TE Lvwg Erkenntnis 2018/6/12 LVwG-2018/40/0835-4

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Veröffentlicht am 12.06.2018
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Entscheidungsdatum

12.06.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §76 Abs2
AVG §76 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Piccolroaz über die Beschwerde der AA, des BB und der CC, allesamt vertreten durch DD, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 19.03.2018, Zl *****, betreffend die Vorschreibung von Sachverständigengebühren in einer Angelegenheit nach der Tiroler Bauordnung 2018,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang, entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 28.05.2010 wurde die Baubewilligung für den Neubau eines Wohnhauses mit vier Wohnungen und mit einer Tiefgarage, für die Errichtung von Stützmauern und eines Freischwimmbades auf Grundstück Nr.**1 KG Y erteilt.

Da keine Bauvollendungsmeldung abgegeben wurde, wurde seitens der belangten Behörde überprüft, ob das Bauvorhaben vollendet wurde bzw in welchem Bauzustand es sich damals befand. Da dafür Fragen zu klären waren, welche bautechnische Fachkenntnisse erforderten, bestellte der Bürgermeister der Gemeinde Y mit Bescheid vom 19.07.2017, *****, EE zum nichtamtlichen hochbautechnischen Sachverständigen der Gemeinde Y.

Am selben Tag fand ein Augenschein statt und erstattete der hochbautechnische Sachverständige EE am 30.07.2017 sein schriftliches Gutachten, in welchem er festhielt, dass der Neubau eines Wohnhauses mit vier Wohnungen und einer Tiefgarage nicht vollendet, mit der Errichtung von Stützmauern nicht begonnen worden und die Errichtung eines Freischwimmbades ebenfalls nicht vollendet sei.

Der hochbautechnische Sachverständige legte am 24.07.2017 seine Honorarnote gemäß Gebührenanspruchsgesetz samt Stundenaufstellung.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 01.09.2017, *****, wurden die Gebühren des Sachverständigen EE für seine Tätigkeit im Verfahren mit € 560,-- bestimmt. Davon wurden die nunmehrigen Beschwerdeführer sowie die FF GmbH informiert und ihnen die Gelegenheit gegeben, sich binnen zwei Wochen dazu zu äußern, was von den Beschwerdeführern nicht genützt wurde.

Die Sachverständigengebühren in Höhe von € 560,-- wurden am 27.07.2017 von der belangten Behörde zur Anweisung gebracht.

Mit angefochtenem Bescheid vom 19.03.2018, *****, wurden sowohl der FF GmbH als auch den Beschwerdeführern die entstandenen Gebühren des hochbautechnischen Sachverständigen in Höhe von € 560,-- vorgeschrieben.

In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde bringen die rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer im Wesentlichen zusammengefasst vor, dass die belangte Behörde übersehe, dass im Falle amtswegigen Vorgehens eine Ersatzpflicht für Barauslagen nur dann in Frage komme, wenn die Amtshandlung durch ein Verschulden der beteiligten Parteien herbeigeführt worden sei. Ein solches Verschulden sei von der Behörde weder festgestellt worden noch hätte es festgestellt werden können. Die Beschwerdeführer seien vollkommen schuldlos in die Situation geraten, dass der seinerzeitige Bauherr das Bauwerk nicht fertiggestellt habe. Daher werde der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.

II.      Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, dabei insbesondere in den Bescheid vom 19.07.2017, die Anweisung der Zahlung vom 27.07.2017, den Bescheid vom 01.09.2017 sowie den angefochtenen Bescheid vom 19.03.2018 und die dagegen eingebrachte Beschwerde vom 05.04.2018. Der Sachverhalt war darüber hinaus nicht weiter strittig.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen standen. Eine mündliche Verhandlung wurde darüber hinaus von den Beschwerdeführern auch nicht beantragt.

III.     Rechtslage:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) lauten wie folgt:

„§ 52

(1)      Wird die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig, so sind die der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständige) beizuziehen.

(2)      Wenn Amtssachverständige nicht zur Verfügung stehen oder es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten ist, kann die Behörde aber ausnahmsweise andere geeignete Personen als Sachverständige (nichtamtliche Sachverständige) heranziehen.

(3)      Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, so kann die Behörde dennoch nichtamtliche Sachverständige heranziehen, wenn davon eine wesentliche Beschleunigung des Verfahrens zu erwarten ist. Die Heranziehung ist jedoch nur zulässig, wenn sie von demjenigen, über dessen Ansuchen das Verfahren eingeleitet wurde, angeregt wird und die daraus entstehenden Kosten einen von dieser Partei bestimmten Betrag voraussichtlich nicht überschreiten.

§ 53a

(1)      Nichtamtliche Sachverständige haben für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 37, 43 bis 49 und 51 des Gebührenanspruchsgesetzes – GebAG, BGBl. Nr. 136/1975, sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 des Gebührenanspruchsgesetzes 1975 bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen herangezogen hat.

(2)      Die Gebühr ist von der Behörde, die den Sachverständigen herangezogen hat, mit Bescheid zu bestimmen. Vor der Gebührenbestimmung kann der Sachverständige aufgefordert werden, sich über Umstände, die für die Gebührenberechnung bedeutsam sind, zu äußern und, unter Setzung einer bestimmten Frist, noch fehlende Bestätigungen vorzulegen. Die Gebührenbeträge sind auf volle 10 Cent aufzurunden.

§ 76

(1)      Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die einem Gehörlosendolmetscher zustehenden Gebühren gelten nicht als Barauslagen. Im Falle des § 52 Abs. 3 hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.

(2)      Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind die Auslagen von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind.“

IV.      Erwägungen:

Die Bestellung eines nichtamtlichen Sachverständigen und dessen Beauftragung mit der Erstellung eines Gutachtens ist gemäß § 52a AVG zulässig, sofern es eines Sachverständigenbeweises bedarf und hiefür keine amtlichen Sachverständigen zur Verfügung stehen. Im konkreten Fall war zu klären, ob das Bauvorhaben vollendet sei bzw in welchem Bauzustand es sich befinde. Es ist evident, dass für diese Fragen hochbautechnische Fachkenntnisse erforderlich sind und war von der belangten Behörde daher jedenfalls ein hochbautechnischer Sachverständiger zu bestellen.

Kosten zulässigerweise herangezogener, also notwendiger nichtamtlicher Sachverständiger, sind Barauslagen im Sinne des § 76 Abs 1 AVG. Der Kostenersatz gemäß § 76 Abs 1 setzt Aufwendungen seitens der belangten Behörde voraus, das heißt die Behörde muss die Gebühr gegenüber dem Sachverständigen gemäß § 53a AVG bescheidmäßig festgesetzt und auch bezahlt haben (VwGH 24.02.2004, 2002/05/0658).

Die Sachverständigengebühren wurden seitens der belangten Behörde mit Bescheid vom 01.09.2017, AD/227461/2017, gemäß § 53a Abs 2 AVG festgesetzt und wie festgestellt am 27.07.2017 an den Sachverständigen zur Anweisung gebracht.

Dies wird von den Beschwerdeführern nicht bestritten und bestreiten sie darüber hinaus auch nicht, dass die Bestellung eines hochbautechnischen Sachverständigen erforderlich gewesen wäre und dass der Gemeinde Y kein hochbautechnischer Amtssachverständiger zur Verfügung gestanden wäre. In ihrer Beschwerde führen die rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer lediglich aus, dass das Verfahren von Amts wegen eingeleitet worden sei und aufgrund fehlenden Verschuldens ihrerseits keine Ersatzpflicht gemäß § 76 Abs 2 AVG bestehe.

Den Beschwerdeführern ist insofern beizupflichten als die der angefochtenen Kostenvorschreibung zugrunde liegende Feststellung der Vollendung des bewilligten Bauvorhabens nicht auf ihren Antrag hin eingeleitet und durchgeführt worden ist, womit die Bestimmung des § 76 Abs 1 AVG vorliegend nicht die Grundlage für ihre Verpflichtung zur Kostentragung bilden kann.

Eine tragfähige Grundlage für die beiden bekämpften Kostenbescheide ist aber in der Bestimmung des § 76 Abs 2 AVG zu erblicken, wonach ein Kostenersatz dann aufzuerlegen ist, wenn eine Amtshandlung durch das Verschulden einer Partei verursacht wurde.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Verpflichtung einer Partei zum Kostenersatz ua dann gegeben, wenn etwa eine Bauausführung nicht entsprechend der Baubewilligung durch die Partei erfolgt oder der Eigentümer eines Gebäudes die ihn treffende Instandhaltungspflicht verletzt (vgl dazu etwa die beiden Entscheidungen des VwGH vom 02.12.1997, Zl 97/05/0191, und vom 26.03.1985, Zl 84/05/0253).

Mit Blick auf diese Judikatur des Höchstgerichts steht für das erkennende Gericht zweifelsfrei fest, dass die Beschwerdeführer zum Ersatz der Sachverständigengebühren verpflichtet sind. Die Begutachtung des Bauvorhabens durch den hochbautechnischen Sachverständigen war gerade deshalb notwendig, da die Beschwerdeführer keine Bauvollendungsmeldung abgegeben haben bzw die mit Bescheid vom 28.05.2010 baubehördlich genehmigten Baumaßnahmen nicht vollendet haben, mag auch die Baubewilligung nicht seitens der Beschwerdeführer beantragt worden sein.

Durch den Ankauf der Liegenschaft samt darauf teilweise errichteten baulichen Anlagen sind die Beschwerdeführer in die Parteistellung des damaligen Bauwerbers eingetreten und obliegen ihnen ab dem Zeitpunkt des Eigentumsüberganges alle Rechte und Pflichten eines Bauherrn. Damit ist das Verschulden der Beschwerdeführer entgegen ihren Ausführungen durchaus gegeben. Dass sie unverschuldet in die Situation gelangt sind, dass das Bauvorhaben nicht fertiggestellt werden konnte, spielt für die Feststellung des nicht vollendeten Bauvorhabens durch den Sachverständigen keine Rolle und mag hier auch deshalb nicht zu überzeugen, da weder ein Fristerstreckungsantrag noch eine Meldung der Beschwerdeführer an die Baubehörde erfolgt ist.

Die in § 76 Abs 2 zweiter Satz AVG vorgesehene Heranziehung des Beteiligten setzt voraus, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen dem schuldhaften Verhalten des Beteiligten und der mit Kosten verbundenen Amtshandlung bestand und die einzelnen Verfahrenshandlungen, welche die Kosten verursacht haben, zur Feststellung des maßgebenden Sachverhalts erforderlich waren (Hinweis E 29.7.1992, 91/12/0036).

Wie bereits ausgeführt, war die Bestellung des hochbautechnischen Sachverständigen zur Beurteilung des gegenständlichen Bauvorhabens aufgrund der fehlenden Bauvollendungsanzeige bzw aufgrund der unterbliebenen Fertigstellung des Bauvorhabens durch die Beschwerdeführer notwendig und somit auch kausal. Damit sind die Erfordernisse der Vorschreibung nach § 76 Abs 2 AVG erfüllt.

§ 76 Abs 3 AVG sieht vor, dass die Barauslagen auf die einzelnen Beteiligten angemessen zu verteilen sind, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 2 des § 76 AVG auf mehrere Beteiligte zutreffen. Dies gilt auch für Konstellationen, in denen ein Beteiligter nach Abs. 1 (auf Grund des verfahrenseinleitenden Antrages) und ein anderer Beteiligter nach Abs. 2 erster Satz (auf Grund Verschuldens) des § 76 AVG zum Kostenersatz heranzuziehen ist (Hinweis E vom 18. November 2003, 98/05/0112) (vgl VwGH vom 20.04.2016, Ra 2015/04/0050). Die Aufteilung der Kosten kann zu gleichen Teilen erfolgen, die Behörde kann jedoch auch einen anderen Maßstab wählen, der sachlich begründet ist. Eine Solidarhaftung ist aber nicht vorgesehen (vgl. VwGH 14.12.1995, 91/07/0070).

Im gegenständlichen Fall schrieb die belangte Behörde die entstandenen Sachverständigengebühren der FF GmbH und den Beschwerdeführern vor. Damit ist aus Sicht des erkennenden Gerichts eine Aufteilung zu gleichen Teilen erfolgt und sind die Sachverständigengebühren von den Miteigentümern gemeinsam zu tragen. Es liegen keine Anhaltspunkte für eine andere angemessene Aufteilung vor.

Die Vorschreibung der Sachverständigengebühren durch die belangte Behörde erfolgte somit zu Recht. Die dagegen erhobene Beschwerde erweist sich als unbegründet.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Piccolroaz

(Richter)

Schlagworte

nichtamtlicher Sachverständiger; Gebühren; Abweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.40.0835.4

Zuletzt aktualisiert am

26.07.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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