TE Lvwg Erkenntnis 2018/5/17 VGW-101/020/5895/2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.05.2018
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Entscheidungsdatum

17.05.2018

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §87 Abs1
GewO 1994 §91 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Schopf über die Beschwerde der G. KG gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 63, vom 21.03.2018, Zl. …,

zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit angefochtenem Bescheid entzog der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 63, gemäß § 91 Abs. 2 in Zusammenhang mit § 87 Abs. 1 Ziffer 3 GewO 1994 der Beschwerdeführerin die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes „Baugewerbetreibender, eingeschränkt auf ausführende Tätigkeiten“, GISA-Zahl ..., im Standort Wien, D.-gasse.

Dagegen richtet sich die innerhalb offener Frist eingebrachte Beschwerde, mit welcher geltend gemacht wird, die Behörde habe auf den Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 12.1.2018, mit welchem um Fristerstreckung ersucht worden sei, überhaupt nicht reagiert, sie habe nämlich dieses Ansuchen weder berücksichtigt noch habe sie die Beschwerdeführerin vor dem angefochtenen Bescheid darüber informiert, dass dem Antrag nicht stattgegeben werde.

Auch läge keine mangelnde Zuverlässigkeit der Person mit maßgebendem Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte vor, weil in einem Zeitraum von 3 Jahren lediglich 2 Sachverhalte verwirklicht worden seien, die eine behördliche Verfolgung ausgelöst hätten. Die Gewerbebehörde habe bereits einmal erfolglos versucht, der Beschwerdeführerin das Gewerbe zu entziehen. Das Persönlichkeitsbild der in Rede stehenden Person sei positiv und liege keine Begründung für eine negative Prognose vor.

Unter Berücksichtigung des Wohlverhaltenszeitraumes der Beschwerdeführerin, der kurzen Tatbegehungszeiten, des relativ großen Zeitraumes, innerhalb dessen die Delikte verwirklicht worden seien sowie einer mangelnden Tatwiederholung in 2 Jahren hätte die Behörden von der Entziehung der Gewerbeberechtigung absehen müssen.

Weiters habe sich die Behörde nicht mit der Möglichkeit der Anwendung eines gelinderen Mittels auseinandergesetzt, zumal es hier möglich gewesen wäre, den Entzug der Gewerbeberechtigung zeitlich befristet auszusprechen; dies insbesondere bis zu dem Zeitpunkt, bis der von der belangten Behörde gewünschte Zustand eingetreten sei und nachgewiesen worden sei.

Letztlich wird vorgebracht, auch wenn seitens der Beschwerdeführerin ein gewerberechtlicher Grund für die in Rede stehende Maßnahme nicht gesetzt worden sei, werde Herr D., sofern die belangte Behörde dies weiterhin begehre, seine Funktion als Komplementär bei der Beschwerdeführerin zurücklegen. Dazu bedürfe es jedoch der notwendigen Zeit, um einen neuen Komplementär einzusetzen.

Beantragt wurde, das Verwaltungsgericht Wien möge den angefochtenen Bescheid aufheben, in eventu vor Entscheidungsfindung eine mündliche Verhandlung durchführen. Gleichzeitig wurden zum Nachweis des Vorbringens Unterlagen beigelegt.

Unter Bedachtnahme auf den vorliegenden Akteninhalt, den angefochtenen Bescheid sowie das Vorbringen in der Beschwerde ergibt sich folgender Sachverhalt:

Die G. KG, Rechtsform: Kommanditgesellschaft, Firmenbuchnummer: ... ist zur Ausübung des Gewerbes „Baugewerbetreibender, eingeschränkt auf ausführende Tätigkeiten" im Standort Wien, D.-gasse, GISA-Zahl ..., berechtigt. Als unbeschränkt haftender Gesellschafter fungiert Herr M. D., geboren 1979, dem kraft dieser Funktion ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte dieser Gesellschaft zusteht. Herr M. D. wurde rechtskräftig schuldig erkannt, nachfolgend genannte schwerwiegende Verstöße gegen die im Zusammenhang mit der Ausübung des Gewerbes „Baugewerbetreibender, eingeschränkt auf

ausführende Tätigkeiten“ zu beachtenden Rechtsvorschriften begangen zu haben:

1. mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den … Bezirk zur GZl.: MBA …, rechtskräftig seit 09.06.2013, es als unbeschränkt haftender Gesellschafter und somit als gemäß § 9 Abs.1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufenes Organ der G. KG mit Sitz in Wien, W.-straße zu verantworten zu haben, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin in der Zeit von 28.01.2013 bis 05.02.2013 auf der Baustelle einer Wohnhausanlage in R., M.-str. den Ausländer F. DR., geboren 1977, serbischer Staatsbürger, als Trockenbauer beschäftigt hat, obwohl für diesen weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4 und § 4c Ausländerbeschäftigungsgesetz), oder Zulassung als Schlüsselkraft (§§ 12 bis 12c leg.cit.) oder eine Entsendebewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5 leg.cit.) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a leg.cit.), oder ein Befreiungsschein (§ 15 und § 4c leg.cit.) oder eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ (§ 41a Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG)“ oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 Fremdengesetz 1997 - FrG) ausgestellt wurde. Anlässlich einer Kontrolle durch das Finanzamt … am 05.02.2013 gegen 15 Uhr wurde der serbische Staatsangehörige, Herr F. Dr., geb. 1977 auf der Baustelle einer Wohnhausanlage in R., M.-str. bei der Montage von Gipskartonplatten angetroffen. Er gab an Trockenbauarbeiten und die Montage von Gipskartonplatten im Auftrag der G. KG durchzuführen. Als Arbeitszeit gab er an, seit 28.01.2013, jeweils montags bis freitags von 7:00 Uhr bis 17:00 oder 18:00 Uhr bis zumindest 05.02.2013 um 15 Uhr beschäftigt zu sein. Als Entlohnung gab er ca. 1.300,-- € pro Monat an, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 28 Abs.1 Z 1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975, in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG begangen zu haben (Strafe: Geldstrafe von € 500,00)

2. mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den … Bezirk zur GZl.: …, rechtskräftig seit 19.06.2013, es als unbeschränkt haftender Gesellschafter und somit als gemäß § 9 Abs.1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen Berufener der G. KG mit Sitz in Wien, W.-straße, das ist der Ort, von dem aus die erforderlichen Meldungen zu erstatten gewesen wären, zu verantworten zu haben, dass es diese Gesellschaft als Dienstgeberin in der Zeit von 28.01.2013 bis 05.02.2013 unterlassen hat, die von ihr am 05.02.2013 gegen 15 Uhr auf der Baustelle einer Wohnhausanlage in R., M,-str. beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person, F. DR., geb.: 1977, beschäftigt ab 28.01.2013 als Bauarbeiter vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger

anzumelden, wobei die Anmeldeverpflichtung so erfüllt hätte werden können, dass die Dienstgeberin in zwei Schritten meldet, und zwar vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummern, Namen und Versicherungsnummern, bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung), weil die Dienstgeberkontonummern, die Namen und die Versicherungsnummern, bzw. die Geburtsdaten der oben angeführten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme vor Arbeitsantritt nicht dem zuständigen Krankenversicherungsträger gemeldet worden waren. Anlässlich einer Kontrolle durch das Finanzamt … am 05.02.2013 gegen 15 Uhr wurde der serbische Staatsangehörige, Herr F. Dr., geb. 1977 auf der Baustelle einer Wohnhausanlage in R., M,-str. bei der Montage von Gipskartonplatten angetroffen. Er gab an Trockenbauarbeiten und die Montage von Gipskartonplatten im Auftrag der G. KG durchzuführen. Als Arbeitszeit gab er an, seit 28.01.2013, jeweils montags bis freitags von 7:00 Uhr bis 17:00 oder 18:00 Uhr bis zumindest 05.02.2013 um 15 Uhr beschäftigt zu sein. Als Entlohnung gab er ca. 1.300,-- € pro Monat an., und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 33 Abs. 1 ASVG iVm § 111 Abs. 1 Z. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) begangen zu haben (Strafe: Geldstrafe in der Höhe von € 365,00),

3. mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den … Bezirk zur GZl.: …, rechtskräftig seit 02.04.2016, es als unbeschränkt haftender Gesellschafter und somit als gemäß § 9 Abs.1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufenes Organ der G. KG mit Sitz in Wien, W.-straße, zu verantworten zu haben, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin entgegen § 3 AuslBG am 12.06.2015 um 12:45 Uhr in Wien, H.-straße die Ausländer 1) S. B., geboren 1973, serbischer Staatsbürger, 2) R. K., geboren 1991, serbischer Staatsbürger, beschäftigt hat, obwohl für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt, noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder diese keine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder eine „Rot-Weiß-Rot –Karte plus”, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besaßen und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs.1 Ziffer 1

lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 72/2013 in Verbindung mit § 3 leg.cit., in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG begangen zu haben (Strafe: 2 Geldstrafen von je € 3.000,00)

4. mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den … Bezirk zur GZl.: …, rechtskräftig seit 19.12.2016, I.) es als unbeschränkt haftender Gesellschafter und somit als gemäß § 9 Abs.1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen Berufener der G. KG mit Sitz in Wien, W.-straße, das ist der Ort, von dem aus die erforderlichen Meldungen zu erstatten gewesen wären, zu verantworten zu haben, dass es diese Gesellschaft als Dienstgeberin am 12.06.2015 um 12:45 Uhr unterlassen hat, die von ihr am 12.06.2015 um 12.45 Uhr auf der Baustelle in Wien, H.-straße, als Bauhelfer beschäftigten, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherten Personen, 1) S. B., geb.: 1973, beschäftigt ab 12.06.2015 2) R. K., geb.: 1991, beschäftigt ab 12.06.2015 vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden, wobei die Anmeldeverpflichtung so erfüllt hätte werden können, dass die Dienstgeberin in zwei Schritten meldet, und zwar vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummern, Namen und Versicherungsnummern, bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung), weil die Dienstgeberkontonummern, die Namen und die Versicherungsnummern, bzw. die Geburtsdaten der oben angeführten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme vor Arbeitsantritt nicht dem zuständigen Krankenversicherungsträger gemeldet worden waren und

II.) es als unbeschränkt haftender Gesellschafter und somit als gemäß § 9 Abs.1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen Berufener der G. KG mit Sitz in Wien, W.-straße, das ist der Ort, von dem aus die erforderlichen Meldungen zu erstatten gewesen wären, zu verantworten zu haben, dass es diese Gesellschaft als Dienstgeberin am 23.06.2015 um 10:35 Uhr unterlassen hat, die von ihr am 23.06.2015 um 10:35 Uhr auf der Baustelle in Wien, H,-straße, als Spachtler beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person, J. V., geb.: 1978, beschäftigt ab 23.06.2015 vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden, wobei die Anmeldeverpflichtung so erfüllt hätte werden können, dass die Dienstgeberin in zwei Schritten meldet, und zwar vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummern, Namen und Versicherungsnummern, bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung), weil die Dienstgeberkontonummern, die Namen und die Versicherungsnummern, bzw. die Geburtsdaten der oben angeführten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme vor Arbeitsantritt nicht dem zuständigen Krankenversicherungsträger gemeldet worden waren und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach zu I. und II) § 33 Abs. 1 und 1a ASVG iVm § 111 Abs. 1 Z. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) begangen zu haben (Strafe: 3 Geldstrafen von je € 2.300,00).

Mit Schreiben vom 3.11.2017 wurden der Beschwerdeführerin diese Schuldsprüche betreffend Herrn M. D. zur Kenntnis gebracht und darauf hingewiesen, dass dieser nicht mehr die für die Ausübung gegenständlichen Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit besitze. Die Beschwerdeführerin wurde aufgefordert, Herrn M. D. binnen einer Frist von 2 Monaten ab Zustellung dieses Schreibens zu entfernen und dies der Behörde nachzuweisen. Angedroht wurde, dass bei fruchtlosem Verstreichen dieser Frist die in Rede stehende Gewerbeberechtigung entzogen werde.

Mit Schreiben vom 12.1.2018 wurde in Beantwortung der Verfahrensanordnung vom 3.11.2017, die der Beschwerdeführerin am 13.11.2017 zugestellt worden war, der Antrag gestellt, von einem Vorgehen nach § 91 Abs. 2 GewO abzusehen, zumal die Entfernung des Komplementärs für die Beschwerdeführerin und die dort beschäftigten Arbeitnehmer massive wirtschaftliche Nachteile nach sich ziehe und die Gründe für ein derartiges Vorgehen aus Sicht der betroffenen Partei nicht vorlägen. Sollte die Behörde ihre Forderung aufrechterhalten, wurde ein Antrag auf Verlängerung dieser Frist um weitere 4 Monate gestellt. Innerhalb der behördlich gesetzten Frist könne dem Auftrag nicht nachgekommen werden, weil ausschließlich die betroffene Person die Funktion des einzig selbstständig vertretungsbefugter unbeschränkt haftenden Gesellschafters bekleidete und ein Entfernen dieser Person ohne entsprechenden Rechtsnachfolger die Auflösung der Gesellschaft bedeuten würde. Die Neubesetzung gestalte sich erwartungsgemäß schwierig und bedürfe entsprechender Zeit. Daraufhin erging der angefochtene Bescheid.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt.

Schutzinteressen gemäß Z 3 sind gemäß § 87 Abs. 1 letzter Satz GewO 1994 insbesondere die Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung, der Kinderpornographie, des Suchtgiftkonsums, des Suchtgiftverkehrs, der illegalen Prostitution sowie der Diskriminierung von Personen aus dem Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung (Art. III Abs. 1 Z 3 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 - EGVG, BGBl. I Nr. 87/2008).

Ist der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine eingetragene Personengesellschaft und beziehen sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe oder der in § 85 Z 2 angeführte Endigungsgrund sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, so hat die Behörde dem Gewerbetreibenden gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 eine Frist bekanntzugeben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat („Maßnahmeverfahren“).

Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) stellt die in § 91 Abs. 2 GewO 1994 (in Verbindung mit einem Tatbestand des § 87 Abs. 1) geregelte Entziehung nur die Sanktion für die Nichtentfernung der betreffenden natürlichen Person aus ihrer gesellschaftsrechtlichen Funktion dar. Die Gewerbeinhaberin soll vorab die Möglichkeit haben, durch fristgerechte Entfernung der mit einem Ausschluss- oder sonstigen Entziehungsgrund belasteten Person den gesetzmäßigen Zustand herzustellen und so die Entziehung ihrer Gewerbeberechtigung abzuwenden. Änderungen im maßgebenden Sachverhalt nach Ablauf der dem Gewerbetreibenden gesetzten behördlichen Frist – d.h. wohl inbesondere eine verspätete Entfernung dieser Person - sind unbeachtlich. Gelingt diese Entfernung aus welchen Gründen immer nicht fristgerecht, so ist die Gewerbeberechtigung nach Maßgabe der vorangegangenen Verfahrensanordnung zu entziehen. (vgl. etwa VwGH 11.11.2015, Ra 2015/04/0063; VwGH 21.1.2015, 2013/04/0127; VwGH 29.6.2005, 2005/04/0012, mwV). Die Rechtmäßigkeit der selbst nicht als Bescheid zu qualifizierenden Verfahrensanordnung einschließlich der dafür ausschlaggebenden Gründe kann im sodann folgenden Entziehungsverfahren geltend gemacht (bzw. bestritten) werden; der allenfalls ergangene Entziehungsbescheid kann auch aus diesen Gründen im Rechtsmittelweg bekämpft werden (vgl. VwGH 11.11.2015, Ra 2015/04/0063, VwGH 21.1.2015, 2013/04/0127, mwV).

In seinem in letzter Zeit ergangenen Erkenntnis vom 29.06.2017, Ra 2017/04/0059 brachte der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck, dass die in § 91 Abs. 2 GewO 1994 geregelte Entziehung der Gewerbeberechtigung eine Sanktion für die Nichtentfernung der Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, darstelle; Änderungen im maßgebenden Sachverhalt nach Ablauf der dem Gewerbetreibenden gesetzten behördlichen Frist seien unbeachtlich (Hinweis B vom 17. Februar 2016, Ra 2016/04/0012, mwN). Es sei daher alleine die Aufforderung der Gewerbebehörde gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 und deren rechtliche Beurteilung durch das VwG maßgeblich (vgl. auch das E vom 11. November 2015, Ra 2015/04/0063, 0064, wonach es dem VwG nicht zustehe, nach der Aufforderung gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 die Gründe, aus denen die Entfernung einer Person mit maßgebendem Einfluss für erforderlich erachtet wurde, auszutauschen).

Nach ebenfalls gefestigter Rechtsprechung wird durch die Aufforderung nach § 91 Abs. 2 GewO 1994 die Sache des gegenständlichen, hierzu akzessorischen Entziehungsverfahrens festgelegt, zu welcher auch die in dieser Aufforderung angeführten für die Entfernung der natürlichen Person ausschlaggebenden Gründe (und nur diese) gehören. Somit darf der nachfolgende Entziehungsbescheid nur auf jenen Entziehungstatbestand und nur auf jene Gründe gestützt werden, die Gegenstand dieser Aufforderung waren und steht es auch dem Verwaltungsgericht im Rechtsmittelverfahren nicht zu, diese Gründe auszutauschen (bzw. zu erweitern), (vgl. VwGH 11.11.2015, Ra 2015/04/0063, mwV). Zu prüfen ist vielmehr, ob die behördliche Aufforderung zum maßgebenden Zeitpunkt insgesamt rechtmäßig und begründet war und – gegebenenfalls – vom Gewerbeinhaber befolgt wurde.

Auch in seinem Erkenntnis vom 22.02.2011, 2007/04/0001 hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass sich das Wesen der Aufforderung gemäß § 91 Abs 2 GewO in der Bekanntgabe der Rechtsansicht der Behörde über das Vorliegen eines Entziehungsgrundes in der betroffenen natürlichen Person und darüber, dass dieser Person ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte des Gewerbetreibenden zukommt, verbunden mit der nicht weiter sanktionierten Aufforderung, innerhalb der gesetzten Frist durch Entfernung dieser Person den gesetzmäßigen Zustand herzustellen, um so die Entziehung der Gewerbeberechtigung zu vermeiden, erschöpft. Eine derartige Aufforderung hat unabhängig davon zu ergehen, ob und auf welche Weise es dem Gewerbetreibenden rechtlich möglich ist, der betroffenen Person die mit dem maßgeblichen Einfluss auf den Geschäftsbetrieb verbundene Position zu entziehen. Gelingt die Entfernung von dieser Position - aus welchen Gründen immer - nicht fristgerecht, so ist die Gewerbeberechtigung zu entziehen (Hinweis E vom 28.3.2001, Zl. 2000/04/0164).

Steht im Rahmen der Beurteilung des Entziehungstatbestandes des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 auf Grund rechtskräftiger und noch nicht getilgter Bestrafungen fest, dass der Gewerbeinhaber einschlägige schwerwiegende und noch nicht lange zurückliegende Verstöße rechtswidrig und schuldhaft begangen hat, ergibt sich daraus die für die Gewerbeausübung fehlende Zuverlässigkeit als zwingende Rechtsvermutung und bedarf es (anders als etwa bei Heranziehung bereits getilgter Bestrafungen) keiner weiteren Beurteilung des Persönlichkeitsbildes. Bei der Bewertung der Strafverfahren bzw. der dort ergangenen Entscheidungen ist nach der ständigen Rechtsprechung auf die Art der verletzten Schutzinteressen und die Schwere ihrer Verletzung Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 14.10.2015, Ra 2015/04/0065; VwGH 17.6.2014, Ro 2014/04/0025, mwV).

Herr M. D. ist als einziger selbständig nach außen vertretungsbefugter Komplementär der BF eine Person, der im Sinn des § 91 Abs. 2 GewO 1994 seit über zehn Jahren maßgebender Einfluss auf den Geschäftsbetrieb des Unternehmens der BF zukommt. Das von der BF angemeldete ausführende Baumeistergewerbe („Baugewerbetreibender“ im Sinn des § 99 Abs. 5 GewO 1994) ist gemäß § 94 Z 5 GewO 1994 ein reglementiertes Gewerbe, welches die nachweisliche fachliche Befähigung des (im Fall der BF gemäß § 9 Abs. 1 zu bestellenden) gewerberechtlichen Geschäftsführer erfordert. Ferner unterliegt es als nach Art und Umfang besonders gefahrengeneigtes und mit großer Verantwortung verbundenes Gewerbe den Bestimmungen des § 95 GewO 1995 (vorgeschaltete Zuverlässigkeitsprüfung; Genehmigungspflicht von Anmeldung und Geschäftsführerbestellung).

Die von M. D. verwaltungsstrafrechtlich zu verantwortenden und zum Zeitpunkt der Verfahrensanordnung vom 03.11.2017 rechtskräftig bestraften Übertretungen des AuslBG und des ASVG waren bei der Zuverlässigkeitsprüfung nach § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 relevant, da sie Verstöße gegen Rechtsvorschriften betreffen, die gerade auch im Zusammenhang mit dem ausführenden Baugewerbe zu beachten sind.

Es entspricht der ständigen Judikatur des VwGH, dass Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes und des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes für das Vorliegen schwerwiegender Verstöße im Sinne des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 sprechen (siehe etwa VwGH vom 14.3.2012, 2012/04/0014). Die obgenannten rechtskräftig festgestellten Übertretungen stellen daher jedenfalls schwerwiegende Verstöße gegen

die im Zusammenhang mit dem Baugewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen dar, welche die Zuverlässigkeit ausschließen.

Bei den Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes handelt es sich deshalb um schwer wiegende Verstöße, da diese im erheblichem Ausmaß staatliche und privatwirtschaftliche Interessen schädigen, die im Bereich einer Verzerrung des Arbeitsmarktes hinsichtlich des Arbeitsangebotes, des Lohndumpings, der Hinterziehung von Steuern und Abgaben sowie eines primären Zuganges inländischer Arbeitskräfte zum Arbeitsmarkt liegen. Ferner steht die illegale Beschäftigung einzelner ausländischer Arbeitskräfte auch Gesamtinteressen aller ausländischen Arbeitskräfte in ihrer Gesamtheit entgegen, da wesentliche Schutzbestimmungen des Arbeits- und Sozialrechtes bei der verbotenen Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften nicht angewendet werden. Durch die Verletzung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes wird das Interesse der Mitarbeiter an einer gesetzlichen Versicherung geschädigt, sowie die Allgemeinheit in der Form, dass weniger Beiträge der Versicherungsgemeinschaft zur Verfügung stehen. Weiters verschaffte sich der Gewerbeanmelder gegenüber rechtskonform agierenden Gewerbetreibenden insofern einen Vermögensvorteil, als er sich die Aufwendungen für die Dienstgeberanteile erspart hat.

Betrachtet man die einzelnen Delikte, derentwegen Herr M. D. schuldig gesprochen wurde, ergibt sich, dass sich die Übertretungen aus dem Jahre 2013 über einen Zeitraum von 9 Tagen erstreckten. Ging es in diesem Deliktsfall um lediglich einen Arbeitnehmer, so lagen den Straferkenntnissen wegen Verletzungen des AuslBG und des ASVG Delikte betreffend zwei Arbeitnehmer zu Grund. Diese Wiederholungstaten lagen nur zwei Jahre nach der den erstgenannten Verurteilungen zu Grunde gelegten Taten, und wurde von Herrn M. D. ein weiterer Verstoß gegen das ASVG bereits ein halbes Monat nach den letzten Verstößen gegen das AuslBG und das ASVG im Jahre 2015 gesetzt.

Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang infolge dieser den rechtskräftigen Straferkenntnisse zu Grunde liegenden Taten von schwerwiegenden Verstößen gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen durch Herrn M. D. und demzufolge von seiner mangelnden Zuverlässigkeit ausging, so kann ihr im Lichte der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht entgegengetreten werden und erweist sich die Verfahrensanordnung gemäß § 91 Abs. 2 als zu Recht ergangen.

Da diese Aufforderung fristgerecht nicht befolgt wurde, ist auch die Entziehung der Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin rechtskonform erfolgt, weil nach der einschlägigen höchstgerichtlichen Judikatur weder auf die Gründe der Nichtbeachtung noch auf allfällig drohende wirtschaftliche Folgen für die Beschwerdeführerin oder deren Arbeitnehmer Bedacht zu nehmen war.

Eine Befristung der Entziehung der Gewerbeberechtigung nach § 87 Abs. 3 GewO 1994 kommt nur dann in Betracht, wenn besondere Gründe gegeben sind, die erwarten lassen, eine bloß befristete Maßnahme reiche aus, um ein späteres einwandfreies Verhalten des Gewerbetreibenden zu sichern (VwGH 25.03.2014, 2013/04/0077 mit Hinweis auf das Erkenntnis vom 20. Oktober 2004, 2003/04/0119, und E vom 24. Februar 2010, 2009/04/0288). Solche besonderen Umstände lassen sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen, zumal das letzte M. D. betreffende Straferkenntnis noch keine zwei Jahre zurückliegt und seitens der Beschwerdeführerin lediglich die Bereitschaft bekundet wird, allenfalls, sollte die Behörde darauf bestehen, Herrn M. D. zu entfernen, aber keine Handlungen zur Erfüllung des behördlichen Auftrages behauptet oder gar bewiesen wurden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Vorliegenden waren die aufgeworfenen Rechtsfragen an Hand des angefochtenen Bescheides sowie an Hand der Beschwerde zu klären, wobei das Beschwerdevorbringen als Basis herangezogen wurde. Diesbezüglich hätte auch eine Erörterung in einer mündlichen Verhandlung nichts an den festgestellten und unbestrittenen Tatsachen geändert. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte daher abgesehen werden.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Gewerbeberechtigung, Entzug der; Gewerbeausschluss; Zuverlässigkeit; juristische Person; natürliche Person; maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte; Maßnahmeverfahren; Aufforderung; Verfahrensanordnung

Anmerkung

VwGH v. 8.8.2018, Ra 2018/04/0135; Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.101.020.5895.2018

Zuletzt aktualisiert am

30.08.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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