TE Lvwg Erkenntnis 2018/6/14 VGW-141/025/9568/2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.06.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

14.06.2018

Index

L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Wien

Norm

WMG §24 Abs2
WMG §24 Abs4
WMG §24 Abs6

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Frey über die Beschwerde des Herrn W. H., vertreten durch Rechtsanwälte, vom 19.06.2017 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40 - Stabsstelle Finanzen und Controlling, vom 19.05.2017, Zl. ..., betreffend Ersatz der aufgewendeten Kosten gemäß § 24 WMG nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 06.06.2018

zu Recht e r k a n n t und verkündet:

Der Beschwerde wird insofern Folge geben, als der im angefochtenen Bescheid angeführte Zeitraum „05.02.2009 bis 19.10.2016“ auf „05.02.2009 bis 31.03.2012“ eingeschränkt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Spruch des angefochtenen Bescheides hat folgenden Wortlaut:

„Sie sind verpflichtet binnen 2 Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides die für den Zeitraum von 05.02.2009 bis 19.10.2016 aufgewendeten Kosten für die Leistungen der Mindestsicherung in der Höhe von EUR **.***,** zu ersetzen.

Sie werden ersucht, den Betrag von EUR **.***,** fristgerecht auf das Konto der Stadt Wien bei der UniCredit Bank Austria AG, lautend auf „Stadt Wien, MA 6 – BA 14“, IBAN: AT381200051428014329, unter Anführung Ihres Namens und der PersID: ... im Feld Verwendungszweck zu überweisen.

Rechtsgrundlage:

§ 24 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG) in der geltenden Fassung.“

 

Begründend führt die Verwaltungsbehörde – nach Wiedergabe einschlägiger Bestimmungen – aus:

„Das Ermittlungsverfahren hat Folgendes ergeben:

Der verstorbenen A. H. wurden von 05.02.2009 bis 19.10.2016 Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zuerkannt. Dadurch sind dem Land Wien als Träger der Bedarfsorientierten Mindestsicherung in den letzten zehn Jahren der Hilfegewährung Kosten in der Höhe von EUR **.***,** entstanden. Der Kostenersatzanspruch wurde im Verlassenschaftsverfahren als Forderung gegen den Nachlass bzw. die erbserklärten Erbinnen und Erben angemeldet und findet in der Höhe von EUR **.***,** im Nachlass Deckung.

Sie waren daher zum Kostenersatz in der Höhe von EUR **.***,** zu verpflichten.“

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht:

„Frau A. H. war meine Schwester.

Aufgrund des Gesundheitszustandes meiner Schwester wurde dieser ein Sachwalter beigegeben. Sachwalter war Herr Dr. B., Rechtsanwalt in Wien.

Nach dem Ableben meiner Schwester habe ich versucht, entsprechende Informationen von Dr. B. zu erhalten.

Dieser hat mit E-Mail vom 25.04.2017 Nachstehendes mitgeteilt:

Sie war lange Zeit einkommenslos. Ich konnte für sie die Zuerkennung von Sozialhilfe erwirken. In der Folge habe ich erfahren, dass sie Eigentümerin einer Liegenschaft ist. Diese wurde in der Folge verkauft. Infolge dieses Vermögens hatte sie keinen Anspruch auf Gewährung von Sozialhilfe, weshalb ich keine Verlängerung beantragt habe. Die Forderung der MA 40 (der Sozialhilfeanspruch endete im März 2012) dürfte aus diesem Titel stammen.

Es kann sohin nicht richtig sein, dass noch Leistungen der Mindestsicherung bis 19.10.2016 aufgewendet wurden.

In dem angefochtenen Bescheid wird auch überhaupt nicht begründet, wie sich der von mir geforderte Betrag von EUR **.***,** zusammensetzt, insbesondere welche Teilbeträge auf welche Zeiträume fallen.

Bereits dies stellt einen erheblichen Begründungsmangel und sohin Verfahrensmangel dar.

Wie dies aus der Mitteilung des Sachwalters vom 25.04.2017 hervorgeht, hat meine Schwester Vermögen erlangt.

Gemäß § 24 Abs. 2 WMG wäre die Behörde sohin verpflichtet gewesen, bereits meine Schwester aufgrund des erlangten Vermögens für die Rückzahlung heranzuziehen. Hierdurch hätte sich auch ein allfälliger Haftungsbetrag für mich natürlich verringert. Durch diese Inanspruchnahme gemäß § 24 Abs. 2 hätte sich meine Inanspruchnahme überhaupt erübrigt.

Es ist sohin zur Gänze rechtswidrig, nunmehr mich für die Haftung heranzuziehen.“

In seiner Stellungnahme vom 27.02.2018 ergänzte der Beschwerdeführer:

„Es wird abermals ausdrücklich die Verjährung eingewendet.

Gemäß § 24 Abs. 6 WMG verjährt der Kostenersatzanspruch des Trägers der Wiener Mindestsicherung drei Jahre nach Kenntnis der Umstände, die die Ersatzpflicht begründen.

Nachdem meine Schwester ab April 2012 durch ihren Sachwalter keine bedarfsorientierte Mindestsicherung mehr beantragt hat. Die letzte Zahlung ist gemäß der übermittelten Aufstellung am 01.03.2012 erfolgt, hätte dies der Behörde auffallen müssen und hätte die Behörde überprüfen müssen, ob eventuell Vermögen hervorgekommen ist, um etwaige Ersatzansprüche geltend zu machen.

Dies wurde durch die Behörde jedoch unterlassen. Die geltend gemachten Forderungen sind sohin verjährt.“

Der Magistrat der Stadt Wien (MA 40) als Verfahrenspartei entgegnete in seiner Stellungnahme vom 29.11.2017 Folgendes:

„Im Bescheid Zl. ... vom 19.05.2017 ist zwar der Zeitraum von 05.02.1009 bis 19.10.2016 (Sterbedatum) angeführt, die letzte Leistung erfolgte jedoch für März 2012, wie sie der beigefügten Aufstellung der aufgewendeten Leistungen entnehmen können, findet sich auch keine Zahlung nach dem 31.03.2012 wieder. Der Betrag von **.***,** setzt sich aus erfolgten Leistungen (Lebensbedarf, Dauerleistung und dessen Sonderzahlung, Übernahme von Energierückständen und WGKK Versicherungsbeiträge), die im Zeitraum von 05.02.2009 bis 31.03.2012 aufgewendet wurden.“

In seiner Stellungnahme vom 05.04.2018 ergänzte der Magistrat der Stadt Wien (MA 40):

„Gegenständlich handelt es sich um einen Kostenersatzanspruch gegen den erbserklärten Erben. Daher ist § 24 Abs. 4 WMG anzuwenden.

Der Kostenersatzanspruch gemäß § 24 Abs. 4 WMG ist ein originärer Anspruch gegen die erbserklärten Erbinnen und Erben, d.h. der Anspruch ent- und besteht unabhängig von einem Ersatzanspruch gegenüber der Hilfe empfangenden Person. Das Vorbringen des Sachwalters verfängt daher nicht.

Die Ersatzforderung gegen Erbinnen und Erben wird mit dem Tag des Todes fällig. Der Anspruch entsteht dem Grunde und der Höhe nach insoweit als Kosten in den letzten zehn Jahren der Hilfeleistung entstanden sind und die Zahlung aus dem Nachlass erlangt werden kann. Maßgeblich gemäß Abs. 4 ist lediglich, dass das Vermögen aus dem Nachlass erlangt wurde, sohin ehemaliges Vermögen der Hilfe empfangende Person war, das nach dem Tod in Bezug auf die verstorbene Hilfe empfangende Person jedenfalls als verwertbar anzusehen ist.

Die Einrede der Verjährung ist nicht berechtigt, da die Verjährung nach § 24 Abs. 6 WMG mit der Kenntnisnahme der MA 40 vom Einantwortungsbeschluss am 19.04.2017 begann, weil die MA 40 erst zu diesem Zeitpunkt von den nach § 24 Abs. 4 WMG maßgeblichen Umständen Kenntnis hatte.“

In der mündlichen Verhandlung ergänzte der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer sein Vorbringen wie folgt:

Verwiesen werde auf das Sozialversicherungszuordnungsgesetz, insbesondere dessen Verfassungsbestimmungen § 330a ASVG und § 707a Abs. 2 ASVG. Diese Bestimmungen seien auch auf anhänge Verfahren anwendbar. Es bestehe kein sachlicher Grund, zwischen Mindestsicherungsbeträgen, wie gegenständlich, und Leistungen in stationären Pflegeeinrichtungen zu unterscheiden. Aus diesem Grunde seien die geltend gemachten Rückforderungsansprüche nicht berechtigt. Auch bei den gegenständlichen Beträgen der Mindestsicherung handle es sich um Pflegekosten gemäß der zitierten Gesetzesbestimmung.

Zu den Beträgen könne nichts Näheres ausgeführt werden. Der Beschwerdeführer wisse dazu nichts.

Beantragt werde die Einvernahme des Zeugen Dr. B. zum Beweis dafür, dass nach dem März 2012 keine Auszahlungen an Mindestsicherung mehr vorgenommen wurden. Am Gesundheitszustand der Schwester des Beschwerdeführers habe sich nichts geändert. Ursächlich sei anscheinend gewesen, dass entsprechendes Vermögen hervorgekommen ist. Dies habe auch der beteiligten Behörde sohin zumindest etwa Mitte des Jahres 2012 bekannt sein müssen und sei die Behörde verpflichtet gewesen, bereits ab diesem Zeitpunkt Ersatzansprüche gegen die Schwester des Beschwerdeführers als Bezieherin der Beträge geltend zu machen. Dieser Zeitpunkt habe auch die dreijährige Verjährungsfrist des § 24 Abs. 6 WMG ausgelöst. Verwiesen werde diesbezüglich auch auf die beiden beispielsweise von der MA 40 vorgelegten Bescheide, die zu Handen des Sachwalters zugestellt worden seien. In diesen Bescheiden finde sich jeweils der Hinweis, dass Änderungen der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sofort gemeldet werden müssen. Der Sachwalter müsse gemäß seinen Pflichten die sofortige Meldung vorgenommen haben.

Eine Ersatzpflicht der Erben für eine bereits gegenüber der empfangenden Person verjährte Forderung könne nicht zulässig sein, da ansonsten es der Behörde jederzeit möglich wäre, ohne Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegenüber der empfangenden Person auch nach Ablauf der Verjährungsfrist nach § 24 Abs. 6 WMG dann gegen Erben vorzugehen.

Der Zeuge Dr. B. gab im Wesentlichen an:

Es seien Leistungen der Sozialhilfe an Frau A. H., deren Sachwalter er ab Dezember 2008 gewesen sei, im Zeitraum von Februar 2009 bis März 2012 ausgezahlt worden. Ob der Betrag in Höhe von **.***,** Euro den Tatsachen entspricht, könne er nicht sagen.

Das Pflegschaftsgericht habe offenbar die Grundbesitzverhältnisse nicht abgefragt. Irgendwann sei ein Nachbar gekommen und habe das Grundstück von Frau A. H. kaufen wollen. Erst dadurch habe er erfahren, dass sie überhaupt Eigentümerin des Grundstückes ist. Die Liegenschaft sei geschätzt und verkauft worden. Im Dezember 2011 habe er dem Sozialreferat geschrieben, dass er den Kaufpreis für das Grundstück erhalten habe, und habe um Abrechnung gebeten, dies zum Zweck der Rückzahlung. Zufällig sei die Dauerleistung zwei Monate später angelaufen, deren Verlängerung habe er nicht mehr beantragt. Ab diesem Zeitpunkt habe er für Frau H. eine Selbstversicherung abgeschlossen und sie habe vom Vermögen gelebt. Eine Antwort der MA 40 habe er nicht erhalten. Das Schreiben habe er eingescannt. Zur heutigen Verhandlung habe er es nicht mitgebracht. Seines Wissens habe sich an dem Gesundheitszustand der Frau H. nichts geändert.

Nach der Zeugeneinvernahme brachte der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer vor:

Beantragt werde, dem Zeugen möge aufgetragen werden, das Schreiben an die MA 40 vom Dezember 2011 vorzulegen. Dies zum Beweis dafür, dass der Behörde bereits mit Zustellung des Schreibens, somit Ende 2011, bekanntgegeben wurde, dass entsprechendes Vermögen hervorgekommen ist, und der Behörde sohin bereits seit diesem Zeitpunkt die Umstände bekannt waren, die die Ersatzpflicht begründen. In diesem Sinne werde auch das obige Vorbingen adaptiert, dass der Beginn der Verjährung Ende 2011 war.

Wenn der Anspruch gegen den Empfänger der Leistung verjährt ist, könne auch kein Anspruch mehr gegen Erben bestehen.

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens wird folgender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Die Schwester des Beschwerdeführers hat an Sozialhilfeleistungen von 05.02.2009 bis 31.03.2012 die Summe von **.***,** Euro erhalten.

Nach dem Tod der Schwester des Beschwerdeführers am 19.10.2016 hat die Behörde eine Kostenersatzforderung in Höhe dieses Betrages im Verlassenschaftsverfahren angemeldet. Aus dem Einantwortungsbeschluss vom 11.04.2017, der MA 40 zugestellt am 19.04.2017, geht hervor, dass die Verlassenschaft der Verstorbenen zur Gänze dem Beschwerdeführer eingeantwortet wurde. Nach Abzug der Passiva von den Aktiva beträgt das reine Nachlassvermögen laut Protokoll über die Verlassenschaftsabhandlung ***.***,** Euro. Die gegenständliche Forderung in Höhe von **.***,** Euro findet somit im reinen Nachlassvermögen in Höhe von ***.***,** Euro Deckung. Bereits aus dem Protokoll über die Verlassenschaftsabhandlung ist ersichtlich, dass die Behörde eine Forderung betreffend Sozialhilfe nur für den Zeitraum „02/09-03/12“ angemeldet hat.

Bei der Beweiswürdigung waren folgende Erwägungen maßgebend:

Mit Stellungnahme vom 29.11.2017 hat die Behörde eine Aufstellung vorgelegt, woraus sich Sozialhilfeleistungen an die Schwester des Beschwerdeführers für den Zeitraum von 05.02.2009 bis 31.03.2012 in Höhe von **.***,** Euro ergeben. Diese Aufstellung wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht und seitens des Beschwerdeführers nicht widerlegt. Sie erscheint nachvollziehbar und kann daher als taugliches Beweismittel angesehen werden, zumal der in dieser Aufstellung angegebene Zeitraum (der Auszahlung von Sozialhilfeleistungen) und der hier genannte Gesamtbetrag sich mit jenem Zeitraum und jenem Gesamtbetrag decken, die im Protokoll über die Verlassenschaftsabhandlung aufscheinen.

Dem Beweisantrag auf Beischaffung des Schreibens von Dr. B. an die MA 40 vom Dezember 2011 war keine Folge zu geben, da er für die Feststellung des relevanten Sachverhaltes bei der gegebenen Rechtslage nicht erforderlich erschien. Selbst wenn Dr. B. im Dezember 2011 der MA 40 mit einem Schreiben bekanntgegeben hat, dass die Schwester des Beschwerdeführers zu Vermögen gelangt ist, und die MA 40 somit Gelegenheit gehabt hätte, gegen die Schwester des Beschwerdeführers zu deren Lebzeiten einen Kostenersatzanspruch geltend zu machen, so ändert dies nichts daran, dass gegen den Erben des Vermögens mit dem Tag des Todes (§ 24 Abs. 4 WMG) ein eigenständiger Kostenersatzanspruch entsteht, dessen Verjährung aufgrund seiner Eigenständigkeit unabhängig von der Verjährung eines Kostenersatzanspruches gegen die Leistungsempfängerin eintritt.

Rechtlich ist der festgestellte Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG), LGBl. für Wien Nr. 38/2010, in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. für Wien Nr. 2/2018, haben (samt Überschrift) folgenden Wortlaut:

Kostenersatz bei Vermögen oder Einkommen, das nicht aus eigener Erwerbstätigkeit stammt

§ 24. (1) Für Kosten, die dem Land Wien als Träger der Mindestsicherung durch die Zuerkennung von Leistungen zur Mindestsicherung entstehen, ist dem Land Wien als Träger der Mindestsicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Ersatz zu leisten. Ein Anspruch auf Mindestsicherung schließt dabei einen Kostenersatzanspruch des Trägers der Wiener Mindestsicherung nicht aus.

(2) Ersatzpflichtig sind alle Personen, die Leistungen der Mindestsicherung bezogen haben, soweit sie nach Zuerkennung der Leistung zu Vermögen oder Einkommen, das nicht aus eigener Erwerbstätigkeit stammt, gelangen, unabhängig davon, ob sie Hilfe empfangen oder das Vermögen noch vorhanden ist. Es sind jene Kosten zu ersetzen, die dem Träger der Mindestsicherung durch Hilfegewährungen in den letzten drei Jahren der Hilfeleistung entstanden sind. Stichtag für die Berechnung der Frist ist der letzte Tag des Monats, in dem Leistungen an die Ersatzpflichtige oder den Ersatzpflichtigen geflossen sind.

(3) Über die Verpflichtung zum Kostenersatz ist mit Bescheid zu entscheiden. Die Behörde ist berechtigt, die Aufrechnung gegen Ansprüche auf Leistungen der Wiener Mindestsicherung zu verfügen.

(4) Ersatzpflichtig sind darüber hinaus die erbserklärten Erbinnen und Erben nach dem Tod der in Abs. 2 genannten Personen. Die Ersatzforderung wird mit dem Tag des Todes fällig. Soweit eine Zahlung aus dem Nachlass nicht erlangt werden kann, erlischt die Forderung. Weitere Ersatzforderungen gegen Erbinnen und Erben nach Einantwortung sind nicht zulässig. Es sind jene Kosten zu ersetzen, die dem Träger der Wiener Mindestsicherung durch Hilfegewährungen in den letzten zehn Jahren der Hilfeleistung entstanden sind. Stichtag für die Berechnung der Frist ist der letzte Tag des Jahres, in dem Leistungen an die Ersatzpflichtigen geflossen sind.

(5) Ersatz ist im Umfang der durch die Hilfegewährung an die Bedarfsgemeinschaft entstandenen Kosten zu leisten. Alle anspruchsberechtigten Personen, denen als Bedarfsgemeinschaft Hilfe zuerkannt wurde, sind solidarisch zum Ersatz der Kosten verpflichtet.

(6) Der Kostenersatzanspruch des Trägers der Wiener Mindestsicherung verjährt drei Jahre nach Kenntnis der Umstände, die die Ersatzpflicht begründen.

Inkrafttreten und Übergangsbestimmungen

§ 44. …

(7) Im Falle von Kostenersatzansprüchen des Trägers der Wiener Mindestsicherung sind die Bestimmungen des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG), Landesgesetzblatt für Wien Nr. 38/2010 in der Fassung Landesgesetzblatt für Wien Nr. 2/2018 anzuwenden, unabhängig davon in welchem Zeitraum die Kosten entstanden sind.

Der Ersatzanspruch gegen die Erben ist im § 24 WMG getrennt vom Ersatzanspruch gegen die Hilfe empfangende Person geregelt. Eine Verjährung des Ersatzanspruches gegen die Erben ist daher unabhängig von einer Verjährung des Ersatzanspruches gegen die Hilfe empfangende Person zu sehen, zumal der Ersatzanspruch gegen die Erben nicht schon mit jenem Zeitpunkt entsteht, zu dem die Hilfe empfangende Person zu Vermögen gelangt (§ 24 Abs. 2 WMG), sondern erst mit dem Tag des Todes der Hilfe empfangenden Person fällig wird (§ 24 Abs. 4 WMG), im vorliegenden Fall also mit 19.10.2016.

Selbst wenn die MA 40 Gelegenheit gehabt hätte, gegen die Schwester des Beschwerdeführers zu deren Lebzeiten einen Kostenersatzanspruch geltend zu machen, so ändert dies nichts daran, dass gegen den Erben des Vermögens mit dem Tag des Todes der Hilfe empfangenden Person (§ 24 Abs. 4 WMG) ein eigenständiger Kostenersatzanspruch entsteht, dessen Verjährung aufgrund seiner Eigenständigkeit unabhängig von der Verjährung eines Kostenersatzanspruches gegen die Leistungsempfängerin eintritt.

Die dreijährige Verjährungsfrist nach § 24 Abs. 6 WMG begann im vorliegenden Fall mit der Kenntnisnahme der Behörde vom Einantwortungsbeschluss vom 11.04.2017, also am 19.04.2017 mit dessen Zustellung, weil die Behörde erst zu diesem Zeitpunkt in Kenntnis aller Umstände war, die die Ersatzpflicht begründen, da der Behörde erst zu diesem Zeitpunkt bekannt war, an wen der Kostenersatzbescheid zu richten ist und ob die Kosten im Nachlass überhaupt Deckung finden.

Die Behörde hat innerhalb der Verjährungsfrist den mit 19.05.2017 datierten Kostenersatzbescheid zugestellt, nämlich am 24.05.2017. Sie hat damit gegenüber dem Ersatzpflichtigen, nämlich dem Erben, nach außen hin in Erscheinung tretendes amtswegiges Vorgehen gesetzt (vgl. VwGH 24.10.2017, Ra 2017/10/0143, 27.11.2012, 2012/10/0098).

Der letzte Tag des Jahres, in dem Leistungen der Mindestsicherung geflossen sind, war der 31.12.2012. Es sind daher gemäß § 24 Abs. 4 WMG jene Kosten zu ersetzen, die in den letzten zehn Jahren vor diesem Datum entstanden sind, also alle Kosten des gegenständlichen Zeitraumes von 05.02.2009 bis 31.03.2012, somit der Gesamtbetrag in Höhe von **.***,** Euro.

Die Einschränkung des im angefochtenen Bescheid angeführten Zeitraumes war vorzunehmen, da Leistungen nicht bis zum Tod der Leistungsempfängerin im Jahr 2016 (19.10.2016), sondern nur bis 31.03.2012 erbracht wurden.

Die Bestimmungen der §§ 330a ASVG und §§ 707a Abs. 2 ASVG kommen im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung, da es im vorliegenden Fall nicht um die Abdeckung von Pflegekosten für stationäre Pflege geht, sondern um Sozialhilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (wie die zitierte Judikatur zeigt). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche (über den Einzelfall hinausgehende) Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor (Rechtsfrage der Zulässigkeit einer Vorschreibung des Kostenersatzes für Leistungen der Mindestsicherung).

Schlagworte

Mindestsicherung; Kostenersatz; Vermögen, verwertbares; Vermögenswerte; Subsidiarität; Erbschaft; Verjährungsfrist; Einantwortungsbeschluss; Ersatzpflicht

Anmerkung

VwGH v. 24.10.2018, Ra 2018/10/0137; Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.141.025.9568.2017

Zuletzt aktualisiert am

16.11.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten