XXXXX durch den Beschwerdeführer am 08.04.2017 um 18.30 Uhr in alkoholisiertem Zustand zugrunde liegt, zu beheben und spruchgemäß zu entscheiden.

III.     Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag.a Dr.in Strele

(Richterin)

Schlagworte

Entziehung der Lenkerberechtigung ; Alkoholisierung; Nachtrunk

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.13.2895.4

Zuletzt aktualisiert am

27.07.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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