TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/11 W132 2141178-1

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Veröffentlicht am 11.07.2018
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Entscheidungsdatum

11.07.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W132 2141178-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und den Richter Mag. Christian DÖLLINGER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien vom XXXX, VN XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

Der angefochtene Bescheid wird mit der Maßgabe bestätigt, dass der Grad der Behinderung (GdB) dreißig (30) von Hundert (vH) beträgt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 29.05.2007 hat Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) einen Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses auf Grund des in Höhe von 30 vH festgestellten Grades der Behinderung abgewiesen.

2. Am 07.06.2016 hat die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde unter Vorlage eines Befundkonvolutes neuerlich einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt.

2.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Innere Medizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 06.09.2016, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung in Höhe von 20 vH bewertet wurde.

2.2. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG abgewiesen und einen Grad der Behinderung in Höhe von 20 vH festgestellt.

Dem Bescheid wurde das eingeholte Sachverständigengutachten in Kopie beigelegt.

3. Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben. Unter Vorlage von Beweismitteln wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die chronisch obstruktive Lungenerkrankung, das Carpaltunnelsyndrom links, die Arthrosen beider Hände sowie der Diabetes mellitus nicht berücksichtigt worden seien. Auch sei nicht nachvollziehbar weshalb der Grad der Behinderung der Laktoseintoleranz von 30 vH auf 20 vH herangesetzt worden sei.

3.1. Mit dem - im Bundesverwaltungsgericht am 02.12.2016 eingelangten - Schreiben vom 24.11.2016 hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde vorgelegt.

3.2. Mit dem Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.01.2017 wurde die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass gem. § 46 BBG neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen.

3.3. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 07.03.2017, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH bewertet wurde.

3.4. Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG mit Hinweis auf die Neuerungsbeschränkung gemäß § 46 BBG erteilten Parteiengehörs haben weder die belangte Behörde noch die Beschwerdeführerin Einwendungen erhoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich die Beschwerdeführerin mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland.

Der Verwaltungsakt ist unter Anschluss der Beschwerdeschrift am 02.12.2016 im Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 vH.

1.2.1. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Guter Allgemeinzustand, guter Ernährungszustand. Haut und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, kein Ikterus, keine periphere oder zentrale Zyanose.

Caput: HNAP frei. Kein Meningismus, sichtbare Schleimhäute unauffällig. Zunge feucht, wird gerade hervorgestreckt, normal. Brillenträgerin. PR unauffällig. Rachen bland. Gebiss prothetisch. Hörvermögen unauffällig.

Collum: Halsorgane unauffällig. Blande Narbe nach Bandscheibenoperation. Keine Einflussstauung, keine Stenosegeräusche.

Thorax: Symmetrisch. Cor: HAT rhythmisch, mittellaut, normfrequent. Herzdämpfungsfigur unauffällig. Puls 72/min. Blutdruck 140/90.

Pulmo: Sonorer KS, Vesikuläratmen. Basen atemverschieblich. Keine Dyspnoe in Ruhe beim Gang im Zimmer.

Abdomen: Bauchdecken in Thoraxniveau. Hepar nicht vergrößert. Lien nicht palpabel. Keine pathologischen Resistenzen tastbar, indolent. Blande NVH nach AE. NL beidseits frei.

Obere Extremitäten: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig. Schultergürtel steht horizontal. Symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört. Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden. Nacken- und Schürzengriff möglich. In den Gelenken altersentsprechend frei beweglich bis auf endlagige Funktionsstörung linke Schulter und deutliche Fingerpolyarthrosen mit Schwellungen. Faustschluss beidseits etwas abgeschwächt, eine Sensibilitätsstörung wird nicht angegeben, Feinmotorik und Fingerfertigkeit eingeschränkt. Keine Atrophie der kleinen Hand- oder Thenarmuskulatur.

Untere Extremitäten: Rotationseinschränkung beider Hüften, endlagige Funktionsstörung beider Knie, sonst in den Gelenken altersentsprechend frei beweglich. Bandstabilität, keine Sensibilitätsausfälle. Selbständige Hebung beider Beine von der Unterlage möglich. Grobe Kraft an den Beinen seitengleich altersentsprechend. Symmetrische Sohlenbeschwielung. Fußpulse tastbar. Verstärkte Venenzeichnung. Keine Ödeme. PSR seitengleich unauffällig. Nervenstämme frei. Lasegue negativ.

Wirbelsäule: In der Aufsicht gerade, weitgehend im Lot. In der Seitenansicht verstärkte Brustkyphose. FBA 10 cm. Aufrichten frei. Kein Klopfschmerz der LWS. Schober, Ott unauffällig. Endgradig eingeschränkte Seitneigung und Seitdrehung der LWS, endgradig eingeschränkte Beweglichkeit der HWS. Kinn-Brustabstand 1 cm. Hartspann der paravertebralen Muskulatur.

Gesamtmobilität-Gangbild: Kommt ohne Stockhilfe weitgehend unauffällig. Zehenballen- und Fersengang sowie Einbeinstand beidseits möglich. Die tiefe Hocke wird ohne anhalten zu 2/3 durchgeführt. Vermag sich selbständig aus- und wieder anzuziehen.

Sensorium: Bewusstsein klar. Allseits orientiert. Gut kontaktfähig. Gedanken in Form und Inhalt geordnet. Psychomotorisch ausgeglichen. Merk- und Konzentrationsfähigkeit erhalten. Keine produktive oder psychotische Symptomatik. Antrieb und Affekt unauffällig.

1.2.2. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

01

Degenerative Gelenksveränderungen Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da mäßige Funktionseinschränkungen bei Fingerpolyarthrosen, Handgelenksarthrosen, Schultergelenksabnützung links mehr als rechts, Hüftgelenksabnützung und Kniegelenksabnützung beidseits.

02.02.02

30 vH

02

Diabetes mellitus Typ II Heranziehung dieser Position mit dem mittleren Rahmensatz, da weitgehend ausgeglichene Blutzuckereinstellung durch regelmäßige Medikamenteneinnahme gewährleistet ist. Inkludiert auch kompensierte Nephropathie.

09.02.01

20 vH

03

Laktoseintoleranz Heranziehung dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da strikte Diät erforderlich.

07.04.04

20 vH

04

Degenerative Wirbelsäulenveränderungen Heranziehung dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da geringe Funktionseinschränkungen bei Cervicalsyndrom und Lumboischialgien nach erfolgreicher Halswirbelsäulenoperation mit Cageimplantation C5-6 ohne maßgebliche aktuelle radikuläre Ausfälle - inkludiert auch Osteoporose

02.01.01

20 vH

05

Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da unter regelmäßiger medikamentöser Therapie stabilisiert.

06.06.01

10 vH

06

Arterieller Bluthochdruck Fixposition

05.01.01

10 vH

Gesamtgrad der Behinderung

30 vH

 

 

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 vH, da das führende Leiden unter Nr. 01 durch die Leiden unter Nr. 02-04 nicht weiter erhöht wird, da keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht.

Leiden 05-06 erhöhen nicht weiter da diese Leiden von zu geringer funktioneller Relevanz sind.

Die Reduzierung der Einstufung der Laktoseintoleranz gegenüber der Beurteilung 2007 um eine Stufe, erfolgt auf Grund der Besserung des Leidenszustandes - eine Lactase Einnahme ist nun nicht mehr erforderlich.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:

Das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten Dris. XXXX ist schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.

Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Die vorgelegten Beweismittel stehen hinsichtlich des klinischen Befundes nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, es wird kein anderes Funktionsdefizit beschrieben als gutachterlich festgestellt wurde und sie enthalten auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind. Sie sind in die Beurteilung eingeflossen.

Dr. XXXX begründet seine Beurteilung des Gelenksleidens überzeugend damit, dass aufgrund der neuerlichen Untersuchung hinsichtlich der Arthrose der Hände zusammen mit den übrigen degenerativen Gelenksveränderungen eine Verschlimmerung gegenüber dem Gutachten der belangten Behörde objektivierbar ist, wodurch eine Erhöhung des Grades der Behinderung für dieses Krankheitsbild zu erfolgen hatte. Er beschreibt weiters nachvollziehbar, dass die Beurteilung unter Richtsatzposition 02.02.02 mit einem Grad der Behinderung von 30 vH zu erfolgen hat, da zwar deutliche Fingergelenkpolyarthrosen mit Schwellungen vorliegen und der Faustschluss beidseits etwas abgeschwächt ist, dass aber nur mäßige Funktionseinschränkungen bestehen. Diese Beurteilung steht im Einklang mit der Einschätzungsverordnung welche Richtsatzposition 02.02.02 mit einem Grad der Behinderung von 30 vH für generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates mit funktionellen Auswirkungen mittleren Grades vorsieht.

Zusammenfassend begründet Dr. XXXX seine Beurteilung überzeugend, dass aufgrund der neuerlichen Untersuchung für die Arthrose der Hände zusammen mit den übrigen degenerativen Gelenksveränderungen eine Verschlimmerung gegenüber der bisherigen Beurteilung objektiviert werden konnte, sodass eine Anhebung des Grades der Behinderung dieses Leidens sowie des Gesamtgrades der Behinderung um eine Stufe gerechtfertigt ist.

Der Sachverständige erörtert weiters schlüssig, dass eine in Remission befindliche Arteriitis temporalis, ein Zustand nach erfolgreicher Radiofrequezablation bei Barettösophagus, ein Zustand nach erfolgreicher Helicobacter pylori Eradikation, ein unkomplizierter Gallenblasencholesterolpolyp und nicht behandlungspflichtige Dysthymie, Spannungskopf-schmerzen, Hämorhoidalknoten, Zustand nach Nävusenentfernung, Hepatopahtie ohne dokumentierte Lebersynthesestörung, Colondivertikulose, Hypercholesterinämie, Zustand nach Blinddarmentfernung und Colon irritable mit habitueller Obstipation keinen Grad der Behinderung erreichen. Relevante Funktionseinschränkungen oder Folgeschäden, welche aus diesen Gesundheitsschädigungen resultieren, konnten nicht objektiviert werden.

Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung der Beschwerdeführerin wurde nunmehr dem Ausmaß entsprechend unter Position 06.06.01 mit einem Grad der Behinderung von 10 vH beurteilt, da diese unter regelmäßiger medikamentöser Therapie stabilisiert ist, Vesikuläratmung vorliegt und bei Ruhe und Gang im Zimmer keine Dyspnoe besteht.

Entgegen den Ausführungen in der Beschwerdeschrift, der Diabetes mellitus sei nicht berücksichtigt worden, ist festzuhalten, dass diese Gesundheitsschädigung bereits im Gutachten der belangten Behörde unter Position 09.02.01 mit einem Grad der Behinderung von 20 vH beurteilt wurde, da guter Behandlungserfolg bei medikamentöser Therapie vorliegt. Auch die neuerliche Begutachtung Dris. XXXX hat keine Änderung dieser Beurteilung ergeben, da eine weitgehend ausgeglichene Blutzuckereinstellung durch regelmäßige Medikamenteneinnahme gewährleistet ist, wobei bei der Beurteilung dieser Gesundheitsschädigung auch die kompensierte Nephropathie inkludiert ist.

Ein einschätzungsrelevantes Carpaltunnelsyndrom konnte weder im Rahmen der Untersuchung objektiviert werden, noch wurden diesbezüglich Befunde in Vorlage gebracht.

Das Sachverständigengutachten Dris. XXXX steht - auch in Zusammenschau mit dem erstinstanzlichen eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX - mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den vorgelegten Beweismitteln kein überzeugender Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Dem Gutachten eines Sachverständigen kann zwar auch ohne Gegengutachten in der Weise entgegengetreten werden, als die Parteien Unschlüssigkeiten oder Unvollständigkeiten des Gutachtens aufzeigen. Die Beschwerdeführerin ist dem - nicht als unschlüssig zu erkennenden - Sachverständigengutachten jedoch im Rahmen des erteilten Parteiengehöres nicht entgegengetreten.

Die Krankengeschichte der Beschwerdeführerin wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.

Die Angaben der Beschwerdeführerin konnten nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(§ 40 Abs. 1 BBG)

Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist. (§ 40 Abs. 2 BBG)

Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

(§ 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988)

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(§ 41 Abs. 1 BBG)

§ 1, § 41 Abs. 1 und 2, § 55 Abs. 4 und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 treten mit 1. September 2010 in Kraft. (§ 54 Abs. 12 BBG auszugsweise)

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)

Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)

In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden. (§ 46 BBG auszugsweise idF des BGBl. I Nr. 57/2015)

§ 46 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2015 tritt mit 1. Juli 2015 in Kraft. (§ 54 Abs. 18 BBG)

Das Beschwerdevorbringen wurde insofern berücksichtigt, als nunmehr neuerlich eine persönliche Untersuchung erfolgte. Da objektiviert werden konnte, dass das Ausmaß der Gelenksleiden der Beschwerdeführerin eine Anhebung des Grades der Behinderung rechtfertigt und ein Grad der Behinderung von 30 vH festgestellt wurde, jedoch die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses weiterhin nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(§ 24 Abs. 1 VwGVG)

Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(§ 24 Abs. 2 VwGVG)

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Gesundheitsschädigungen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.

Im Rahmen des Parteiengehörs hatten die Verfahrensparteien die Möglichkeit sich zu äußern. Das Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens wurde jedoch nicht bestritten. Es wurden der Beschwerde keine Beweismittel beigelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Das Beschwerdevorbringen war - wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt - nicht geeignet, relevante Bedenken an den sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen hervorzurufen. Die Beschwerdeführerin wurde im behördlichen Verfahren persönlich innerfachärztlich und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren persönlich allgemeinmedizinisch untersucht. Die vorgebrachten Argumente und bis 02.12.2016 vorgelegten Beweismittel wurden im eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt, soweit diese einschätzungsrelevante Aspekte enthalten bzw. noch aktuell sind. Das Vorbringen wird durch die beigebrachten Beweismittel nicht erhärtet, vielmehr stehen diese nicht im Widerspruch zum eingeholten Sachverständigenbeweis. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und unbestritten. Daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter. (VfGH vom 09.06.2017, E 1162/2017)

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage zu § 46 letzter Satz BBG stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W132.2141178.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.07.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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