Entscheidungsdatum
28.05.2018Norm
BAO §98 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Hofrat Mag. Röper als Einzelrichter über die Beschwerde der A GmbH, vertreten durch B Rechtsanwälte GmbH, ***, ***, vom 31. Jänner 2018, gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 18. Dezember 2017, ohne Zahl, mit dem die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Bürgermeisterin der der Marktgemeinde *** vom 6. Juli 2017, EDV Nr. ***, als unzulässig zurückgewiesen worden war, zu Recht:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.
2. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Sachverhalt:
1.1. Verwaltungsbehördliches Verfahren:
1.1.1.
Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisterin der Marktgemeinde *** vom 6. Juli 2017, EDV Nr. ***, wurde über die Anträge der Firma A GmbH (in der Folge: Beschwerdeführerin) vom 27. Februar 2017 und vom 16. Juni 2017auf Berichtigung der Kommunalsteuerbemessungsgrundlage 2012-2016 wie folgt entschieden:
„Der Antrag auf Berichtigung der monatlichen Abgabenerklärungen wird für den Abgabenzeitraum 2012-2014 wegen entschiedener Sache gemäß § 92 BAO zurückgewiesen.“
Adressiert ist diese Erledigung im Briefkopf an die A GmbH:
„Rückschein
A GmbH
***
***“
1.1.2.
Mit Schreiben vom 4. August 2017 erhob die Beschwerdeführerin durch ihre ausgewiesene Vertretung fristgerecht Berufung gegen den Abgabenbescheid der Bürgermeisterin und begründete diese umfangreich. Vor allem wurde vorgebracht, dass die angefochtene Erledigung vom 6. Juli 2017 der A GmbH als Vertretener und nicht der Zustellungsbevollmächtigten C Steuerberatungsges.m.b.H. zugestellt worden sei. Mit der Vollmachtserteilung vom 9. März 2013 wäre die Vertretung der Beschwerdeführerin durch die C Steuerberatungsges.m.b.H als deren Zustellungsbevollmächtigte bekannt gewesen. Dies ergebe sich aus den bislang ausgefertigten Prüfberichten und Bescheiden der belangten Behörde, wonach die gegenständliche Steuerberatungs-kanzlei die Beschwerdeführerin vertrete und als Zustellungsbevollmächtigte ausweise. Ab dem Vorliegen einer Zustellungsbevollmächtigung hätte die Behörde nur mehr an den Zustellungsbevollmächtigten (hier: die C Steuerberatungsges.m.b.H.) und nicht mehr an den Vertretenen zustellen dürfen. Das Verfahren sei somit mit einem Verfahrensmangel behaftet. Daneben wurde für den Zeitraum 2010 bis 2016 die Rückerstattung der vermeintlich zu Unrecht entrichteten Kommunalsteuer im Ausmaß von € 108.925,36 begehrt und dies ausführlich begründet.
1.1.3.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 18. Dezember 2017, ohne Zahl, wurde der Berufung der Beschwerdeführerin als unzulässig zurückwiesen. Begründend wurde dabei im Wesentlichen dargelegt, dass - wie die Beschwerdeführerin grundsätzlich richtig ausführe - die Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten im Sinne des § 9 Zustellgesetz bewirke, dass die Behörde diesen als Empfänger zu bezeichnen habe. Verstoße die Behörde gegen diese Anordnung des § 9 Abs. 3 Zustellgesetz, seien Zustellungen an den Vertretenen in der Regel unwirksam. Im gegenständlichen Fall habe die Einschreiterin mit unterfertigtem Schreiben vom 8. Juni 2017 gegenüber der Marktgemeinde *** bekanntgegeben, dass die D Steuerberatungsges.m.b.H deren Zustellungsbevollmächtiger sei. Ab diesem Zeitpunkt wären daher behördliche Erledigungen zu diesem Verfahren betreffend die Berichtigung bzw. Neufestsetzung der Kommunalsteuer an den Zustellungs-bevollmächtigen zu richten gewesen. Dadurch, dass die Abgabenbehörde I. Instanz den angefochtenen Bescheid direkt an die A GmbH gerichtet habe, hätte sie damit gegen die Bestimmung des § 9 Abs. 3 Zustellgesetz verstoßen, weshalb die Zustellung des angefochtenen Bescheides gegenüber der Beschwerdeführerin keine Rechtswirkung habe entfalten können. Der angefochtene Bescheid sei bisher nicht an den ZustelIungsbevollmächtigen selbst ergangen. Eine Heilung der fehlerhaften Zustellung sei bisher nicht in Betracht gekommen. Vor dem Hintergrund der bisher unwirksamen Zustellung des angefochtenen Bescheides an die Beschwerdeführerin sei diese durch den angefochtenen Bescheid auch nicht beschwert und folgerichtig auch nicht zur Bekämpfung dieses unwirksamen Rechtsaktes legitimiert. Der Berufungsbehörde sei es daher im gegenständlichen Fall verwehrt, eine inhaltliche Entscheidung zu treffen.
1.2. Beschwerdeverfahren:
Mit Schreiben vom 31. Jänner 2018 erhob die Beschwerdeführerin durch ihre ausgewiesene Vertretung rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich und begründete diese im Wesentlichen wie die Berufungsschrift vom 4. August 2017. Betont wurde dabei, dass der Gemeinde seit 3. September 2013 (und nicht erst seit 8. Juni 2017) die Zustellungsbevollmächtigung der C Steuerberatungsges.m.b.H. durch die Beschwerdeführerin bekannt sein musste. Dadurch, dass die belangte Behörde die Kommunalsteuerbescheide vom 13. März 2014, vom 7. Jänner 2016 und vom 6. Juli 2017 direkt an die A GmbH gerichtet habe, hätte sie gegen den Bestimmungen des § 9 Abs. 3 Zustellgesetz verstoßen, wodurch die Zustellung der angefochtenen Bescheide gegenüber der Beschwerdeführerin auch keine Rechtswirkung entfalten hätten können. Diese Rechtsfolge habe - wie die belangte Behörde richtig feststellt hätte – auch den (angefochtenen) Bescheid vom 6. Juli 2017 betroffen.
1.3.
Mit Schreiben vom 23. März 2018 legte die Marktgemeinde *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt (samt Einladungskurrende und Sitzungsprotokoll der maßgeblichen Sitzung des Gemeindevorstandes) vor.
1.4. Beweiswürdigung:
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in diesen Akt der Marktgemeinde ***.
Im Wesentlichen ist der Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich dieser aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid sowie aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, soweit dieses den Feststellungen der belangten Behörde nicht entgegentritt.
2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
2.1. Bundesabgabenordnung – BAO
§ 1. ( 1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.
§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …
§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.
§ 98. (1) Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, ausgenommen Abschnitt III (Elektronische Zustellung), vorzunehmen. …
§ 98a. Für Landes- und Gemeindeabgaben ist abweichend von § 98 Abs. 1 für Zustellungen auch der 3. Abschnitt des Zustellgesetzes (elektronische Zustellung) anzuwenden.
§ 254. Durch Einbringung einer Bescheidbeschwerde wird die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt, insbesondere die Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe nicht aufgehalten.
§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
2.2. Zustellgesetz – ZustG:
Zustellungsbevollmächtigter
§ 9. (1) Soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).
(2) Einer natürlichen Person, die keinen Hauptwohnsitz im Inland hat, kann eine Zustellungsvollmacht nicht wirksam erteilt werden. Gleiches gilt für eine juristische Person oder eingetragene Personengesellschaft, wenn diese keinen zur Empfangnahme von Dokumenten befugten Vertreter mit Hauptwohnsitz im Inland hat. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des Zustellungsbevollmächtigten oder auf andere Weise sichergestellt sind.
(3) Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.
2.3. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG:
§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:
1. Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;
2. Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;
3. Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.
(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden.
[…]
(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
3. Würdigung:
3.1. Zu Spruchpunkt 1:
Die Beschwerde ist nicht begründet.
3.1.1.
Grundsätzlich ist auszuführen, dass im Lichte der Bestimmungen der §§ 98 und 98a BAO in Abgabenverfahren Zustellungen nach dem Zustellgesetz zu erfolgen haben. Diesen Überlegungen folg, dass im vorliegenden Fall die Abgabenbehörden der mitbeteiligten Gemeinde im Rahmen der Vorschreibung der Kommunalsteuer das Zustellgesetz – speziell im Bereich einer allfälligen Zustellvollmacht - zu beachten hatten.
3.1.2.
Eine (auch die Zustellung von Schriftstücken umfassende) Bevollmächtigung bezieht sich nur auf das jeweilige Verfahren, in dem sich der Bevollmächtigte durch eine schriftliche Vollmacht ausgewiesen hat, nicht jedoch auch auf andere bei der Behörde bereits anhängige oder anfallende Verfahren (vgl. VwGH vom 8. Juli 2004, Zl. 2004/07/0080, und vom 30. März 2016, Zl. Ra 2016/09/0023).
Für wen nach dem - allein maßgebenden - Willen der Behörde das Schriftstück bestimmt ist, wer also "Empfänger" desselben im Sinn des Zustellgesetzes ist, hängt von der Zustellverfügung ab.
Im vorliegenden Fall war der Abgabenbehörde I. Instanz spätestens seit dem 8. Juni 2017 bekannt, dass die C Steuerberatungsges.m.b.H. als Zustellungsbevollmächtigte der Beschwerdeführerin bestellt war. Ab diesem Zeitpunkt hätten Zustellungen jedenfalls nur an die Zustellungsbevollmächtigte erfolgen dürfen. Da dies nicht geschehen ist, würde die Zustellung (erst) in dem Zeitpunkt als bewirkt gelten, in dem das Dokument dem Zustellbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist (vgl. VwGH vom 20. Mai 2010, Zl. 2010/07/0014, und vom 7. März 2016, Zl. Ra 2015/02/0233).
3.1.3.
Vor diesem Hintergrund ist die angefochtene Entscheidung nicht zu beanstanden, gehen doch sowohl die belangte Behörde als auch die Beschwerdeführerin übereinstimmend davon aus, dass die erstinstanzliche Erledigung vom 6. Juli 2017 nicht wirksam an den iSd § 9 Zustellungsbevollmächtigten zugestellt wurde (und somit keine Rechtswirkungen entfalten konnte.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.1.4. Zur beantragten Aussetzung der Einhebung:
Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen auszusetzen. Zufolge § 288 Abs. 1 zweiter Satz BAO ist diese Bestimmung sinngemäß auch im Berufungsverfahren eines zweistufigen Instanzenzuges bei Gemeinden zu anzuwenden.
Über einen solchen Antrag hat zufolge des eindeutigen Gesetzeswortlautes stets die Abgabenbehörde (nicht etwa das Verwaltungsgericht) zu entscheiden, bei Vorliegen eines zweistufigen Instanzenzuges bei Gemeinden mangels abweichender gesetzlicher Regelung somit die Abgabenbehörde erster Instanz (vgl. dazu VwGH vom 18. Mai 2016, Zl. 2013/17/0184). Ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung stellt kein Rechtsmittel gegen einen Bescheid dar, sondern handelt es sich dabei um einen gesonderten Antrag, über den nicht die Berufungsbehörde (und auch nicht das Verwaltungsgericht) zu entscheiden hat, sondern die Abgabenbehörde erster Instanz, der die Einhebung der den Gegenstand des Antrages bildenden Abgabe obliegt, also im gegenständlichen Fall der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde.
Über diesen Antrag hätte auch im Beschwerdeverfahren die Abgabenbehörde zu entscheiden und sind die Beschwerdeführer gemäß § 50 BAO an die zuständige Abgabenbehörde, der die Einhebung der den Gegenstand des Antrages bildenden Abgabe obliegt, zu weisen. Angesichts der gegenständlichen Beschwerdeentscheidung erübrigt sich ein gesonderter Abspruch über diesen, ausdrücklich ans Landesverwaltungsgericht gerichteten Antrag.
3.1.5.
Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs.1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von der Beschwerdeführerin nicht beantragt und ist aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
3.2. Zu Spruchpunkt 2 – Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht und zu beiden Spruchpunkten des Beschlusses eine gesicherte und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt.
Schlagworte
Finanzrecht; Abgabenbescheid; Einhebung; Aussetzung; Verfahrensrecht; Zustellbevollmächtigter;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.325.001.2018Zuletzt aktualisiert am
25.07.2018