Entscheidungsdatum
05.06.2018Index
50/01 GewerbeordnungNorm
GewO 1994 §91 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hohenhorst über die Beschwerde der AA, Adresse 1, Z, und von BB, Adresse 1 Top 2, Z, beide vertreten durch die Rechtsanwälte CC, Adresse 2 , Y, vom 24.04.2018, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 26.03.2018, ****, betreffend Entziehung einer Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs 1 Z 3 GewO 1994,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit Aufforderung vom 15.11.2017 an die AA und Herrn BB forderte die Bezirkshauptmannschaft Y gemäß § 91 Abs 2 GewO die AA dazu auf, binnen acht Wochen Herrn BB aus seiner Funktion als unbeschränkt haftender Gesellschafter der AA zu entfernen, widrigenfalls das Verfahren zur Entziehung der Gewerbeberechtigung eingeleitet werde.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid entzieht die Bezirkshauptmannschaft Y der AA und somit Herrn BB gemäß § 87 Abs 1 Z 3 GewO 1994 die Gewerbeberechtigung zur Ausübung des „Gastgewerbe gemäß § 111 Abs 1 Z 1 bis 2 GewO 1994“ in der Betriebsart Gasthof für den Standort Z, Adresse 1. Begründet wird diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass BB eine Vielzahl von Verwaltungsstrafvormerkungen aufweise, die auf schwerwiegenden Verstößen gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen stünden. Damit sei die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr gegeben. Als gewerberechtlicher Geschäftsführer und unbeschränkt haftender Gesellschafter stehe ihm ein maßgeblicher Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte der AA zu.
Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde, in der die beiden Rechtsmittelwerber durch ihre Rechtsvertreter im Wesentlichen vorbringen, dass sich die Behörde in der Begründung auf 18 Übertretungen von Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit dem ausgeübten Gastgewerbe beziehe, ohne diese konkret zu benennen. Die Behörde stütze sich auch auf den Zeitraum von März bis November 2010, was nicht berechtige, darin eine mangelnde Zuverlässigkeit im Jahr 2018 zu begründen. Herr B sei stets bemüht gewesen, die Rechtsordnung der Gewerbeordnung und die im Zusammenhang mit dem Gastgewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen einzuhalten. Das Objekt X sei vor ca drei Jahren durch ein Hochwasser mit Schlamm vom daran vorbeiführenden Bach vermurt worden, sodass der gesamte Keller- und Küchenbereich überflutet wurde. Durch den Sturm sei auch der Dachstuhl des Gebäudes in Mitleidenschaft gezogen worden. Nachdem die Elementarschäden nicht versichert gewesen seien, hätte die Reparatur eine schwere finanzielle Hürde dargestellt. Es sei nach bestem Wissen und Gewissen versucht worden, diverse Versäumnisse in verschiedenen Bereichen nachzuholen, sodass in Zukunft von einer geordneten Geschäftsführung ausgegangen werden könne. Der erwähnte Bescheid hinsichtlich des Entzuges des Rechtes nach dem Abfallwirtschaftsgesetz stehe mit gegenständlichem Sachverhalt in keinem Zusammenhang. Die Betroffenen seien intensiv bemüht, den Stand der Technik und die geforderten Maßnahmen herzustellen; entsprechende Firmen seien mit der Ausführung beauftragt. BB sei überzeugt, dass in Zukunft keine Gründe mehr zur Beanstandung der Geschäftsführung gegeben sein werden und ersuche um Aufrechterhaltung der Gewerbeberechtigung. Zahlreiche Delikte stünden in keinstem Zusammenhang mit dem Betrieb des Gastgewerbebetriebes. Es werde deshalb die Einvernahme von drei Zeugen, die Einholung sämtlicher Strafakte, auf die die Erstbehörde ihren Entzug stütze, beantragt sowie ersatzlose Bescheidaufhebung.
II. Sachverhalt:
Unter Firmenbuchnummer **** ist die AA mit der Geschäftsanschrift Adresse 1, Z im Firmenbuch eingetragen. Der Geschäftszweig umfasst die Errichtung den Betrieb von Hotels, Bars, Restaurants und Gaststätten, Personenbeförderungstransporten und Gütertransporten, Handelsgewerbe, Erwerb und Betrieb von Vermietung und Verpachtung. Handelsrechtlicher Geschäftsführer ist BB, geboren **.**.****, der seit 02.02.2013 selbstständig vertritt. BB ist neben DD, geboren **.**.****, Gesellschafter.
Seit 05.08.2013 verfügt die AA über das reglementierte Gewerbe:
Gastgewerbe gemäß § 111 Abs 1 Z 1 bis 2 GewO 1994, in der Betriebsart „Gasthof“ am Standort Adresse 1, Z. Gewerberechtlicher Geschäftsführer ist seit 19.05.2015 BB.
Über BB scheint eine Vielzahl von Verwaltungsstrafvormerkungen aus verschiedenen Rechtsgebieten auf.
III. Beweiswürdigung:
Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Inhalt der Akten der Bezirkshauptmannschaft Y und des Landesverwaltungsgerichts Tirol.
IV. Rechtslage:
Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen der Gewerbeordnung maßgeblich:
„§ 87
(1) Die Gewerbeberechtigung ist von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn
…
3. der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt oder
(…)“
„§ 91
(1) Beziehen sich die im § 87 Abs. 1 Z 1, 3 und 4 oder im § 88 Abs. 1 genannten Entziehungsgründe auf die Person des Geschäftsführers oder Filialgeschäftsführers, so hat die Behörde (§ 361) die Bestellung des Geschäftsführers oder Filialgeschäftsführers für die Ausübung des Gewerbes zu widerrufen. In diesen Fällen gilt § 9 Abs. 2 nicht.
(2) Ist der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine eingetragene Personengesellschaft und beziehen sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe oder der in § 85 Z 2 angeführte Endigungsgrund sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, so hat die Behörde (§ 361) dem Gewerbetreibenden eine Frist bekanntzugeben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen.“
V. Erwägungen:
BB ist handelsrechtlicher und gewerberechtlicher Geschäftsführer sowie Gesellschafter der AA. Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung kennt keinen unbeschränkt haftenden Gesellschafter. Wie die Erstbehörde zur Auffassung gelangt ist, BB fungiere als unbeschränkt haftender Gesellschafter der AA, woraus ihm maßgeblicher Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte dieser GmbH zukomme, ist nicht nachvollziehbar. Die Erstbehörde stützt ihre Entscheidung auf § 87 Abs 1 Z 3 GewO, wonach die zur Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen der Gewerbeinhaber nicht mehr besitzt.
Mit Schreiben vom 15.11.2017 erließ die belangte Behörde eine Aufforderung iSd § 91 Abs 2 GewO an die AA und Herrn BB, wobei eine achtwöchige Frist zur Entfernung von BB aus seiner Funktion als unbeschränkt haftender Gesellschafter gesetzt wurde. Allein schon diese Aufforderung ist rechtlich völlig verfehlt, da eine GmbH keinen unbeschränkt haftenden Gesellschafter kennt.
Der bekämpfte Bescheid richtet sich einerseits an die AA und andererseits an Herrn BB persönlich. Gewerbetreibender ist die AA und nicht BB. Nach § 91 Abs 2 GewO hätte der Gewerbetreibende eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, innerhalb der von der Behörde bekanntgegebenen Frist zu entfernen. Demnach wäre Bescheidadressat in Bezug auf den Entzug der Gewerbeberechtigung nach dieser Gesetzesbestimmung lediglich die AA gewesen.
Allerdings erweist sich die Vorgehensweise iSd § 91 Abs 2 GewO als verfehlt. § 91 Abs 1 GewO besagt nämlich, dass wenn sich ein Entzugsgrund unter anderem nach § 87 Abs 1 Z 3 GewO auf die Person des Geschäftsführers bezieht, die Behörde die Bestellung des Geschäftsführers für die Ausübung des Gewerbes zu widerrufen hat. Wenn die Behörde die vielen Strafvormerkungen von Herrn BB zum Anlass für ihr Handeln genommen hat, so hätte sie in formeller Hinsicht den Weg nach § 91 Abs 1 GewO wählen müssen.
Eine Aufforderung iSd § 91 Abs 2 GewO darf sich nämlich nur auf solche Personen beziehen, die von Gewerbeinhaber selbst entfernt werden können, also nicht auf den gewerberechtlichen Geschäftsführer (VwGH 29.06.2005, 2005/04/0012).
Insgesamt erweist sich daher die von der belangten Behörde gewählte Vorgangsweise als rechtlich verfehlt, weshalb antragsgemäß der bekämpfte Bescheid wegen Rechtswidrigkeit zu beheben war.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Hohenhorst
(Richter)
Schlagworte
Wegfall der erforderlichen Zuverlässigkeit des GeschäftsführersEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.25.1160.1Zuletzt aktualisiert am
26.07.2018