TE Lvwg Erkenntnis 2018/7/3 LVwG-2016/44/1228-5

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Veröffentlicht am 03.07.2018
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Entscheidungsdatum

03.07.2018

Index

80/02 Forstrecht

Norm

ForstG §16 Abs3
ForstG §172 Abs6

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Spielmann über die Beschwerde der AA GmbH, Adresse 1, Z, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 2, Y, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 01.05.2016, *****, betreffend eines forstpolizeilichen Auftrages infolge des Absturzes eines Betonmischwagens in W

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahren:

Am xx.xx.xxxx ist ein Betonmischwagen der AA GmbH bei der Lieferung von Transportbeton zur Errichtung einer Quellfassung auf einer Straße im Bereich des Landeskrankenhauses W abgestürzt. Dadurch wurden die Straße sowie der angrenzende Waldbereich beschädigt.

Aufgrund des am Lkw entstandenen Schadens klagte die AA GmbH unter anderem die CC GmbH auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von € 94.533,76. Das Landesgericht Innsbruck hat mit Urteil vom 08.05.2015, Zl 66 Cg 89/14m-31, diesem Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben, da die CC GmbH das alleinige Verschulden am Unfall treffe. Im Berufungsverfahren hat das Oberlandesgericht Innsbruck mit Urteil vom 17.09.2015, Zl 2R104/15h, rechtskräftig die Haftung der CC GmbH für den der AA GmbH entstandenen Schaden bestätigt.

Mit Bescheid vom 01.05.2016, *****, hat die Bezirkshauptmannschaft X aufgrund des Unfalls vom xx.xx.xxxx gegenüber der AA GmbH folgenden verwaltungspolizeilichen Auftrag erteilt:

„Gemäß § 16 (3) Forstgesetz 1975 wird der Fa. AA GmbH vertreten durch Herrn Anton AA der Auftrag erteilt, bis zum 30.09.2016 folgende Maßnahmen zur Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes durchzuführen:

1.   Auf die aufgeweichte Rampe ist 30 bis 40 cm Kies 30/70 aufzubringen und unter dem Kies ist ein Vlies oder Geogitter aufzubringen.

2.   Das Gelände ist mit möglichst trockenem Material bis ca. 4 m unter dem Weg aufzuschütten und eine FahEEhnbreite von 3,0 - 3,5 m, wie auch der bestehende Weg, wiederherzustellen.

3.   Es ist eine Holzankerwand mit Hinterfüllung und Absturzsicherung herzustellen.

4.   Der beschädigte Waldbereich ist in Absprache mit dem Waldaufseher der Marktgemeinde GG wieder aufzuforsten.“

In ihrer rechtlichen Begründung führte die Bezirkshauptmannschaft zur Frage des Adressaten des verwaltungspolizeilichen Auftrages wie folgt aus: „Die Bezirkshauptmannschaft X geht davon aus, dass die Fa. AA GmbH als Verursacherin herangezogen werden kann, da der ggstl. Schaden durch den verunfallten LKW, welcher sich im Besitz der Fa. AA GmbH befindet, verursacht wurde. Sollte die Verursacherin die Meinung vertreten, dass allfällige Dritte ein Verschulden trifft, wäre sie dazu für Regressforderungen an den Zivilrechtsweg zu verweisen.“

Mit Schreiben vom 02.06.2016 hat die AA GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Beschwerde gegen diesen Bescheid an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und zur Begründung unter Verweis auf das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 17.09.2015, Zl 2R104/15h, im Wesentlichen vorgebracht, dass die AA GmbH keine Verantwortung für den gegenständlichen Unfall trage.

II.      Sachverhalt:

II./1.  Zum Unfall vom xx.xx.xxxx:

Im Jahr 2013 wurden in W im Auftrag der DD GmbH die bestehenden Quellwasserleitungen für das Landeskrankenhaus W erneuert. Beauftragt mit der Bauausführung war die CC GmbH, diese bezog den benötigten Beton von der EE GmbH & Co KG. Die Lieferung des Betons erfolgte mit den Mischwägen und Fahrern der AA GmbH. Da die Baustelle nur zu Fuß bzw mit dem Hubschrauber erreichbar war, musste der Beton zuerst mit Betonmischwagen zu Aufladeplätzen für den Hubschrauber transportiert werden, um dann von dort mit dem Hubschrauber zur Baustelle geflogen zu werden. Es gab zwei Aufladeplätze, einer befand sich in der Nähe des Krankenhauses bei der sogenannten FF, der zweite im Wald. Dieser konnte nur über den Forstweg „GG“ auf dem im Eigentum der Marktgemeinde GG stehenden Grundstück Nr **1/1, KG GG, erreicht werden.

Am xx.xx.xxxx fand wiederum ein Betontransport statt, wobei der Beton im Mischwagen über den Forstweg „GG“ zum Aufladeplatz im Wald transportiert wurde. Bei dieser Fahrt brach der Forstweg unter dem Betonmischwagen weg, sodass dieser in das im Eigentum der Marktgemeinde GG stehende Waldgrundstück Nr **2/1, KG GG, abstürzte. Dabei wurde der Lenker verletzt und das Mischfahrzeug, der Forstweg und der darunter liegende Wald beschädigt.

Diesem Betontransport lag der zwischen der AA GmbH und der EE GmbH & Co KG geschlossene „Fracht- und Pumpvertrag" vom 22.12.2003 zugrunde, der auszuweise folgenden Inhalt aufweist:

„I. Vertragsgegenstand

Die EE betreibt In GG ein Kies- und Betonwerk. AA übernimmt als selbständiger Unternehmer mit eigenen Fahrmischern und Autobetonpumpen die gesamte Lieferung von Transportbeton und die Förderung von Pumpbeton an bzw. zu Baustellen, die von EE beliefert werden.

(…)

II. Bereitstellung

Bei Fahrzeugausfall, aus welchem Grund immer, ist AA berechtigt, ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug zur Verfügung zu stellen. Stellt AA kein Ersatzfahrzeug zur Verfügung, ist EE berechtigt, ihrerseits ein Fahrzeug auf Kosten AAs anzumieten. Eine allfällige Differenz zwischen dem Anspruch AAs für die Leistung des Ersatzfahrzeuges und den tatsächlichen Kosten des Ersatzfahrzeuges werden AA in Rechnung gestellt. AA ist verpflichtet, seine Fahrzeuge stets in fahrbereitem und voll einsatzfähigem Zustand zu halten. Sollte ein Fahrzeug bei einem Unfall einen Totalschaden erleiden [...], so hat AA im Hinblick auf seine Verpflichtungen die Liefer- und Pumpenforderungen von EE abzudecken, unverzüglich in Absprache mit der EE ein Ersatzfahrzeug anschaffen.

III. Anweisungen

AA ist verpflichtet den Transport und die Betonübergabe entsprechend den Anweisungen des Personals von EE genau zu befolgen und durchzuführen. EE wird AA generell Anweisungen für Fahr-Misch-Maschinisten übergeben. AA wird nur solche Fahrer einsetzen, die eine einwandfreie Auslieferung des Betons gewährleisten.

(…)

Generell regelt den Einsatz der Fahrzeuge der mit der Disposition von EE beauftragte, den Anweisungen dieses Disponenten hat AA und sein Dienstnehmer Folge zu leisten, jedoch nur insoweit, als die Anweisungen den Rahmen des gesetzlich Zulässigen nicht überschreiten.

(…)

Bei Beförderungs- und Ablieferungshindernissen haben AA bzw. seine Fahrer und Pumpmaschinisten die Pflicht, den Disponenten von EE unverzüglich zu benachrichtigen und dessen Weisungen einzuholen.

VII. Vertragsdauer

Dieser Vertrag wird die Dauer von 5 Jahren abgeschlossen, Vertragsbeginn ist der 1.1.2004. Dieser Vertrag verlängert sich jeweils um 3 Jahre, wenn er nicht ein Jahr vor Vertragsende mittels eingeschriebenen Briefes von einem der Vertragsteile aufgekündigt wird."

In der Praxis bestellte die EE GmbH & Co KG bei der AA GmbH jeweils am Vortag. Dabei wurde nur die Anzahl der benötigten Mischwägen angegeben, nicht jedoch der Einsatzort. Die Fahrer wurden von der AA GmbH mit den Betonmischwägen zur EE GmbH & Co KG gesandt. Dort wurde der Beton geladen und die Fahrer erhielten vom Mischmeister der EE GmbH & Co KG einen Lieferschein und Anweisungen, wohin sie den Beton bringen sollten. Bei Unklarheiten konnten die Fahrer beim Mischmeister nachfragen, von diesem erhielten sie die Telefonnummer. Bei der Baustelle eingetroffen erhielten sie weitere Anweisungen nicht mehr von der EE GmbH & Co KG, sondern von den Mitarbeitern der bestellenden Baufirma, hier also von der CC GmbH. Der EE GmbH & Co KG war nicht bekannt, dass es Probleme hinsichtlich eines Fahrverbots beim Forstweg gegeben hätte.

Wenn die Fahrer beim Parkplatz beim Landeskrankenhaus ankamen, wurden sie vom Polier und anderen Mitarbeitern der CC GmbH weiter instruiert. Je nach Witterungsverhältnissen bzw Zustand des Forstweges und je nachdem, wo Material benötigt wurde, wurden die Fahrer angewiesen, entweder zur Aufladestation bei der FF zu fahren oder rückwärts über den Forstweg zum Aufladeplatz im Wald.

Die CC GmbH hatte sich beim gegenständlichen Bauvorhaben als Auftragnehmerin an folgende Allgemeine Geschäftsbedingungen der DD GmbH zu halten:

„5. Besondere Bestimmungen für Bauaufträge

5.1.2 Der Auftragnehmer hat in Abstimmung mit der DD für Lagerungsmöglichkeiten und Zufahrtswege zu sorgen.

5.1.3 Der Auftragnehmer hat rechtzeitig auf alle am Montageort geltenden Sicherheitsvorschriften in geeigneter Form hinzuweisen.

5.22 Verkehrswege

5.22.1 Die im Bauablaufkonzept sowie von der örtlichen Bauaufsicht vorgegebenen Verkehrswege sind einzuhalten. In anderen Bereichen (Gebäude, Gelände) dürfen weder Transporte vorgenommen werden, noch dürfen sich dort Arbeitskräfte aufhalten."

In den Ausschreibungsunterlagen waren die beiden schlussendlich benutzten Hubschrauberaufladeplätze nicht vorgesehen. Die DD GmbH wollte anfänglich auch keinen Hubschrauberlandeplatz in der Nähe des Krankenhauses, sie gab jedoch dann doch ihre Zustimmung zu einem Aufladeplatz bei der Terrassenanlage. Die CC GmbH richtete eigenständig einen zweiten Aufladeplatz im Wald ein, um die Wege möglichst kurz zu halten, um die Kosten für Hubschrauberflüge möglichst gering zu halten. Von der DD GmbH kam keine Anweisung an die CC GmbH, den Hubschrauberaufladeplatz im Wald zu benützen.

Die Zufahrt zum Hubschrauberaufladeplatz im Wald erfolgte über den Forstweg „GG“, an dessen Beginn sich eine Fahrverbotstafel samt folgender Zusatztafel befand: „Ausgenommen Anrainer, deren Fahrzeuge ein Gesamtgewicht von 10 t nicht überschreiten, sowie Fahrzeuge des Straßendienstes".

Dieser Weg war der CC GmbH bekannt, da sie im Jänner 2013 eine Sanierung eines Teiles dieses Weges durchgeführt hatte. Da die Sanierung derartiger Wege zu den Hauptgeschäftsfällen der CC GmbH zählt, erachtete sich diese durchaus in der Lage, einzuschätzen, dass der Weg trotz der Tonnagebeschränkung von 10 t auch für Fahrzeuge bis zu einem zulässigen Gesamtgewicht von 32 t möglich sei. Die Besichtigung des Weges wurde von JJ, dem Prokuristen der CC GmbH durchgeführt. Er selbst ist kein Geologe, ein Gutachten zur Befahrbarkeit des Weges wurde nicht eingeholt. Ein Wendeplatz wurde nicht errichtet, Absperr- oder Absicherungsmaßnahmen wurden nicht getroffen.

LL, Bauleiter der CC GmbH, telefonierte vor der Benützung des Forstweges mit KK als zuständigem Mitarbeiter der Markgemeinde GG. Dieser erklärte ihm, dass der Weg befahren werden könne, soweit es den örtlichen Gegebenheiten angepasst sei. Damit meinte er, dass die Benutzung des Weges eigenverantwortlich geschehe. Die 10 t-Beschränkung wurde im Telefonat nicht thematisiert. KK ging nicht davon aus, dass die CC GmbH den Weg auch mit 32 t schweren Fahrzeugen benutzen wollte, hätte man ihn darüber informiert, hätte er vor Zustimmung ein Gutachten über die Festigkeit des Weges verlangt. KK sprach in dieser Sache auch nicht mit dem Bürgermeister. Von Seiten der Gemeinde wurde die Fahrverbotstafel nicht abgenommen. Ein (schriftlicher) Bescheid der Marktgemeinde GG über die Benützung des Weges trotz Fahrverbotes liegt nicht vor.

Der gegenständliche Unfall ereignete sich am xx.xx.xxxx um ca 12.55 Uhr auf dem Forstweg „GG“. Es herrschte Tageslicht, die Witterung war heiter, es gab keinen Niederschlag. Der Forstweg war geschottert und verlief im Unfallbereich weitgehend in nordsüdliche Richtung. Er stieg in Ankommrichtung des Lkw mit ca 7 bis 9 % an. Der Weg war ca 3,7 m breit. Östlich des Weges befand sich eine steil ansteigende, grasbewachsene Böschung, westlich des Weges eine ca 35° bis 40° steil abfallende Böschung des im Eigentum der Marktgemeinde GG stehenden Waldgrundstücks Nr **2/1, KG GG. Beim Unfallfahrzeug der AA GmbH handelte es sich um einen MM Betonmischwagen mit vier Achsen, die letzten beiden Achsen wiesen eine Zwillingsbereifung auf. Das höchstzulässige Gesamtgewicht war mit 32 t angegeben, die Fahrzeugbreite betrug 2,55 m. Das Fahrverbotsschild war am xx.xx.xxxx weder abgedreht, abmontiert noch umgedreht.

NN, der Fahrer des Unfall-Lkw, erhielt von Mitarbeitern der EE GmbH & Co KG einen Lieferschein, auf welchem auch die Telefonnummer eines Mitarbeiters der CC GmbH vermerkt war, damit er diesen kontaktieren konnte, um das weitere Vorgehen vor Ort zu erfahren, sollte er nicht ohnehin bereits vor Ort erwartet werden. Von der EE GmbH & Co KG wurde der Mischwagen mit Beton befüllt und er wurde danach zur Baustelle geschickt.

NN war am Unfalltag zum zweiten Mal auf der Baustelle, nutzte jedoch zum ersten Mal den Forstweg, um zum Aufladeplatz im Wald zu gelangen. Am Beginn des Forstweges wurde er von zwei Mitarbeitern der CC GmbH erwartet. Er fragte diese, wohin er die Lieferung bringen solle. Ihm wurde mitgeteilt, dass er den linken Weg nehmen möge, wobei er rückwärts zur Aufladestelle zufahren solle. Das Fahrverbotsschild fiel ihm nicht auf. Er fragte daher bei den Mitarbeitern der CC GmbH auch nicht nach, ob er den Weg befahren dürfe. NN fuhr rückwärts, hatte keinen Einweiser und fuhr mit der Untersetzung.

Zum Unfallzeitpunkt betrug die Geschwindigkeit des Lkw 6 bis 7 km/h. Er befand sich mit dem gesamten Fahrzeug auf der Fahrbahn, wenn auch knapp am talseitigen Rand der Fahrbahn. Plötzlich brach der Boden unter dem rechten hinteren Zwillingsreifen weg, wodurch der gesamte LKW zu rutschen begann und über die Böschung unterhalb des Weges auf das Waldgrundstück Nr **2/1 hinunterstürzte. Dabei überschlug sich der Lkw mehrmals und wurde schwerst beschädigt.

NN verfügte über Lenkerberechtigungen der Klassen B, E und CE. Diese Führerscheine berechtigen ihn zum Lenken des verunfallten Lkw. Zum Unfallzeitpunkt fuhr er bereits seit über 8 Jahren mit derartigen Lkw. Weder erhielt er eine Einweisung für diese Fahrt noch wurde ihm mitgeteilt, dass eine 10 t- Beschränkung für diesen Weg besteht. Dass er einen Fahrfehler gemacht hätte, sorglos oder zu schnell gefahren wäre, kann nicht festgestellt werden. Es wäre ihm möglich gewesen, auf der Fahrbahn weiter bergwärts zu fahren. Bei derartiger Wahl der Spurlinie wäre eine höhere Stabilität des Untergrundes gegeben gewesen. Er konnte nicht wissen, wie stark der Untergrund befestigt bzw wie tragfähig er war. Er wurde nicht darauf hingewiesen, eine Fahrlinie möglichst nahe bergseits einzuhalten. Das Rückwärtsfahren auf diesem Forstweg ist keine einfache Fahrsituation für einen Lkw-Lenker, einem Berufskraftfahrer jedoch aus rein technischer Sicht zumutbar.

Das Oberlandesgericht Innsbruck hat mit Urteil vom 17.09.2015, Zl 2R104/15h, rechtskräftig die Haftung der CC GmbH für den der AA GmbH infolge des Unfalls vom xx.xx.xxxx entstandenen Schaden festgestellt. Zur Begründung führte das Oberlandesgericht unter anderem aus, dass zwar keine direkte vertragliche Beziehung zwischen der AA GmbH und der CC GmbH bestanden hat, dass aber die CC GmbH auf Grund ihres Vertrages mit der DD GmbH für die Zufahrtswege der gegenständlichen Baustelle zu sorgen hatte und aus diesem Vertrag zu Gunsten Dritter gegenüber der AA GmbH zum Schadenersatz verpflichtet ist. Die CC GmbH hat nämlich die Baustellenzufahrt für Betonmischwägen mit einem Gesamtgewicht bis zu 32 t auf dem Forstweg trotz aufrecht bestehenden Fahrverbotes für Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von mehr als 10 t eingerichtet und damit eine Schutzgesetzverletzung im Sinne des § 1311 ABGB zu verantworten. Die CC GmbH konnte die Kausalität dieser Pflichtwidrigkeit für den Unfall vom xx.xx.xxxx nicht widerlegen. Das rechtswidrige Verhalten des Lenkers NN, der trotz des bestehenden und aufrechten Fahrverbotes den Forstweg befahren hat, kann bei der nach § 1304 ABGB vorzunehmenden Verschuldensabwägung gegenüber dem weit überwiegenden Verschulden der Mitarbeiter der CC GmbH vernachlässigt werden. Der Lenker wurde nämlich von den Mitarbeitern der CC GmbH ausdrücklich angewiesen, über diesen Zufahrtsweg zum Aufladeplatz zu fahren; eine andere Möglichkeit, als über den genannten Weg zum Aufladeplatz zu gelangen bestand für ihn nicht; er hätte daher lediglich die Zufahrt aufgrund des bestehenden Fahrverbotes – und damit die Anlieferung des auf der Baustelle benötigten Betons über diese Zufahrt – verweigern können. Die CC GmbH hingegen war verantwortlich für die Einrichtung dieser Baustellenzufahrt. Sie errichtete ausschließlich in ihrem eigenen Interesse aus Kostengründen und ohne zwingende Notwendigkeit einen zweiten Hubschrauberaufladeplatz, welcher nur über diesen Forstweg, auf dem ein Fahrverbot für Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von mehr als 10 t bestand, erreicht werden konnte. In ihrem Einflussbereich wäre es gelegen, eine rechtlich zulässige – und sichere – Zufahrtsmöglichkeit zu gewährleisten, die auch durch schwere Betonmischwägen befahren werden hätte dürfen. Ihr Verschulden an diesem Unfall ist daher als bei weitem überwiegend zu beurteilen.

II./2.  Zur Bergung des Lkw:

Mit Schreiben vom 04.11.2013 hat die AA GmbH die Bezirkshauptmannschaft X über den Unfall vom xx.xx.xxxx informiert und mitgeteilt, dass die Bergung des Unfallwracks unter Aufsicht des geotechnischen Sachverständigen OO und unter Beiziehung der Marktgemeinde GG als Grundeigentümerin erfolgen soll. Zur Bergung soll mit Hilfe eines Baggers ein ca 40 m langer Stichweg zum verunfallten Lkw hergestellt werden. Mittels eines Hydromeisels soll der Beton in der Mischertrommel abgeschrammt und abtransportiert werden. Anschließend soll der in Teile zerlegte Betonmischwagen geborgen werden. Diesem Schreiben war auch eine Sachverhaltsdarstellung von OO vom 05.11.2013 angeschlossen. Die Behörde wurde um Mitteilung ersucht, ob die geschilderten Bergemaßnahmen durchgeführt werden können.

Mit Schreiben vom 06.11.2013 hat die Bezirkshauptmannschaft X der AA GmbH dazu mitgeteilt, dass die zur Bergung erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr einer drohenden Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen erfolgen und daher unter den Ausnahmetatbestand des § 2 Abs 1 lit b TNSchG 2005 fallen und somit keiner naturschutzrechtlichen Bewilligung bedürfen. Die AA GmbH wurde jedoch von der Behörde aufgefordert, über die einzelnen Bergungsabschnitte – insbesondere über die mögliche Verunreinigung des Unfallbereiches durch Treibstoffe oder Schmiermittel – zu berichten. Auf eine mögliche forstrechtliche Unzulässigkeit der Bergung hat die Bezirkshauptmannschaft, die auch für die Vollziehung des ForstG 1975 zuständig ist, nicht hingewiesen.

In der Folge wurde die Bergung des Betonmischwagens unter fachlicher Aufsicht des geotechnischen Sachverständigen OO und unter Beiziehung der Marktgemeinde GG als Grundeigentümerin vorgenommen. Mit Stellungnahmen vom 12.11.2013, 16.11.2013, 25.11.2013 und 13.12.2013 hat OO die Bezirkshauptmannschaft und die Marktgemeinde über die durchgeführten Bergemaßnahmen informiert. Diese von der AA GmbH veranlassten Bergemaßnahmen waren erforderlich, um den Betonmischwagen bergen zu können. Die Beseitigung der beim Unfall vom xx.xx.xxxx und bei der anschließenden Bergung des Betonmischwagens entstandenen Waldschäden wurden jedoch von der AA GmbH nicht veranlasst und ist bis dato nicht erfolgt.

III.    Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde (Zl *****). Die Feststellungen zum Unfallhergang und zur Verantwortlichkeit auf der Baustelle ergeben sich aus dem im Akt einliegenden rechtskräftigen Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 17.09.2015, Zl 2R104/15h. Die Feststellungen zur durchgeführten Lkw-Bergung und zu deren Erforderlichkeit ergeben sich insbesondere aus den Stellungnahmen des geotechnischen Sachverständigen OO.

Im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 45 Abs 3 AVG hat das Landesverwaltungsgericht den Parteien des Verfahrens den festgestellten Sachverhalt mit Schreiben vom 11.05.2018, Zl LVwG-2016/44/1228-1, zur Kenntnis gebracht. Dazu hat sich die Marktgemeinde GG mit Schreiben vom 27.06.2018 geäußert und auf die zum Unfallzeitpunkt geltende Tonnagebeschränkung verwiesen. Die Marktgemeinde habe der Überschreitung dieser Tonnagebeschränkung nicht zugestimmt; ihr sei als Eigentümerin der Straße und des angrenzenden Waldgrundstückes ein erheblicher Schaden entstanden. Die AA GmbH hat im Rahmen des Parteiengehörs insbesondere auf die im Zivilrechtsweg rechtskräftig festgestellte Haftungsfrage verwiesen. Der Sachverhalt wurde im Rahmen des Parteiengehörs somit nicht in Zweifel gezogen und steht daher unbestritten fest.

IV.      Rechtslage:

Die relevanten Bestimmungen des Forstgesetzes 1975 (ForstG 1975) lauten auszugsweise wie folgt:

„Waldverwüstung

§ 16.

(1) Jede Waldverwüstung ist verboten. Dieses Verbot richtet sich gegen jedermann.

(2) Eine Waldverwüstung liegt vor, wenn durch Handlungen oder Unterlassungen

a)   die Produktionskraft des Waldbodens wesentlich geschwächt oder gänzlich vernichtet,

b)   der Waldboden einer offenbaren Rutsch- oder Abtragungsgefahr ausgesetzt,

c)   die rechtzeitige Wiederbewaldung unmöglich gemacht oder

d)   der Bewuchs offenbar einer flächenhaften Gefährdung, insbesondere durch Wind, Schnee, wildlebende Tiere mit Ausnahme der jagdbaren, unsachgemäße Düngung, Immissionen aller Art, ausgenommen solche gemäß § 47, ausgesetzt wird oder Abfall (wie Müll, Gerümpel, Klärschlamm) abgelagert wird.

(3) Wurde eine Waldverwüstung festgestellt, so hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen zur Abstellung der Waldverwüstung und zur Beseitigung der Folgen derselben vorzukehren. Insbesondere kann sie hiebei in den Fällen des Abs. 2 eine bestimmte Nutzungsart vorschreiben, innerhalb einer zu bestimmenden angemessenen Frist jede Fällung an eine behördliche Bewilligung binden oder anordnen, daß der Verursacher die Gefährdung und deren Folgewirkungen in der Natur abzustellen oder zu beseitigen hat. Privatrechtliche Ansprüche des Waldeigentümers bleiben unberührt.

(…)

Forstaufsicht

§ 172.

(6) Wenn Waldeigentümer, Einforstungsberechtigte oder andere Personen bei Behandlung des Waldes oder in seinem Gefährdungsbereich (§ 40 Abs. 1) die forstrechtlichen Vorschriften außer acht lassen, hat die Behörde, unbeschadet der allfälligen Einleitung eines Strafverfahrens, die zur umgehenden Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes möglichen Vorkehrungen einschließlich der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen, wie insbesondere

a)   die rechtzeitige und sachgemäße Wiederbewaldung,

(…)

dem Verpflichteten durch Bescheid aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und nötigenfalls gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten durchführen zu lassen.

(…)“

V.       Erwägungen:

Vorweg ist festzuhalten, dass das Gst Nr **2/1 im Grenzkataster überwiegend der Benützungsart Wald (Wälder, Forststraßen) zugeordnet ist und der unmittelbare Unfallbereich im Tiris als Schutzwald im Ertrag ausgewiesen ist. Beim Gst Nr **1/1 handelt es sich hingegen um öffentliches Gut im Eigentum der Marktgemeinde GG, das im Grenzkataster der Benützungsart Straßenverkehrsanlage zugeordnet ist. Für dieses Grundstück gilt somit nicht die Vermutung der Waldeigenschaft iSd § 3 Abs 1 ForstG 1975. Dem Tiris lässt sich aber entnehmen, dass es sich beim Gst Nr **1/1 um den vor 1950 erbauten Forstweg „GG“ handelt. Eine abschließende Klärung der Waldeigenschaft des Gst Nr **1/1 – und somit der Zuständigkeit der Forstbehörde – kann jedoch aufgrund folgender Überlegungen unterbleiben.

Verpflichteter eines Auftrages nach § 172 Abs 6 iVm § 16 Abs 3 ForstG 1975 ist, wer die außer Acht gelassene forstrechtliche Vorschrift einzuhalten hat und sie – als Voraussetzung einer Anordnung – außer Acht gelassen hat. Zu beachten ist also, wen die außer Acht gelassene Vorschrift belastet. Dabei ist ein Auftrag nach § 172 Abs 6 iVm § 16 Abs 3 ForstG 1975 grundsätzlich verschuldensunabhängig, es ist also vom Verursacherprinzip auszugehen. Die Verpflichtung zur Wiederbewaldung trifft somit den objektiven Verursacher.

Der Unfall vom xx.xx.xxxx wurde verursacht, da der Lkw-Lenker NN von den Mitarbeitern der CC GmbH im Rahmen des Baustellenverkehrs ausdrücklich angewiesen wurde, den Lieferbeton mit dem 32-Tonnen-Lkw über den Forstweg „GG“ zu transportieren, obwohl auf diesem ein Fahrverbot für Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von mehr als 10 t bestanden hat. Die CC GmbH war verantwortlich für die Einrichtung dieser Baustellenzufahrt. Objektiver Verursacher des Schadensereignisses war somit die CC GmbH, in deren Einflussbereich es gelegen wäre, eine rechtlich zulässige und sichere Zufahrtsmöglichkeit zu gewährleisten, die auch durch schwere Betonmischwägen befahren werden hätte dürfen.

Die AA GmbH stellte hingegen der EE GmbH & Co KG lediglich den verunfallten Betonmischwagen samt Fahrer zur Verfügung, um die Baustelle der CC GmbH mit Beton zu versorgen. Die AA GmbH war nicht für die Einrichtung der Baustellenzufahrt verantwortlich. Sie kann daher in Bezug auf das Schadensereignis vom xx.xx.xxxx nicht als Verursacherin iSd § 172 Abs 6 iVm § 16 Abs 3 ForstG 1975 herangezogen werden.

Die AA GmbH ist nicht die kausale Verursacherin der Waldschäden, die infolge des Unfalls vom xx.xx.xxxx entstanden sind. Soweit die AA GmbH als Eigentümerin des verunfallten Betonmischwagens dessen Bergung unter fachlicher Aufsicht und mit Zustimmung der belangten Behörde und unter Beiziehung der Gemeinde als Grundeigentümerin vorgenommen hat, liegt auch kein Verstoß gegen das Verbot der Waldverwüstung vor. Ganz im Gegenteil war diese Lkw-Bergung zur Beseitigung einer Waldverwüstung erforderlich. Daran ändert auch nichts, dass die AA GmbH die notwendige Rekultivierung der Waldfläche und die Wiederherstellung des Forstweges nach Abschluss der Bergungsarbeiten unterlassen hat. Die bei der fachgerechten und notwendigen Bergung entstandenen Waldschäden sind nämlich kausale Folge des Unfalls vom xx.xx.xxxx, weshalb dafür nicht die AA GmbH als Verursacherin herangezogen werden kann.

Es ist auch nicht ersichtlich, welches rechtmäßige Alternativverhalten von der AA GmbH zu erwarten gewesen wäre. Hätte sie das verunfallte Lkw-Wrack samt Betriebsflüssigkeiten und Ladung im ca 35° bis 40° steilen Wald belassen, wäre der Waldschaden allenfalls noch größer ausgefallen. Außerdem wäre in Anbetracht der ca 70 m unterhalb verlaufenden Eisenbahnstrecke eine akute Gefahrensituation für Menschen bestehen geblieben. Eine Übertretung der forstrechtlichen Vorschriften als Voraussetzung einer Anordnung nach § 172 Abs 6 iVm § 16 Abs 3 ForstG 1975 kann in der gegenständlichen Lkw-Bergung nicht erkannt werden.

Der mit der fachgerechten und notwendigen Bergung verbundene Waldschaden wäre im Übrigen auch dann eingetreten, wenn nicht die AA GmbH, sondern der Verursacher des Unfalls, der Grundeigentümer oder die Behörde die notwendige Lkw-Bergung veranlasst hätte. Für die aus dem Unfall vom xx.xx.xxxx entstandenen notwendigen Bergeschäden kann somit nicht die AA GmbH verantwortlich gemacht werden. So kann auch dem abgeschlossenen Verfahren vor dem Zivilgericht entnommen werden, dass die CC GmbH gegenüber der AA GmbH für die entstandenen Bergekosten schadenersatzpflichtig ist.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde sind auch nicht die Besitzverhältnisse am verunfallten Betonmischwagen kausal für den entstandenen Waldschaden. Auch die kraftfahrrechtliche Zulassung ist mangels einer Halter- bzw Gefährdungshaftung in §§ 16 und 172 ForstG 1975 irrelevant.

Zusammenfassend ist also die AA GmbH nicht objektive Verursacherin des infolge des Unfalls vom xx.xx.xxxx entstandenen Waldschadens. Sie kommt daher nicht als Adressatin des angefochtenen Bescheides in Betracht, weshalb ihrer Beschwerde Folge zu gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben ist.

Es erübrigt sich daher ein Eingehen auf die Frage, ob der angefochtene Leistungsbescheid, dem weder die betroffenen Waldparzellen noch die zu setzenden Pflanzen in quantitativer und qualitativer Hinsicht entnommen werden können, den Bestimmtheitsanforderungen des § 59 AVG genügt (vgl dazu VwGH 26.02.1996, 95/10/0132, RS 8).

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Spielmann

(Richter)

Schlagworte

Waldverwüstung; Wiederbewaldung; Forstpolizeilicher Auftrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2016.44.1228.5

Zuletzt aktualisiert am

26.07.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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