Entscheidungsdatum
18.07.2018Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §13 Abs3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Dünser über die Beschwerde der AA, vertreten durch RA BB, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 26.07.2017, Zl ****, betreffend eine Angelegenheit nach dem Tiroler Naturschutzgesetz, dem Forstgesetz und dem Wasserrechtsgesetz, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,
zu Recht:
1. Der Antrag auf naturschutzrechtliche Bewilligung wird gemäß § 13 Abs 3 AVG durch Beschluss als unzulässig zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf forstrechtliche Bewilligung wird als unbegründet abgewiesen.
3. Die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf wasserrechtliche Bewilligung wird als unbegründet abgewiesen.
4. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Die AA hat bei der Bezirkshauptmannschaft Z um die Erteilung der forst-, wasser- und naturschutzrechtlichen Bewilligung zur Errichtung einer Wohnanlage samt Lawinenschutzmaßnahmen im Bereich „Y“ angesucht.
Am 16.05.2017 fand die mündliche Verhandlung zum beantragten Projekt statt.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 26.07.2017, Zl ****, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer forst-, wasser- und naturschutzrechtlichen Bewilligung zur Errichtung einer Wohnanlage samt Lawinenschutzmaßnahmen im Bereich „Y“ abgewiesen.
Dagegen richtet sich das fristgerecht erhobene Rechtsmittel der Beschwerdeführerin. Darin wird zusammenfassend ausgeführt, dass zwingende Gründe vorlägen, die das höhere öffentliche Interesse an der Errichtung der Wohnanlage samt Lawinenschutzdamm gegenüber dem öffentlichen Interesse des Naturschutzes, Forst- und Wasserechtes, rechtfertigen würden. Weiters wäre gemäß Forstgesetz die Zielsetzung der Raumordnung zu berücksichtigen und wäre dies durch das besondere öffentliche Interesse der Beschwerdeführerin an der Realisierung des gegenständlichen Wohnbauprojektes eindeutig gegeben. Betreffend die Versagung der wasserrechtlichen Genehmigung läge unter anderem weder eine Beeinträchtigung der Naturschönheit oder des Tier- und Pflanzenbestandes vor. Das gegenständliche Vorhaben wäre daher zu genehmigen.
Am 23.04.2018 fand die öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol statt. Darin erwies sich der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung in mehreren Punkten als unvollständig. Daraufhin wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 13 Abs 3 AVG iVm § 17 VwGVG aufgefordert die Einreichunterlagen binnen vier Wochen zu verbessern, widrigenfalls der Antrag vom 29.03.2017 zurückzuweisen wäre.
Mit Schriftsatz vom 24.05.2018 wurde von der Beschwerdeführerin der Antrag, die Frist zur Vorlage der angeforderten Ergänzungsunterlagen um drei Monate zu erstrecken, eingebracht.
II. Sachverhalt:
Fest steht, dass keine pflanzenkundliche Zustandserhebung zum gegenständlichen Projektbereich vorliegt. Aus dem Gutachten der Amtssachverständigen für Naturkunde ergibt sich aber jedenfalls, dass im Projektareal geschützte Pflanzenarten vorkommen die durch das Vorhaben beeinträchtigt werden.
Weiters ergibt sich, dass durch das geplante Bauvorhaben trotz der geplanten Ausgleichsmaßnahmen und Variantenprüfungen mit langfristigen Auswirkungen auf den Tierbestand der streng geschützten Deutschen Skorpione wie auch mit nach Anhang IV der FFH-Richtlinien streng zu schützenden Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse (Zauneidechse, Mauereidechse, Blindschleiche und Schlingnatter) zu rechnen ist. Es sind zusammenfassend dauerhafte und starke Beeinträchtigungen der Interessen des Naturschutzes und unionsrechtlich geschützter Arten zu erwarten.
Aus dem Gutachten des Amtssachverständigen für Raumordnung ergibt sich, dass es in der betroffenen Gemeinde derzeit insgesamt 10,38 Hektar Baulandreserven gibt. Davon ein Grundstück im Bauland über 2.000 m² und drei Grundstücke von 1.000 bis 2.000 m² im Bauland, die aus technischer Sicht unproblematisch im Sinne des Bodenbeschaffungsgesetzes mobilisiert werden könnten, wenn die entsprechenden Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Das gesamte Flächenausmaß dieser Grundstücke erreicht 6.500 m². Darauf hätten mit (sehr) moderater Verdichtung Wohnbauten für ca 50 Personen Platz und es könnte somit über diese vier Grundstücke der Zehnjahresbedarf der Gemeinde jedenfalls abgedeckt werden. Setzt man auf allen diesen Flächen wohnbauförderungswürdige Wohnungen um, käme man auf einen Wohnraum für ca 100 Einwohner.
Fest steht, dass mehrere Alternativstandorte vorhanden sind. Zur Möglichkeit potentielle Grundstücke, die nicht im Eigentum der Beschwerdeführerin stehen, zu beschaffen, wurden keine Nachweise oder Unterlagen von der Beschwerdeführerin erbracht. Insbesondere sind aus den vorliegenden Unterlagen keine Grundlagen ersichtlich, die eine mögliche Verfügbarkeit nach dem Bodenbeschaffungsgesetz überprüfbar machen (vgl rechtliche Erwägungen zu §§ 1, 4 und 5 Bodenbeschaffungsgesetz).
Weiters konnte von der Beschwerdeführerin kein Nachweis über die Feststellung eines konkreten Bedarfes an sozialem Wohnraum für Bürger aus der betroffenen Gemeinde vorgelegt werden.
Aus dem Gutachten des forstfachlichen Amtssachverständigen ergibt sich, dass die betroffenen Waldflächen im Waldentwicklungsplan, in welchem die Wirkungen des Waldes dokumentiert sind, eine hohe Schutzwirkung aufweisen. Es liegen daher öffentliche Interessen an der Erhaltung dieser Fläche als Wald vor.
Die Beschwerdeführerin machte in ihrer Beschwerde das überwiegende öffentliche Interesse an der Realisierung des gegenständlichen Wohnprojektes geltend. Jedoch wurden von ihr bislang weder Unterlagen zum konkreten Bedarf für ein soziales Wohnprojekt noch konkrete Daten zu den wohnungssuchenden Personen aus der Standortgemeinde vorgelegt um dieses Interesse nachzuweisen.
Die Beschwerdeführerin hat innerhalb der vom Landesverwaltungsgericht aufgetragenen Frist – und darüber hinaus auch nicht bis zum Zeitpunkt der Erlassung der vorliegenden Entscheidung - weder Nachreichungen zu einer pflanzenkundlichen Erhebung noch konkrete Angaben für eine Beurteilung der Auswirkungen auf das Landschaftsbild vorgelegt.
Weiters wurden keine detaillierten und nachvollziehbaren Unterlagen beigebracht um den Nachweis eines konkreten öffentlichen Interesses für ein soziales Wohnprojekt zu erbringen bzw um den Nachweis zu erbringen, dass sämtliche Alternativen nicht in Frage kommen.
III. Beweiswürdigung:
Die maßgeblichen Feststellungen ergeben sich bereits aus dem Akt der belangten Behörde bzw. den Feststellungen und Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht.
So ist daraus insbesondere eindeutig nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen wurde, dass sich der Antrag der Beschwerdeführerin auf naturschutzrechtliche Bewilligung in mehreren Punkten als unvollständig erwiesen hat und dass trotz der Übermittlung dieser Feststellungen und Aufforderung zur Verbesserung des Ansuchens in dieser Hinsicht ein entsprechender Nachweis dem Landesverwaltungsgericht innerhalb der festgesetzten Frist nicht vorgelegt wurde.
Weiteres ist klar ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin keine detaillierten und nachvollziehbaren Unterlagen beigebracht hat um den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen, ob ein konkretes öffentliches Interesse für ein soziales Wohnprojekt vorliegt. Es wurde lediglich eine Bedarfserhebung für Wohnungsinteressenten der CC vorgelegt. Dies allein rechtfertigt jedoch noch kein soziales Wohnbauprojekt und lässt sich daraus nicht erschließen, ob auch ein Bedarf in sozialer Hinsicht gegeben ist. Die erforderlichen Erhebungen bzw Unterlagen wurden von der Beschwerdeführerin nicht vorgelegt.
Ein Mitwirken der Partei bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes, um das öffentliche Interesse der geplanten Wohnanlage inkl. Lawinenschutzdamm zu beweisen, ist daher unterblieben.
Auch konnten keine plausiblen und nachvollziehbaren Nachweise dargelegt werden, warum sämtliche alternativen Standorte nicht in Frage kommen.
IV. Rechtslage:
Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005 (TNSchG 2005), LGBl. Nr. 26/2005 idF LGBl. Nr. 32/2017, maßgeblich und werden auszugsweise wiedergegeben:
„§ 43
(1) Ein Ansuchen um die Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung ist schriftlich einzubringen.
(2) Im Antrag sind die Art, die Lage und der Umfang des Vorhabens anzugeben. Dem Antrag ist, soweit es sich nicht um Pläne in Natura 2000-Gebieten oder um die Verwendung von Kraftfahrzeugen auf Straßen in Schutzgebieten handelt, der Nachweis des Eigentums am betroffenen Grundstück oder, wenn der Antragsteller nicht Grundeigentümer ist, die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers anzuschließen, es sei denn, dass aufgrund bundes- oder landesrechtlicher Vorschriften eine Enteignung oder die Einräumung von Zwangsrechten zugunsten des Vorhabens möglich ist. Dem Antrag sind ferner in zweifacher Ausfertigung alle Unterlagen anzuschließen,
a) die für die Beurteilung der Zulässigkeit des Vorhabens nach diesem Gesetz, nach Verordnungen aufgrund dieses Gesetzes und nach den in der Anlage zu § 48 Abs. 1 genannten Gesetzen, insbesondere hinsichtlich einer möglichen Beeinträchtigung von Natura 2000-Gebieten, des Landschaftsbildes, des Erholungswertes der Landschaft und des Naturhaushaltes erforderlich sind, wie Pläne, Skizzen, Beschreibungen, pflanzen- und tierkundliche Zustandserhebungen und dergleichen, und
b) aus denen erkennbar ist, wie Beeinträchtigungen der Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 vermieden oder verringert werden können, wie landschaftspflegerische Begleitpläne, Bepflanzungspläne, Naturerhaltungspläne und dergleichen; bei Vorhaben, die Natura 2000-Gebiete erheblich beeinträchtigen können, sind im Antrag die Alternativen, einschließlich der so genannten „Null-Variante“ darzustellen, Ausgleichsmaßnahmen vorzuschlagen und die Zustimmung der Eigentümer der davon betroffenen Grundstücke oder der sonst hierüber Verfügungsberechtigten anzuschließen.
(3) Beeinträchtigt ein Vorhaben die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1, so hat der Antragsteller das Vorliegen jener öffentlichen Interessen (§ 29 Abs. 1 lit. b) oder langfristigen öffentlichen Interessen (§ 29 Abs. 2 Z 2), bei Natura 2000-Gebieten der Interessen nach § 14 Abs. 5, die die Interessen des Naturschutzes überwiegen, glaubhaft zu machen, und auf Verlangen die entsprechenden Unterlagen vorzulegen.
[…]“
Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen des Forstgesetzes 1975 (ForstG), BGBl. Nr. 440/1975 idF BGBl. Nr. 56/2016, maßgeblich und werden auszugsweise wiedergegeben:
„§ 17
(1) Die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) ist verboten.
(2) Unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 1 kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald nicht entgegensteht.
(3) Kann eine Bewilligung nach Abs. 2 nicht erteilt werden, kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung dann erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.
(4) Öffentliche Interessen an einer anderen Verwendung im Sinne des Abs. 3 sind insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- oder öffentlichen Straßenverkehr, im Post- oder öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung, im Siedlungswesen oder im Naturschutz.
(5) Bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses im Sinne des Abs. 2 oder bei der Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinne des Abs. 3 hat die Behörde insbesondere auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen. Unter dieser Voraussetzung sind die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen.
[…]“
Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959), BGBl. Nr. 215/1959 idF BGBl. I Nr. 58/2017, maßgeblich und werden auszugsweise wiedergegeben:
„§ 105
(1) Im öffentlichen Interesse kann ein Antrag auf Bewilligung eines Vorhabens insbesondere dann als unzulässig angesehen werden oder nur unter entsprechenden Auflagen und Nebenbestimmungen bewilligt werden, wenn:
[…]
f) eine wesentliche Behinderung des Gemeingebrauches, eine Gefährdung der notwendigen Wasserversorgung, der Landeskultur oder eine wesentliche Beeinträchtigung oder Gefährdung eines Denkmales von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung oder eines Naturdenkmales, der ästhetischen Wirkung eines Ortsbildes oder der Naturschönheit oder des Tier- und Pflanzenbestandes entstehen kann;
[…]
n) sich eine wesentliche Beeinträchtigung der sich aus anderen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften resultierenden Zielsetzungen ergibt.
[…]
Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 161/2013 maßgeblich und werden auszugsweise wiedergegeben:
„§ 13
[…]
(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
[…]
§ 45
(1) Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.
(2) Im übrigen hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
[…]“
Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen des Bundesgesetz, betreffend die Beschaffung von Grundflächen für die Errichtung von Häusern mit Klein- oder Mittelwohnungen oder von Heimen (Bodenbeschaffungsgesetz), BGBl. Nr. 288/1974 idF BGBl. I Nr. 112/2003, maßgeblich und werden auszugsweise wiedergegeben:
„§ 1
Die Länder haben nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes Vorsorge zu treffen, daß die Gemeinden für die Errichtung von Häusern mit Klein- oder Mittelwohnungen oder von Heimen für Ledige, Schüler, Studenten, Lehrlinge, jugendliche Arbeitnehmer oder für betagte Menschen unbebaute Grundstücke, die baureif sind oder baureif gemacht werden können, sowie Ergänzungsgrundstücke beschaffen (Bodenbeschaffung).
[…]
§ 4
(1) Ein quantitativer Wohnungsbedarf im Sinne dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn in einer Gemeinde die Zahl der vorhandenen und der im Bau befindlichen Wohnungen die Zahl der Haushalte um nicht mehr als 3 v. H. übersteigt oder in einer Gemeinde 2 v. H. der Wohnbevölkerung als Wohnungssuchende gemeldet und von der Gemeinde als solche anerkannt sind. Barackenwohnungen, Behelfsheime, Einzelräume und sonstige Notunterkünfte sind nicht als Wohnungen zu zählen.
(2) Ein qualitativer Wohnungsfehlbestand im Sinne dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn in einer Gemeinde die Zahl der mangelhaft ausgestatteten Wohnungen mehr als 10 v. H. der Zahl der vorhandenen Wohnungen (Abs. 1) beträgt; als mangelhaft ausgestattet gelten Wohnungen mit Wasserentnahme oder Abort außerhalb derselben.
(3) Grundstücke dürfen nur in einem solchen Ausmaß in Anspruch genommen werden, als es nötig ist, um den im § 1 angeführten Zweck zu erreichen.
§ 5
(1) In Gemeinden, in denen ein quantitativer Wohnungsbedarf oder ein qualitativer Wohnungsfehlbestand (§ 4) besteht, sowie in Gemeinden gemäß § 2 Abs. 3 finden die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes unter nachstehenden Voraussetzungen Anwendung.
(2) Die Landesregierung kann zum Zwecke der Bodenbeschaffung (§ 1) über Antrag der Gemeinde (Abs. 1) durch Verordnung feststellen, daß in dieser Gemeinde ein quantitativer Wohnungsbedarf oder ein qualitativer Wohnungsfehlbestand gemäß § 4 besteht. Eine solche Verordnung ist aufzuheben, wenn die Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind.
(3) Die Gemeinde, für deren Gebiet eine Feststellung gemäß Abs. 2 oder § 2 Abs. 3 getroffen wurde, kann im Verordnungswege festlegen, daß in ihrem ganzen Gemeindegebiet oder in bestimmten Teilen ihres Gemeindegebietes die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden sind. Hat eine Gemeinde für ihr ganzes Gemeindegebiet Bebauungsvorschriften (Flächenwidmungspläne, Flächennutzungspläne, Raumordnungspläne u. dgl.) auf Grund landesgesetzlicher Bestimmungen erlassen, so können nur solche Gebiete als Bodenbeschaffungsgebiete ausgewiesen werden, wo die Bebauungsvorschriften die Errichtung von Wohnungen vorsehen. Bestehen für das ganze Gemeindegebiet oder für Teile davon keine Bebauungsvorschriften, können auch Gebiete zur Bodenbeschaffung herangezogen werden, für die keine Bebauungsvorschriften vorhanden sind. In letzterem Falle tritt die Verordnung der Gemeinde außer Kraft, wenn eine der Verbauung mit Wohnungen entgegenstehende Bebauungsvorschrift erlassen wird, jedoch nur insoweit, als diese für das Bodenbeschaffungsgebiet eine der Verbauung mit Wohnungen entgegenstehende Nutzung aufweist. In dieser Verordnung sind die zu diesem Gebiet gehörigen Grundstücke unter Angabe der Grundstücksnummer anzuführen. Die Gemeinde hat eine Ausfertigung dieser Verordnung der zuständigen Vermessungsbehörde zu übermitteln. Eine solche Verordnung tritt längstens nach Ablauf von zehn Jahren außer Kraft und darf innerhalb eines gleichen Zeitraumes für dieses Gebiet oder Teilgebiet nicht neuerlich erlassen werden.
(4) Auf den gemäß § 7 erworbenen Grundflächen müssen Baulichkeiten mit Klein- oder Mittelwohnungen oder Heime (§ 3 Z 2, 3 und 4) errichtet werden. Hiezu können Gemeinschaftseinrichtungen zur Bedarfsdeckung errichtet werden, sofern auf diese Einrichtungen nicht mehr als ein Viertel, bei Baulichkeiten mit mehr als vier Geschossen oder einer größeren Wohnhausanlage mit mehr als zweihundert Klein- oder Mittelwohnungen nicht mehr als ein Fünftel der Gesamtnutzfläche der Baulichkeit entfallen.
(5) Das Grundbuchsgericht hat hinsichtlich aller Grundstücke, die in den durch Verordnung der Gemeinde festgelegten Gebieten (Abs. 3) liegen, diese Tatsache auf Antrag der Gemeinde im Grundbuch ersichtlich zu machen. Das Grundbuchsgericht hat in der Ersichtlichmachung die Verordnung der Gemeinde, in der das Gebiet (Abs. 3) festgelegt wird, anzuführen.“
[…]
V. Erwägungen:
a. Zur Zurückweisung der Beschwerde gegen die Abweisung des Antrags auf naturschutzrechtliche Bewilligung:
Gemäß § 43 Abs 2 lit a TNSchG 2005 sind dem Ansuchen um Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung alle Unterlagen anzuschließen, die für die Beurteilung der Zulässigkeit des Vorhabens erforderlich sind. Insbesondere hinsichtlich einer möglichen Beeinträchtigung von Natura 2000-Gebieten, des Landschaftsbildes, des Erholungswertes der Landschaft und des Naturhaushaltes sind Pläne, Skizzen, Beschreibungen, pflanzen- und tierkundliche Zustandserhebungen und dergleichen vorzulegen, aus denen erkennbar ist, wie Beeinträchtigungen der Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs 1 TNSchG 2005 vermieden oder verringert werden können.
Im betroffenen Projektbereich wurde festgestellt, dass nach der Anlage 2 zur Tiroler Naturschutzverordnung 2006 gänzlich geschützte Pflanzenarten vorhanden sind. Eine pflanzenkundliche Erhebung zur Beurteilung der Beeinträchtigungen der Interessen des Naturschutzes wurde von der Beschwerdeführerin nicht vorgelegt. Ebenso fehlen konkrete Angaben zum Wohnbauprojekt um die Auswirkungen auf das Landschaftsbild beurteilen zu können.
Gemäß § 13 Abs 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Gemäß § 13 Abs 3 AVG wurde am 26.04.2018 ein Verbesserungsauftrag mit den konkreten Erfordernissen an die Beschwerdeführerin erteilt und eine Frist zur Beibringung der Unterlagen mit vier Wochen festgelegt. Innerhalb dieser Frist sind keine Nachreichungen zum Antrag auf naturschutzrechtliche Bewilligung eingelangt.
Mit Schriftsatz vom 24.05.2018 wurde von der Beschwerdeführerin der Antrag, die Frist zur Vorlage der angeforderten Ergänzungsunterlagen um drei Monate zu erstrecken, eingebracht. Dies wurde damit begründet, dass es bisher nicht möglich war die notwendigen Ergänzungsunterlagen zu erstellen bzw. vollständig zu beschaffen. Für die geforderten umfassenden Ergänzungen seien die Beiziehung von weiteren Sachverständigen mit Befundaufnahme und Zusatzrecherchen erforderlich.
Die nach § 13 Abs 3 AVG gesetzte Frist dient nach der Judikatur (vgl VwGH 16.10.2014, 2011/06/0181) zur Vorlage vorhandener, nicht aber zur Beschaffung fehlender Unterlagen. Zumal die Beschwerdeführerin mit ihrem Fristerstreckungsantrag vom 24.05.2018 explizit darauf hinweist, dass die Erstellung der notwendigen Ergänzungsunterlagen bisher nicht möglich war, ist offensichtlich, dass die Fristerstreckung dazu genutzt werden soll, nicht vorhandene Unterlagen zu erstellen und nicht etwa vorhandene vorzulegen.
Zudem wurde von der Beschwerdeführerin schon im Antrag und in weiterer Folge im gesamten Verwaltungsverfahren der soziale Wohnbau als Hauptinteresse und ursprünglichen Zweck für das gegenständliche Wohnprojekt genannt. Somit müssten der Beschwerdeführerin jedenfalls qualifizierte Unterlagen bzw Daten vorliegen, die das öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Projektes im Rahmen eines sozialen Bedürfnisses deutlich belegen.
Im Sinne der Mitwirkungspflicht der Beschwerdeführerin müsste somit eine Vorlage über das öffentliche Interesse an einem sozialen Wohnbau in der betroffenen Gemeinde innerhalb der vom Landesverwaltungsgericht aufgetragenen Frist von vier Wochen möglich sein.
Dem Fristerstreckungsantrag war daher nicht zu entsprechen. Zumal ein gesetzlich vorgesehenes Antragserfordernis nicht erfüllt wurde und die Beschwerdeführerin daher keinen vollständigen Antrag nach § 43 Abs 2 lit a TNSchG 2005 eingereicht hat und diesen auch nach einem klaren Auftrag durch das Landesverwaltungsgericht Tirol samt Androhung der Zurückweisung des Antrages nicht verbessert hat, war der Antrag auf Erteilung einer naturschutzrechtlichen Genehmigung einer Wohnanlage inkl Lawinenschutzdamm gemäß § 13 Abs 3 AVG mangels behobener Formgebrechen zurückzuweisen. Diese Zurückweisung war gemäß den §§ 28 Abs 1 und 31 Abs 1 VwGVG durch Beschluss vorzunehmen.
b. Zur Abweisung der Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf forstrechtliche Bewilligung:
Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes steht fest, dass für das beantragte Vorhaben eine Rodungsbewilligung gemäß Forstgesetz erforderlich ist.
Die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur ist verboten. Gemäß § 17 Abs 3 ForstG kann eine Bewilligung zur Rodung dann erteilt werden, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.
Ein derartiges öffentliches Interesse ist anzunehmen, wenn es sich um Waldflächen handelt, denen mittlere oder hohe Schutzwirkung, mittlere oder hohe Wohlfahrtswirkung oder hohe Erholungswirkung gemäß dem Waldentwicklungsplan zukommt (RV 970 BlgNR 21. GP 32).
Auf der projektgegenständlichen Waldfläche wurde vom forstfachlichem Amtssachverständigen eine hohe Schutzwirkung festgestellt und somit ein öffentliches Interesse an der Erhaltung der Waldflächen nachgewiesen.
Stehen öffentliche Interessen an der Walderhaltung einer Rodungsbewilligung entgegen, so ist eine Interessenabwägung im Sinne des § 17 Abs 3 ForstG durchzuführen.
Gemäß § 17 Abs 4 ForstG sind öffentliche Interessen an einer anderen Verwendung im Sinne des Straßenverkehrs, im Post- oder öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung, im Siedlungswesen oder im Naturschutz begründet.
Die Beschwerdeführerin machte in ihrer Beschwerde das öffentliche Interesse an der Realisierung des gegenständlichen Wohnprojektes im Sinne des Siedlungswesens geltend. Jedoch wurden von ihr bislang weder Unterlagen zum konkreten Bedarf für ein soziales Wohnprojekt noch konkrete Daten zu den wohnungssuchenden Personen aus der Standortgemeinde vorgelegt. Aus den dem Landesverwaltungsgericht zur Verfügung stehenden Unterlagen geht lediglich hervor, dass unverbindliche Wünsche zur Schaffung von persönlichem Wohnungseigentum in Form von Miete mit Kaufoption oder Eigentum vorliegen. Dies dient keinesfalls dem Nachweis eines öffentlichen Interesses der Beschwerdeführerin, zumal Wünsche an einen Wohnbauträger zur Schaffung von persönlichem Wohnungseigentum nicht zur Begründung eines Bedarfs für ein soziales Wohnprojekt herangezogen werden kann.
Weiters wurden keine Unterlagen zum Bestand eines quantitativen Wohnungsbedarfs oder ein qualitativer Wohnungsfehlbestand in der betroffenen Gemeinde vorgelegt, die Beurteilungen nach dem Bodenbeschaffungsgesetz ermöglichen. Würde ein solcher Fehlbestand in der betroffenen Gemeinde vorliegen, könnte die Beschwerdeführerin gemäß § 1 Bodenbeschaffungsgesetz unbebaute Grundstücke, die baureif sind oder baureif gemacht werden können, zur Errichtung von Häusern mit Klein- oder Mittelwohnungen, beschaffen.
Gemäß § 4 Abs 1 Bodenbeschaffungsgesetz wären für die Feststellung eines quantitativen Wohnungsbedarfs zumindest Erhebungen bzw Angaben zu vorhandenen und der im Bau befindlichen Wohnungen, Zahl der Haushalte und in der betroffenen Gemeinde befindlichen Wohnungssuchenden erforderlich. Diese qualifizierten Unterlagen wurden von der Beschwerdeführerin nicht vorgelegt.
Somit konnten keine nachvollziehbaren und plausiblen Gründe genannt werden, weshalb die zur Verfügung stehenden Baulandreserven, vor allem auch in Hinblick auf das Bodenbeschaffungsgesetz, als ungeeignet bzw nicht verfügbar erscheinen.
Es konnte daher von der Beschwerdeführerin nicht nachvollziehbar nachgewiesen werden inwiefern die geplante Wohnanlage dem sozialen Wohnbau dient und welcher konkrete Bedarf an Wohnungen für Personen aus der betroffenen Gemeinde besteht.
Nach der höchstgerichtlichen Judikatur besteht die Mitwirkungspflicht der Partei bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (VwGH 27.03.1990, 89/04/013927, VwGH 25.02.2004, 2002/03/0373). In Bezug auf das öffentliche Interesse der geplanten Wohnanlage inkl. Lawinenschutzdamm wurden von der Beschwerdeführerin trotz erteiltem Verbesserungsauftrage keine entsprechen Unterlagen vorgelegt.
Dem Landesverwaltungsgericht war es aufgrund der fehlenden Unterlagen nicht möglich, das von der Beschwerdeführerin vorgebrachte öffentliche Interesse festzustellen. Diese Verletzung der Mitwirkungspflicht der Partei bei der Feststellung des Sachverhaltes ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen (vgl dazu etwa VwGH 13.10.2015, Ra 2015/03/0075). Zumal daher öffentliche Interessen an der Umsetzung des Vorhabens nicht festgestellt werden können hat die belangte Behörde den Antrag auf Erteilung einer forstrechtlichen Bewilligung im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
c. Zur Abweisung der Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf wasserrechtliche Bewilligung:
§ 41 Abs 1 WRG 1959 normiert eine Bewilligungspflicht für Schutz- und Regulierungsbauten in öffentlichen Gewässern einschließlich der Vorkehrungen zur unschädlichen Ableitung von Gebirgswässern nach dem Gesetze vom 30. Juni 1884, RGBl Nr 117. Wie § 1 Abs 1 des zuletzt genannten Gesetzes entnommen werden kann, regelt dieses an Vorkehrungen nicht nur Wildbachverbauungen, sondern auch solche, die der „Verhinderung der Entstehung oder eines schädlichen Abganges bestimmter Lawinen“ dienen. § 41 Abs 1 WRG 1959 ordnet demnach auch eine Bewilligungspflicht für Lawinenschutzbauten, wie einen Lawinenablenkdamm, an (vgl Oberleitner/Berger, WRG-ON 1.04 § 41, Rz 2, Stand: Juli 2016, rdb.at).
Gemäß § 105 Abs 1 lit f WRG kann ein Antrag auf Bewilligung eines Vorhabens insbesondere dann als unzulässig angesehen werden oder nur unter entsprechenden Auflagen und Nebenbestimmungen bewilligt werden, wenn unter anderem eine wesentliche Beeinträchtigung oder Gefährdung der ästhetische Wirkung eines Ortsbildes oder der Naturschönheit oder des Tier- und Pflanzenbestandes entstehen kann.
Weiters kann eine wasserrechtliche Bewilligung untersagt werden, wenn sich gemäß § 105 Abs 1 lit n WRG eine wesentliche Beeinträchtigung aus anderen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften resultierenden Zielsetzungen ergibt.
Die Behörde hat ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, in welchem sämtliche Möglichkeiten von Auflagen und Projektmodifikationen zu untersuchen sind. Nur sofern sich danach herausstellt, dass ein unauflöslicher Widerspruch des Vorhabens mit dem öffentlichen Interesse besteht, hat die Behörde dieses abzuweisen. Eine solche Abweisung darf jedoch nicht aus präventiven Gründen erfolgen, sondern diese muss auf einer konkreten Besorgnis der Beeinträchtigung öffentlicher Interessen beruhen, deren Eintritt mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (VwGH 31. 3. 1992, 92/07/0019).
Im gegenständlichen Fall wurde von der Beschwerdeführerin angegeben, die Lawinensicherheit bzw die Standortwahl der Wohnanlage mittels Varianten untersucht zu haben und wurde von ihr jene Variante ausgewählt, die mit der geringeren Flächenbeanspruchung die ökologisch sinnvollere Möglichkeit darstelle.
Auch wurde ein landschaftspflegerischer Begleitplan zur Minderung negativer Auswirkungen von der Beschwerdeführerin erstellt und die Maßnahmenwirksamkeit bzw die verbleibende Eingriffserheblichkeit dargestellt.
Aus dem Gutachten der Sachverständigen für Naturkunde und den Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung ergibt sich, dass durch das geplante Bauvorhaben trotz der geplanten Ausgleichsmaßnahmen und Variantenprüfungen mit langfristigen Auswirkungen auf den Tierbestand der streng geschützten Deutschen Skorpione wie auch mit nach Anhang IV der FFH-Richtlinien streng zu schützenden Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse (Zauneidechse, Mauereidechse, Blindschleiche und Schlingnatter) zu rechnen ist. Es sind zusammenfassend dauerhafte und starke Beeinträchtigungen der Interessen des Naturschutzes und unionsrechtlich geschützter Arten zu erwarten.
Auch sämtliche Alternativen, wie das vorgesehene Absammeln von Individuen, insbesondere des Deutschen Skorpions, wurden von der Amtssachverständigen für Naturkunde unzweifelhaft als nicht plausibel bzw realistisch beurteilt. Vielmehr ist mit einem sehr hohen Grad an Wahrscheinlichkeit mit einem Töten einzelner Exemplare bei der Bauausführung zu rechnen.
Dauerhafte und strake Beeinträchtigungen von geschützten Tierarten nach dem Naturschutzgesetz bzw FFH-Richtlinie implizieren eine derartige Intensität, die eine wesentliche Beeinträchtigung oder Gefährdung des betroffenen Tierbestandes erwarten lässt.
Daraus lässt sich erschließen, dass hier trotz Variantenprüfung und landschaftspflegerischer Begleitplan zur Minimierung negativer Auswirkungen ein offensichtlicher und unauflöslicher Widerspruch zu den öffentlichen Interessen am Tierbestand besteht.
Von der Beschwerdeführerin konnte nicht nachvollziehbar nachgewiesen werden ob und inwieweit von dem Vorhaben Vorteile im allgemeinen Interesse zu erwarten sind. Konkrete Angaben, Nachweise oder Erhebungen die einen dringenden Bedarf an sozialem Wohnraum rechtfertigen, wurde nicht vorgelegt. Im Sinne der Mitwirkungspflicht der Partei bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes wäre es an der Beschwerdeführerin gelegen entsprechende Unterlagen, über die naturgemäß nur die Antragstellerin verfügt, vorzubringen. Dazu wird im Übrigen auf die zum Forstgesetz vorgenommene Interessensabwägung verwiesen.
Die Beschwerde betreffend die Abweisung des wasserrechtlichen Antrages war daher spruchgemäß abzuweisen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Im vorliegenden naturschutzrechtlichen Fall war keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu klären, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es war vielmehr zu klären, inwiefern die vom Gesetz vorgesehenen Erhebungen und Antragsunterlagen vollständig sind bzw vom Projektwerber eingebracht wurden. Dabei handelt es sich um eine sachverhaltsbezogene Einzelfallbeurteilung und nicht um Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, weshalb die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig ist.
Betreffend das Forstgesetz handelt es sich bei der Frage, ob ein öffentliches Interesse an der Erhaltung der betroffenen Fläche als Wald vorliegt, ebenfalls um eine Sachverhaltsfrage und nicht um eine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG, weshalb auch hier die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig ist.
Im vorliegenden wasserrechtlichen Fall war keine Rechtsfrage zu klären, der erhebliche Bedeutung zukommt. Dass die Frage der Klärung, ob wesentliche Beeinträchtigung oder Gefährdung der ästhetische Wirkung eines Ortsbildes oder der Naturschönheit oder des Tier- und Pflanzenbestandes vorliegen, Aufgabe eines Sachverständigenbeweises bzw in weiterer Folge das Ergebnis der Interessensabwägung ist, ergibt sich bereits aus der Judikatur des VwGH. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Dünser
(Richter)
Schlagworte
Mitwirkungspflicht; öffentliches Interesse; Schutzwirkung; Tierbestand; PflanzenbestandEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.15.0058.6Zuletzt aktualisiert am
25.07.2018