TE Vwgh Beschluss 2018/7/2 Ra 2017/12/0137

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Veröffentlicht am 02.07.2018
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Index

64/05 Sonstiges besonderes Dienstrecht und Besoldungsrecht;

Norm

RStDG §174 Abs1;
RStDG §2;
RStDG §26 Abs1 Z3;
RStDG §26;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision der Mag. Dr. M P in W, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Mai 2017, Zl. W122 2121902-1/3 E, betreffend Besoldungsdienstalter (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesminister für Justiz; nunmehr Bundeminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin wurde mit Wirksamkeit vom 1. September 2012 zur Richteramtsanwärterin ernannt, wodurch erstmals ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zum Bund begründet wurde.

2 Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien vom 22. Jänner 2015 wurde der Vorrückungsstichtag der Revisionswerberin festgesetzt.

3 Mit Wirksamkeit vom 1. April 2015 wurde die Revisionswerberin zur Staatsanwältin ernannt.

4 Mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 31. Dezember 2015 wurden der Revisionswerberin gemäß § 12 Abs. 5 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 (im Folgenden: GehG), 5 Jahre 6 Monate und 6 Tage als für die Vorrückung wirksame Dienstzeit bei Ermittlung der Einstufung angerechnet. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren wurde abgewiesen.

5 In ihrer gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde führte die Revisionswerberin u.a. aus, die Nichtanrechnung von über die Dauer von fünf Monaten hinausgehenden Zeiten der Beschäftigung als Rechtspraktikantin sei gleichheitswidrig und altersdiskriminierend. Es würden bereits angerechnete Vordienstzeiten nicht mehr anerkannt. Es liege zudem insofern eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vor, als sich die Revisionswerberin vom 9. Februar 2014 bis zum 6. April 2014 im Mutterschutz und daran anschließend bis 30. November 2014 in Mutterschaftskarenz befunden habe. Der Stichtag zur frühestmöglichen Ernennung zur Staatsanwältin bzw. Richterin habe sich dadurch von dem ursprünglich für den 1. August 2014 vorgesehenen Termin auf den 19. März 2015 verschoben. Die Revisionswerberin sei daher ausschließlich aufgrund der Mutterschaftskarenz erst nach dem 12. Februar 2015 zur Staatsanwältin ernannt worden und habe aus diesem Grund die sich aus der Besoldungsreform 2015 für sie ergebenden besoldungsrechtlichen Nachteile zu tragen.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerberin gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG in Verbindung mit § 12 GehG ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Gericht für nicht zulässig.

7 Begründend hielt das Gericht fest, die Revisionswerberin sei zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Besoldungsreform 2015 (Stichtag: 11. Februar 2015) als Richteramtsanwärterin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund gestanden. Da sie ein Fixgehalt bezogen habe, sei der für sie errechnete Vorrückungsstichtag für ihr Monatsentgelt nicht maßgebend gewesen. Es sei daher gemäß § 169d Abs. 6 dritter Satz GehG ihr Besoldungsdienstalter nach den Bestimmungen des § 12 GehG wie bei erstmaliger Begründung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zum Bund festzusetzen. Der Bescheid, mit dem der Vorrückungsstichtag der Revisionswerberin erstmals festgesetzt worden sei, entfalte aufgrund der mittlerweile eingetretenen maßgeblichen Änderung der Rechtslage keine Bindungswirkung. Das Bundesverwaltungsgericht teilte die von der Revisionswerberin geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken betreffend § 12 Abs. 3 GehG nicht. Hinsichtlich der von der Revisionswerberin ins Treffen geführten "Zusatzausbildungen" hielt das Verwaltungsgericht fest, dass nach dem klaren Wortlaut des § 12 Abs. 3 GehG Ausbildungszeiten nicht anzurechnen seien.

8 Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 22. September 2017, E 2069/2017-6, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ablehnte. Begründend führte der Verfassungsgerichtshof in dem genannten Ablehnungsbeschluss auszugsweise aus:

"...Vor dem Hintergrund des vorliegenden Beschwerdefalls hegt der Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf die in §§ 2 und 26 Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz normierten Ernennungsvoraussetzungen keine verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der angewendeten Bestimmung des § 211b Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz iVm § 5 Abs. 2 Rechtspraktikantengesetz iVm § 12 Abs. 3 Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 54 idF BGBl. I Nr. 64/2016. ..."

9 Mit Beschluss vom 7. November 2017, E 2069/2017-8, trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde der Revisionswerberin über deren nachträglichen Antrag gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof ab.

10 In der vorliegenden außerordentlichen Revision werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verbunden mit dem Antrag geltend gemacht, der Verwaltungsgerichtshof möge aus diesen Gründen in der Sache entscheiden, hilfsweise das angefochtene Erkenntnis aufheben.

11 Zur Zulässigkeit macht die Revision geltend, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich mit "Geschlechterdiskriminierung iVm der Bundesbesoldungsreform 2015" beschäftige. Der zuletzt genannten Fragestellung, mit der sich das Verwaltungsgericht nicht auseinander gesetzt habe, komme fallbezogen insofern Bedeutung zu, als sich infolge von Zeiten des Mutterschutzes und der Mutterschaftskarenz der Ernennungsstichtag der Revisionswerberin vom 1. August 2014 auf den 19. März 2015 verschoben habe und vor diesem Hintergrund im Ergebnis durch die vom Gericht zur Anwendung gebrachten Vorschriften eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes vorliege. Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision im Sinne von Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht dargetan.

12 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

14 Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

15 Die Revisionswerberin erachtet - wie sich des Näheren aus der Begründung der Revision ergibt - die vom Verwaltungsgericht angewendeten "Überleitungsbestimmungen der Besoldungsreform 2015" (§ 169c GehG in Verbindung mit § 211a RStDG) als gegen die Richtlinien 79/7/EWG und 2006/54/EG verstoßend, weil fallbezogen eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes vorliege. Dem ist Folgendes zu erwidern:

16 Die Erfüllung der Ernennungsvoraussetzungen im Sinne von §§ 2 und 26 Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, BGBl. Nr. 305/1961 (RStDG), ist unabhängig davon zu beurteilen, aus welchen Gründen diese Voraussetzungen erfüllt oder gegebenenfalls (noch) nicht erfüllt wurden.

17 Die Revisionswerberin vertritt die Rechtsauffassung, es liege eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vor, weil die genannten Voraussetzungen von Männern, die durch Zeiten der nach dem Mutterschutzgesetz 1979, BGBl. Nr. 221, vorgesehenen Beschäftigungsverbote nicht und unter Zugrundelegung einer lebensnahen Betrachtungsweise durch Zeiten der Elternkarenz erheblich weniger als Frauen in ihrer beruflichen Entwicklung eingeschränkt seien, üblicherweise früher, nämlich mit Blick auf die vorliegende Konstellation vor dem 11. Februar 2015, erbracht würden.

18 Damit verkennt sie, dass die (soweit die Revision dies erkennen lässt) in Rede stehenden Zeiten der Rechtspraxis im Sinne von § 26 Abs. 1 Z 3 RStDG der Herstellung der Erfüllung der Voraussetzungen für die Ernennung zur Richterin und damit (vgl. § 26 Abs. 1 Z 3 in Verbindung mit § 174 Abs. 1 RStDG) zur Staatsanwältin dienten, weshalb alle Staatsanwältinnen und Staatsanwälte - unabhängig vom Geschlecht - diese Zeiten beziehungsweise diese Ausbildung bei ihrer Ernennung aufzuweisen haben (vgl. in Ansehung der Nichtberücksichtigung der Zeiten eines Hochschulstudiums, die unabhängig von dem Zeitpunkt Platz greift, zu welchem diese Zeiten erworben wurden, als Folge des "Überstellungsverlustes" VwGH 1.7.2015, Ro 2014/12/0055; hinsichtlich der Nichtanrechnung von Zeiten der Gerichtspraxis siehe VwGH 27.6.2017, Ra 2017/12/0042).

19 Das Vorbringen der Revisionswerberin zielt darauf ab, dass für sie eine Schlechterstellung daraus resultiere, dass sie bei diskriminierungsfreier Anwendung innerstaatlicher Bestimmungen bereits zu einem früheren Zeitpunkt zur Staatsanwältin hätte ernannt werden müssen bzw. können. Diesbezüglich ist darauf zu verweisen, dass Ansprüche aus einer Diskriminierung wegen des Geschlechts beim beruflichen Aufstieg (hier: bei der Ernennung zur Staatsanwältin) gemäß § 18a Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, BGBl. Nr. 100/1993 (B-GlBG), geltend zu machen wären. Dies hätte jedenfalls auch eine frühere Bewerbung der Revisionswerberin auf eine freie Planstelle einer Staatsanwältin vorausgesetzt, wobei es ihr frei gestanden wäre, im Falle der Nichternennung allfällige wegen rechtswidriger Nichtbeachtung des Anwendungsvorrangs unionsrechtlicher Bestimmungen behauptete Ansprüche (zu welchen dann auch allfällige Gehaltsdifferenzen infolge der aus einer erst nach dem 11. Februar 2015 erfolgten Ernennung resultierenden Anwendung von Neurecht auf die gehaltsrechtliche Laufbahn der Revisionswerberin zählten) nach der zuletzt genannten Vorschrift des B-GlBG geltend zu machen.

20 Die von der Revisionswerberin gerügte Unionsrechtswidrigkeit liegt vor diesem Hintergrund offenkundig nicht vor.

21 Da es der Revision somit nicht gelingt, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen, war sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 2. Juli 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017120137.L00

Im RIS seit

27.07.2018

Zuletzt aktualisiert am

27.08.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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