Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner (Dreiersenat gemäß § 7 Abs 1 Z 2 OGHG), in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. ***** R*****, vertreten durch Hengstschläger Lindner Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen die beklagte Partei Mag. ***** F*****, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Dr. Josef Broinger ua, Rechtsanwälte in Linz, wegen Ehescheidung, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 14. März 2018, GZ 12 Nc 4/18f-5, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 418,78 EUR (69,80 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen.
Text
Begründung:
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Oberlandesgericht Linz die Anträge auf Feststellung der Ausgeschlossenheit, in eventu der Befangenheit der Präsidentin und des Vizepräsidenten des Landesgerichts ***** wegen bereits rechtskräftig festgestellter Befangenheit als unzulässig zurück, stellte die Befangenheit des Richters des Landesgerichts ***** Mag. ***** fest, hob den Beschluss des Landesgerichts ***** als Rekursgericht vom 24. 1. 2018 als nichtig auf und bestimmte gemäß § 30 JN zur Entscheidung über den bezughabenden Rekurs des Klägers das Landesgericht *****.
Nur gegen diese Zuweisung der Rechtssache an das Landesgericht ***** richtet sich der Rekurs des Klägers, mit dem er stattdessen die Delegierung des Verfahrens an das Landesgericht *****, in eventu an das Landesgericht *****, in eventu an das Landesgericht ***** beantragt.
Die Beklagte beantragt, den Rekurs des Klägers kostenpflichtig abzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
1. Der Rekurs des Klägers ist ungeachtet der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zulässig, weil die Entscheidung in Wahrnehmung einer erstinstanzlichen Funktion erging und kein Fall des § 517 ZPO vorliegt (3 Ob 117/05k mwN; RIS-Justiz RS0116349; RS0106758 ua). Er ist jedoch nicht berechtigt.
2. Der Kläger erachtet die Delegation an das Landesgericht ***** als unzweckmäßig, weil es sich um ein Gericht handle, „das die in Art 6 EMRK verankerten Rechte nicht gewährleiste“. Keiner der angeführten Delegierungsgründe spreche für das Landesgericht *****; jedes andere Rechtsmittelgericht im Sprengel des Oberlandesgerichts *****könne gleich rasch und zu gleichen Kosten entscheiden. Dafür brachte der Kläger anhand von drei näher dargelegten Umständen vor, das Landesgericht ***** habe als Berufungsgericht im Scheidungsverfahren unrichtige Tatsachenfeststellungen bestätigt, die seinen Prozessbehauptungen zuwiderliefen und auf mangelnder Auseinandersetzung mit seiner Berufung beruhten. Es habe von der Gegenseite zugestandene Tatsachen, Urkunden und Lichtbilder nicht gewürdigt und seiner Aussage keine Beachtung geschenkt. Er verstehe auch die Ausführungen des Berufungsgerichts (bezüglich Ablebensversicherung) nicht. Seine Ausführungen seien bereits aus der Aktenlage (beantragte Beischaffung des Aktes ***** des Bezirksgerichts *****) ableitbar. Sollte er die dargelegten Umstände nicht im Rekurs geltend machen können, liege ein Verfahrensfehler und die Verletzung seines rechtlichen Gehörs vor.
Dazu war Folgendes zu erwägen:
Gemäß § 30 JN hat ein Gericht dann, wenn es aus einem der im § 19 JN vorgesehenen Gründe an der Ausübung der Gerichtsbarkeit gehindert ist, diese Behinderung dem im Instanzenzug übergeordneten Gerichte anzuzeigen. Dieses hat sodann ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache zu bestimmen.
Die Wahrnehmung der Delegation gemäß § 30 JN erfolgt von Amts wegen. Liegen die Voraussetzungen für eine Ausgeschlossenheit des Gerichts vor, hat das betroffene Gericht durch seinen Vorsteher diesen Umstand dem im Instanzenzug übergeordneten Gericht anzuzeigen, das sowohl über die Befangenheit zu befinden als auch unter Umständen ein anderes Gericht zu bestimmen hat (Schneider in Fasching/Konecny, ZPG I3 § 30 JN Rz 14 mwN). Bei der notwendigen Delegation ist nach den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis vorzugehen (Schneider aaO Rz 18 mwN; Mayr in Rechberger, ZPO4 § 30 JN Rz 2; 10 Nc 12/11p ua). Das wird im Fall eines vereinbarten Gerichtsstands bzw Wahlgerichtsstands häufig der allgemeine Gerichtsstand sein. Andernfalls bietet sich in der Regel das nächstgelegene Gericht als zweckmäßig an (s Schneider aaO Rz 18; 8 Nc 11/08x; 10 Nc 12/11p). Ein Delegierungsantrag kann aber nicht auf Ablehnungsgründe, das Vorliegen von ungünstigen oder unrichtigen Entscheidungen oder auf Verfahrensverstöße des bisher zuständigen Gerichts gestützt werden (RIS-Justiz RS0114309).
Die Voraussetzungen der Delegation bestreitet der Kläger zu Recht nicht. Die von ihm vorgebrachten
– allesamt inhaltlich dem Scheidungsverfahren
zuzuordnenden – Argumente sind für die hier allein interessierende Frage der Wahl des Delegierungsgerichts ohne Relevanz. Insbesondere sind die von ihm geltend gemachten vermeintlichen Mängel des Berufungsverfahrens des Landesgerichts ***** nicht geeignet, diesem seine Funktion als Delegierungsgericht abzusprechen. Hier legt nicht nur die geografische Nähe, sondern auch die Vorbefassung des Landesgerichts ***** mit dem gegenständlichen Scheidungsverfahren die Zweckmäßigkeit einer Delegierung an dieses Gericht nahe. Eine Delegierung aus Ablehnungsgründen, wegen ungünstiger oder unrichtiger Entscheidungen oder wegen Verfahrensverstößen kommt, wie dargelegt, nicht in Betracht. Dem Rekurs ist daher keine Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung in diesem Zwischenstreit gründet sich auf § 52 Abs 1 letzter Satz iVm § 41 Abs 1 ZPO (s RIS-Justiz RS0126588).
Textnummer
E122220European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0090OB00036.18M.0628.000Im RIS seit
27.07.2018Zuletzt aktualisiert am
05.11.2018