TE Lvwg Erkenntnis 2018/5/7 VGW-101/014/11653/2017

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Veröffentlicht am 07.05.2018
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Entscheidungsdatum

07.05.2018

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §13 Abs1
GewO 1994 §26 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Richterin Dr. Findeis über die Beschwerde des Herrn X.Y. vom 17.8.2017 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 63, Gewerberecht, Datenschutz und Personenstand, vom 17.7.2017, …, betreffend Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung vom 23.1.2018, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

B E G R Ü N D U N G

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 26 Abs. 2 GewO 1994 die Nachsicht vom Ausschluss von der Ausübung des Gewerbes: „Gastgewerbe in der Betriebsart Gasthaus“ verweigert Begründend legte die belangte Behörde unter Wiedergabe der herangezogenen Rechtsgrundlagen, der Eckdaten der ausschlussbegründenden Verurteilungen und der dieser zu Grunde liegenden Tatanlastungen, des Vorbringens im behördlichen Ermittlungsverfahren sowie der einschlägigen Rechtsprechung im Wesentlichen dar, dass eine selbstständige, unternehmerische Tätigkeit im Gastgewerbe insbesondere aufgrund des damit verbundenen betrieblichen Umfeldes (fluktuierender Ein- und Weiterverkauf von Waren; Lagerbestände; betriebliche Einrichtung, regelmäßige Personaleinsatz etc.) geeignet sei, allgemeine Grundsätze des ordentlichen Wirtschaftens zu missachten bzw. zu umgehen, indem beispielsweise Aufzeichnungen nicht oder nur lückenhaft geführt, Jahresabschlüsse verfälscht, Eigenkapital für private Zwecke entnommen, Investitionen trotz Vorliegens liquider Engpässe getroffen bzw. Steuern und Abgaben nicht bzw. fristgerecht abgeführt werden. Aufgrund der umfassenden Befugnisse, welche die Funktion eines Gewerbeinhabers oder handelsrechtlichen Geschäftsführers mit sich bringen, bieten sich praktisch uneingeschränkte Möglichkeiten, aus persönlichen Motiven und Eigennützigkeit dritte Personen (Kunden, Geschäftspartner, Fiskus, Behörden) bewusst zu schädigen und finanziell zu übervorteilen. Der Beschwerdeführer sei in den vergangenen Jahrzehnten beinahe uneingeschränkt unternehmerisch tätig gewesen; zumindest die Verurteilungen aus den Jahren 2008 und 1999 (bzw. 1987) seien in unmittelbarem Zusammenhang zu seiner geschäftlichen (gewerblichen) Tätigkeit gestanden, wobei er die zu diesem Verurteilungen führenden, strafbaren Handlungen zum Teil auch außerhalb seines eigentlichen Verantwortungsbereiches begangen habe: Als leitender Angestellter, vermeintlich Bevollmächtigter, bzw. „faktischer Geschäftsführer“. Der Inhalt der Gerichtsakten sowie seine persönlichen Äußerung im gegenständlichen Verfahren geben Einblick in die unternehmerische Bandbreite und Vielschichtigkeit seines Tuns. Gleichzeitig seien im Hinblick auf seine Persönlichkeit Rückschlüsse möglich, die auf eine getriebene Geschäftigkeit, verbunden mit notorischen, jedoch bewussten Fehleinschätzungen sowie auf eine grundsätzliche Uneinsichtigkeit hinsichtlich seines in der jüngeren Vergangenheit gesetzten Verhaltens hindeuten.

Der Beschwerdeführer sei in insgesamt drei Fällen als Unternehmer - bzw. „de facto Unternehmer“ - wegen grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen verurteilt worden. Hinzukämen Verurteilungen wegen Abgabenhinterziehung und schweren Betrugs, wobei er zu langen, unbedingten Haftstrafen sowie zu einer Geldstrafe in Millionenhöhe (ATS) verurteilt worden sei. Sämtliche Verurteilungen, mit Ausnahme der Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung im Jahr 1978 - auch die nicht als ausschlussbegründenden im Sinne der GewO - beruhten auf Vermögensdelikten. Der Beschwerdeführer sei demnach in sechs Fällen strafgerichtlich verurteilt worden, wobei fünf der Verurteilungen als einschlägig und somit für die Beurteilung der Frage des Vorliegens der Voraussetzungen einer Nachsicht wesentlich und daher zu berücksichtigen seien. Hinzukomme, dass der Zeitraum zwischen den einzelnen Verurteilungen oft mehrere (ca zehn) Jahre umfasse, sodass auch ein mitunter längeres, innerhalb diesen zehn Jahresschritten liegendes Wohlverhalten seit der letzten Verurteilung nicht wirklich aussagekräftig erscheine.

In der dagegen rechtzeitigen Beschwerde vom 17.8.2017 argumentiert der Beschwerdeführer, die herangezogenen Verurteilungen lägen bereits sehr lange zurück und bemängelt, dass betreffend seine Person keine – wie im Gesetz gefordert – konkrete Prognose erstellt worden sei. Eine solche bedürfe einer genauen und schlüssigen Begründung, welche hier nicht vorläge.

Am 16.5.2017 habe er ausführlich und wahrheitsgetreu seinen Lebensweg dargestellt, die verschiedenen Sachverhalte aufgezeigt, welche ihm nachvollziehbar sein Fortkommen extrem erschwert hätten. Seit dem Jahr 2000 sei er immer einen geraden Weg gegangen, ohne mit dem Gesetz (so wie früher) in Konflikt zu kommen. Seitdem sei er auch mit Schwerpunkt im Gastgewerbe tätig. Seine Kenntnisse, Erfahrungen, Kontakte und Chancen lägen in der Gastronomie, sowie insgesamt das Gastgewerbe seinen (späteren) Lebensweg bestimmt habe und stellten seine Tätigkeiten in der Gastronomie zu dem die Basis für sein wirtschaftliches Fortkommen und das seiner Familie dar. Seit Jahren übe er die Funktion eines handelsrechtlichen Geschäftsführers des Gastronomiebetriebes der B. GmbH (neu) aus, wobei es (seine Person betreffend) zu keinen behördlichen Beanstandungen gekommen sei; er habe immer alle Auflagen im Zuge von gerichtlichen und/oder behördlichen Anordnungen ordnungsgemäß eingehalten.

Die von der belangten Behörde dargelegten zeitlichen Analysen betreffend seine Verurteilungen ließen erkennen, dass man sich geradezu zwanghaft bemühe, sein insgesamt sichtlich bereits lange Zeit vorliegendes Wohlverhalten zu negieren und alle möglichen Varianten einer möglichen, neuerlichen Delinquenz in den Raum zu stellen. Dies stehe im eklatanten Widerspruch zur Bundesverfassung und EMRK. Darüberhinaus bemängelt der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde unterlassen hätte eine Stellungnahme der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft einzuholen; er beantrage die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Am 24.1.2018 fand vor dem Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, der die belangte Behörde fernblieb. Beweis wurde durch Verlesung des Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des hg. Aktes sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers erhoben.

Das Verwaltungsgericht Wien sieht folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

Der Beschwerdeführer ist 1954 geboren. Er absolvierte eine kaufmännische Lehre.

Im Alter von 21 Jahren wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 22.6.1976, …, rechtskräftig am 10.11.1976, wegen des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 erster Fall und Abs. 2 StGB zu einer Geldstrafe von 240 Tagessätzen zu je 100 ATS (24.000 ATS), im Nicht-Einbringungsfall zu 120 Tagen Ersatzfreistrafe, verurteilt.

Der Beschwerdeführer wurde zwei Jahre später erneut vom Landesgericht für Strafsachen Wien mit Urteil vom 31.7.1978, …, rechtskräftig seit 23.11.1987, wegen des Vergehens des schweren Diebstahls nach § 127 Abs. 1, § 128 Abs. 1 Z 1 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 100 ATS (12.000 ATS), im Nichteinbringungsfall 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.

Im Alter von 29 Jahren wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien vom 17.8.1983, …, rechtskräftig seit 7.2.1984, wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 60 ATS (3000 ATS), im Nichteinbringungsfall 25 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.

Das Landesgericht für Strafsachen Wien verurteilte den 32-jährigen Beschwerdeführer mit Urteil vom 26.11.1986, …, (rechtskräftig am 10.4.1987), des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 erster Fall StGB sowie des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 12, 146, 147 Abs. 3, 148 StGB und des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und 2 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von vier Jahren, die gemäß Entschließung des Bundespräsidenten vom 15.12.1987 (…) unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren teilweise bedingt nachgesehen wurde.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 19.5.1999, …, in der Fassung des Urteiles des OLG Wien, …, (rechtskräftig am 25.5.1999 bzw. am 13.10.1999) wurde der Beschwerdeführer (nunmehr 34 Jahre alt) wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB, des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 StGB, des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs. 1 und Abs. 2 und des Vergehens der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs. 2 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 2 Jahren, (herabgesetzt auf 20 Monate), sowie wegen des Finanzvergehens der teilweise vollendeten, teilweise versuchten Abgabenhinterziehung nach den §§ 33 Abs. 1 und 13 sowie das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach dem § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG, zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, zu einer Geldstrafe von 26 Millionen ATS, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt. Er wurde schuldig erkannt

I. in Wien und anderen Orten Österreichs mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der getäuschten unrechtmäßig zu bereichern Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet zu haben, die anderen an ihrem Vermögen schädigten, wobei der Schaden 500.000 ATS überstieg und zwar

1.) als Geschäftsführer der X. GmbH im Oktober 1992 Verantwortlichen der Bank N. durch die Behauptung die X. GmbH habe einen Schadensersatzanspruch von 1,350.000 ATS so wie er selbst einen Schmerzensgeldanspruch in der Höhe von 150.000 ATS gegen die H. Versicherung AG aufgrund eines Verkehrsunfalles vom 30.6.1992, und diese Forderung als Sicherung eines Darlehens von 1,000.000 ATS an die genannte Bank zedierte, wobei er verschwieg, dass bereits am 8.9.1002 durch die genannte Versicherung ein Betrag von 750.000 ATS X. GmbH bezahlt worden war und eine vorläufige Deckungszusage nur für maximal zwei Drittel des Schadensbetrages vorlag, zur Zuzählung eines Darlehens in der Höhe von 1,000.000 ATS, wodurch die genannte Bank mit 1,000.000 ATS an ihren Vermögen geschädigt wurde;
2.) Ende September 1995 F. W. durch die unrichtige Behauptung, die A.-GesmbH habe beim Finanzamt für Körperschaften ein Steuerguthaben in Höhe von 558.690 ATS, wobei er eine Mitteilung mit Stand 31.7.1995 vorwies, verbunden mit der Behauptung, dieses sei realisierbar, wobei er verschwieg, dass der Steuerguthaben Ende August 1995 nur mehr mit 405.630 ATS bestand, welches mit laufenden Steuern gegen gerechnet wurde und gerade eine Betriebsprüfung der genannten Gesellschaft im Gange war, weswegen jegliche Auszahlung unmöglich war zur Zahlung von 150.000 ATS zur Übernahme des genannten Steuerguthabens, wobei F W. mit 150.000 ATS an seinem Vermögen geschädigt wurde;

II. Am 10.5.1995 seine Zeichnungsberechtigung auf dem Konto der V.-Ges.m.b.H. Nr. … bei der Bank …, sohin die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, dadurch wissentlich missbrauchte, dass er den Betrag von 1,490.251,40 ATS behob und für sich verwendete, wodurch die genannte Gesellschaft mit dem genannten Betrag in ihrem Vermögen geschädigt wurde;

III. als Geschäftsführer der X. GmbH Bestandteile ihres Vermögens beiseite schaffte und dadurch die Befriedigung der Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen, nämlich des Finanzamtes für Körperschaften, vereitelt oder geschmälert, wodurch der Schaden 500.000 ATS überstieg und zwar

1.) im August/September 1992 und im September 1993 zumindest 1,200.000 ATS der X. GmbH für den Erwerb einer Motoryacht …, die er unter dem Namen seiner Eltern, …, von der FIRMA F. GesmbH, kaufte, Schaden: zumindest

1,200.000 ATS;

2.) Ende 1994 dadurch, dass er den 1991 von der X. GmbH zu einem Preis von 1,850.000 ATS angekauften PKW Mercedes … L. schenkte und buchhalterisch als um einen Preis von 43.000 ATS verkauft behandelte, ohne dass dieser Betrag der genannten Gesellschaft hat sich zugeflossen wäre, Schaden: zumindest 340.000 ATS;

IV. Im Frühjahr 1998 in Wien durch Vorlage eines verfälschten gerichtsmedizinischen Gutachtens über seine Blutalkoholkonzentration am 27.3.1997 ein verfälschtes Beweismittel in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren (Führerscheinentziehungsverfahrens) gebraucht. Das Oberlandesgericht Wien führte aus Anlass der Berufung des Finanzamtes für Körperschaften in der Strafbemessung wegen §§ 33 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a, 13 FinstrG betreffend das Verhalten des Beschwerdeführers aus: Kommt daher indem durch viele Jahre konsequent auf rechtswidrige Vorteilsverschaffung ausgerichteten strafbaren Vorgehen des Angeklagten in der Tat eine kriminelle Energie besonders ausgeprägte Art zum Vorschein, dass nur zufolge finanzrechtliche Regelungen den erheblich privilegieren Vorschriften des FinStrG zu unterstellen war, gebieten die Belange der Spezial- und Generalprävention den zusätzlichen Ausspruch einer Freiheitsstrafe, umso zumindest ansatzweise den durch einen geradezu habituellen Hang ausgezeichneten Fehlhandlungen des Täters gerecht zu werden und überdies in der näheren Umgebung des Angeklagten ein Signal dahin zu setzen, dass Finanzvergehen dieser Ausformungen und Intensität entschieden entgegenzutreten ist und sohin nur mit Strenge, die Normentreue des Bürgers stärkenden Sanktionen das Auslangen gefunden werden kann.

Im Alter von 44 Jahren wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, als handelsrechtlicher Geschäftsführer bzw. in tatsächlicher Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Belange der nachgenannten Gesellschaften in Wien vorsätzlich in mehrfachen Tathandlungen eine Verkürzung nachangeführter Abgaben bewirkt zu haben, nämlich

I. Unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht

A./ eine in zu niedriger Festsetzung gelegene Verkürzung bescheidmäßig festzusetzender Abgaben, nämlich der Umsatzsteuer, in dem er unrichtige Steuererklärungen (samt dazugehöriger Bilanz) abgab, sodass dadurch beruhende Bescheide erlassen wurden und zwar

a.) Hinsichtlich der Ra. GesmbH

1.) am 25.6.1991 für das Jahr 1989, Bescheid vom 5.11.1991 um 112.750 ATS;

2.) am 20.1.1992 für das Jahr 1990, Bescheid vom 26.2.1992 um 138.583 ATS;

3.) am 1.2.1993 für das Jahr 1991, Bescheid vom 3.3.1993; um 4.449.569 ATS;

b.) Hinsichtlich der Fo. GesmbH, vormals der X. GmbH

1.) am 16.3.1993 für das Jahr 1991, Bescheid vom 15.6.1993 um 6.094.329 ATS;

2.) am 30.3.1994 für das Jahr 1992, wobei ein darauf beruhende Bescheid erlassen werden sollte (Versuch), um 7,524.000 ATS,

B./ eine Verkürzung der selbst zu berechnenden Kapitalertragsteuer für verdeckte Gewinnausschüttungen bewirkte, indem er ihre Einhaltung, Anmeldung und Abfuhr (§§ 93, 95, 96 EStG 1988) unterließ und zwar

a.) hinsichtlich der Ra. GembH;

1.) im Jahr 1990 um 45.850 ATS,

2.) im Jahr 1991 um 1.107.615 ATS;

3.) im Jahr 1992 um 2.000.407 40.308 ATS;

4..) Im Jahr 1993 um 2.833.333 ATS;

b.) Hinsichtlich der FU. GesmbH, vormals X. GmbH

1.) im Jahr 1991 um 1.233.992 ATS;

2.) im Jahr 1992 um 3.083.982 ATS;

3.) im Jahr 1993 um 2.081.448 ATS;

4.) im Jahr 1994 um 2.115.384 ATS:

II./ Unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung der selbst zu berechnen Umsatzsteuervorauszahlungen, und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hielt,

indem er keine bzw. zu geringe Umsatzsteuervorauszahlungen entrichtete bzw. unrechtmäßige Gutschriften bewirkte und zwar
a.) hinsichtlich der Ra. GmbH

1.) vom 10.3.1992 bis 10.2.1993 für das Jahr 1992 um 7.141.924 ATS;

2.) vom 10.3.1993 bis zum 10.2.1994 für das Jahr 1993 um 9.233.580 ATS

3.) vom 10.3.1994 bis zum 10.9.1994 für die Monate Jänner bis Juli 1994 um
1.436.716 ATS

[b.)] hinsichtlich der FU. GesmbH vormals X. GmbH

1.) vom 10.3.1993 bis zum 10.2.1994 für das Jahr 1993 um 8.019.943 ATS;

2) vom 10.3.1994 bis zum 10.2.1995 für das Jahr 1994 um 7.680.968 ATS.

Zuletzt wurde der 52 jährige Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 4.4.2008, …, (rechtskräftig seit 4.4.2008) wegen des Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigungen von Gläubigerinteressen I. nach § 159 Abs. 1, 5 Z 4 und 5 (161 Abs. 1) StGB und II. 159 Abs. 2 und5 Z 4 und 5 (161 Abs. 1) StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten, bedingt nachgesehen Untersetzung einer Probezeit von 3 Jahren, verurteilt. Er hatte als leitender Angestellter nach genannter juristischer Personen (§ 309 StGB)

I./ nämlich als faktischer Geschäftsführer der Ka. Ges.m.b.H., im Zeitraum zweites Halbjahr 2003 bis spätestens Jahresende 2003 und als Geschäftsführer der Be.-ges.m.b.H ab 21.9.2004 bis zu einem noch festzustellen Zeitpunkt grob fahrlässig die Zahlungsunfähigkeit der nachgenannten Firmen dadurch herbeigeführt, dass er kridaträchtig handelte (§ 159 Abs. 5 StGB), indem er, entgegen den Grundsätzen ordentlichen Wirtschaftens

a./ Geschäftsbücher oder geschäftliche Aufzeichnungen zu führen unterlassen hat bzw. so geführt, dass ein zeitnahe Überblick über ihre wahre Vermögens-, Finanz- und Ertragslage erheblich erschwert wurde bzw. sonstige geeignete und erforderliche Kontrollmaßnahmen, die ihnen einen solchen Überblick verschafft hätten, unterlassen hat;

b./ Jahresabschlüsse, zu deren Erstellung er verpflichtet ist, so spät erstellte, dass ein zeitnahe Überblick über seine wahre Vermögens-, Finanz- und Ertragslage erheblich erschwert wurde, mithin kridaträchtig handelte;

II./Nämlich als faktischer Geschäftsführer der Ka. Ges.m.b.H. ab Jahresende 2003-2005 in Kenntnis Beziehung Weise zumindest fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft die Befriedigung wenigstens eines ihrer Gläubiger dadurch vereitelt oder geschmälert, dass er die unter Punkt I./a./ und b./ genannten kridaträchtigen Handlungen fortsetzte. Das Gericht wertete das Geständnis des am Ende des Tatzeitraumes 51 jährigen Beschwerdeführers und dessen Wohlverhalten seit längerer Zeit als mildernd, erschwerend die Vorstrafen.

Seit 1.2.2012 bezieht der Beschwerdeführer eine Berufsunfähigkeitsperson in Höhe von 891 Euro monatlich.

Seinen eigenen Angaben zufolge ist der Beschwerdeführer derzeit handelsrechtlicher Geschäftsführer der Be.-gesellschaft m.b.H. Unternehmensgegenstand ist die Vermietung, Verpachtung und Verwertung von Liegenschaften. Angaben zu den Besitzverhältnissen an der C., der Alleingesellschafterin der Be.-gesellschaft m.b.H. verweigerte er.

Der Beschwerdeführer ist seit Juli 2017 handelsrechtlicher Geschäftsführer der E. GmbH, deren Unternehmensgegenstand die Vermietung und Verpachtung von Geschäftslokalen ist (…). Seine Tätigkeit in der Slowakei umschrieb der Beschwerdeführer dahingehend, dass er handelsrechtlicher Geschäftsführer der beiden nachgenannten Gesellschaften mit beschränkter Haftung, der B. s.r.o. sowie der S. s.r.o., ist., treuhändig deren Gesellschaftsanteile für G. halte, welcher … eine Betriebsstätte in der Slowakei errichten möchte. Derzeit übten beide Unternehmungen keine Geschäftstätigkeit aus, es würden nur Kontakte geknüpft. Er koordiniere auch österreichische Unternehmen für die Neuankömmlinge, z.B. Amerikaner, Franzosen, Italiener in der Slowakei.

Für den Fall dass die Nachsicht erteilt werde und die Fa. B. die Gastgewerbeberechtigung erhalten sollte, beabsichtigt der Beschwerdeführer in …, - an dieser Adresse wohne seine 92-jährige, an Parkinson leidende Mutter, ein „Wirtshaus“ zu betreiben.

 

Nach derzeitigem Stand der Strafregistereintragungen tritt die Tilgung der genannten Straftaten voraussichtlich mit 4.4.2023 ein.

Dazu wurde erwogen:

Natürliche Personen sind entsprechend § 13 Abs. 1 GewO 1994 von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie

1. von einem Gericht verurteilt worden sind

a) wegen betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (§ 153d StGB), organisierter Schwarzarbeit (§ 153e StGB), betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Begünstigung eines Gläubigers oder grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§§ 156 bis 159 StGB) oder

b) wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen und

2. die Verurteilung nicht getilgt ist.

 

Vermögensdelikte und Kridadelikte – letztere unabhängig vom Strafausmaß – bewirken den Gewerbeausschluss. Das Strafrecht legt für Kridadelikte als

Sanktion nur Freiheitsstrafen fest. Da in diesem Bereich sehr häufig Freiheitsstrafen verhängt werden, die drei Monate nicht übersteigen, werden die Kridadelikte im § 13 unabhängig von der Höhe des Strafausmaßes als Gewerbeausschlussgrund festgelegt. (Im Jahr 2000 wurde die weit überwiegende Zahl der Straftäter, die wegen grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen verurteilt wurden, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, die drei Monate nicht überstiegen hat; (EBGRNov 2002).

Gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 die Nachsicht von diesem Ausschluss zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist.

Mit dem Nachsichtsrecht soll vermieden werden, dass Bestimmungen, die für den Regelfall richtig sind, auf Ausnahmefälle angewendet, zu widersinnigen Ergebnissen führen (EB 1973). Die Nachsicht gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 ist erst dann zu erteilen, wenn die in dieser Bestimmung genannte Befürchtung gar nicht besteht.

Die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung bindet die Gewerbebehörde solcher Art, dass ihr die neuerliche Prüfung, ob der Antragsteller jene Straftaten, nach denen er verurteilt wurde, tatsächlich begangen hat, verwehrt ist. Hingegen hat die Gewerbebehörde die Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale für die Erteilung der Nachsicht selbstständig zu beurteilen, ohne hierbei an gerichtliche Strafzumessungsgründe bzw. den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung über die bedingte Strafnachsicht oder den Strafaufschub gebunden zu sein (VwGH 17.4.2012, 2008/04/0009); es handelt sich hierbei um einen ausschließlich von der Gewerbebehörde zu beurteilenden gewerberechtlichen Tatbestand.

Bei ihrer Prognose gemäß § 26 Abs. 1 GewO ist auf die „Eigenart der strafbaren Handlung“ gleichermaßen wie auf die „Persönlichkeit des Verurteilten“ und eine allfällige positive Persönlichkeitsentwicklung Bedacht zu nehmen. Zu berücksichtigen sind alle äußeren Umstände die auf die Persönlichkeitsentwicklung – sei es im positiven oder negativen Sinn – von Einfluss sein können, wie zum Beispiel Schadenswiedergutmachung; unbescholtene Lebensführung seit Tatbegehung; Rückfall in neuerliche Straftaten; diese Umstände sind mit der Eigenart und Schwere begangene Straftaten sowie stets mit Blick auf die Frage abzuwägen, ob eine nachvollziehbare (begründete) Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein Antragsteller bei Ausübung des Gewerbes gleiche oder ähnliche Straftaten begehen wird. Diese Abwägung kann in der Regel aufgrund allgemeiner menschlicher Erfahrung vorgenommen werden (Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung³ (2011), § 26 RZ 10).

Das Verwaltungsgericht Wien verkennt nicht, dass selbst die letzte Straftat des Beschwerdeführers schon 13 Jahre zurückliegt, doch eine bereits 10 Jahre zurückliegende Verurteilung wegen des Vergehens grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen bedeutet allein aufgrund der verstrichenen Zeit noch keine Änderung des aus dieser Straftat abzuleitenden Persönlichkeitsbildes; denn im Beschwerdefall stehen dieser Zeitdauer eine große Anzahl vorangegangener Vermögensdelikte und der Umstand gegenüber, dass der Beschwerdeführer wiederholt nach längerer Andauer eines Wohlverhaltens erneut straffällig wurde. Konkret beging der Beschwerdeführer fahrlässige Krida, schweren, gewerbsmäßigen Betrug, erneut schweren Betrug, Untreue, Fälschung eines Beweismittels (respektive Gebrauch im verwaltungsbehördlichen Verfahren), Abgabenhinterziehung in gravierendem Umfang und grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen.

Die Ausübung des Gastgewerbes bietet in vielfacher Weise Gelegenheit zur Begehung von strafbaren Handlungen gegen fremdes Vermögen und gegen die Zuverlässigkeit von Urkunden und insoweit zu Begehung ähnlicher (gegen dieselben Rechtsgüter gerichteter) Delikte, wie sie den strafgerichtlichen Verurteilungen des Nachsichtwerber zugrunde lagen. Wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, ist eine selbstständige, unternehmerische Tätigkeit im Gastgewerbe insbesondere aufgrund des damit verbundenen betrieblichen Umfeldes (fluktuierender Ein- und Weiterverkauf von Waren; Lagerbestände; betriebliche Einrichtung, regelmäßiger Personaleinsatz, etc…) geeignet, allgemeine Grundsätze des ordentlichen Wirtschaftslebens zu missachten bzw. zu umgehen, indem beispielsweise Aufzeichnungen nicht oder nur lückenhaft geführt werden, Jahresabschlüsse verfälscht werden, Eigenkapital für private Zwecke entnommen wird, Investitionen trotz Vorliegens liquider Engpässe getroffen werden sowie Steuern und Abgaben nicht bzw. nicht fristgerecht abgeführt werden. Aufgrund umfassender Befugnisse, welche die Funktion eines Gewerbeinhabers oder eines handelsrechtlichen Geschäftsführers mit sich bringen, bieten sich mannigfaltige Möglichkeiten, aus persönlichen Motiven und Eigennützigkeit, dritte Personen (Kunden, Geschäftspartner, Fiskus, Behörden) zu schädigen und finanziell zu übervorteilen.

Der Beschwerdeführer führt zu seinen Gunsten ins Treffen, dass ihn das Zusammensein mit seiner Ehegattin, der Tod seines Vaters und die schwere Erkrankung seiner betagten Mutter geläutert hätten. Dass er in seiner Jugend ein „Lotterleben“ geführt habe und blauäugig durch die Welt gelaufen sei, stelle er nicht in Abrede. Dies wäre auch mit seinem Umgang in Zusammenhang gestanden, dass er seinen guten Freunden vertraut habe und benennt in diesem Zusammenhang drei wegen eigener Malversationen in die Schlagzeilen geratene Rechtsanwälte.

Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer keineswegs nur in seiner Jugend deliktisch gehandelt hat, sondern Vermögensdelikte auch als Vierzig- und auch als Fünzigjähriger gesetzt hat. Dazukommt, dass der Beschwerdeführer bei der Nennung der drei Rechtsanwälte keineswegs den Eindruck hinterließ, mit diesen tatsächlich befreundet gewesen zu sein, vielmehr war naheliegend, dass er dabei seiner Fabulierlust gefrönt habe, um seine Verantwortung für die bisherigen Straftaten geringer erscheinen zu lassen. Damit wird erkennbar, dass dem Beschwerdeführer tatsächliche Schuldeinsicht fehlt. Dem Beschwerdeführer gelang es auch nicht, während seiner persönlichen Einvernahme seine „Läuterung“ glaubhaft darzutun, da er diesbezüglich nur Schlagworte kundtat, ohne dazu schlüssige Angaben zu machen. Ebenfalls vage und daher wenig glaubhaft blieben seine Ausführungen zu seiner derzeitigen Tätigkeit im In- und benachbarten Ausland.

Das allein durch die verstrichene Zeit eine Änderung des auf die Straftat abzuleiten Persönlichkeitsbildes indiziert wäre, weil die dieser Verurteilung zugrunde liegenden strafbaren Handlungen bereits entfernt zurückliegen, kann im Hinblick auf die Vielzahl der Tathandlungen noch nicht gesagt werden. Im Hinblick auf erfolgten Ausführungen kann nicht auf eine derartige Wandlung der des Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers geschlossen werden, dass die Begehung gleichartiger Straftaten nicht mehr zu befürchten ist. Gerade das sich aus den gerichtlichen Verurteilungen zugrunde liegenden Straftaten manifestierende Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers im Zusammenhalt mit seiner Selbstdarstellung in der mündlichen Verhandlung geben Anlass zur Befürchtung, er werde, sollte er neuerlich in eine vergleichbare Situation geraten, wiederum einen Ausweg in ähnlichen Straftaten suchen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass eine obligatorische Befassung der zuständigen Gliederung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft nicht mehr besteht: arg.“…kann die Behörde…“ (siehe Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung³ (2011), § 346 RZ 2) und im anhängigen Verfahren kein stichhältiger Grund hervorgekommen oder geltend gemacht worden ist, dass die Einholung eines Gutachtens der Landeskammer zur Ermittlung des Sachverhaltes zweckentsprechend sei, weshalb eine solche unterblieben ist.

Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Überdies liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Gewerbeberechtigung, Entzug der; Gewerbeausschluss; gerichtliche Verurteilung; Prognoseentscheidung; Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten; Wohlverhalten, zwischenzeitliches; Schuldeinsicht; Persönlichkeitsbild; gewerberechtliche Zukunftsprognose; Vermögensdelikt; Gläubigerinteressen; Gastgewerbe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.101.014.11653.2017

Zuletzt aktualisiert am

25.07.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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