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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §42 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Karl Brenn in Gaflenz, vertreten durch Mag. Georg Derntl, Rechtsanwalt in Perg, Dr. Schoberstraße 22, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 22. Juni 1998, Zl. BauR - 012143/1 - 1998/GR/Vi, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1. Erwin und Helga Hofer in Pettendorf 41, Gaflenz und 2. Dominik Holzner in Pettendorf 21, Gaflenz), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ersuchte am 6. Juni 1996 um die Erteilung der Baubewilligung für die Erweiterung seiner seit 1983 bestehenden Tischlerei auf den Grundstücken Nr. 709 und .64, EZ 13, KG Pettendorf. Diese Grundstücke liegen in einem Gebiet mit der Widmung "Dorfgebiet". Geplant war vom Bauwerber die Übernahme von Betriebsräumlichkeiten des bestehenden forstwirtschaftlichen Betriebes in den Tischlereibetrieb samt Aufstellung von Maschinen zur Holzbearbeitung, die Errichtung und der Betrieb eines Hebezuges für 0,5 t Tragkraft, die Errichtung und der Betrieb eines Spänesilos und einer Hackschnitzelheizung sowie der Einbau von Sozialräumen und eines Besprechungsraumes für den Tischlereibetrieb in das ehemalige Betriebsgebäude der Wagnerei.
Die Grundstücke des Zweitmitbeteiligten grenzen westlich und südlich an das Baugrundstück an, das Grundstück der Erstmitbeteiligten ist wegen einer dazwischenliegenden Parzelle mindestens 10 m vom Projektgrundstück entfernt.
Anlässlich der Bauverhandlung vom 4. Februar 1997 wurde aufgrund einer lärmtechnischen Untersuchung festgestellt, dass die Lärmbelästigung der Nachbarschaft bei projektgemäßer Ausführung gegenüber dem Altbestand verringert werden würde. Bei dieser Verhandlung waren die Mitbeteiligten anwesend, äußerten sich aber nicht.
Bei einer weiteren Verhandlung am 8. Juli 1997 wurde zunächst aufgrund der vorliegenden schalltechnischen Untersuchungen festgestellt, dass eine Überschreitung der in der O.ö. GrenzwertV festgelegten Grenzwerte nicht erfolgen werde. Die Mitbeteiligten erklärten bei dieser Verhandlung, dass sie ihre Stellungnahme zum Projekt erst nach Vorliegen des sanitätspolizeilichen Gutachtens abgeben wollten. Der Verhandlungsleiter hielt fest, dass aus diesem Grund den Nachbarn nach Erhalt der Stellungnahme des Amtsarztes das gesamte Verhandlungsergebnis mit der Einladung zur Kenntnis gebracht werden würde, hierzu binnen zwei Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.
Der Bausachverständige führte in der Verhandlung im Rahmen seines Gutachtens aus:
"Grundsätzlich ist die Errichtung eines Spänesilos im 'Dorfgebiet' in Verbindung mit einem Tischlereibetrieb nicht zulässig. Im gegenständlichen Fall wird jedoch durch die bereits zitierten schalltechnischen Untersuchungen bescheinigt, dass der Zubau dieses Silos eine wesentliche Verminderung der Schallimmissionen für die Nachbarschaft bewirkt. Aus diesem Grund wird in bautechnischer Hinsicht der Errichtung dieses Zubaues zugestimmt (teilweise Schutzfunktion für die Nachbarschaft)."
Dass sich die Mitbeteiligten dazu in irgendeiner Weise geäußert hätten, ist dem Protokoll nicht zu entnehmen; vor Schluss der Verhandlung hat der Projektwerber aufgrund von Anfragen bzw. "Befürchtungen" der Mitbeteiligten das Projekt im Hinblick auf seine Lärm- und Staubemissionen erläutert.
In seinem Gutachten vom 9. September 1997 erklärte der Amtsarzt, dass bei befundgemäßer Ausführung und Einhaltung der Auflagen durch die Lärmemissionen des Betriebes nicht mit Gesundheitsgefährdungen der Nachbarschaft zu rechnen sei.
Die Erstmitbeteiligten haben mit Schriftsatz vom 29. September, der Zweitmitbeteiligte vom 30. September 1997, die ihnen anlässlich der Verhandlung eingeräumten Stellungnahmen abgegeben. Sie machten übereinstimmend geltend, dass es sich bei dem geplanten Bauvorhaben um die Neuerrichtung einer Großtischlerei und nicht um eine Erweiterung handle. Durch die Übernahme der land- und forstwirtschaftlichen Betriebsräumlichkeiten in den Tischlereibetrieb würde sich die Betriebsfläche von derzeit 292,43 m2 auf 1092,29 m2 erhöhen. Auch hinsichtlich der geplanten maschinellen Ausstattung liege keine "Erweiterung" mehr vor. Anstatt von bisher vier Dienstnehmern würden im neuen Betrieb elf Personen beschäftigt sein. Sie machten nun ausdrücklich als Einwendung geltend, dass das Bauansuchen wegen Widerspruches des Bauvorhabens zur Flächenwidmung abzuweisen sei. Die Widmung Dorfgebiet erlaube vorrangig nur Gebäude land- und forstwirtschaftlicher Betriebe. Tischlereien dürften nach der Betriebstypenverordnung nur in der Widmungskategorie Betriebsbaugebiet errichtet werden. Auch wenn die Gutachter behaupteten, dass die geplante Tischlerei eine Verbesserung der Lärm- und Luftbelastung mit sich bringe, so ändere dies nichts daran, dass die geplanten Anlagen im Dorfgebiet unzulässig seien. Die O.ö. GrenzwertV dürfe nicht herangezogen werden, weil eine Neuerrichtung vorliege. Eine Einwendung dahingehend, dass das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen, insbesondere durch Lärm, hervorrufen würde bzw. erhebliche Belästigungen zu erwarten seien, haben sie nicht erstattet.
Mit Bescheid vom 29. Oktober 1997 erteilte der Bürgermeister der Marktgemeinde Gaflenz die beantragte Baubewilligung mit einer Vielzahl von Auflagen. Die Einwendungen der Mitbeteiligten wurden als unbegründet abgewiesen. Aufgrund der Begriffsbestimmungen im § 2 O.ö. BauO liege ein Zubau und kein Neubau vor, weshalb die O.ö. GrenzwertV Anwendung finde, die in allen Messpunkten unterschritten bzw. nicht überschritten werde.
In ihrer dagegen erstatteten Berufung verwiesen die Mitbeteiligten abermals darauf, dass der bisherige Kleintischlereibetrieb um 273 % vergrößert worden wäre, weshalb von einer Neuerrichtung auszugehen sei. Damit fehle aber die Gesetzesgrundlage für eine Heranziehung der GrenzwertV. Die Neuerrichtung einer Tischlerei im Dorfgebiet sei unzulässig.
Über Auftrag der Berufungsbehörde äußerte sich der Bausachverständige dahingehend, dass die geplante Erweiterung keine Änderung der Betriebstype darstelle und dass der bereits bewilligte Anlagentyp "Tischlerei" durch die Erweiterung nicht verändert werde, insbesondere werde keine "Großtischlerei" geschaffen.
Mit Bescheid vom 26. Februar 1998 wies der Gemeinderat der Marktgemeinde Gaflenz die Berufungen der Mitbeteiligten als unbegründet ab. Aufgrund der zuletzt zitierten Gutachtensergänzung ergebe sich, dass die Betriebstype unverändert geblieben sei; es sei tatsächlich eine Erweiterung und nicht eine Neuerrichtung bewilligt worden. Aus der Baubeschreibung ergebe sich, dass es sich mit Ausnahme der Handwerkstatt, dem Trockenraum und dem Verladeraum von insgesamt 109,50 m2 bei den übrigen neu zu bewilligenden Flächen im Ausmaß von 600 m2 bloß um überdachte Lagerräume handle.
In ihren dagegen erhobenen Vorstellungen wiederholten die Mitbeteiligten ihr Recht auf Versagung der Baubewilligung wegen Verstoßes gegen raumordnungsrechtliche Bestimmungen. Sie machten auch eine Verletzung des Parteiengehörs geltend, weil ihnen die Gutachtensergänzung vom 4. Februar 1998 nicht vorgehalten worden sei. Schließlich rügten sie, dass der von ihnen bekämpfte Intimationsbescheid im Umfang der Begründung nicht durch den Gemeinderatsbeschluss gedeckt sei.
Die belangte Behörde hob mit dem angefochtenen Bescheid die Berufungsentscheidung des Gemeinderates auf und wies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung "an die Marktgemeinde Gaflenz" zurück. Der mit Bescheid vom 25. April 1983 baubehördlich bewilligte Tischlereibetrieb hätte über Betriebsräume im Ausmaß von 366,04 m2 verfügt. Demgegenüber solle es im Rahmen der geplanten Betriebserweiterung zu einer Ausweitung im Ausmaß von 660 m2 kommen, sodass die Gesamtnutzfläche 1092,29 m2 betragen würde. Damit würde die Betriebsfläche nahezu verdreifacht werden. Gleiches gelte für die Anzahl der Beschäftigten, die sich von bisher vier auf elf erhöhen sollte. Es seien auch Betriebszeiten von Montag bis Freitag von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr und samstags von 6.00 Uhr bis 15.00 Uhr geplant. Das bisher bestehende Betriebsgebäude der Wagnerei solle aufgelassen und darin Sozialräume und ein Besprechungsraum eingebaut werden.
Aus all dem schloss die belangte Behörde, dass eine gänzliche Neuerrichtung des Betriebes vorliegt. Neubauten seien gemäß § 21 Abs. 4 O.ö. ROG 1994 aber nur insoweit zulässig, als dies nicht einer gänzlichen Neuerrichtung des Betriebes gleichkomme. Hier liege eine Neuerrichtung vor, sodass die Baubehörden § 21 Abs. 4 O.ö. ROG 1994 bzw. die O.ö. GrenzwertV falsch angewendet hätten. Dadurch seien die Mitbeteiligten in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt worden.
In seiner dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Bewilligung seines Bauansuchens verletzt. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie die Mitbeteiligten, eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer macht Präklusion geltend. Die mitbeteiligten Nachbarn hätten in den beiden Verhandlungen keine Einwendungen erhoben, sondern in der zweiten Verhandlung bloß erklärt, eine Stellungnahme zum Projekt nach Vorliegen des sanitätspolizeilichen Gutachtens abgeben zu wollen. Diese Erklärung sei aber keine Einwendung. Die später erhobenen Einwendungen, die sich nicht auf eine allfällige Gesundheitsgefährdung bezogen haben, wären als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Die Nichtbeachtung der eingetretenen Präklusion hätte den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt.
Die belangte Behörde führte dazu in ihrer Gegenschrift aus, dass der Verhandlungsleiter den Nachbarn in der Verhandlung das Recht eingeräumt habe, nach Erhalt einer Stellungnahme des Amtsarztes zum gesamten Verhandlungsergebnis eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Dies hätten die Mitbeteiligten mit ihren Einwendungen vom 29. bzw. 30. September 1997 gemacht. Auch verwies die belangte Behörde auf § 13a AVG, wonach der Verhandlungsleiter die nicht vertretenen Nachbarn auf die mit verspäteten schriftlichen Einwendungen verbundenen Präklusionsfolgen hätte hinweisen müssen.
Die Mitbeteiligten erklärten in ihrer Gegenschrift, dass sie sich in beiden Verhandlungen massiv gegen die Genehmigung ausgesprochen hätten. Sie hätten ihre Einwendungen nur dann zu Protokoll geben können, wenn ihnen der Verhandlungsleiter dazu gemäß § 43 Abs. 4 AVG Gelegenheit geboten hätte; der Verhandlungsleiter habe aber die Verhandlung vertagt und verfügt, dass die Stellungnahme der Nachbarn nach Vorliegen sämtlicher Gutachten erfolgen werde. Auch in der zweiten Verhandlung habe der Verhandlungsleiter mit der "Einladung", nach Erhalt der Stellungnahme des Amtsarztes eine schriftliche Stellungnahme abzugeben, im Sinne des § 43 Abs. 4 und 5 AVG den Zeitpunkt für die Erhebung von Einwendungen so festgelegt, dass diese erst nach Vorliegen des amtsärztlichen Gutachtens vorgebracht werden konnten. All dies habe auch der Beschwerdeführer widerspruchslos zur Kenntnis genommen. Schließlich beriefen sich die Mitbeteiligten auf das vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende Neuerungsverbot.
Eine eingetretene Präklusion haben die Berufungsbehörde, die Aufsichtsbehörde und die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zu berücksichtigen (siehe Hauer, Der Nachbar im Baurecht5, 110). Dass der Beschwerdeführer, der bislang noch nicht Rechtsmittelwerber war, sich erstmals vor dem Verwaltungsgerichtshof auf die eingetretene Präklusion berufen hat, widerspricht keineswegs dem aus § 41 Abs. 1 VwGG abgeleiteten Neuerungsverbot, weil die Frage, ob Präklusion eingetreten ist, eine Rechtsfrage darstellt.
§ 42 Abs. 1 AVG in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 158/1998 sieht vor, dass dann, wenn eine mündliche Verhandlung durch Anschlag in der Gemeinde oder auch durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung bekannt gemacht wurde, dies zur Folge hat, dass Einwendungen, die nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung vorgebracht wurden, keine Berücksichtigung finden und angenommen wird, dass die Beteiligten dem Parteiantrag, dem Vorhaben oder der Maßnahme, die den Gegenstand der Verhandlung bilden, zustimmen. Im Fall einer nur durch Verständigung der Beteiligten anberaumten Verhandlung erstreckt sich die in Abs. 1 bezeichnete Rechtsfolge gemäß § 42 Abs. 2 AVG bloß auf die Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben.
Im vorliegenden Fall waren die mitbeteiligten Nachbarn jeweils unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 Abs. 1 AVG geladen und konnten somit bei der Verhandlung wirksam Einwendungen erheben. Nach ständiger hg. Rechtsprechung können bei einer weiteren mündlichen Verhandlung weitere Einwendungen vorgebracht werden, überhaupt dienen sämtliche vor einer Behörde erster Instanz durchgeführten Verhandlung insgesamt der Schaffung der Entscheidungsgrundlage und sind daher als Einheit zu betrachten (siehe die Nachweise bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 285, E Nr. 42a und 42b zu § 42 AVG).
Eine Einwendung im Rechtssinne liegt nur vor, wenn das Vorbringen die Behauptung der Verletzung eines subjektiven Rechtes durch das den Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens bildende Vorhaben zum Inhalt hat (vgl. hiezu die bei Hauer, Der Nachbar im Baurecht5, 98, referierte hg. Rechtsprechung). Um die Präklusionswirkungen des § 42 Abs. 1 AVG zu verhindern, hat der Nachbar ein Vorbringen zu erstatten, dem zu entnehmen sein muss, dass die Verletzung eines subjektiven Rechtes behauptet wird, und ferner, welcher Art dieses Recht ist. Dem Begriff der Einwendung ist die Behauptung einer Rechtsverletzung in Bezug auf ein bestimmtes Recht immanent (siehe das hg. Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 98/05/0217, m.w.N.).
In den Verhandlungen wurden von den Mitbeteiligten keine Einwendungen erhoben. Den Niederschriften lässt sich nur entnehmen, dass sie Beeinträchtigungen befürchteten; ob sie diese Befürchtungen zum Gegenstand einer Einwendung machen würden, wollten sie erst nach Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens entscheiden. Nur so können ihre auf Seite 7 des Protokolls vom 8. Juli 1997 wiedergegebenen Erklärungen verstanden werden. Danach wollten sie ihre Stellungnahme zum Projekt erst nach Vorliegen des sanitätspolizeilichen Gutachtens abgeben.
Grundsätzlich ist der Vorbehalt, später Einwendungen zu erheben, keine "Einwendung" im Rechtssinn (siehe den Nachweis bei Neuhofer, O.ö. Baurecht4, 138). Ob der Verhandlungsleiter mit der "Einladung" an die Mitbeteiligten, sich binnen 14 Tagen nach Erhalt des Gutachtens zu äußern, eine - dem § 42 Abs. 1 AVG widersprechende - prozessleitende Verfügung im Sinne des § 43 Abs. 4 AVG getroffen hat, die Nachbarn dürften nicht jetzt, sondern erst in diesem Schriftsatz Einwendungen erheben, kann aus folgenden Gründen dahingestellt bleiben:
Gemäß § 31 Abs. 4 O.ö. BauO 1994 sind öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hiezu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen.
Aus dem amtsärztlichen Gutachten ergab sich, dass eine bis dahin offenbar im Raum stehenden Einwendung, das Projekt würde Bestimmungen verletzen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen, nicht erfolgreich sein würde. In ihrer Äußerung zum Sachverständigengutachten haben die Mitbeteiligten erstmals eine andere Einwendung erhoben, nämlich diejenige, dass das Projekt den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes widerspreche, ohne damit in irgendeiner Weise eine erhebliche Belästigung (§ 22 Abs. 2 iVm Abs. 1 ROG 1992) durch das Vorhaben darzutun.
Auszugehen ist davon, dass Einwendungen entweder zeitgerecht vor oder bei der Verhandlung erhoben werden können; wenn in der Verhandlung die Möglichkeit zur Äußerung zu einem Sachverständigengutachten eingeräumt wird, dann können in dieser Äußerung jedenfalls nicht andere bzw. neue Einwendungen erhoben werden (siehe schon das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1978, Zl. 552/76). In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof darauf abgestellt, dass die Äußerung des Sachverständigen die damaligen Beschwerdeführer nicht erst in die Lage versetzt hat, eine entsprechende Einwendung erheben zu können. Im vorliegenden Fall wurde die Frage der Übereinstimmung mit dem Flächenwidmungsplan in der Verhandlung ausdrücklich erörtert; keineswegs war das medizinische Gutachten geeignet, den Beschwerdeführern jene Informationen zu verschaffen, um erst dann eine diesbezügliche Einwendung erheben zu können.
Es kann auch keine Rede davon sein, dass für die Erhebung dieser Einwendung irgendwelche Informationen gefehlt hätten. Das Projekt ergab sich eindeutig aus den vorgelegten Planunterlagen und der Baubeschreibung; auch die Widmung "Dorfgebiet" war bekannt und wurde in der Verhandlung erörtert. Wenn trotzdem diese Einwendung in der Verhandlung nicht erhoben wurde, trat insoferne Präklusion ein. Die Mitbeteiligten mussten aufgrund der Anordnung des § 42 Abs. 1 AVG diesbezüglich als dem Projekt zustimmend angesehen werden.
Die eingetretene Präklusion hätte die belangte Behörde bei Behandlung der Vorstellung der Mitbeteiligten zu beachten gehabt. Die Vorstellung der präkludierten Mitbeteiligten war zwar zulässig, die belangte Behörde hätte aber nicht prüfen dürfen, ob durch das Bauvorhaben des Beschwerdeführers hinsichtlich der Flächenwidmung Rechte der Mitbeteiligten verletzt würden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. März 1991, Zl. 86/05/0139). Dadurch, dass die Vorstellungsbehörde allein aufgrund des Sachvorbringens der Mitbeteiligten, das Vorhaben entspreche nicht der Widmung, den Berufungsbescheid aufgehoben hat, verletzte sie den Anspruch des Beschwerdeführers auf Beachtung der eingetretenen Präklusion.
Allerdings wird sich die belangte Behörde auch mit der Frage auseinander zu setzen haben, ob der von ihr zu prüfende Berufungsbescheid insgesamt durch die Beschlussfassung des Gemeinderates gedeckt ist; insofern liegt jedenfalls keine Präklusion vor.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 25. Jänner 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998050141.X00Im RIS seit
20.11.2000